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Mein alter Herr Eberhard - Folgethread

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  • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


    Liebe Kondor,

    ich habe Ihre Beiträge in Sachen Unruhe gelesen und sehe ähnliches auch auf uns zukommen. Besonders beeindruckt mich Ihr Satz „Ich könnte manchmal explodieren!!“. Genau das ist das Hauptproblem; man hält es nicht aus. Es kommt immer mal wieder der Punkt, an dem man laut wird und damit alles nur verschlimmert. Vater sagt dann „Ich habe doch gar nichts gemacht“ wie ein kleiner Junge. Aus seiner Sicht hat er recht, denn das, was er macht, ist ihm nicht bewusst - bzw. er hat es gleich wieder vergessen. „Kein Rankommen möglich“ stand in einer Eintragung des Pflegedienstes im Berichtsheft. Und wenn mal alles gut geht, steht er wieder vom Bett auf, der kranke Vater, der nichts mehr von seiner Krankheit weiß.

    Wie mir Mutter heute telefonisch mitteilte, ging es gestern noch die ganze Nacht weiter. Mal ging Vater tatsächlich wieder zu Bett – stand dann aber kurz darauf wieder auf und alles wiederholte sich. Mutter hat heute besonders darauf geachtet, dass Vater tagsüber nicht vor sich hindöst – was er leicht macht, weil seinem Körper natürlich auch der Schlaf fehlt. Daher mag es vielleicht in der kommenden Nacht etwas besser gehen.

    Das Mittel der Wahl ist ein Nachtcafe. Derlei gibt es in wirklich guten Heimen – zuhause kann man das schlecht installieren. Zuhause gibt es auch viele Glasschränke, Fenster, Spiegel und gemusterte Teppiche sowie Schatten. Das alles kann mit der Zeit für einen Demenzkranken zu Gift werden, ihn irritieren oder ängstigen. Aber ein Komplettumbau ist unsinnig – da wäre ein gutes Heim besser – eines, das wenig sediert und mehr therapiert. Gift für den Kranken sind auch lautes Ansprechen, Kommandieren, Realität herstellen, Vorwürfe und leider auch das Zeigen der eigenen Verzweiflung, weil sich mit dem Verlust der Vernunft die emotionale Seite immer stärker und sensibler bemerkbar macht. Es kann zu Teufelskreisen kommen: Irrationales Verhalten des Kranken -> Realitätsbezugherstellung seitens des Pflegenden -> Unverständnis und vermehrte Verwirrung des Kranken -> noch mehr Realitätsherstellungsversuche und schließlich Vorwürfe -> Angst des Kranken -> falsche Beruhigung durch Phrasen wie „Du bist doch zuhause“, „Du brauchst nicht mehr zur Arbeit“, „Deine Eltern sind schon lange tot“, usw. -> Aggressionen oder Depressionen -> erneuter Realitätsbezug durch „Es ist doch alles in Ordnung“, usw. -> irrationales Verhalten des Kranken -> (Kreis geschlossen; es folgt die Eskalation). Der Vernunftmodus, mit dem man immer erfolgreich unter „normalen“ Menschen kommunizieren kann, trifft hier auf Unverständnis und wird mit dem Gefühlsmodus des Kranken beantwortet. Mit dem Gefühlsmodus zu arbeiten, haben wir leider nicht ausreichend gelernt; wir wurden zur Meisterung unseres Lebens einseitig auf Vernunft „gedrillt“ und haben das längst zur Selbstverständlichkeit gemacht. Gefühle haben wir nur noch in der partnerschaftlichen Liebe, zu Kindern, zu Traueranlässen und wenig mehr. Das hat alles seinen Platz bekommen im Laufe des Lebens. Und dann kommt die Demenz des Angehörigen und stellt unsere wohlgeordneten inneren Strukturen in Frage. Die Herausforderungen zur Flexibilität sind enorm; es ist kaum möglich, sich dem Kranken anzupassen. Aber das ist leider der einzige Weg, denn er kann sich uns nicht mehr anpassen. Aber diese Anpassung stößt auf Grenzen. Man kann z.B. nicht immer selber dann dösen, wenn der Patient döst; man hat Termine wahrzunehmen, usw. Und dann bleiben außer Tricks – z.B. merklich abends gähnen, weil dieses ansteckt, Spaziergänge machen, für viel Bewegung sorgen, kein Koffein am Nachmittag und abends, keine aufregenden Themen bewegen oder Fernsehsendungen schauen, Glas Milch mit Honig, Baldrian (sofern das überhaupt angenommen wird), Rückenstreichelmassage (sog. Einreibungen), ruhige Musik, usw. – am Ende nur noch die starken Medikamente. Die richtigen unter ihnen müssen zudem oft mühsam erst gefunden werden und haben dann auch wieder Nebenwirkungen.

