Moin,
von den Symptomen eines Testosteronmangels habe ich auch schon vor ein paar Jahren gelesen, war aber ebenfalls unauffällig bei mir.
Was ferner die "Normwerte" angeht, solltest Du noch folgendes wissen:
1. Praktisch alle Norm- und Durchschnittswerte werden in der alltäglichen Medizin immer nur isoliert für sich betrachtet! Soll heißen: In nicht wenigen Fällen kommt unter Umständen eine Kombination verschiedener Werte als Ursache in Betracht, wobei die dann noch nicht mal außerhalb sein müssen, isoliert betrachtet, sondern vielleicht "nur" im oberen oder unteren Grenzbereich liegen. Was wiederum auch heißen kann, daß ein leicht darunter oder darüber liegender Wert durch einen anderen kompensiert werden kann bzw. beide Werte gemeinsam interagieren.
Ich kenne da von meinem Job her ne Parallele bei der Stahlerzeugung: So hat jede Stahlvariante ja eine eigene Zusammensetzung, eine sogenannte "Analyse". Einerseits sind hierin die Grenzen der einzelnen chemischen Elemente für sich beschrieben nach Min und Max, andererseits gibt es manchmal auch verschiedene additive oder multiplikative Grenzwerteffekte, die berücksichtigt werden müssen. So kann es beispielsweise sein, daß Kohle nicht höher als X (sagen wir mal 0,8) sein darf und Molybdän nicht höher als Y (bspw. 1,5), jedes für sich. Jetzt gibt's aber noch ne sogenannte Summenformel, die sagt "Kohle + Moly muß kleiner 2,0 sein". Was das bedeutet, wenn Du jetzt sowohl Kohle als auch Molybdän am oberen Maximum fährst, siehst Du sofort => Du reißt zwangsläufig die gemeinsame Grenze von 2,0 (in dem Fall würde der Stahl dann zu hart und spröde, wenn ich es pi-mal-Schnauze richtig weiß; bin selbst kein Metallurge, hab lediglich einiges in Besprechungen mitbekommen im Laufe der Jahre).
Selbstredend, daß solche Abhängigkeitseffekte evtl. auch nicht nur zwei-, sondern vielleicht sogar drei-, vier- oder noch höher -dimensional sind...
Der menschliche Körper und seine Abläufe mit den ganzen biochemischen Eingangs-, Übergangs- und Endstoffen ist, denke ich, ungleich komplexer. Weswegen hier viel Forschung noch in den Kinderschuhen steckt, so daß es größtenteils noch keine gesicherten Aussagen und Zusammenhänge dazu gibt, sondern nur Beobachtungen, Indizien und Vermutungen.
Damit will ich nicht sagen, daß diese ganzen Min-Max-Durchschnittswert-Betrachtungen unsinnig wäre, ganz im Gegenteil. Sind sie ja bei der Stahlerzeugung beileibe eben auch nicht.
Aber tu Dir selbst einen Gefallen und hör auf, alles was Du liest und irgendwo geschrieben siehst, als neue Bibel zu verstehen und in die nächste Hektik zu verfallen
Denn:
2. Der menschliche Körper ist kein Uhrwerk!! Schon allgemein betrachtet nicht, und individuell gesehen erst recht nicht.
Vor diesem Hintergrund sollte man auch wissen, daß viele dieser Normwertermittlungen durch Forschung und Wissenschaft eben Durchschnittswerte über viele mehr oder weniger gesunde (oder kranke) Menschen sind. Sie sagen aber nichts darüber aus, wie Du und Deine Werte individuell in Streßsituationen aussehen und welche Stoffe, Mineralien etc. Dir konkret unter Umständen genau dann fehlen.
Nochmal:
Ich kann Deinen Wunsch zu verstehen, was das alles verursacht, grundsätzlich sehr gut nachvollziehen; geht mir auch noch oft genug so.
Aber ich hab mittlerweile für mich begriffen, daß ich
1. alle Antworten und Ursachen bereits ausreichend analysiert habe, um sie zu kennen; und
2. es bei mir wahrscheinlich wirklich ein unglückliches Zusammenspiel all dessen ist. Gewissermaßen ein Puzzle mit ein bis zwei Dutzend Teilen.
Und auch hier werde ich nie herausfinden, welches jetzt die Ursache ist. Weil es die Ursache für mich nicht gibt, weil es eben eine Kombination und ein Zusammenspiel von mehreren ist.
Und womöglich erreiche ich mehr, wenn ich hier und da an dem arbeite, was ich bereits weiß und wo ich auch was machen kann (bspw. eben Lockerlassen, immer wieder entspannen, spazieren/cachen gehen, mich mit schönen Dingen beschäftigen, Freunde treffen, usw. usw.), als krampfhaft den einen ganz großen Stellhebel zu finden. Den ich vielleicht sogar auch schon lange kenne, aber einfach nicht umlegen will.
Vielleicht hilft Dir auch dieses Video ein wenig weiter, daß ich vor ein paar Tagen geschickt bekommen habe:
Then why worry?
