Liebe Elektraa,
mir scheint, du hast mehr Weitblick auf das Leben als ich.
Ich sehe es auch so, dass menschliche Beziehungen dazu da sind, unser Entwicklungspotenzial aufzuzeigen. Ich würde aber halt so gerne mit A. noch ein Stück meines Lebensweges teilen. Da ist soviel, was ich noch von ihm lernen will und vielleicht hab ich ja auch noch einiges zu bieten.
Wenn ich hier über ihn schreibe und schildere, wie ich mich die ganze Zeit verhalten habe, kommt es mir vor, als verrate ich meine eigenen Ideale und zerstöre sie... das ganze fühlte sich doch nur deshalb wie ein Geschenk von purem Glück an, weil wir alle mit reinem Herzen in die Situation gegangen sind! Aber sofort hat mein Mißtrauen allen Männern gegenüber mich dazu gebracht, ihn für einen Lügner zu halten. Letzlich naheliegend, denn wir waren/sind beide Lügner und Betrüger ggü. unseren Ehepartnern.
Das ist übrigens anerzogen, mein Vater hat meine Mutter finanziell ausgenommen vor der Scheidung, das gemeinsame Konto geleert und sich dann ins Ausland abgesetzt, um sich auch den Unterhaltszahlungen zu entziehen. Statt zu versuchen, die Schulden, mit denen mein Vater sie zurückließ, mit der Zeit abzuzahlen, legte meine Mutter damals einen sog. Offenbarungseid ab und ich wuchs in "Armut" auf. So ist sie - stur bis zum Letzten. Lieber lebt sie in Armut, als etwas zu tun, was sie nicht will, was sie nicht einsieht. (Ich kenne zwei ähnliche Fälle, beide Frauen haben die Schulden abbezahlt bzw. zahlen noch - das ist zwar übel für sie gewesen, aber sie haben ihren Kindern Ausbildung/Studium ermöglichen können und sind mit ihrem Leben insgesamt auch zufrieden oder geben das zumindest so an. Beide haben nicht wieder geheiratet.)
Als ich meinen Vater endlich kennenlernte, war ich 16, meine Mutter fast so alt wie ich heute und mein Vater etwas jünger als A. heute. Er war/ist der charmanteste und attraktivste Betrüger, den ich bis dato getroffen habe. Selbst meine Mutter war wie Wachs in seinen Händen, als er bei uns damals auftauchte. Auch ne interessante Geschichte, aber darum geht's heute mal nicht.
Ich bin übrigens auch sehr religiös aufgewachsen, war überzeugte Protestantin bis ich 15 war und die Schule wechselte. Auf der christlichen Privatschule angekommen, wurde ich von den Lehrern diskriminiert dafür, dass meine Eltern geschieden waren. Da ich nicht das einzige "Scheidungskind" war, gab es alsbald eine kleine Gruppe von Outsidern, die wir uns über die Bigotterie und den Fanatismus der Lehrkräfte lustig machten. Wir alle verließen diese Schule vor dem Abitur, wir alle wurden mit extra schlechten Noten bestraft, wir alle haben danach super Schulabschlüsse hingelegt. Und ich meine, nur eine ist ihrem Kinderglauben treu geblieben.
Aber einen Glauben hab ich, ich glaube, dass keine Energie im Universum verloren geht, und dass Liebe Energie ist. Hass ist allerdings auch Energie. Alle starken Gefühle sind Energie. Deshalb "glaube" ich an Kontingenz, denn wie und in welchen Dimensionen (Raum/Zeit...) sich das alles gegenseitig beeinflusst, kann nicht vorausgesagt werden. Ich würde es gern glauben, bin aber nicht sicher, ob Liebe alles überwinden kann. Vermutlich ja. Dafür muss sie nur"wahr" und rein sein. Und es ist nicht so einfach, so zu fühlen, dazu gehört eine gewisse Reife, die ich wohl noch nicht erreicht habe. Mit wahrer Selbstliebe ist bei mir nicht sehr weit her.