    Es kommt dann schließlich der notwendige Zeitpunkt der Entscheidung für ein möglichst gutes Pflegeheim, eines möglichst vor Ort oder in der Nähe, damit man oft besuchen kann (Not-wendig, weil diese Not gewendet werden muss!). Eines, das die zeitweise Herausnahme z.B. zu Feiertagen ermöglicht. Eines, was keine Knebelverträge hat, d.h. mit moderaten Kündigungsfristen. Somit ist ein Heim kein Friedhof, kein Abstellgleis, sondern für den Kranken ein Ort seiner neuen Betätigung an dem er auf „Gleichgesinnte“ trifft, die mit ihm zusammen die für uns bizarre Welt der Demenz teilen. Will man diesen Schritt noch nicht sogleich machen, so käme auch eine 28-tägige Kurzzeitpflege in Betracht, in deren Zeit sich pflegende Angehörige etwas erholen können.

    Ich bitte Sie, sich diese Möglichkeiten mal zu überlegen. Wir – Mutter und ich – wollen diesen Weg bald beschreiten zumal uns jetzt auch die Pflegedienstleitung und der Hausarzt zu Überlegungen in diese Richtung geraten haben.

    Liebe Grüße – Sie sind nicht alleine!

    Egon-Martin

    p.s. Sie haben übrigens den hundertsten Beitrag in diesem Thread geschrieben und ihn daher in den dreistelligen Bereich befördert. Danke!

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    • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


      Hallo, mein Vater hatte auch Alzheimer, er starb dieses Jahr im Sommer. Aber Ihre Mutter hält das nicht mehr lange durch, weil es immer schlimmer wird. Ihr Vater wird bald seine eigene Frau nicht mehr erkennen. Er will dann immer fort, weil er heim will. Und er wird zunehmend aggressiver. Ich muß sagen, wenn ich Vater noch etwas gepflegt hätte, wäre ich(seine Tochter) in die Nervenklinik gekommen. Darum denken sie über ein Pflegeheim nach.
      Viele Grüße und viel Kraft kahncool

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      • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


        Danke, Kahncool, für Ihre guten Wünsche.

        Es stimmt, mein Vater erkennt meine Mutter immer öfter nicht mehr, hat sie schon mal nach seiner Frau gefragt. Mich erkennt er noch seltener. Ich habe as ja auch in meinen Beiträgen irgendwo mal dokumentiert. Die Aggressivität hält sich derzeit in engen Grenzen. Stattdessen dominiert neben der Agitiertheit mit Weglauftendenzen die Depression und manchmal Angst. Aber das eine kann leicht aus dem anderen hervorgehen. Aggression z.B. aus Angst. Mit Risperidon scheint das Schlimmste aber im Griff zu sein. Pflegeheim ist für uns der nächste größere Tagesordnungspunkt. Das soll noch dieses Jahr abgewickelt werden.

        Ja, man wird selber langsam "klapsmühlenreif". Ich habe an mir beobachtet, wie ich selber zum wiederholten Male meinen Tee umrührte, vergaß meinen Zugangscode zu einer elektronischen Vorrichtung, usw. Zu wenig Schlaf und Ruhe - zu viele Sorgen.

        LG
        Egon-Martin

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        • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


          Zunächst wünsche ich allen Leser- und SchreiberInnen ein gutes neues Jahr 2010!

          Aktueller Bericht über den Zustand meines Vaters, wie er sich mir bei meinem letzten Besuch (bis 30.12.09) darbot:

          (z.Z. nur noch prosaisch)