Es ist wirklich sehr viel Wahres dran. Seine Worte gehen mir seitdem immer wieder durch den Kopf. Und ja: Ein Teil von mir wehrt sich gegen den Gedanken, "why worry", wenn ich ein Problem habe, daß ich nicht lösen kann. Ja. 100%. Andererseits sage ich mir immer wieder: Es stimmt eigentlich: Ich kann dieses Problem schlichtweg nicht lösen, jedenfalls nicht jetzt, oder vielleicht bin ich tief drin auch nicht willens dazu. Also warum sollte ich mir andauernd Gedanken und Sorgen drum machen...? Bin ich eigentlich blöd...?
Hier hilft mir aber auch das Wissen, daß unser fortschrittliches, menschliches Gehirn in seiner jetzigen Form durch die Evolution nur einen einzigen Zweck hat:
Unser Gehirn ist ein Problemlösungswerkzeug, das gesamte Denken dient ausschließlich dazu, Probleme zu lösen!
Hinzu kommt, daß wir von Kleinauf genau so erzogen werden, Probleme zu suchen und zu lösen. Mach Dir doch mal bewußt, womit Du Dich spätestens seit der Schulzeit beschäftigst (bzw. wir alle uns): Ganz streng genommen ausschließlich mit fiktiven Problemen, die nicht wirklich von überlebenswichtiger Bedeutung sind. Schreiben, lesen, rechnen, Aufgaben lösen, studieren, Wissenschaft, Forschung - sie alle generieren Aufgaben und Probleme, die es ohne das Denken des Menschen gar nicht geben würde! Sämtliche Pflanzen und Tiere auf diesem Planeten (und anderen wahrscheinlich) existieren, ohne jemals schreiben, lesen oder rechnen zu lernen, geschweige denn sich mit unseren alltäglichen Problemen wie der Finanzierung unseres Lebensstils, dem nächsten Supermarkteinkauf oder der allmorgendlichen Stauumfahrung im Berufsverkehr beschäftigen zu müssen
So. Jetzt geht's Dir und mir und vielen vielen anderen in unseren Breitengraden grundsätzlich ja ziemlich gut. Wir sind gesund, leben lange, haben ausreichend zu essen, haben Hobbies, Spaß, sind auch ansonsten gut versorgt. Haben also erst recht eigentlich kein Problem.
Nur:
Unser Gehirn ist ein Problemlösungsapparat! Kein Entspannungsapparat! Unser Gehirn ist permanent auf der Suche nach dem nächsten Problem, daß es versuchen kann zu lösen. Und wenn's kein "echtes" zu lösen gibt (wie eben für uns Menschen durchaus die Suche nach nem neuen Job, der Essensplanung für's Wochenende oder eben die Stauumfahrung), dann kreiert es selbst welche.
Dazu paßt folgende Geschichte von Ajahn Brahm, die ich Dir auch sehr ans Herz legen möchte:
Die Affen und der Affengeist
Glaub mir: Ich kann Dich echt sehr sehr gut verstehen! Weil ich noch vor ein paar Jahren ganz genauso unruhig auf der Suche nach der richtigen Ursache für meine Depri-Ängste war.
Aber ich stelle fest, daß ich und mein "Affengeist" gaaaanz langsam zunehmend ruhiger werden, je mehr ich mich mit solchen Geschichten und Sichtweisen beschäftige. Natürlich hab ich noch oft genug solche Momente, und natürlich kotzt mich die Situation oft genug noch ordentlich an. Und natürlich hab ich viel zu oft noch depressive und ängstliche Phasen.
Aber ich habe angefangen, es zu akzeptieren und auch zu erkennen, daß gerade mein Gehirn - mein "Affengeist" eben - da viel zu oft einfach grundlos vor sich hinrattert, ohne daß es zu irgendwas nutze ist, außer mich kirre zu machen
Wenn Du also wirklich an Deinem "Problem" arbeiten willst, kann ich Dir aus eigener, positiver Erfahrung nur zwei wesentliche Dinge wärmstens empfehlen:
1. Steigere die Dosis der Citas auf 10 oder besser noch die Standarddosis von 20 mg. Dann hast Du Ruhe und die oben von Dir beschriebenen Vorteile.
2. Beschäftige Dich mit buddhistischen Sichtweisen zu Gelassenheit, Akzeptanz und Geduld! Lerne zu erkennen, welches echte Probleme sind, und welche Probleme Dein Gehirn nur kreiert, um sich zu beschäftigen, weil es das nicht anders gelernt hat. Zähme Deinen Affengeist
Und nochmal:
Auch ich bin da noch auf dem Weg, stehe wahrscheinlich auch immer noch am Anfang. Und meine Fluoxetin habe ich auch untendrunter, ja.
Auch möglich, daß ich am Ende noch lange nicht genug Gelassenheit selbst aufbringe, sonst würde es ja vielleicht auch ohne das Medi klappen, was es bisher nicht tut
Aber ich sag mir da mittlerweile:
Why worry?
=> Es geht mir besser, so oder so. Und es ist mir irgendwo auch ein bißchen wurscht, ob es jetzt am Medi oder den buddhistischen Lehren liegt - oder sehr wahrscheinlich auch hier einer Kombination von beidem Es hilft, sehr wahrscheinlich beides, ich schade niemandem damit, ich hab weniger schlechte Phasen und dafür mehr gute...
... then why worry?
Ich wünsche Dir von Herzen, daß auch Du bald an diesen Punkt gelangst
GLG,
Alex
PS: Davon abgesehen mach natürlich jede Untersuchung, die Dir erforderlich scheint; mache ich auch nach wie vor. Aber hake es danach auch ab
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