"Warum muß diese Welt nur so laut, schrill und fordernd sein...?!?"
Hallo Alex,
die Welt muss nicht laut, schrill und fordernd sein. Sie versucht nur, uns mitzuziehen. Und wenn wir es zulassen, assimiliert sie uns.
Es liegt ganz an uns, wie weit wir uns auf hektisches Treiben einlassen, oder distanziert feststellen, das geht uns nichts an.
Ich rede eigentlich nie von mir, aber für Sie, Alex, nur ein Beispiel:
Gelegentlich vertrete ich mal in einer nervenärztlichen Ambulanz. Also fachlich dem breiten Spektrum von Neurologie und Psychiatrie. Ich muss das nicht, tue es aber, um in der Praxis zu bleiben und natürlich auch, um einem Kollegen mal einen freien Tag zu gönnen.
Wenn das Wartezimmer voll ist, trotz Bestellsystem immer dringende Fälle kommen, die man einschieben muss, entsteht rasch eine Situation, in der man getrieben wird und zwischen gründlichem Arbeiten und "das Pensum irgendwie schaffen" hin und her pendelt.
Dann kommen Anrufe (Apotheken mit Fragen zu einem Rezept, Kollegen anderer Fachgebiete, die einen Rat wollen, Angehörige, die von einer Verschlechterung berichten und auch gleich kommen wollen usw). Dann telefonieren sie, schreiben dabei ein Rezept aus, bekommen von der Sprechstundenhilfe Gesten, dass draußen ein sehr unruhiger Patient die Wartenden stört, meist bekommt dann gerade auch noch ein Patient im Wartezimmer einen Anfall, so dass sie sofort zu ihm müssen.
Nur mal als Beispiel für einen ganz normalen Tag.
Wie schafft man, trotzdem gelassen zu bleiben, zu funktionieren, keine Fehler zu machen?
Es geht nicht, in dem man sich suggeriert, dass einen das alles eigentlich nichts angeht, man einfach nur zu funktionieren hat.
Dann wäre man nicht Empathie fähig, hätte keine Resonanz.
Man braucht stabilisierende Äquivalente. Ruhe für sich selbst. Ein Lauf durch stillen Wald, Schwimmen in einem Natursee, oder im Winter die Läufer anschnallen.
Das muss nicht gleich nach der Belastung sein, aber die Möglichkeit, es zu tun, ist auch schon ein Schritt zu sich selbst.
Ich persönlich bevorzuge mit Rad und Hund schöne Waldwege zu fahren ... und abends dann in den Foren zu lesen.
Ich erinnere mich, Alex, dass Sie auch Rad fahren, viel draußen sind und auch anderen Sport treiben. Wäre es nicht möglich, diesen Teil etwas auszuweiten?
Das wäre für Ihr Gleichgewicht ungleich günstiger, als nach einem Bürotag weiter drinnen zu sein und sich mit Computerspielen innere Unruhe zu bescheren...
Haben Sie übrigens auch mal Langeweile? Oder nur Ihr Sohn...
Beste Grüße
Dr. Riecke
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