Wenn ich meinen Text hier so lese, bin ich wohl im Grunde meines schwarzen Herzens immer noch Protestantin. Denn wir wissen nicht, ob wir erlöst werden, weil wir nicht wissen, ob wir wirklich wirklich ernsthaft und zutiefst und ausreichend unsere Sünden bereut haben, die niemand vergeben kann außer Gott bzw. sein Sohn. Beichten beim Pfarrer ist nicht. Deine Schuld trägst du mit dir, solange du lebst, und auf dem Totenbett wirst du gerichtet. Hallelujah ;o)
Ich kann darin keinen Trost finden, aber in meinem "selbsterfundenen" Glauben auch nicht, wenn ich nicht eine innere Wahrheit im Fühlen, Denken, Handeln wahrnehmen kann. An die Wahrheitsmomente oder die "Universalwahrheit" in dieser Liebe zu/mit A. kann ich glauben, denn die habe ich deutlich gefühlt. (Solche tiefen Wahrheitsmomente hatte ich z.B. auch mit meinem Mann, die hatten aber nichts mit Sexualität zu tun.) Aber was das wirklich bedeutet und ob mich das irgendwohin führt, weiß ich nicht.
Ich weiß nicht, ob diese Wahrheit wieder "herbeirufen" kann. Ist es nicht diese (leuchtende) Wahrheit, die uns wiederum zum Leuchten bringt?
In deinem Fall wäre es die Wahrheit in dir selbst, die du gefunden hast. Das "Göttliche". Ich weiß zwar, dass das in jedem von uns existieren soll, aber in mir finde ich nur sehr gelegentlich und nur kurzzeitig, und wie gesagt, es ist nicht herbeirufbar für mich.
Vielleicht gehört dazu mehr Lebensweishet, als ich besitze bisher.
Ich tappe in meiner eigenen Dunkelheit und sehe keinen Ausweg.
Wie in einer Zeitschleife werde ich seit 1 Jahr wieder und wieder auf diesen Traum zurückgeworfen, wo A.und ich Hand in Hand in tiefster schwarzer Dunkelheit gehen, und er plötzlich meine Hand losläßt und verschwindet. Ich rufe seinen Namen, aber kein Laut ist zu hören. Dunkel ist es und eisig wie im Weltall...dunkel und still wie der Tod...
Übrigens, ich denke auch, dass der Tod eine Art Transformation ist. Liebe und Tod (Eros + Thanatos) bestimmen unser Sein und Werden. Deshalb will ich manchmal sterben und manchmal lieber lieben und manchmal beides... ;o) Deine Idee finde ich sehr interessant, weil die dem Thema die unnötige Schwere nimmt!
Ich möchte auch meine Leichtigkeit wiederfinden, damit ich wieder handlungsfähig werde und aufhören kann, mich an Ideen/Menschen/Dinge zu klammern, die gerade nicht passen/damit nicht klarkommen/nicht verfügbar sind.
Ja, mir scheint, mein Feuer ist tatsächlich noch da, ich verwende meine Kraft aber aufs Traurigsein statt Leben genießen, weil meine einzige Idee von Genuß gerade nicht erfüllbar zu sein scheint.
Ich bin offensichtlich die Tochter meiner Mutter....ja, beider Eltern, wie an den Charaktereigenschaften erkennbar...aber das wußte ich im im Grunde schon.
Wie kann ich nun wieder zu dieser inneren (Herzens-)Reinheit zurück, wie ich sie auch bei A. wahrgenommen habe? Dieser furchtlosen Hingabe ans Leben? Dieser freudigen Dankbarkeit für Alles? Ich muß mich echt mal zusammenreißen.... verfalle immer wieder ins "heulende Elend"... (es ist auch heute der 18. Jahrestag des 1. Dates mit meinem Mann, das hilft mir auch nicht... 17 Jahre lang haben wir diesen Tag gefeiert... seit 5 Jahren sind wir verheiratet, der Hochzeitstag war der 7.11., den haben wir mal in stillem Einvernehmen untern Tisch fallen lassen, davor aber auch immer liebevoll gefeiert, sogar noch letztes Jahr, obwohl A.s Rolle in meinem Leben in der Zeit immer einnehmender wurde...) Was ist, wenn A. doch die "Liebe meines Lebens" ist und ich ihn endgültig vertrieben habe durch meine Gier? Oder schließt die Idee von dieser "Liebe des Lebens" solche Folge aus? Die Sonne geht gleich unter, ich geh mal schnell zum Fluß...
Herzliche Grüße
Venus
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