#}
  • Sie können sich hier registrieren, um Beiträge zu schreiben. Registrierte Nutzer können sich oben rechts anmelden.

Mein alter Herr Eberhard - Folgethread

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

  • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


    Hallo Angelika,

    die Eifersuchtsgeschichte meines Vaters ging sehr glimpflich über die Bühne. Er wurde nicht mal laut sondern sagte alles nur in einem patzigen Ton. Derzeit denke ich nicht, dass er gefährlich aggressiv werden könnte – aber das kann sich natürlich mit dem Fortschreiten der Krankheit ändern, da die ursprüngliche Persönlichkeit deformiert. Meine Mutter war ja schon wegen Halluzinationen beim Arzt vorstellig. Ich gab ihr auch die Diskussionsanregung (siehe Thread „Gesprächstherapie bei Halluzinationen?“) unseres Experten, Dr. Spruth, mit, aus der eine Änderung der Medikation u.U. erwogen werden müsste. Darin war auch von niedrigdosiertem Risperidon die Rede. Dieses atypische Neuroleptikum hilft auch gegen Aggressionen. Bislang will der Arzt derlei noch nicht verschreiben aber ich denke, dass er seine Meinung ändern wird, wenn es schlimmer wird. Ansonsten steht dann eine Heimeinweisung zur Debatte.

    Ich habe Ihre Geschichte derzeit nicht gegenwärtig. Sind denn bei Ihnen beide Elternteile an einer Demenz erkrankt? Bitte reden Sie einmal mit dem sozialpsychiatrischen Dienst – gibt es in jeder Stadt – und schildern Sie dort Ihre Eindrücke und vor allem Ihre Befürchtungen. Meines Erachtens sollte man derartige Drohungen (besonders, wenn sie wiederholt geäußert werden) nicht einfach hinnehmen. Auch gibt es fast überall Angehörigengruppen, von deren Erfahrungen Sie profitieren können. Persönliche Gespräche bringen erfahrungsgemäß mehr als anonyme Internetforen – so wichtig diese auch sind. Bitte schreiben Sie uns, wie Ihre Schritte aussehen und ausgegangen sind.

    Notbremse: Wenn Sie mitbekommen, dass es bei den Kranken zu lautstarken Gefühlsäußerungen und tätlichen Angriffen kommt, rufen Sie bitte Polizei (110) oder den Notarzt (110). Der gewalttätige Kranke wird dann sediert bzw. fixiert und zu einer psychiatrischen Klinik gebracht. Dort verschwindet er nicht auf Nimmerwiedersehen sondern wird medikamentös eingestellt und wieder entlassen. Wenn er dann regelmäßig die verordneten Medikamente bekommt, dürften sich zukünftige Gewaltausbrüche im Allgemeinen vermeiden lassen.

    LG
    Egon-Martin

    Kommentar



    • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


      Korrektur und Hinweis:

      Der Notarzt ist natürlich unter der 110 zu erreichen. Pardon!

      Auch möchte ich auf den Beitrag

      http://forum2.onmeda.de/read.html?26...14#msg-1604714

      von Leona verweisen, der auf andere Mittel als die nur "schulmedizinischen" hinweist (ich war wieder mal zu sehr Ingenieur, der gerne schraubt - auch "molekular").

      LG
      Egon-Martin

      Kommentar


      • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


        jo kruzitürkennocheimoal, hats mich jetzt auch erwischt?

        Notarzt: 112 in Worten : eins eins zwei

        Ist AD ansteckend?

        LG
        Egon-Martin

        Kommentar


        • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


          Aktueller Bericht über den Zustand meines Vaters, wie er sich mir bei meinem letzten Besuch (bis 29.12.08) darbot:

          Gesamteindruck: Gesamtbefinden v.a. physisch noch auseichend, Weitere Verschlechterung kognitiver Fähigkeiten, vermehrte Wortfindungsstörungen, spricht mit seinem Spiegelbild und Figuren, intensiverer Stimmungsschwankungen mit verstärkten depressiven Phasen (m.E. bipolar), Spontaneität, ztw. Affektverarmung, Halluzinationen und Diebstahlsparanoia (wieder intensivierter, aber schwankend), jetzt auch manchmal weinerlich, v.a. derzeit abends verstärkte Agnosie mit Phantastereien

          Aphasie: verstärkt, will seit Weihnachten abends nicht mehr in sein Bett, sondern fort zu seiner Familie und seinem Haus, manchmal auch zur Arbeit, erzählt plötzlich spät abends, dass er sich beim „Flugzeugbau in Mitteldeutschland“ bewerben will – spricht im Durcheinander mit Alltagsbegebenheiten, die z.T. nur auf Phantasie beruhen

          Apraxie: leicht verschlimmert, greift manchmal beim Abendessen neben dem, was er sich auf sein Brot legen möchte daneben; Brotschmieren, Tassenhalten, usw. sind aber noch gut intakt; greift auch schon mal nach gestickten Mustern auf Tischdecken (teilw. Verlust der Tiefenwahrnehmung?)

          Agnosie: v.a. in den späteren Abendstunden erkennt Vater weder Mutter noch mich, sitzt dann meist mürrisch, manchmal jetzt auch weinerlich herum (das ist wieder ein neues Symptom) und redet bis zu zwei bis drei Stunden nicht mit uns

          Wahrnehmungsstörungen, Illusionen, Halluzinationen: Etwas weniger Gespräche zu den „Diebstählen“ als bei meinem letzten Besuch, Halluzinationen verstärkt jetzt auch im Hause; sah einmal im Doppelwohnzimmer eine Straße mit Fahrzeugen (!), sieht zuweilen sogar in der gläsernen Verschlusstür des Mikrowellengerätes Menschen, unterhält sich weiterhin mit seinem Spiegelbild, z.T. humorvoll und Faxen machend

          Reduplikative Paramnesie: keine Vorkommnisse

          Capgras: nicht vorhanden

          Psychotische Störungen: siehe Halluzinationen, usw.

          Aggressivität: Vater zieht neuerdings beim Zubettgehen manchmal seine Nachtanzughose über seine Tageshose an oder will sich mit seinem Zeug ins Bett legen. Mutter gelingt es noch unter viel Zureden und manchmal auch Tadeln (man bekommt ja auch manchmal zuviel – das hält ja auf Dauer keiner aus, ohne mal etwas auszurasten), dass Vater sich auszieht und seinen Nachtanzug anzieht. Dann kommt es zuweilen vor, dass Vater das unter Flüchen macht. Tätlich wird er aber nicht.

          Depressionen: verstärkt vmtl. v.a. aus Gründen nachlassender Kompetenzen, legt CDs falsch herum in das Gerät, verschaltet sich immer mehr am Gerät, kommt mit der Fernbedienung nicht mehr zurecht und meint dann, „die“ würden ihm alles kaputtmachen so dass er bald nichts mehr habe – alle seien gegen ihn (paranoides Symptom verstärkt bzw. Beziehungswahn)

          Ängste: fürchtet um seinen Besitz und neuerdings um sein Einkommen, vergisst, dass er 81 Jahre alt ist und seit langem Rentner, wollte schon zum Arbeitsamt sich eine Arbeit suchen (was er allerdings nicht in die Tat umgesetzt hat)

          Eigen- und Fremdgefährdung: das Auto macht mir immer noch Sorgen auch wenn Vater schon lange nicht mehr damit gefahren ist; er hat neulich den Wagen in meinem Dabeisein gestartet und die Lichtanlage geprüft – das gelang ihm ganz gut (im Gegensatz zu den Problemen mit der o.g. Fernbedienung, usw.), als weitere größere Sorge ist Weglauftendenz aufgetreten

          Medikation: unverändert

          Physisches Allgemeinbefinden: gut, ist v.a. gut zu Fuß

          Inkontinenz: keine

          Nächtliches Umherwandern: derzeit keine Vorkommnisse, steht aber gelegentlich auf immer noch im Glauben, zur Arbeit oder einen wichtigen Termin wahrnehmen zu müssen – welchen, kann er nicht sagen

          Hygiene: Toilette und Wäsche sauber: ausreichend (diesbezgl. basale Altgaskompetenz noch einigermaßen erhalten) aber zunehmend hilfsbedürftig bei der Körperpflege (Fingernägel, Haare, usw.)

          Nähere (prosaische) Erklärungen gemäß aktueller Erlebnisse:

          Bei meiner Ankunft fand ich eine gemäßigte und verhältnismäßig ruhige Stimmung vor. Mutter erzählte mir dann aber, dass Vater am Tag des Weihnachtsnachmittages der Kirche für Senioren (Anfang Dezember) vorher – nach dem Mittagessen – noch mal kurz „frische Luft schnappen“ wollte. Er versicherte, nicht weit zu laufen und bald wiederzukommen. Da er derlei auch sonst schon mal unternommen hatte und immer wieder zurückkam, konnte man das auch diesmal erwarten, zumal er ja wusste, dass es noch diese Veranstaltung gab, auf die er sich auch freute. Aber leider war dem nicht so. Er kam zwar noch rechtzeitig zurück – aber in Begleitung eines Bekannten, der ihn nach Hause gebracht hatte. Vater hatte den Altstadtbereich verlassen und hatte in der Nähe eines entfernten Supermarktes nach der Brauerei gefragt. Das war durchaus intelligent, denn die Brauerei liegt im Altstadtbereich von wo er vmtl. alleine nach Hause zurückgefunden hätte. Der Bekannte aber erwies sich als Glücksfall, denn er erkannte aufgrund eigener Erfahrungen mit seiner Mutter, dass er einen demenzkranken Menschen vor sich hatte (vmtl. an diffusem weiteren Gerede Vaters). Und so brachte er ihn dann nach Hause. Ich bete zu Gott, dass immer jemand wie dieser nette Mensch da sein werden, wenn sich derlei wiederholen sollte. Man kann ja den Kranken nicht permanent beaufsichtigen und die Türen nicht immer verschlossen halten – ein Wohnhaus ist kein Heim. Und wenn der Kranke raffiniert ist – und das traue ich Vater noch allemal zu – findet er einen Weg, um zu „entwischen“ – jetzt im Winter eine sehr gefährliche Sache. Mutter ist seitdem sehr besorgt und lässt schon mal die Hausarbeit liegen, wenn Vater – zum Glück immer mit warmer Jacke und Mütze bekleidet – plötzlich in der Küche steht oder im Flur herumläuft und einen „Rundgang“ machen will. Sie geht dann immer mit, was ihr wegen ihrer Knochenerkrankung nicht leicht fällt. Ich bin während meines Besuches dann auch öfter mit Vater nachmittags spazieren gegangen, was auch mir derzeit nicht leicht fällt, da meine Lendenwirbel Probleme machen, so dass ich bereits nach einer halben Stunde Schmerzen spüre. Ein Pflegedienst – sagte mir Mutter – habe sich angeboten, mit Vater seine Rundgänge zu machen. Aber was nutzt das, wenn kein Gebrauch davon gemacht wird. Ich bin etwas empört über Mutter, denn sie kann seit September ja einen Grundbetrag von der KK dafür gebrauchen und Ersparnisse sind auch vorhanden. Immer wieder spreche ich sie darauf an, sich Hilfe zu holen - aber bislang geschah in dieser Richtung nichts. Jetzt aber bei der deutlichen Verschlimmerung der Symptome – v.a. abends – will Mutter sich an den Pflegedienst wenden. Ich hoffe, dass das, wenn ich nach meinem Arzttermin und einigen notwendige Arbeiten hier wieder bei ihnen auftauche, endlich geschehen ist und möchte den Pflegedienst dann auch begutachten.