          In allen bisher von mir hier aufgeführten Bereichen ergaben sich weitere Verschlechterungen. Vor allem verschlimmerte sich die sog. Tag-Nacht-Umkehr immer mehr, so dass eine wegen Vaters Tendenz, an allen Dingen herumzufingern notwendige Überwachung nicht mehr gewährleistet werden konnte. Er ließ auch Mutter und mich nicht schlafen. Kam z.B. gegen vier Uhr morgens in mein Zimmer und wollte was abliefern, wobei er unverständliche Worte sprach, die vmtl. mit seiner früheren Arbeit zu tun hatten. Er nahm weder mich, den Raum, noch sich selber im Schlafanzug wahr, sondern wähnte sich vmtl. in einem Büro. Nur mit Mühen konnte ich ihn wieder ins Bett bugsieren. Die Nacht war indes wieder einmal gelaufen. Und so ging es immer öfter. Dabei blieb Vater tagsüber erstaunlich regsam, war oft schon vor dem Abend unruhig. Einfache Bitten, sich zum Essen zu setzen, verstand er nicht mehr, wollte manchmal den Stuhl forttragen, hob die Tischdecke, schob das Essen über den Tisch, murrte bei einem Essen, auf das er sich kurz zuvor noch gefreut hatte, usw. Seinen 82.Geburtstag nahm er kaum wahr, die Geschenke blieben überwiegend unbeachtet.

          Eine Woche lang hatte ich versucht, Vater ein wenig zu testen. Am frühen Nachmittag führten wir dazu ein „Gespräch“, in dem ich immer wieder einfache Fragen einfließen ließ. Dabei gelang es zuweilen, Vater mit einfachen Sätzen zu einer einfachen Kommunikation zu bringen. Seinen Namen wusste er an 5 von 7 Tagen, seinen Geburtstag nur 2 mal. Es kamen auch lustige Dinge dabei heraus. So beantwortete er die Frage, seit wann er verheiratet sei, mit „Ich lebe noch“ und lachte. Mit dem Begriff „Katze“ konnte er nichts anfangen, wusste aber noch, was man unter einem Hund verstand. Aus drei einfachen vorgegebenen Worten konnte er keinen Satz bilden. Bei MMST blieb er unter 9 Punkte, Autos hätten 16 Räder und der Mensch 80 Nasen, usw. Einen solchen Tiefstand kognitiver Fähigkeiten hatte ich bislang noch nicht bei Vater erlebt. Zur Toilette musste er jetzt auch gebracht werden, da er diese nicht mehr alleine fand. Selbstständiges Handeln ist auch dort nicht mehr möglich.

          Zu den Halluzinationen gesellte sich ein merkwürdiges Hantieren mit „unsichtbaren Fäden“ hinzu. Immer häufiger zupfte er an Teppichmustern, sprach mit Tieren oder Kindern, die sich angeblich unter dem Tisch befänden, usw.

          Die Bedeutung auch immer einfacherer Worte wurde nicht mehr verstanden. Die Bitte, die Füße zu heben, blieb erfolglos. Sanfte Hilfe wurde mitunter als Angriff verstanden. Der Pflegedienst hatte zuweilen große Mühe. Und einmal ins Bett gebracht, stand er dann bald wieder auf und „geisterte“ herum. Bitten meiner Mutter, doch wenigstens ihr zuliebe sich doch wieder hinzulegen, denn sie brauche ja auch mal Schlaf, wurden völlig ignoriert. Mutter will dann auf der Couch im Wohnzimmer schlafen – geht aber auch nicht, da Vater oben für Unruhe sorgt.

          Schließlich wird der Leidensdruck so groß, dass Mutter sich endlich entschließt – auch nach einem weiteren Gespräch mit dem Hausarzt – Vater ins Heim zu geben. Das Heim hatte ich schon im Juli ausgesucht und alle notwendigen Papiere besorgt und vorbereitet. Am Nachmittag des 30.November 2009 war es dann so weit. Es ging alles gut. Vater war neugierig – wusste aber gar nicht wo er war. Auf Anraten der Heimleiterin sollten wir Vater die nächsten zwei Tage nicht besuchen. Trotz der Ruhe, die jetzt in unserem Haus eintrat, fühlten wir uns beklommen. Aber es ging nicht mehr anders. Früher oder später wäre es zu einem völligen Zusammenbruch Mutters gekommen und auch ich litt immer mehr unter der Belastung dieser grausamen Krankheit. Zudem stieg die Unfallgefahr. Einmal hatte Vater schon am Herd hantiert und warf auch schon mal einen Blick in die Heizungsanlage. Immer wieder holte er auch Dinge aus den Schränken, darunter auch Elektrogeräte. Essen verschwand aus dem Tiefkühlschrank und ist bis heute nicht wieder aufgetaucht, usw.

