Das weiß ich doch. Ist ja bei mir nicht anders.
Man kann es ja auch so betrachten:
Man hat viel um die Ohren - Arbeit, Familie, irgendwelche Hiobsbotschaften, dann vielleicht noch Eltern / Großeltern, etc. Das alles verbraucht Energie, körperlich und psychisch. Manch einer schafft es, da noch einigermaßen die Balance zu halten - aber bei den meisten dürfte sich der Akku leeren, mehr oder minder schnell, das ist individuell verschieden.
Wenn der Akku <20% geht, bekommst Du vom Körper die ersten, noch leichten Warnzeichen. Die meisten ignorieren das.
<10% kommen ernsthaftere, körperliche Beschwerden hinzu - Gastritis, Bluthochdruck, Rückenschmerzen. Manch einer reagiert darauf schon "korrekt", aber auch hier dürften viele bis die meisten noch der Ansicht sein, das "Problem" mit ein paar Magenschmerztabletten, Betablockern oder Wärmepflastern auf die Reihe zu kriegen. Und machen weiter.
<5% gesellen sich dann psychische Beschwerden hinzu - Angst und/oder Depressionen. Hier erkennen dann die meisten endlich, daß es kurz vor zwölf ist. Blöderweise ist der Akku jetzt aber schon so weit im roten Bereich, daß es ne ganze Weile dauert, da wieder raus und deutlich über 20% zu kommen. Und machen wir uns nix vor: Wenn man auf 21% kommt, glauben die meisten dann auch schon wieder, jetzt könnten sie wieder voll durchstarten - "war ja alles halb so wild, geht schon wieder". Wenn das manche nicht sogar schon bei 11% wieder glauben...
Der Haken: Chronische Geschichten wie Gastritis, Angst oder Depressionen - ausgelöst durch Streß und Vorgeschichte - sind ihrerseits ziemliche Traumata, die wiederum aus sich selbst heraus neuen Streß erzeugen! Die "Angst vor der Angst" ist in unseren Betroffenenkreisen ja auch schon eher ein geflügeltes Wort
Zusätzlich "altern" Körper und Psyche - d.h., was man mit Mitte 20 noch an Streß recht gut weggesteckt hat, streßt mit Mitte 40 länger.
Oder erinner Dich mal an Deine Regenerationszeit nach ner durchzechten Nacht Anfang / Mitte 20 - und wenn Du das gleiche jetzt machst... Früher war man einen Tag neben der Spur, jetzt hat man noch ein bis zwei Tage länger was davon
Damit will ich Dir nicht widersprechen - Du hast absolut Recht: Von nix kommt nix, und natürlich haben unsere Depris und Ängste Vorgeschichte und Auslöser. Absolut.
Aber zusätzlich kann es (trotzdem) auch noch Verstärker oder Dämpfer für die Symptome geben - und in unseren Fällen (oder zumindest in meinem) ist das AD eben ein leichter, aber offenbar durchaus wirksamer und damit erforderlicher Dämpfer der depressiven Symptome. Ohne, befürchte ich, würde jede depressive Episode bei mir voll durchschlagen, stärker, als sie es auch mit 20mg Fluoxetin jetzt noch manchmal tut.
Und natürlich gibt's Menschen, die es ohne Medikament schaffen oder das AD tatsächlich nur übergangsweise brauchten. Ja. Toll. Super.
Und was hilft mir das?
...
...
Nix!
Ich bin eben nicht "andere". Ich hab nen anderen Körper, ne andere Psyche, ne andere Denke, andere Erfahrungen und Prägungen, eine andere (offenbar niedrigere) Resilienz gegen Streß.
=> Das hat offenbar zur Konsequenz, daß meine Vorgeschichte und jedweder Auslöser anders und offenbar stärker auf mich einwirken als es bei anderen der Fall ist / wäre.
Das ist doof. Unbestritten. Hab ich lange dran zu knabbern gehabt und manchmal immer noch.
Aber ich hab's größtenteils akzeptiert:
Ich bin eben so!
Und ich bin gut so!
Dafür hab ich andere Probleme nicht, die andere haben!
Dafür werfen mich die Probleme, die manch andere haben oder sehen, nicht so sehr aus der Bahn.
Es geht also nicht darum, Deine Begründungen und Ursachen runterzuspielen, ganz im Gegenteil
Aber ich empfehle Dir nach all den Jahren zu akzeptieren, daß es nunmal so ist. Und daß es - ganz im Sinne der antiken Stoiker - "gut so ist" ! Nicht gut im euphorischen Sinne, sondern gut im Sinne von "in Ordnung", "kann ich mit leben".
Wenn das in meinem Fall eben mit einschließt, daß ich jeden Tag 20mg Fluoxetin einnehmen muß - ja, auch gut, dann ist das eben so.
Alles, was mir hilft, mein Leben schön, erträglicher und weniger leidvoll zu machen, ist willkommen (jetzt mal abgesehen von den sonstigen "Hausmittelchen" wie Alkoholmißbrauch, cholerischen Anfällen oder häuslicher Gewalt; sowas meine ich selbstverständlich nicht damit, und ich bezweifle auch, daß die Betroffenen sich dadurch wirklich besser fühlen... :/).
Kommentar