          Der Heiligabend brachte einen Lichtblick. Ich hatte Vater u.a. eine kleine Mundharmonika geschenkt, die er kurz nach dem Auspacken sofort spielte. Mutter und ich waren baff erstaunt, wie er da loslegte und ein Lied nach dem anderen fast fehlerfrei spielte. Ich hatte Vater noch nie Mundharmonika spielen gehört – vielleicht tat er das mal während meiner Kindheit – und war/bin erstaunt über diese seit mindestens 50 Jahren erhaltene musikalische Kompetenz. Da ich nicht wusste, ob er mit dem Instrument klar kommen würde, hatte ich eine kleine Kindermundharmonika gewählt. Vater bemerkte auch schon schnell, dass zu wenig Töne mit dem Instrument spielbar sind und suchte nach dem kleinen Hebel, wie ihn chromatische Instrumente haben. Ich versprach, ihm ein professionelles Gerät zu beschaffen und habe ein solches heute bestellt. Andere kleine Geschenke – darunter zwei Spiele – interessierten ihn nicht besonders. Auch der noch vor Weihnachten gekaufte zweite Rasierapparat entlockte ihm nur ein kurzes Dankeschön. Aber da spielt wohl auch eine krankheitsbedingte Affektverarmung ein Rolle.

          Die gute Laune des Mundharmonikaspielers war aber an den beiden Abenden der folgenden Weihnachtstage leider wieder verfolgen und an den weiteren Abenden wiederholte sich eine neue Tragik. Vater will nicht mehr in sein Bett (noch vor wenigen Tagen war er wie gewohnt die treibende Kraft, wenn es ums Schlafengehen ging). Er will nach Hause oder zur Arbeit. Mit viel Mühe gelang es uns, ihn davon zu überzeugen, dass alle über die Weihnachtstage geschlossen haben und in diesem Jahr ohnehin nichts mehr läuft. Und dann steht er wieder mit angezogener Jacke und Mütze im Flur und will los. „Aber du bist doch hier zuhause. Alles ist in Ordnung. Mache dir keine Sorgen“ – und was der immer wiederholten Sätze mehr sind, die Mutter und ich zu ihm sprechen. Endlich ist er dann im Schlafzimmer, hockt sich dort aber auf einen Stuhl und redet wirr von Leuten, die ihn belästigen. Er halte es hier nicht mehr aus und wolle weg. Nach Mitteldeutschland zum Flugzeugbau – antwortet er mir auf meine Frage nach dem Wohin. Mutter und ich fragen uns, was wir falsch machen. Ja, da sind die Korrekturen, die aber notwendig sind bei seinen alltäglichen Verrichtungen. Ja, das ist auch schon mal ein hartes Wort, wenn es uns mal zuviel wird. Wir sind auch nur Menschen und schaffen keine permanente Sanftmut (selbst eine Mutter Theresa konnte auch mal energisch werden). Aber das vergisst er doch alles schnell wieder. Oder doch nicht? Findet derlei in verzerrter und desorientierte Form noch Eingang in das z.T. noch intakte Speichersystems seines kranken Gehirns? Wir geben erst mal auf und gehen wieder nach unten in die Küche. Nach ein kurzen Weile taucht auch Vater dort auf mit merklich gebesserter Laune und macht sogar Witze als ob nichts geschehen wäre. Im zweiten Anlauf – mit Unterstützung eines seiner geliebten Stofftiere, das wir ihm in die Hand drücken – klappt es dann endlich zu später oder fast schon frühen Stunde, ihn ins Bett zu bekommen. Bipolare Depression – so lautet meine laienhafte Diagnose. Eben noch verbittert und manchmal weinerlich und dann erheitert bis zur Albernheit. Demenzen können ja eine Menge „Subtypen“ oder Fragmente echter sog. psychischer Erkrankungen aufweisen – so wie die Halluzinationen oder die Dienstahlsparanoia.

          Alles in allem ist es merklich schlimmer geworden, so dass ich Mutter eine Notiz gemacht habe für den baldigen nächsten Arztbesuch. Sie selber macht sich ja auch Notizen. Ich unterstütze sie mit meinem etwas größerem Wissen und dränge wieder auf eine Änderung der Medikation, der Annahme von Hilfen und – als letzte Maßnahme – auf die Heimeinweisung. So geht es wenigstens nicht weiter. Es muss baldigst was geschehen. Bisher habe ich ja zuweilen zu düster prognostiziert. Aber das nächste Weihnachten wird wohl in einem Heim stattfinden.
          Es gäbe noch so vieles mitzuteilen – aber das wissen die betroffenen Leser – und SchreiberInnen ja selber aus eigener Erfahrungen – diese täglichen tausend Nadelstiche, dieses nicht mehr sorgenfrei leben können, usw.

          Auch wenn es für uns fast wie Hohn klingen mag – ich wünsche dennoch allen ein glückliches neues Jahr 2009. Möge sich immer jemand finden, der unsere Lieben nach Hause bringt. Mögen wir unseren Zorn, der immer wieder auftritt, auch weiterhin beherrschen, so gut wir können. Mögen wir nicht an Sorgen zerbrechen. Und mögen wir trotz aller Niederlagen immer wieder Kraft finden – woher sie auch immer kommen mag. Mögen wir recht viele Ideen entwickeln, um unseren Lieben wenigstens hin und wieder eine Freude zu bereiten, denn heute sind sie es und morgen vielleicht wir selber, die in einer solch furchtbaren Situation des zunehmenden Biographiezerfalls, der zunehmenden Kompetenzverluste und vielem mehr stecken.

          Mit den Tränen der Liebe
          Egon-Martin

          p.s. In einem perversen Lied einer unseligen Ära wurde einmal ein Lied gesungen, in dem es hieß, die Fahne sei mehr als der Tod. Das ist eine Lüge. Denn nur eines ist mehr und stärker als der Tod: Die Liebe! Das haben wir hier alle begriffen.

          Kommentar



          • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


            Lieber Egon,
            ich habe dir unter PR geschrieben. Gruß Leona

            Kommentar


            • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


              Hallo, hier ist Angelika. Habe ja mal geschrieben das mein Vater Alzheimer hat und meine Mutter Parkinson und Demenz hat. Vater schläft seit 1 Jahr nachts nicht mehr durch. Er legt sich ein paar mal ins Bett und steht dann nach ein paar Minuten immer wieder auf.Und wandert in der Wohnung um her. Bin ja froh das er in der Nacht nicht mehr abhaut. Vater läuft manchmal dreimal am Tag ins Dorf, das sind ca. 1km . Es bringen ihn immer wieder Leute die ihn kennen nach Hause. Er ist ja da geboren.Ich denke er will zu seinem Elternhaus, das in der Dorfmitte ist und halb verfallen ist.Wir wohnen außerhalb, aber ich bin auch dankbar das sich die Leute um ihn kümmern. Ich kann ihn auch nicht einsperren.Wenn er aber heimkommt, und man spricht ihn darauf an, das er im Dorf war, behauptet er das das nicht stimmt. Er zerfließt zur Zeit aber immer mehr im Selbstmitleid. alle haben es nur auf ihn abgesehen, und den ganzen Tag schimpft er herum.Er sucht seine Frau und sieht sie nicht, obwohl sie im Raum mit dabei ist.Und Abends will er immer runter, wohin er will weiß ich nicht. Er liegt auch schon seit einem Jahr immer mit Tageskleidung und manchmal auch Schuhe im Bett. Im Januar muß ich ins Krankenhaus, da muß ich die zwei zur Kurzzeitbetreuung geben. Ich muß es ihnen noch sagen, aber ich kann sie nicht alleine zu Hause lassen. Vor allen um Vater mache ich mir Sorgen, das er da Aggressiv wird.
              Wünsche einen schönen Beschluss und das es vielleicht besser wird. Angelika

              Kommentar


              • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                Hallo EgonMartin,
                was gibt es Neues? Melde dich, wenn du von dem Aufenthalt bei deinen Eltern zurück bist.
                Gruß Leona

                Kommentar



                • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                  Aktueller Bericht über den Zustand meines Vaters, wie er sich mir bei meinem letzten Besuch (bis 25.02.09) darbot:

                  Gesamteindruck: wie Ende 2008 (siehe letzten Beitrag), aber etwas weiter verschlimmert v.a. in Bezug auf Weglauftendenzen, jedoch leichte kognitive, aber nur punktuelle Verbesserung nach Erhöhung des AChEI.

                  Aphasie: es besteht bei uns verstärkt der Eindruck, dass Vater etwas anderes versteht, als wir sagen; in Gesprächen kommt Vater plötzlich auf ganz andere, zum Thema nicht passende Bemerkungen, die wir wiederum kaum deuten können, d.h. es bestehen verstärkt Kommunikationsprobleme, aber auch noch lichte Momente mit fast normalen Gesprächen.