          Nach den zwei Tagen besuchen wir Vater – abgesehen bei großer Glätte und viel Schnee – regelmäßig. Zu unserer erfreulichen Überraschung fühlt er sich im Heim wohl. Die weiten Flure und das überwiegend nette Personal, so wie ein stetes Angebot an Essen, Snacks und Trinken – auch zu unüblichen Zeiten – tun wohl ihre Wirkung. Er darf nachts herumgeistern, isst und trinkt dann was mit dem Nachtdienst und ist beliebt, hat zu seinem Humor zurückgefunden. Einmal hatte er seine Zahnprothese verlegt. Sie wurde schnell wieder gefunden, aber er wollte sie nicht nehmen. Eine freundliche junge und hübsche Pflegerin baute sich vor ihm auf, lächelte ihn an und bat ihn, einmal „A“ zu sagen. Er lachte und sagte „B“. Dabei bugsierte ihm die Pflegerin die Prothese schnell in den Mund und Vater behielt sie dort. In vier Wochen, in denen ich Vater dort beobachtete, gab es nur zwei Akutzustände, die aber auch von falscher, weil zu lauter Ansprache mit verursacht wurden. Man muss viel nonverbale Kommunikation beherrschen, was zum Glück viele – wenn auch leider nicht alle – dort beherrschen. Nesteln an der Hose bezeichnet oft den Wunsch, auf Toilette zu müssen. Anfangen, sich auszuziehen kann ähnliches, oder den Wunsch, sich hinzulegen bedeuten, usw.

          Probleme haben wir derzeit allerdings hauptsächlich mit der Wäsche. Diese liegt oft zu lange in der Wäscherei, wird vertauscht, usw. Aber in dieser ersten Zeit – quasi der Integrationsphase – kann man ja generell noch nicht viel sagen. Positiv ist dagegen der regelmäßige Besuch unseres Hausarztes, der dort mehrere Patienten versorgt. Er ist ja seit fast 10 Jahren Vaters Hausarzt und wird weiterhin u.a. mit Blutkontrollen Vater überwachen.

          Sicher ist das alles eine große Umstellung und das Weihnachtsfest hatte bei uns zuhause dieses Jahr einen eher nebenläufigen Charakter. Im Heim aber war alles festlich dekoriert und es wurden mehrere Veranstaltungen für die Bewohner – nicht allein Demenzkranke – gegeben mit einem Chor, Posaunenmusik, eine besondere Weihnachtsfeier, usw. Dabei fiel Vater auf, wie er fast fehlerfrei (!) die Texte bekannter Weihnachtslieder mitsang – er, der sich sonst kaum noch verständlich ausdrücken kann. Zwei Ergotherapeutinnen bemühen sich, die BewohnerInnen tagsüber zu beschäftigen. Ein Pfleger, der dort z.Z. seinen Zivildienst leistet, ist besonders engagiert (machte mit Vater sogar mal einen Spaziergang über den Weihnachtsmarkt) und will das später zu seinem Beruf machen – sein Vater bildet PflegerInnen aus. Es gab auch vereinzelt Leute, die mir nicht so gefielen, aber die haben für mich noch Schonzeit. Kann ja auch nur vorübergehend gewesen sein. Also erst mal abwarten.

          Ein Sorgenpunkt könnten die nicht geringen Kosten werden. Der medizinische Dienst der KK war auch schon im Heim und man versucht, Pflegestufe 3 zu erreichen. Dazu könnte sich noch eine kostenintensive Behandlung Vaters Makuladegeneration gesellen. Mutter wird im April 81 Jahre alt und ist gesundheitlich auch ziemlich angeschlagen zuzüglich ihrer Gehbehinderung (läuft mit Gehhilfen).Vielleicht kann man da ja noch was machen.

          Soweit für diesmal.

          Gruß
          Egon-Martin

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          • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


            Lieber Egon-Martin,

            Sie haben es sicher bereits beschrieben, wie Sie sich auf die Suche nach einer passenden, menschwürdigen Unterbringung für Ihren Vater umgesehen haben. Ich weiß bloß nicht, wie ich es zeitlich schaffen soll, Ihre zahlreichen Berichte zu lesen und traue mich jetzt einfach noch mal zu fragen. Wie haben Sie dieses offensichtlich "bessere" Heim gefunden ? Haben Sie mehrere selbst besucht und dann selbst entschieden ? Wie fange ich an, wenn ich für meine Mutter in diesem Jahr einen Platz finden möchte.