                  Apraxie: Probleme beim Be- und Entkleiden, zieht aber seine Winterjacke noch korrekt an, führte beim Essen mit Messer und Gabel einmal die Speise mit der Gabel auf das Messer und dieses zum Mund – nach Korrektur (mündl. Hinweis) durch Mutter aber bislang nicht wieder vorgekommen; kann mit Handy, Fernbedienungen und anderem neueren elektronischen Gerät schon länger nicht mehr umgehen, schloss aber einmal sein altes Handy korrekt an das Ladegerät an und sagte zu mir noch zwei Stunden später, als er mit Mutter einen Spaziergang machen wollte, ich solle auf das Handy achten (ein interessanter Lichtblick, der evtl. auf die mittlerweile von 16 auf 24 mg erhöhte Tagesdosis Reminyl zurückzuführen ist) – mit dem später geladenen und wieder einsatzbereiten Handy kam er dann aber doch nicht zurecht und legte es wieder in den Schrank.

                  Agnosie: Eines abends saß Vater am Küchentisch und klagte weinerlich darüber, dass er doch nach Hause müsse, wo seine Frau und sein Kind auf ihn warten – dabei saßen Mutter und ich am selben Tisch. Es gelang nicht, Vater davon zu überzeugen, dass wir seine Familie sind. Einige Zeit später war all das wie von selber verflogen und er sah mit uns eine Karnevalssendung an und amüsierte sich prächtig – wenn auch nicht ganz der Sendung gemäß, die er anders als wir wahrnahm.

                  Wahrnehmungsstörungen, Illusionen, Halluzinationen: Der Bestehlungswahn tritt wieder verstärkt in den Vordergrund verbunden mit einem Verarmungswahn. Halluzinationen persistieren auch nach Erhöhung der täglichen Reminyldosis. Nach wie vor Gespräche mit dem Spiegelbild und jetzt sogar auch mit einem eher unscheinbaren kleinen stilisierten Hahn – eine kleine Vorrichtung, an der Mutter Notizzettel klemmt – in der Küche. Es scheint, das alles, was irgendwie ein Gesicht hat oder einem Gesicht ähnelt für Vater reale lebende Wesen sind. Dieses geschieht, obwohl wir uns oft und viel mit Vater unterhalten, er ja ohnehin schon lange zum Mittelpunkt geworden ist.

                  Reduplikative Paramnesie: keine Vorkommnisse

                  Capgras: nicht vorhanden

                  Psychotische Störungen: siehe Halluzinationen, usw.

                  Aggressivität: keine Tätlichkeiten, obwohl es einmal kritisch wurde, als wir die Haustüren verschlossen weil Vater alleine in die Kälte hinauswollte, obwohl er gerade erst mit mir einen Spaziergang gemacht hatte (siehe nachstehenden prosaischen Teil)

                  Depressionen: Vater lebt zusehends in einer irgendwie für sich abgekapselten Welt und fühlt sich dort alleine, was natürlich die Depressionsneigungen – abgesehen von der dunklen Jahreszeit - verstärkt „Wie komme ich denn nun hier weg? Ich muss doch nach Hause!“ äußert er oft schon nachmittags und grübelt herum. Abends steht er dann manchmal vor der Tür und blickt hinaus in der Erwartung, abgeholt zu werden – zur Arbeit, nach Hause, zu Verwandten, die gar nicht mehr leben, usw.

                  Ängste: will neuerdings bei Spaziergängen, usw. immer seine Tasche mit den zwei Rasierapparaten, den Mundharmonikas und seinen Papieren mitnehmen – ansonsten begnügte er sich mit dem Verstecken, einmal redete er sogar davon, die ganze Wohnungseinrichtung durch einen Spediteur „mitzunehmen“, auf dessen Ankunft er dann vergebens wartete

                  Eigen- und Fremdgefährdung: Das Auto steht immer noch fahrbereit in der Garage und Vater hat davon wieder öfter geredet, ist aber nicht gefahren. Ich bezweifle mittlerweile, ob er den Wagen überhaupt noch ohne Blechschaden aus der Garage bekommt. In lichten Momenten äußerte er einmal, dass der Wagen doch nur unnötig Geld koste und vielleicht verkauft werden sollte. Mutter und ich bestärken ihn natürlich darin u.a. mit dem Argument, dass man mit dem Verkaufserlös und den Einsparungen eine Menge Taxifahrten, usw. machen könne, die ja viel bequemer und dem Alter auch würdig angemessener seien als selber noch mit 81 Jahren zu fahren. Dann aber hängt er wieder daran und spricht von Frühlingsausflügen. Der Wagen gehört alleine Vater und ich habe endlich beim zuständigen Vormundschaftsgericht die Betreuung durch Mutter angeregt, damit sie ggf. den Wagen abmelden und verkaufen kann.

                  Medikation: Anhebung der Tagesdosis Reminyl von 16 auf 24 mg nach Verbrauch der 16er Dosen seit 09.02.09 – sonst unverändert.

                  Physisches Allgemeinbefinden: Vater klagte nach einem Einkauf mit Mutter nach Verlassen des Supermarktes, dass er mit dem linken Auge keine Schilder mehr erkennen kann, es sei alles irgendwie etwas verdunkelt und verschwommen. Äußerlich kann ich an Vaters Augen nichts Krankhaftes erkennen, Lid- und Pupellenreflexe sind normal. Im April erst kann Vater zu seiner Augenärztin – wir sind in der Provinz diesbezgl. unterversorgt. Immerhin haben wir damit ein zusätzliches Argument, ihn ggf. vom Autofahren abzuhalten, was er auch murrend bislang akzeptierte. Nach meiner Meinung sind die Augen in Ordnung, es handelt sich vmtl. um ein neuronales Problem des Sehtraktes oder der sog. Sehstrahlung mit evtl. durch die Demenz ausgelöste Läsionen des lateralen Kniehöckers, des rechten Okzipitalbereiches oder ähnlichem. Aber eine neue Brille kann sicher nicht schaden.

                  Inkontinenz: keine

                  Nächtliches Umherwandern: stand in einer Nacht mehrfach auf und wollte weg, konnte aber verbal beruhigt werden; die meisten Nächte derzeit noch ruhig; hier erwarte ich aber bald negative Veränderungen, da sich das nächtliche Aufstehen Vaters im Verglich zu letztem Jahr langsam zu häufen beginnt

                  Hygiene: unverändert

                  Prosateil:

                  Bei meiner Ankunft fiel mir auf, dass Vater die obligatorische Umarmung durch mich abwehrt. Er weiß wohl nicht so recht mehr, wer ich bin. Aber die Atmosphäre ist freundlich. Die teure große Mundharmonika, die ich ihm Weihnachten versprochen hatte und ihm nun gebe, erregt nur kurz seine Aufmerksamkeit. Nach dem Abendessen taucht Vater in voller Winterbekleidung im Wohnzimmer auf und will mal wieder weg. Daraufhin wird er von Mutter zurechtgewiesen mit dem Argument, dass doch sein Sohn (ich) soeben gekommen sei und es sich nicht gehöre, einfach so davon zu laufen. Vater sieht das sogar ohne Murren ein und setzt sich wieder zu uns.

                  Zwei Tage später kam es dann zu einem kleinem Drama. Wir saßen nach dem Mittagessen in der Stube und Vater kam diesmal schon verfrüht darauf zu sprechen, dass er nach Hause wolle (sonst meist am späten Nachmittag). Es folgte die immer wieder abgespulte Litanei mit der Bekräftigung, dass er doch zuhause sei mit Verweisen auf Baulichkeiten, Historischem, usw. Plötzlich steht er auf, und verschwindet in den Flur zur Garderobe. Ich bekomme das mit, eile in mein altes Zimmer, ziehe mir schnell meine Jacke an und schaffe es gerade noch, mit Vater zusammen aus dem Haus zu gehen – in eine von Kälte und Nieselregen geprägte Straße. Immerhin hatte Vater sich wintergerecht mit Jacke, Mütze und Handschuhe gekleidet und so zogen wir dann los. Einige Straßen und Gassen später versuchte ich, Vater zur Umkehr zu bewegen, da es doch regne und man besser an einem anderen Tag gehen solle. Vater kommt ein kleines Stück mit, will aber dann wieder in die entgegengesetzte Richtung, in Richtung eines kleinen Ortes in der Nähe seines Geburtshauses, dass aber einige Kilometer entfernt liegt – zu weit für einen Fußmarsch v.a. bei diesem Wetter. Ich gehe wieder mit. Als wir schon ein gutes Stück weiter entfernt sind, fange ich an zu moralisieren, er könne doch Mutter nicht im Stich lassen, usw. Das bewegt ihn dann unter Murren, mit mir zurück zu laufen. Doch vor unserer Haustür angekommen, meinte er dann, ich solle schon mal hineingehen, er wolle noch ein Stück laufen. Es gelingt mir aber dann doch, ihn wieder ins Haus zu lotsen, wo er seine Jacke auszieht und auch den mittlerweile von Mutter bereiteten obligatorischen Nachmittagstee schweigend einnimmt. Das wäre also geschafft, dachte ich und hatte mich verrechnet. Denn nach dem Tee stand er schon wieder mit Jacke und Mütze im Flur und wollte wieder los. Das Wetter hatte sich indes sehr verschlechtert und Mutter schloss die Zwischentür zur Haupteinganstür ab. Vater rüttelte an der Klinke und ging dann zur Hintertür, die aber inzwischen durch mich verschlossen wurde. Jetzt rechnete ich mit dem Schlimmsten, mit dem Ausbruch von Aggressionen und überlegte schon, wie ich Vater, sollte er Anstalten machen, die Glastür einzutreten oder ähnliches, überwältigen kann – was mit meinem Übergewicht und den damit verbundenen leichten „Sumoringerqualitäten“ leicht fallen sollte. Aber es kam zum Glück anders. Vater beklagte sich zwar laut und wollte eine Anzeige in der Zeitung machen, usw., zog sich dann aber ins OG zurück. Nach einer Weile tauchte er wieder auf und war wie verändert: Freundlich und humorvoll als wäre nichts geschehen, während Mutter und mich noch die Sorgen plagten. Mir fällt das Bild eines drogenabhängigen Menschen auf Entzug ein, der nervös herumirrt und dann nach einer Dosis seines Rauschmittels wieder ganz umgänglich ist. Tatsächlich haben wir es m.E. aber mit dem Erscheinungsbild einer bipolaren Depression zu tun.

                  Der Folgetag war mal ein guter Tag. Gegen Abend – zur besonders kritischen Zeit – spielten Vater und ich Mundharmonika. Ich spielte etwas mehr und ließ Vater die Titel der meist alten Volkslieder raten, was er fehlerfrei bewältigte. Ich staune einmal mehr über die Rätselhaftigkeit seiner Krankheit. Leider nutzt das Spielen oft aber gar nichts. Er bekommt seine „Zustände“ dann trotz aller Ablenkungsmaßnahmen und will auch bei einer ihm angenehmen Musik von einer CD „weg“.

                  Am Montag, den 09. Februar 2009 (nach den o.g. Ereignissen), bekam Vater dann zum erstenmal die erhöhte Reminyldosis und ich war auf die Wirkung, die sich m.E. in den Folgetagen einstellen musste, gespannt. Tatsächlich beobachtete ich, dass Vater nach langer Zeit mal wieder in der Tageszeitung blätterte und einige Überschriften laut vorlas. Als er dann aber diese Überschriften wiederholt vorlas, wurden meine Hoffnungen dann doch wieder gedämpft. Immerhin zeigte Vater auch wieder mehr Interesse an der Küchenarbeit, half wieder beim Kartoffel- und Zwiebelschälen sowie beim Abwasch. Einmal bewältigte er den Abwasch sogar ganz alleine – ich stellte dann aber das Geschirr in den richtigen Schrank während Vater sich akribisch um die Reinigung der schon längst sauberen Spüle bemühte. Mit dem elektrischen Wasserkocher ging er korrekt und vorsichtig um (das ist allemal ein Pluszeichen). Das erhoffte Verschwinden der Halluzinationen indes vermochte die erhöhte AChEI-Dosis nicht zu leisten. Nach wie vor sieht Vater auch im Haus nicht vorhandene Menschen und Dinge wobei man anhand seiner oft diffusen Schilderungen natürlich auch illusionäre Verkennungen der Realität und Spiegelungen mit berücksichtigen muss. Die Stimmungsschwankungen verringerten sich nach meiner Beobachtungen etwas für ca. 8 Tage, kehrten dann aber in alter Intensität zurück.

                  Einmal steht Vater abends mal wieder vor der Haustür und wartet. Schließlich kehrt er weinerlich zurück und meinte, alle würden ihn im Stich lassen und nur belügen. Nach einer Weile beruhigt er sich dann wieder v.a. auch durch Mutters gütliches Zureden (ich kann das leider nicht so gut). Gute Dienste leisten auch nach wie vor v.a. der Plüschaffe und die fast lebensechte Babypuppe. Einmal jedoch – als Vater wieder in seinem „Zustand“ war und ich den Plüschaffen brachte - meinte er mitten in seinem Zustand erhöhter Verwirrung, in dem er zu seiner Frau und seinem Kind wollte und uns nicht erkannte, es handle sich bei dem Affen doch nur um einen toten Gegenstand.
                  Ich bemühe mich, v.a. Mutter zu entlasten. So war sie dann auch beruhigt, endlich einmal wieder in Ruhe zum Friseur gehen zu können um sich eine Dauerwelle machen zu lassen während ich mich mit Vater zuhause beschäftigte. Das ging vor Weihnachten gut und sollte eigentlich auch jetzt wieder gut gehen. Aber Vater beachtete mich kaum, war den ganzen Morgen knurrig und beschäftigte sich mit dem Bettenmachen, stand dann plötzlich wieder in voller Winterkleidung – diesmal vormittags – in der Küche. Ich sagte, dass ich es nicht gut fände, wenn er jetzt wegginge und ich gleich Tee machen wolle. Mutter kehre ja auch bald zurück und man könne am Nachmittag ja einen Spaziergang machen. Auf meine freundlich gestellte Frage, wohin er denn wolle, gab er ein patziges „Das werde ich dir auch noch erzählen!“ zurück. Ich beharrte dennoch vorsichtig aufs Hierbleiben. „Nichts darf man hier!“ schimpfte Vater dann und zog seine Jacke wieder aus (mir fiel Henry Vahl in seiner Rolle als griesgrämiger „Schneider Nörig“ ein, „den“ hatte Vater den ganzen Vormittag drauf – es hatte tatsächlich auch komische Seiten). Ich ging derweilen für kurze Zeit auf mein Zimmer in der Ansicht, diese Situation wenigstens gerettet zu haben. Als ich wieder herunterkam, war Vater verschwunden. Ich schaue schnell auf die Straße und kann nichts von ihm entdecken. Zwecklos, jetzt auf gut Glück loszulaufen und ihn zu suchen, zumal er keinen Schlüssel hat und zwischenzeitlich klingeln könnte. Und dann klingelt es tatsächlich – unser altes, schon lange nicht mehr gehörtes familiäres Klingelzeichen ertönte. Es ist Vater, der nach rd. 40 Minuten alleine zurückfand. Aufatmen. Immerhin scheint er v.a. vormittags und im Nahbereich noch halbwegs raumorientiert zu sein. Auf meine Frage, wo er denn gewesen sei, gab er überwiegend Konfabulationen zum Besten, erzählte später Mutter etwas völlig anderes als mir.

                  Zu den Konfabulationen ist mir auch etwas aufgefallen. Mutter fühlte sich einmal während eines Spazierganges peinlich berührt, als Vater einer Bekannten, die sie getroffen hatten, erzählte, dass seinem Schwiegervater ein Restaurant in der Nähe des Bahnüberganges gehöre. Erst später kam ich in einem Gespräch mit Vater mühsam darauf, was er gemeint hatte: Opa hatte früher in einer Molkerei gearbeitet. Das Restaurant am Bahnübergang befindet sich in dem Gemäuer einer ehemaligen Molkerei. Konfabulationen haben also oft einen wahren Kern, der sich unter wilden Assoziationen verbirgt. Das aber alles dechiffrieren zu können, ist nahezu unmöglich. Jedenfalls sollte man das Reden eines Demenzkranken nicht vorschnell als „dementes Gesabbel“ abtun. Das fängt damit an, dass der Kranke „Tisch“ sagt, wenn er „Fisch“ meint und hört mit diffus anmutendem Gerde und Gehabe auf. „Demenz“ als „Verblödung“ zu bezeichnen ist nicht nur diskriminierend sondern faktisch falsch. Da scheint immer noch was im Bewusstsein zu existieren, auch wenn die Brücken zu der Welt, in der wir leben, mehr und mehr abbrechen und der Kranke nur noch sehr umständlich „Behelfsübergänge“ in das, was wir unsere Welt nennen, errichten kann. Charakteristisch dabei ist auch der „Ersatz“ des sukzessive fortfallenden rationalen Modus durch Emotionen.

                  Leider erzählt Vater auch nicht mehr so gut von seiner Vergangenheit wie noch im letzten Jahr. Er kommt zuweilen völlig mit den Zeiten durcheinander und verortet Namen und Geschehnissen von seiner letzten Arbeit in die Zeit seiner Segelfliegerei. Einen von mir extra für ihn aufgenommenen und auf DVD gebrannten Film über die JU 52 sah er aber nur halb an und ging dann desinteressiert aus dem Zimmer.

                  Die traurige Tatsache, dass sich Demenzkranke weder im Spiegel noch auf Fotographien erkennen, sollte nicht übermäßig tragisch genommen werden. Wir Menschen zählen biologisch zu den Säugetieren und die ganz große Mehrzahl der Säuger kann sich in Spiegeln nicht erkennen und kommt doch großartig zurecht.

                  Die an Dramatik leider zunehmende Entwicklung von Vaters Erkrankung und die damit einhergehende Belastung Mutters hat mich nun doch zu einigen Schritten veranlasst. So habe ich endlich beim Vormundschaftsgericht die Betreuung Vaters durch Mutter angeregt, damit Mutter rechtlich mehr Handlungsfreiheit erhält. Es kann ja nicht mehr ausgeschlossen werden, dass Vater irgendwelche unsinnigen Geschäfte tätigt – er kann ja zuweilen noch fassadär auftreten, usw. Auch das Verschließen der Wohnung, um Vater zu schützen ist im gegenwärtigen Zustand von Vater durchaus juristisch problematisch, denn er geht ja nicht leicht bekleidet ins Freie und schafft auch noch oft die Rückkehr alleine (fragt auch nach dem Weg). Es gibt BGH-Urteile, die das Recht auf Freiheit dementer Menschen sehr hoch einschätzen, so dass man – da habe ich mich belehren lassen müssen – nicht ohne weiteres vom sog. rechtfertigen Notstand Gebrauch machen kann. Daher ist es gut, wenn Vater nicht nur ärztlich, sondern auch juristisch mal kompetent beurteilt wird; ich bin als nächster Angehöriger ja befangen.

                  Den ambulanten Pflegedienst, den Mutter (vorerst) auf Basis der Pflegstufe Null engagiert hat (leider ohne ihn bisher zu nutzen), habe ich in Augenschein genommen und bin zufrieden. Eine junge Pflegekraft konnte meine Fragen (u.a. nach Validation Methode Naomi Feil) zufriedenstellend beantworten (hat auch entspr. Kurse besucht) und die Leiterin, die ich getrennt aufsuchte, erwies sich als erfahrene ältere Dame, die anscheinend sehr gut wusste, was bei Demenzpatienten zu tun ist. Freilich ist ein ambulanter Pflegedienst keine Feuerwehr und kann nicht schnell im Fall von Akutsituationen vor Ort sein, zumal der Personaleinsatz natürlich koordiniert werden muss. Daher wurde mir die Rufnummer eines mir bislang unbekannten notärztlichen Bereitschaftsdienstes (nicht 112) mitgeteilt, die ich in eine Notfallmappe, welche ich für Mutter zusammengestellt habe, aufnahm. Die Leiterin gab mir auch noch einen wertvollen Tipp für Mutters doch irgendwann anstehende Fuß-OP. In einem nur 8 km entfernten Nachbarort gebe es in unmittelbarer Nähe einer guten Klinik eine vorbildliche Kurzzeitpflegestätte für Demenzkranke.

                  Enttäuscht bin ich indes vom sozialpsychiatrischen Dienst, bei dem ich auskunftshalber mal anrief, um mehr zu erfahren als bei meinem Besuch im letzten Sommer, wo ich zur ungelegenen Zeit nur kurz mit einer Sachbearbeiterin reden konnte. Dieser Dienst ist nur von Montag bis Freitag einige Stunden am Vormittag und am Nachmittag erreichbar und verfügt nur über drei Sozialarbeiter für den ganzen Landkreis (ca. 100.000 Einwohner). Da bleibt dann im worst case tatsächlich nur der Notarzt oder die Polizei. Sehr deprimierend!