            Antwort eilt nicht und stichwortartig wäre auch in Ordnung.
            Vielen Dank und auch Ihnen ein gutes neues Jahr.

            Gruß - Marge

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            • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


              Liebe Marge,

              meine Eltern wohnen in einer norddeutschen Kleinstadt, in der es leider keine Heime nur mit Tages- oder Nachtpflege gibt. Es stehen nur zwei Ganztags-Heime zur Verfügung in dieser Stadt und zwei weitere in der Nähe der Stadt.

              Zunächst haben wir es mit einem Pflegedienst versucht, was aber nur geringe Erleichterungen brachte.

              Ich habe dann v.a. auf sog. Mundpropaganda geachtet. In einer Kleinstadt ist es nicht besonders schwierig, Leute - z.B. in Geschäften oder Lokalen, usw. - in Gespräche zu verwickeln und nach deren Wissen über diese Heime zu befragen. Da schnitt ein Heim besser ab als das andere und dieses habe ich dann am 03.07.09 in Augenschein genommen weil mir damals schon klar war, dass es nicht mehr lange so weitergehen konnte. Ich machte telefonisch einen Termin und ließ mir das Heim zeigen. In den Gesprächen brachte ich Fachausdrücke ein um zu testen, ob die Kräfte dort auch qualifiziert sind. Das war nach meinem Eindruck der Fall. Natürlich konnte ich nicht mit allen sprechen. Auch die Örtlichkeit sprach mich an. Das Heim verfügt über einen Garten mit Rundlauf und einer Pseudobushaltestelle. Man weiß, was Validation ist, praktiziert Ergotherapie, kennt Snoezelen, usw. Also ließ ich mir die entspr. Unterlagen geben und studierte diese. Einen Mustervertrag holte ich später auch noch. Mit den Inhalten war ich einverstanden.

              Ich bereitete alles vor und als Mutter dann auch einsah, dass es so nicht mehr weitergehen kann, fällten wir zusammen mit dem Hausarzt die Entscheidung der Heimunterbringung. Es ging alles ohne große Probleme über die Bühne und Vater war kein bisschen betrübt. Natürlich wird er fast täglich auch besucht wobei wir selbstverständlich ein Auge auf die Pflege und das Umfeld haben.

              In den bisher wenigen Wochen seit der Unterbringung Vaters im Pflegeheim kann ich natürlich noch keine sichere Wertung abgeben. Das ist m.E. frühestens in drei Monaten möglich. Aber wir haben es nicht mit einem Horrorheim zu tun, wie es sie leider auch gibt. Sicher muss man auch Abstriche machen. Vater hatte in Mutter und ztw. auch mir eine private 24-Stunden Exclusivpflege. Diese gibt es dort natürlich so nicht. Derlei gibt es nur in Superheimen wie z.B. in der Schweiz ab 5000 EUR monatlich aufwärts.

              Wenn es bei Ihnen eine Tages- oder Nachtpflege gibt, würde ich an Ihrer Stelle zunächst damit beginnen. Falls nicht und es auch mit einem Pflegedienst nicht mehr geht, in Ruhe nach einem Heim Ausschau halten und nicht der Illusion verfallen, es gehe ja doch noch, um dann "in letzter Minute" nehmen zu müssen, was man nachher vielleicht bereut. Ein Wechsel ist meist kompliziert.

              LG
              Egon-Martin

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              • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                Lieber Egon-Martin,

                danke, danke, danke. In dieser Woche haben meine Schwägerin und ich uns drei Heime ausgesucht, die wir nächste Woche besuchen wollen. Dann werde ich es genauso machen. Habe auch ein paar passende Checklisten gefunden, damit wir nichts vergessen.

                Tages- oder Nachtpflege diskutiere ich mit meinem Vater seit einem Jahr. Ist er nicht von zu überzeugen, so lange er kann, will er... etc. - heldenhaft, aber nicht mehr lange machbar. Ich möchte nicht beide gleichzeitig verlieren. Außerdem wird er meiner Mutter nicht gerecht. Es fällt ihm immer noch schwer zu verstehen, was passiert und "situationsgerecht" zu reagieren.

                Nochmals vielen Dank, Ihre Berichte sind mehr als hilfreich.