                  Die noch im letzten Jahr existente Angehörigengruppe hat sich aufgelöst und als ich die Rufnummer eines monatlichen Treffs eines anderen Angebotes anrief, bekam ich die Mitarbeiterin eines Pflegeheimes an den Apparat, die von alledem gar nichts wusste. Ich hatte mich ohnehin schon gewundert, darüber im Terminteil der Tageszeitung nichts mehr gefunden zu haben. So bleibt nur die nächste Großstadt in rd. 20 km Entfernung – für Mutter ein Problem.

                  Ansonsten schwanken meine Emotionen wie üblich hin und her. Allerdings bin ich zu dem Entschluss gekommen, Vater noch in diesem Jahr in ein Heim zu geben, da ich sonst befürchten muss, nicht nur Vater, sondern auch Mutter zu verlieren. Es ist doch zeitweise und immer öfter sehr schlimm. Wenn die Weglauftendenzen weiter zunehmen und womöglich noch der Tag-Nachtrhytmus immer mehr gestört wird, gibt es m.E. keine tragfähige Alternative zum Heim. Ich meine selbstverständlich ein Heim mit gerontopsychiatrisch versierten Pflegekräfte und keine Abzockeanstalt mit halbgebildeten oder restlos überforderten Personal. Weder Mutter noch ich verfügen über die erforderlichen Qualifikationen, die Pflege in eigene Hände zu belassen. Ab einem gewissen Punkt erachte ich das auch als fahrlässig. Leider bleibt einem aber manchmal wegen des Pflegenotstandes nichts anders übrig als einem Menschen zu gleichen, der mal als Schauspieler einen Arzt gespielt hat und nun eine reale OP durchführen muss – denn so könnte man sich als Laienpfleger bei einem komplexen Krankheitsverlauf fühlen. Wir bräuchten hochqualifizierte staatliche Pflegeheime und keine pseudomedizinische Raubritterburgen.

                  Ich selber muss jetzt bald im März einige umfangreiche und bislang hinausgezögerte Untersuchungen über mich ergehen lassen und hoffe auf keine Befunde, die eine OP erforderlich machen.

                  Viel könnte ich noch schreiben über die nervigen, aber auch immer rührenden Augenblicke, die ich erlebte – aber das ist ja auch den Betroffenen bekannt und daher schließe ich diesen Beitrag nun ab mit einer Buchempfehlung:

                  Perrar, Sirsch, Kutschke „Gerontopsychiatrie für Pflegeberufe“, Thieme 2007

                  Dem Buch liegt eine DVD mit 21 Kurzfilmen u.a. zur integrativen Validation bei. Leider konnte ich das erst kürzlich erworbene Buch bisher nur in Teilen lesen. Diese aber machten auf mich einen guten Eindruck. Ich weiß nicht, wer dieses Buch schon kennt, habe aber den Eindruck, dass zumindest die Heim- oder WG-Pflegekräfte, von denen hier im Forum eher abschreckend berichtet wurde, es mit Sicherheit nicht kennen oder den Inhalt nicht beherzigen.

                  Sorry, es war wieder ein großer Beitrag – aber es ist auch ein großes Problem.

                  LG
                  Egon-Martin

                  Kommentar


                  • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                    Zwischennotiz zu Stand der Dinge:

                    Heutiges Telefonat ergab:

                    Endlich ist der Verkauf des Wagens in die Wege geleitet. Vater hat sogar seine Zustimmung dazu gegeben (gab Mutter die Vollmacht - oh Wunder!). Montag (16.03.09) vormittag kommt der juristische Gutachter ins Haus wegen der Betreuung. Am selben Tag wird bei mir eine längst fällige Gastro- und Duodenumskopie durchgeführt wegen häufigen Reflux und rezidivierendem Druckschmerz im rechten Oberbauch. Dazu wird eine Woche später noch eine Coloskopie durchgeführt (Sonographie und Blutbild waren o.B).

                    Vater machte am Telefon - mit ihm habe ich weder über den Wagen noch über die Betreuung gesprochen - keinen schlechten Eindruck (keine Niedergedrücktheit). Wiederholte korrekt "in 14 Tagen", als ich meinen nächsten Besuch ankündigte (so keine OP bei mir nötig wird).

                    Vielleicht wirkt die AChEI-Dosiserhöhung (Reminyl 24 mg/die)doch noch etweas besser, als ich gedacht hatte.

                    Hoffentlich gibt es keine Probleme mit dem Gutachter - fast tut es mir schon leid, dass ich das in die Wege geleitet hatte. Aber Mutter sprach am Telefon im Beisein offen von der Betreuung für Vater und es kamen keine Negativreaktionen von ihm. Das kommt mir fast unheimlich vor, wenn ich daran denke, wie oft er sich gerade wegen des Wagens angestellt hatte.

                    Gruß
                    Egon-Martin

                    Kommentar


                    • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                      Lieber Egon,
                      da stehen dir ja einige aufregende Tage ins Haus - zunächst wünsche ich dir alles Gute für die eigenen Untersuchungen und hoffe, dass nichts Gravierendes die Beschwerden verursacht. Vielleicht spielt auch hier die Psyche eine Rolle.

                      Was deinen Vater angeht, so hören sich die Nachrichten doch ganz gut an. Dass er dem Autoverkauf zugestimmt hat, ist ein großer Schritt. Man wird sehen, wie es danach weiter geht. Mein Vater "bereute" seine Zustimmung und den Verkauf so lange er in der Lage war, dies verbal auszudrücken.

                      Der Besuch des Gutachters wird hoffentlich sensibel durchgeführt - so dass dein Vater nicht unnötig beunruhigt wird. Wenn der Mensch vom Amtsgericht häufiger Demenzpatienten zu begutachten hat, wird er - so hoffe ich - ein wenig geschult sein und behutsam vorgehen. Es ist natürlich bedauerlich, dass du nicht dabei sein kannst, aber in diesem Falle geht deine eigene Gesundheit absolut vor.

                      Meine besten Wünsche für alle bevorstehenden Aktionen.
                      Gruß Leona

                      Kommentar



                      • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                        Hallo Leona,

                        Danke für Deine guten Wünsche.

                        Dass Vater irgendwann in die leere Garage blicken wird um das Auto als gestohlen zu betrachten, halte ich für möglich. Damit er aber dann nicht auf die Idee kommt, auf eigene Faust einen neuen Wagen zu kaufen, ist die Betreuung richtig. Mit diesem Gedanken beruhige ich mich, da die für mich ganz neue Einsicht, auf den Wagen zu verzichten, ja in gewisser Beziehung einer Betreuung entgegenwirkt (ich hatte Befürchtungen, vielleicht vorschnell gehandelt zu haben - man kommt sich ja immer wie ein Judas vor, wenn man hinter dem Rücken des Betroffenen - wenn auch zu seiner Sicherheit - handelt) - Ich hatte beim Vormundschaftsgericht u.a. die Möglichkeit des Autoverkaufs durch Mutter angesprochen und das wurde auch sofort als korrekt erkannt, da ein Mensch, der sich selber nicht mehr im Spiegel erkennt und halluziniert auf keinen Fall mehr fahren darf. Diese Zeiten sind endgültig vorbei.

                        Vielleicht gibt es ja z.Z. einen kleinen "Aufwind" zumal Vater in Frühlingszieten auch in den letzten Jahren besser drauf war und das REminyl vielleicht ja doch etwa mehr bringt, als erwartet. Viele Hoffnungen mache ich mir da aber nicht, da alles in allem der Abbau leider nicht aufhaltbar ist, so kein Wunder geschieht - was dann ein echtes Wunder wäre.

                        Wait and see...

                        LG
                        Egon

                        Kommentar


                        • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                          Weitere Zwischennotiz:

                          Heute war der juristische Gutachter da. Die Befragung dauerte nicht lange (das ärztliche Gutachten lag schon vor) und Vater ging auch am Telefon nicht darauf ein (beim MD letztesmal fand er das "nicht gut"). Mutter wird dann schriftlich benachrichtigt um sich vom Gericht die Betreuungsverfügung abzuholen. Sie hat es Vater so erklärt, dass dieses der gemeinsamen Sicherheit diene, was ich - Vater hört bei diesen Telefonaten immer zu - bekräftigte unter Hinweis v.a. des Vermögensschutzen (was ja auch alles stimmt). Vaters Redefluss am Telefon scheint wieder leicht verbessert. Er ging - zwar etwas holprig - sogar auf meine Untersuchung heute etwas ein, erkannte mich und Mutter ("jetzt gebe ich Dir Mutti noch mal" und gab den Hörer weiter). Na ja, am Telefon kann man auch leichter fassadär sein als "life".

                          Meine Ösophagus-Gastro-Duodenumskopie ging erfreulicherweise schnell über die Bühne. Keine gravierenden Dinge (z.B. Tumor), aber - wie zu erwarten - beginnende Verätzungen (wg. Reflux). Dagegen ein teures Mittel verschrieben bekommen. Den gängigen rezeptfreien Mitteln stand der behandelnde Arzt skeptisch gegenüber. N. Wch. kommt die Coloskopie dran. Darauf muss ich mich einen Tag vorher schon vorbereiten mit Abführmittel und Elektrolytergänzungen, die extra in der Apotheke zusammengestellt wurden. Früher (vor mehr als 20 Jahren) ging das noch über Klistiere, was Diarrhö provozierte ohne Elektrolytausgleich.

                          Soweit - komme wieder.

                          Gruß
                          Egon-Martin

                          Kommentar


                          • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                            Der Wagen ist jetzt abgeholt worden - eine erhebliche Sorge weniger. Die Betreuung ist mit Wirkung 16.03.09 auch rechtskräftig.

                            Leider klagt Vater jetzt über Magen-Darmprobleme und hat einen Sondertermin für Samstag (morgen) vormittag bei seinem Hausarzt bekommen. Ob das an der erhöhten Dosis Reminyl liegen kann?