                Besten Gruß aus dem Ruhrgebiet - Marge

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                • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                  Liebe Forenmitglieder,
                  allen, die EgonMartin vermisst haben, sei hier kurz mitgeteilt, dass er sich zur Zeit intensiver um Mutter u n d Vater kümmern muss und von dort aus keine Möglichkeit hat sich im Forum mitzuteilen. Voraussichtlich wird er aber im Mai wieder zu Hause sein und sich dann auch hier wieder melden.
                  Gruß Leona

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                  • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                    Lieber EgonMartin,
                    Ihre Geschichte geht mir, wie so viele hier, ans Herz. Wie geht es Ihrem Vater inzwischen? Hat er sich auch weiter gut im Heim eingelebt? Es wäre schön, wieder einmal von Ihnen zu lesen.
                    LG Lydia

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                    • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                      Hallo Zusammen,

                      nur kurz, da ich wenig Zeit habe:

                      Vater hat sich im Heim gut eingelebt. Die Tag-Nacht-Umkehr ist merklich zurückgegangen. Sprachliche Kommunikation ist weiter erschwert, aber es gibt auch merkwürdige "Lichtblicke". So teilte ein Pfleger mit, dass Vater spontan auf seine humorvolle Frage, was er (Vater) denn wohl machen würde, wenn er ihn (den Pfleger) nicht hätte: "Dann hätte ich einen anderen" und lacht sich was. Das ist fast der kalauernde "Alte", als den wir ihn kennen. Dann aber leider - insbesondere an heißen Tagen - ist er sehr apathisch. Medis wurden etwas "zurückgefahren". Da leichte Ödeme auftraten, wurde das Nitrendipin abgesetzt. Risperidon auf 1 mg/d. Gute Verträglichkeit. Keine AChEI.

                      Ende Januar gab es einen kurzen KH-Aufenthalt Vaters wegen eines Erysipels (Rotlauf am Bein vmtl. Piclek aufgekratzt und infiziert). Leider mußte Vater dabei kurz sediert (Dormicum, Propofol - das "Zeugs", das ich bei einer Koloskopie bekam) werden, da sonst eine Untersuchung nicht möglich war. Er bekam dann Antibiotika und ward nach vier Tagen wieder im Heim wo er sich gut erhohlte.

                      Mutter geht es auch langsam besser. Osteop. Sinterungfraktur mit erheblichen Schmnerzen. Fast 4 Wochen Analgetika, die ganze WHO-Leiter bis zu 3 x täglich Targin (20 mg Oxycodon / 10 mg Naloxon Gemenge retardiert - Oxycodon ist ein Opioid mit doppelter Morphinstärke, macht aber genau nach Vorschrift eingenommen nicht abhängig) nebst Diclofenac, usw. Schmerzen blieben. Dann KH und OP. Verplattung unterster Thoraxwirbel zu zweiten Lendenwirbel - der erste war stark beschädigt mit beginnender Verlegung des Spinalkanals. Nach OP zurückbleibende Fußheberteilparese links. Läuft jetzt mühsam mit Rollator. Einkauf, usw. muss ich zunächst noch weiter machen. KK hat Haushaltshilfe abgelehnt.

                      Soweit in kürze.

                      Danke Leona und nochmals herzliches Beileid wegen Deines Vaters. Wir hatten ja telefoniert.

                      LG
                      Egon-Martin

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                      • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                        Hallo Zusammen,

                        leider habe ich wegen Hilfe für meine Mutter auch weiterhin nur wenig Zeit. Haushaltshilfe hat man abgelehnt, bei Pflegestufe 1 (für Mutter - wg. vmtl. bleibender Gehprobleme nach Rücken-OP) läuft derzeit ein Widerspruch. Ich frage mich immer mehr, wo ich eigentlich lebe und ob man ein System, welches alte und kranke Menschen dermaßen miserabel behandelt, noch als human bezeichnen kann oder ob hier nicht der Sozialdarwinismus mehr und mehr die Oberhand gewinnt. Der Wert des Menschen - so scheint es - wird hier hauptsächlich nach seinem Vermögen beziffert. Und wenn schon sog. "Großkopferte" Bücher schreiben und vertreiben dürfen über vermeintliche Judengene und genetische Determinanten zur Intelligenz, usw. und diese dann auch noch reißenden Absatz (!) finden, dann kann ich nur noch sagen: "Armes Deutschland!"
                        Gefährlich ist`s den Leu zu wecken...