                            Egon-Martin

                            Kommentar


                            • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                              Aktueller Bericht über den Zustand meines Vaters, wie er sich mir bei meinem letzten Besuch (bis 07.05.09) darbot:

                              Gesamteindruck: Weitere Verschlechterung der Demenz, Magen-Darm-Probleme, altersbezogene Makuladegeneration (AMD), AChEI-Wechsel auf Aricept, Vitaminkonzentrat für die Augen, erhöhte Weglauftendenzen, verstärkt jetzt auch nachts

                              Aphasie: wie im Februar, aber leichte Verschlimmerung bei Wortfindung, musikalisches Gedächtnis noch gut intakt

                              Apraxie: Verschlechterung v.a. beim Be- und Entkleiden (außer bei Jacke und Mütze, bei Jacke zeitweise Probleme mit Reißverschlüssen); ohne Hilfe, die sich oft mühsam gestaltet, weil Vater kurz, nachdem er ein Kleidungsstück ausgezogen hat, dasselbe wieder anziehen will oder zwei Hosen übereinander anziehen will, geht hier nichts mehr in korrekter Weise, usw. Manchmal will er seinen Schlafanzug nicht anziehen und mit seinem Tageszeugs ins Bett, wird zuweilen mürrisch, wenn Mutter ihm dann beim Ausziehen der Hose hilft.

                              Agnosie: Ich habe den Eindruck, dass er jetzt auch Mutter mehrere Stunden am Tage nicht mehr erkennt, mich erkennt er noch seltener. Immer öfter werde ich gesiezt.

                              Wahrnehmungsstörungen, Illusionen, Halluzinationen: Sieht weiterhin v.a. im Garten Menschen und Dinge, die nicht vorhanden sind – keine Effekte bislang weder bei Erhöhung der Reminyldosis noch danach nach Umstellung auf Aricept. Bisher kein Einsatz von Psychopharmaka wie Risperidon, usw.
                              Aggressivität: keine Tätlichkeiten, aber die Menge patziger Antworten und Bemerkungen haben zugenommen, während die Weinerlichkeit allgemein etwas zurückgegangen ist

                              Depressionen: Zuweilen verstärkt vmtl. als Ausdruck einer Einsamkeitsempfindung, weil er uns immer weniger erkennt. Hinzu kommen natürlich Frustrationen, weil sein Auto fort ist und immer weniger gelingt. Spaziergänge und etwas Gartenarbeit bei Sonnenschein helfen allerdings immer mal wieder.

                              Ängste: Mal hat er Angst, aus seinen Haus vertrieben zu werden und dann wieder sucht er verzweifelt sein „wahres Zuhause“. Letzteres kommt jetzt wesentlich öfter vor als ersteres.

                              Eigen- und Fremdgefährdung: Durch den Verkauf des Autos, dem Vater in einem lichten Moment sogar noch vor der gerichtlichen Übertragung der Betreuung auf Mutter zugestimmt hatte, sind diesbezgl. große Ängste von Mutter und mir gewichen. Es wäre ja gar nicht auszudenken gewesen, hätte Vater in seinem Zustand vielleicht noch einen Menschen überfahren. Mir hatte das schon manche schlaflose Nacht eingebracht

                              Medikation: Vmtl. wegen der Magen-Darmprobleme hat der Hausarzt ab 18.04.09 für 7 Tage Aricept 5 mg/die und danach 10 mg/die statt der 24 mg/die Reminyl verordnet. Vater hatte manchmal heimlich das Reminyl wieder ausgespuckt – Mutter fand diese länglichen braunen Dragees manchmal in Vaters Taschentuch und sich auch einmal verraten, indem er sagte, wenn er „das Zeugs“ nicht nehmen, ginge es ihm besser. Immerhin eine Leistung guten kausalen Denkens. Leider hat Vater auch mit Aricept wieder diese Probleme.

                              Physisches Allgemeinbefinden: Wegen der Magen-Darm-Probleme Vaters (hauptsächlich Druckschmerz im Oberbauch, meistens links, manchmal auch rechts oder sogar den ganzen Oberbauch betreffende hatte der Hausarzt (Internist) bereits Blutbild und Sonographie durchgeführt – ohne Befund. Als nächstes steht am 18.05.09 eine Gastroskopie an, die aber auch vor Ort (Kleinstadt) durchgeführt wird und somit keine gravierenden Transportprobleme aufwerfen dürfte. Ein wenig Sorgen mache ich mir wegen des Midazolans, dass man ja zur Kurzzeitnarkose erhält. Aber Mutter war bereits beim Gastroenterologen und hat dort den Zustand Vaters geschildert.

                              Schlimmer ist wohl der ophtalmologische Befund zu werten. Die Diagnose der Augenärztin am 27.04.09 lautet auf beidseitige altersbezogene Makuladegeneration (AMD). Ein Auge ist schon fast blind (Vater sieht mit diesem Augen alles sehr stark verschwommen und im Grunde nur noch Hell-Dunkelschwankungen während beim anderen Auge diese Erkrankung noch nicht so weit fortgeschritten ist). Er bekommt zunächst ein spezielles und teures Vitaminkonzentrat, was die KK leider nicht bezahlt. Die Augenärztin empfahl eine weitere Untersuchung mit speziellen Geräten, um danach evtl. eine OP mit Laser zu versuchen. Dieses sei aber nur in einer 60 km entfernten Stadt durchführbar. Ich habe das nicht geglaubt und in der nächsten nur 20 km entfernten Stadt in ei8ner Klinik angerufen, in der Mutter ihre Katarakt-OP durchführen ließ und wurde fündig. AMD werde auch dort behandelt. Das muss nach Abklärung der Magen-Darm-Sache baldmöglichst in Angriff genommen werden.

                              Nächtliches Umherwandern: Vater stand in mehreren Nächten in den gut 5 Wochen meiner Anwesenheit auf (oft – aber leider nicht immer - ohne deutliche Weglauftendenz), konnte aber bis auf einem Mal durch Mutters Zureden wieder zu Bett gebracht werden. Er kommt meistens nur bis zum Bad. Einmal jedoch hatte mich Mutter in der Nacht aus Ratlosigkeit geweckt und das Wieder-Zubettbringen gestaltete sich etwas dramatisch, jedoch ohne körperliche Intervention.

                              Hygiene: Vater findet nach wie vor zur Toilette und spült auch regelmäßig. Beim Waschen und auch beim Rasieren benötigt er zunehmend Mutters Hilfe. Manchmal aber gelingt ihm das auch noch alles einigermaßen.

                              Weglauftendenzen:

                              Hierzu eine kleine „Statistik“:

                              Im Monat April bis Anfang Mai (07.05) wollte Vater 14 mal weg. Zweimal nachts, was einmal gütlich und ein andermal etwas dramatisch vereitelt wurde In 12 Fällen am Tag ließen wir Vater gehen, zumal er sich witterungsgerecht gekleidet hatte und sich noch beim Laufen im kleinstädtischen Straßenverkehr halbwegs auskennt (läuft ordnungsgemäß auf Bürgersteige, schaut links und rechts, bevor er die Straße überquert und richtet sich korrekt nach der Ampel - hier spielt wohl auch noch die große Erfahrung seiner 60-jährigen Fahrpraxis hinein). Natürlich habe ich ihn ab und an unbemerkt verfolgt bzw. an Orten gesucht und meist gefunden, die seinen Strecken entsprechen. Von den 12 Fällen kehrte er in 10 Fällen (!) selbstständig wieder zurück, in einem Fall wurde er von meiner wenige Straßen weiter wohnenden Tante gebracht, die ihn zufällig traf (er war aber wohl schon auf dem Heimweg) und in einem Fall habe ich ihn in einem Supermarkt gefunden und nach Hause gebracht, nachdem ich ihn unbemerkt gefolgt war. Die Dauer seiner Spaziergänge reichte von 80 bis 185 Minuten (im letzteren Fall war er bis über den Ortsausgang gelaufen, aber auf gerader Strecke und so auch leicht zurückgekehrt – das war aber schon etwas bedenklich). Er ging in unterschiedlichen Stimmungen weg. Mal aus unerklärlichen Gründen plötzlich und mit wütendem Gesicht, dann zuweilen deprimiert und dann will er nur mal gutgelaunt „einen kleinen Rundgang“ machen. Meist kehrt er gut gelaunt zurück, vielleicht froh, dass er doch noch über einen intakten Teil seiner Selbstständigkeit verfügt. Natürlich ist das immer ein Risiko und es gab sogar drei Fälle, in denen ich noch auf der Suche war, während Vater schon wieder zuhause wohlbehalten angekommen war. Wir gehen derzeit diese Risiken (tagsüber und bei moderatem Wetter) noch ein, weil Vater doch noch über eine gewisse Raumorientierung verfügt, er sich nicht als Gefangener fühlen soll, die Kleinstadt relativ verkehrsarm und überschaubar ist, er sich verkehrgerecht verhält und es rechtlich auch problematisch (sogar unzulässig ohne Einverständnis des Vormundschaftsgerichtes) ist, freiheitseinschränkende Maßnahmen zu ergreifen, solange noch keine gravierenden Gefahren drohen oder es sich um einen sog. rechtfertigenden Notstand handelt.

                              Prosaischer Teil:

                              Die ersten paar Tage nach meiner Ankunft herrschte – von den täglichen kleinen Nervereien einmal abgesehen, die v.a. Mutter immer mehr zu schaffen machen – eine moderate Lage vor. Dann begann Vater immer häufiger wegzulaufen. Er wolle uns nicht stören, sagte er einmal und verschwand. Daher kann es auch sein, dass meine Anwesenheit – er hält mich ja meist für einen anderen, meinte einmal sogar, er hätte keinen Sohn, sondern eine Tochter, die woanders lebe – mit an dem verstärkten Weglaufen schuld sei und ob es nicht besser sei, wenn ich mal längere Zeit nicht käme (ich denke aber, ich werde nach einer Weile sogar öfter kommen und dafür aber kürzer bleiben). Vater hat mich auch schon mal für den Ehemann meiner Mutter gehalten, als er auch sie mal wieder nicht erkannte. Dafür hält er aber immer häufiger seine Eltern und tote ältere Geschwister für noch lebendig und will sie besuchen. Die Realitätsherstellung über Logik (die müssten dann ja tlw. weit über 100 Jahre alt sein, weil Vater sich ja schon im 82.Lebensjahr befindet) scheiterte, aber die Logik an sich ist auf Vaters Weise noch intakt. So läuft er häufig zum Friedhof, um die Gräber seiner Eltern oder Geschwister zu suchen, die aber auf einem Dorffriedhof weiter entfernt liegen und tlw. schon eingeebnet sind. Natürlich findet er die Gräber nicht, was ihn in seiner Vermutung verstärkt, sie würden noch leben. Dann erinnert er sich an eines dieser Dörfer und ist sogar schon mal dorthin gelaufen (einfache Strecke: ca. 5 km) und selbstständig zurückgekehrt. Gefunden hatte er aber nichts. Dafür haben wir aber einen möglichen guten Anhaltspunkt, in welcher Richtung wir suchen oder suchen lassen müssen, falls Vater mal nicht zurückfinden sollte. Neben einer Tante hat sich auch schon mal eine Freundin und ein früherer Arbeitskollege bei Mutter telefonisch gemeldet, denen Vaters eigenartige Spaziergänge aufgefallen sind (es wissen Gott sei Dank ja jetzt schon mehr Menschen von Vaters Demenz als noch letztes Jahr). Es ist gut zu wissen, dass es doch mehrere wachsame Augen gibt. Auch haben die Tante – die sich vorher eher rar gemacht hatte – und die Freundin Mutter Hilfe angeboten. Mit einem Cousin von mir, der bei der Feuerwehr tätig ist, aber leider nicht viel Zeit hat, sind es dann immerhin schon drei Menschen, die Mutter im Falle eines Falles außer mir und den „Offiziellen“ kontaktieren kann, was mich etwas beruhigt. Leider neigt Mutter aber immer noch dazu, möglichst selber alles zu machen obwohl sie darunter sichtlich leidet. Jedenfalls habe ich erneut die KK angerufen, einen Antrag auf Pflegestufe erhalten, von Mutter unterschreiben lassen und sogleich an die KK zurückgesendet. Jetzt kommt ja schon erheblich mehr Zeit auf für die Pflege als noch im August letzten Jahres beim letzten Besuch des MD. Pflegstufe 1 müsste allemal jetzt drin sein, wenn nicht sogar schon Stufe 2 bei dem Aufwand, den Vaters Pflege jetzt verlangt (allein beim Ankleiden, usw. gehen jeden morgen schon locker mindestens 30 Minuten drauf).

                              Mutter feierte im April ihren 80.Geburtstag und dieser Tag ging Gott sei Dank ohne große Probleme über die Bühne. Wir speisten in einem guten Restaurant und Vater war auch ganz gut „vorzeigbar“ an diesem Tag, an dem ich ihn mehrmals daran erinnern musste, dass Mutter seine Frau ist und Geburtstag hat. Er hat es sogar irgendwie begriffen und war guter Laune.

                              Etwas Gartenarbeit war auch möglich, an der Vater sich auch beteiligte. Dann wurde Mutter krank. Es trat also das ein, was ich immer am meisten befürchtete, denn ich komme leider alleine mit Vater nicht so gut aus weil er in mir überwiegend einen Fremden sieht, der ihm nichts zu sagen habe. Mutter erkrankte an Brechdurchfall, der vmtl. durch ein Virus ausgelöst wurde (Alter, Stress -> geschwächtes Immunsystem -> Infektion). Aber schon nach rd. 48 Stunden stellte sich eine merkliche Besserung ein, die aber vmtl. durch ein Ereignis in der Nacht zunichte gemacht wurde wodurch diese Krankheit sich dann auf fast fünf Tage ausdehnte. In der Nacht nämlich, als es Mutter schon besser ging, stand Vater wieder mal auf. Aber es war anders als sonst, wie Mutter mir später berichtete. Er hätte Mutter, die gerade mal eben endlich eingeschlafen war, geweckt mit den Worten, er würde sich Sorgen machen und ob Mutter Alkohol getrunken hätte. Derlei Unfug hatte Vater noch nie von sich gegeben, zumal er doch wissen müsste, dass Mutter so gut wie nie Alkohol trinkt. Entsprechend überrascht hatte Mutter wohl auch reagiert, was dann zu eine mir nicht näher bekannten zwecklosen Diskussion zwischen den beiden geführt haben muss. Die Sache war schon ca. 45 Minuten im Gange, als Mutter mich weckte etwas mit den Worten: „Vater dreht durch, er zieht sich an und will unbedingt weg!“ Ich ging darauf mit Mutter in ihr Schlafzimmer, wo Vater unbeholfen versuchte, sich die Hose anzuziehen. Er zog sie halb an, dann wieder aus. Dabei fiel auf, dass er seine lange Unterhose über seine Schlafanzughose gezogen hatte, worauf wir ihn aufmerksam machten. Irgendwelche gesprächstherapeutische Ansätze würde hier in der schon eskalierten Situation zu spät kommen weil Vater schon – wenn auch nicht lautstark – am Schimpfen war. Hier würde er doch nicht schlafen, er sei doch nicht verrückt, er wolle in sein eigenes Bett in seinem Haus, usw. Mutter nahm ihm die Hose weg, was Vater aber nicht bemerkte. Ich eilte, die Schlüssel der beiden Haustüren abzuziehen. Die Situation war kaputt. Also machte ich auch „kaputt“ mit. „Es ist mitten in der Nacht, die Straßenlaternen sind schon aus. Da würdest du nur herumirren und dich in Gefahr begeben. Morgen bei Tageslicht kannst du ja gehen aber jetzt wird geschlafen - war meine Rede. Als Vater weiterhin darauf bestand, zu gehen, wurde ich – das Bild der leidenden Mutter vor Augen – in meinem Ton fester und sagte ihm: „Du kannst machen was du willst, du kommst hier nicht raus.“ Ich stellte mich mit meiner „Nilpferdmasse“ in den Türrahmen. Darauf drohte Vater mit der Polizei und der Zeitung. „In Ordnung – da gehen wir morgen zusammen hin – aber jetzt lege dich bitte wieder ins Bett“, sagte ich daraufhin. Vater wurschtelte derweilen umständlich mit seinen Socken herum und schimpfte herum. Nach eine kurzen Weile trat ich nahe an ihn heran ohne ihn zu berühren und befahl ihm lautstark, ins Bett zu gehen. Das wirkte. Er ward auf einmal still. Dann murrte er noch etwas herum und begann, seine über die Schafanzughose gezogenen Unterhose auszuziehen. Ich zollte dem Respekt und entfernte mich aus dem Raum. Nach einer Weile ging das Licht aus. Natürlich war die Nacht gelaufen. Ich blieb wach in meinem Zimmer. Nach einer halben Stunde horchte ich noch mal, hörte ein unverständliches Wimmern Vaters – er war wieder in die weinerliche Tour gefallen – und wartete noch bis in die Morgendämmerung. Vater schlief dann auch ein, wie Muter berichtete, während auch für sie die Nacht gelaufen war. Natürlich hatte Vater das am nächsten Vormittag alles vergessen und war wieder bester Laune, während uns noch die Sorgen plagten. Sorgen, Wut und tiefes Mitgefühl – es ist unbeschreiblich, was in einem vorgeht, wenn man das alles miterlebt. Am Nachmittag des Folgetages war Mutters Krankheit wieder voll im Gange und dauerte bis um ca. 22h00. Danach trat dann langsam Erholung ein. Ich kam mir vor, als würde ich zerrieben werden. Einerseits spürte ich mächtige Schützerinstinkte bezügl. Mutter, andererseits was da das Mitgefühl mit Vater, besonders als ich das Wimmern hörte. Aber ich lerne auch viel dabei. Vor allem lerne ich den großen Unterschied zwischen Theorie und Praxis kennen. Sich weiß ich doch, dass diese „Anfälle“ des Kranken nur Episoden sind, die dieser wieder vergisst. Und doch ist das Drama, das sich einem da bietet, enorm aufwühlend. Mit der Zeit aber wird deutlich, dass die Theorie recht behält und man nimmt derlei nicht mehr so tragisch. Das aber braucht viel Zeit bis auch wir Angehörigen es fast ähnlich sehen wie der Kranke und ebenso leicht auch darüber hinweggehen können. Denn wir müssen uns ja dem Demenzkranken anpassen – tun wir es also auch hinsichtlich des Erscheinens schlimmer Situationen, immer wissend, dass die Erscheinung noch lange nicht das Wesen, sondern von flüchtigerer Natur ist.

                              Vieles gäbe es noch zu berichten aus der diesmal längeren Zeit meines Aufenthaltes. Aber ich möchte dennoch hier schließen. Es kann sein, dass ich evtl. an anderen Stellen noch das eine oder andere berichte z.B. beim Kommentieren anderer Beiträge. Hier steht immer nur das aus meiner Sicht derzeit Wesentliche, was mir besonders auf der Seele brannte und brennt.

                              Ich wünsche uns allen Nervenstärke und die Fähigkeit zur Distanzbildung, die aus dem Unterscheidungsvermögen Krankheit – Kranker resultieren sollte. Im Buddhismus unterscheidet man zwischen reinem Bewusstsein und sog. Störgefühlen (skt. kleshas). Letztere suchen das Bewusstsein – das nicht als beständig, teilelos und unabhängig gedacht werden sollte – heim, beeinflussen oder trüben die ursprüngliche Klarheit so dass man nicht sagt, dieser oder jener Mensch ist zornig, wehleidig oder er „spinnt“, sondern dieser oder jener Mensch steht unter dem Einfluss von Zorn, Sorgen oder Verwirrung. Ich halte diese Sicht für außerordentlich weise – die Bibel kennt sie auch, wenn sie zwischen Sünde und Sünder unterscheidet in der paulinischen Dialektik – und empfehle allen, diese Sicht einzuüben, denn sie wurde uns leider nicht in die Wiege gelegt. Von unserer Natur aus sehen wir alles klotzig und kompakt. Dabei lehren uns neue Forschungsergebnisse aus der Neurobiologie, dass wir nicht einmal streng wissenschaftlich von einem freien Willen reden können. Der Buddha wusste das schon vor 2500 Jahren und sah in dem sog. Willen nur eines von fünf Aggregaten (skt. skandhas) das nicht zum sog. Hauptbewusstsein gehört. Ich wünsche uns allen das Mitgefühl Jesu und die Gelassenheit Buddhas!

                              Mit herzlichen Grüßen

                              Egon-Martin

                              Kommentar


                              • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                Vielen Dank auch für Ihre ausführlichen Berichte, ist sehr interessant, wenn sich mir auch immer ein leichter Kloß im Hals zusammenschnürt, bin da empfindlich bei Krisensituationen, und kenne natürlich auch ein paar. Eine echte Frage habe ich noch, trinkt Ihr Vater genug? Ich traue mich das explizit Sie fragen, da Sie so und so alles beobachten.