                        Vater geht es leider schlechter. Seit ca. 6 Wochen sitzt er im Rollstuhl nachdem er gestürzt war (zum Glück ohne garvierende Folgen). Er kann kaum noch laufen. Die Medikation ist normal - keine Hinweise auf Einwirkungen über Nebenwirkungen. Er spricht immer weniger und noch unverständlicher. Doch sein Lächeln zeigt immerhin, dass er nicht unter Depressionen zu leiden scheint. Die Liste seiner Krankheiten ist lang, seine Beine machen keinen guten Eindruck. Aber der Hausarzt sieht fast jede Woche nach ihm.

                        Soweit in Kürze.

                        Gruß
                        Egon-Martin

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                        • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                          Lieber EgonMartin,
                          so niederschmetternd deine Nachrichten sind, so freue ich mich doch, einmal wieder von dir zu lesen und zu erfahren, wie es in eurem kleinen Familienverband weitergeht. Es tut mir sehr leid, dass nun auch deine Mutter verstärkt gesundheitliche Probleme hat, aber dies ist häufig eine Folge der vorausgegangenen Belastungen - das sehe ich insbesondere auch bei mir selbst. Wenn dir einmal nach Aussprache ist - meine Telefonnummer hast du sicher noch.
                          Ganz langsam verarbeite ich den entgültigen Abschied von meinem Vater, versuche - was meine eigenen Krankheiten angeht - wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Auch meine Mutter wird schwächer - leider. Sie feierte am 9.September ihren 85.Geburtstag und lebt noch immer allein im Norden Hessens in Haus mit Garten. - Ärgerlich, dass die Nachlassregelung für meinen Vater noch immer nicht abgeschlossen ist, dass auch hier mit Verzögerungstaktiken und Schikanen gearbeitet wird, auf ominöse Weise Unterlagen verschwinden...es ist unglaublich und treibt meinen ohnehin hohen Blutdruck in bedrohliche Höhen.
                          Versuche dich hin und wieder hier oder auch privat mitzuteilen - es wäre mir eine Freude.Herzlichst Leona

                          Kommentar


                          • ES WIRD SCHLIMMER


                            ...habe den Betreff mal in Großbuchstaben gesetzt damit dieser Beitrag leichter zu finden ist (wegen der Menge an Beiträgen)

                            Neues:

                            Vater liegt nun überwiegend im Bett, kommt nur kurz noch im Rollstuhl raus. Er erhält Dekubitusbehandlung. Medikation ist allgemein unverändert (Salben kommen hinzu). Der Hausarzt sieht regelmäßig nach ihm. Eigenartigerweie - und zum Glück - ist er meist gut gelaunt, lacht ab und an, auch wenn wir kaum erahnen worüber. Vor kurzem hatte er seinen 83.Geburtsrag, den er leider nicht wahrnahm.
                            Zudem ist er jetzt auch noch inkontinent und muß (moderne) Windeln tragen.

                            Mit Mutter ergeben sich leider auch nur geringe Fortschritte. Die KK hat bei ihr die Pflegestufe 1 abgelehnt. Auch ein Widerspruch blieb ergebnislos. Haushaltshilfe wurde abglehnt weil kein Kind unter 14 Jahren im Haushalt lebt (eine fast schon zynische Begründung für eine 81-jährige Frau!). Allein die Forenetikette verbietet mir, hier zu schreiben, was ich von unserer Gesundheitspolitik halte - es wären wohl nur noch drastische Ausdrücke angemessen.

                            Immerhin haben wir wenigstens den Behindertenausweis (50 %) durchbekommen. Damit wären jetzt alle Schikanen gegen meine Mutter Schikanen gegen einen behinderten Menschen, was u.U. juristisch mal von Bedeutung sein könnte.

                            Wieder war ich nur kurz in meinem alten Haus und fahre bald wieder zu Mutter. Hätte ich keine lieben Nachbarn, würde hier alles verkommen.

                            Ich werde mich von Zeit zu Zeit wieder melden und wünsche schon jetzt allen LeserInnen und SchreiberInnen frohe Festtage und ein gutes neues Jahr 2011. Mögen wir alle die Kraft finden und behalten, die es braucht für unsere Situation.

                            Egon-Martin

                            Kommentar


                            • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                              EgonMartin - gerne wüsste ich, wie es dir und deinen Eltern weiter ergangen ist. Falls du im Forum noch aktiv bist oder irgendwelche Themen verfolgst, gib mal ein Feedback. Gruß!

                              Kommentar


                              • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                Ich auch - ein Lebenszeichen bitte.

                                Kommentar

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