                                Und möchte Ihnen beistimmen, dass es schwierig ist sich in andere wirre Gedankenwelten einzudenken, aber man muss ja nicht alles verstehen um festzustellen, dass der andere sich in einer schlechten Lage wähnt, aus der er ausbrechen möchte.
                                Lg, Flieder

                                Kommentar


                                • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                  Lieber Egon,
                                  ich beziehe mich mal rasch auf den Anfang deines Berichtes - die veränderte Medikation und die Magenprobleme. Warum hat der Arzt nicht auf Exelon-Pflaster gewechselt? Gibt es einen speziellen Grund dafür? Sie belasten den intestinalen Bereich so gut wie gar nicht. Vielleicht wäre das eine Alternative.

                                  Zu den anderen Ereignissen melde ich mich noch. Du weißt, sie sind mir alle schmerzlich bekannt. Gruß Leona

                                  Kommentar


                                  • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                    Hallo Flieder,

                                    das Trinken ist in der Tat ein Problem bei alten Leuten allgemein und bei Demenzkranken insbesondere. Uns Friesen hilft hier aber eine alte Tradition: Das "ewige Teetrinken". Gleich früh am Morgen zum Frühstück bekommt Vater einen großen Becher (ca. 0,25 bis 0,3 l Inhalt) Kamillen- und Fencheltee. Ca. um 10h30 ist dann wieder Teezeit mit zwei bis drei kleinen Tassen (ca. 2 bis 3 mal 0,1 l) Ostfriesentee (schwarz mit Süßstoff und Milch) und etwas Kuchen und Kekse. Mittags zum Essen trinken wir nicht, aber unmittelbar danach muss Vater sein ASS schlucken und trinkt dazu etwas Leitungswasser (nur wenige Schluck - es gibt weitere entsprechende kleine Wasserzufuhren bei anderen Medikamenten - alles in allem schätze ich das auf insges. 0,1 l). Nachmittags gegen 16h00 ist wieder Teezeit und es gibt wieder schwarzen Tee (wie oben). Zum Abendbrot (ca. 18h30) dann wieder einen Becher wie oben. Danach Karenz ausser etwas Schokolade und Minikekse als Schlickerei abends ab und zu und den letzten kleinen Schluck Wasser bei dem Nitridipidin, dass er kurz vor dem Schlafengehen nehmen muss - meist in der Zeit von 20h30 bis 22h00 (schwankende Zeiten, je nach Laune).

                                    Damit sind wir bisher gut gefahren, wenngleich wir Vater immer weider etwas nötigen müssen, seinen Tee auch komplett auszutrinken. Zusammen mit den in der Nahrung und dem Kuchen enthaltenen Flüssigkeiten scheint das ausreichend zu sein. Sorgen mancht mir allerdings ein möglicher heißer Sommer, an dem diese Menge vmtl. nicht ausreichen wird. Aber man kann ihm das ja nicht mit Gewalt einflößen.

                                    LG
                                    Egon-Martin

                                    Kommentar


                                    • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                      Lieber Egon,
                                      2 Liter wären wünschenswert - da schwarzer Tee eigentlich zur Flüssigkeitsmenge nicht dazu gezählt werden kann. Wie ist es mit Fruchtsaft-Schorlen oder einem guten Mineralwasser? Oder auch Magnesiumbrausetabletten in Wasser? Multivitaminbrause in Wasser?
                                      Ich habe sehr gute Erfahrungen mit Cebion Brause Zitrone - ist sehr erfrischend, schmeckt gut und Vater akzeptiert es als Limonade. Allgemein brauchen AH-Patienten m e h r Flüssigkeit als gesunde Menschen. Alles Liebe, Leona

                                      Kommentar


                                      • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                        Lieber Egon-Martin,
                                        ich mische mich auch ungern ein, aber ich halte das auch für zuwenig, und wie Leona schon schreibt, um die Nieren durchzuspülen ist Tee zwar gut, aber ich glaube der Körper kann die Flüssigkeit nicht so gut aufnehmen. Probiert es doch mit alkoholfreiem Bier, wenn er das mag, mit gemischten Fruchtsäften, und auch Wasser. Wir fingen irgendwann an, nicht mehr drauf zu warten, dass mein Vater selber das Glas ansetzt und trinkt, sondern geben ihm ganz oft die Tasse etc. an den Mund, das mag gelernt sein, aber wenn man das ganz ruhig macht und immer öfter gewönnt man sich dran. Flüssigkeit ist vor allem wegen den Medis so wichtig!!

                                        Das gilt übrigens als ganz heißer Tipp!!
                                        Lg, Flieder

                                        Kommentar


                                        • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                          Hallo Leona und Flieder,

                                          Danke für die Tipps, aber ich sehe derzeit keine Gefahr für eine Exsikkose. Selbstverständlich ist schwarzer Tee überwiegend Wasser - wir tun keinen Rum hinein, sondern nur etwas Milch :-).

                                          Die tägliche Flüssigkeitsaufnahme schwankt zwischen 1 und 1,3 Liter - das erscheint für sich betrachtet als zuwenig, da ein ganzer Liter zuwenig. Aber man muss die in der Nahrungsaufnahme befindlichen Wasseranteile mit berücksichtigen. Wie auch immer - wir bekommen nicht mehr Flüssigkeit in Vater hinein ohne Zwang und er läßt sich nichts zum Mund führen. Ich kann auch nicht bestätigen, dass seine Verwirrtheit (bislang ohne Aggressionen) auf Flüssigkeitsmangel beruht - die tritt plötzlich auf, auch gerade nach dem Trinken.

                                          Ich weiß nicht recht, was das soll. So leben meine Eltern seit zig Jahren und sind über 80 Jahre alt geworden. Ich selber habe Trinken zum Mittagessen erst spät ausser Haus gelernt. Friesen "ticken" eben anders :-).

                                          LG
                                          Egon-Martin

                                          Kommentar


                                          • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                            Hallo,
                                            es ist eine riesige Aufgabe und eine besondere Kunst von allen Pflegenden, für genügend Flüssigkeitaufnahme bei Demenz-Patienten zu sorgen. Ältere Menschen haben nicht so ein Durstgefühl wie jüngere Menschen, sie könne Flüssigkeit auch nicht so gut im Körper speichern. 1,5 Liter werden, ohne irgendetwas zu tun, pro Tag verdunstet. 2 Liter Flüssigkeit sind also erforderlich am Tag. Der Geruch und die Farbe des Urin geben in der Regel deutlich Hinweise, ebenso die bekannte Hautkontrolle durch eine Faltenerzeugung.Natürlich gibt es Ausnahmen( z.B.: Nieren- und Blasenerkrankungen).
                                            Ein schönes Beispiel sinngerecht: Man kann ein Auto pflegen, polieren und waschen, mit besondere Lotion behandeln usw., aber ohne Benzin wird es sich nicht bewegen können.
                                            Ingo Schwalm

                                            Kommentar


                                            • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                              Hi Ingo,

                                              habe soeben anläßlich eines Telefonats zum Muttertag bei meinen Eltern auf die Notwendigkeit häufigeren und umfangreicheren Trinkens hingewiesen. Man will versuchen, dem nachzukommen.

                                              Übrigens: Wegen rezidiv. Druckschmerz im Oberbauch wird Vater sich demnächst einer Gastroskopie unterziehen. Bleibt das o.B., so kommt als nächste Untersuchung die Coloskopie dran. Ich habe derlei im März selber über mich ergehen lassen und kann nur sagen, dass bei der Coloskopie das Unangenehmste die Vorbereitung ist. Zwei Liter Flüssigkeit, in der ein gemischtes Pulver von PEG, NaCl und KCl aufgelöst werden, abends und morgens im Zeitraum von 2 bis 2,5 h trinken und dann "ewig" auf dem Örtchen hocken. Da sehe ich größte Probleme, falls das bei Vater gemacht werden muss. Irgendeinen Rat?

                                              LG
                                              Egon

                                              Kommentar


                                              • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                                Hallo EgonMartin,
                                                das ist eine große Herausforderung!
                                                Man wird es nach dem Versuch beantworten können,
                                                evtl. mittrinken ( als Trinkgelage ausgeschmückt ),
                                                mit auf Toilette und versuchen, eine positive,
                                                gemeinsame Situation zu schaffen. Schwierig,schwierig!
                                                Was nicht möglich ist, kann man nicht durchführen.
                                                Versuche bringen Klarheit.
                                                LG
                                                Ingo

                                                Kommentar


                                                • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                                  Zwischenbemerkung:

                                                  Vater wurde heute gastroskopiert wegen seiner seit längerer Zeit bestehenden Schmerzen im Oberbauch. Es gelang ohne Benzodiazepineinsatz, nur mit etwas Rachenbetäubungsspray - bin stolz auf meinen alten Herren; er ist tapferer als ich.

                                                  Leider wurde ein kleines Geschwür gefunden, das aber keine OP erforderlich macht. Er bekommt ab sofort Pantoprazol, das er bis Ende Juni nehmen muss. Ich kenne das Medikament, bekam es selber wegen Refluxösophagites (mit axialer Gleithernie) und es hat mir sehr geholfen ohne Nebenwirkungen. Nehme es in Absprache mit meinem Arzt jetzt nur noch als Bedarfsmedikament. Ist allen Antazida, usw. m.E. haushoch überlegen.

                                                  Jetzt ist noch ein Termin beim Hausarzt fällig, um alsbald die AMD angehen zu können.

                                                  Vater war am Telefon etwas schlecht zu verstehen, da sich seine Wortfindungsstörungen weiter ausgebildet haben. Aber es war ihm doch eine gewisse Erleichterung anzumerken. Er konnte etwas umständlich die Prozedur heute morgen beim Gastroenterologen sogar noch einigermaßen - wenn auch sehr grob - beschreiben.

                                                  Damit dürfte vmtl. die gefürchtete Coloskopie zumindest erstmal überflüssig sein.

                                                  Gruß
                                                  Egon-Martin

                                                  Kommentar


                                                  • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                                    Hi Egon,
                                                    das freut mich, dass alles gut geklappt hat und dass dein Vater so gut mitgemacht hat.
                                                    Hut ab! Das kleine Geschwür wird hoffentlich in den Griff zu bekommen sein. Haben die Medis Einfluss auf die Reminyl-Gaben? Und ist das Geschwür in Zusammenhang mit dem Alzheimermedikament zu sehen? Hoffentlich nicht...wenngleich, es gibt ja noch die Pflaster.
                                                    Alles Liebe
                                                    Leona

                                                    Kommentar

                                                    Lädt...
                                                    X