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Mein alter Herr Eberhard - Folgethread

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  • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


    Hallo Leona,

    ich sehe gerade, dass hier noch ein "offener", d.h. noch nicht von mir kommentierter Eintrag von Dir steht.

    Reminyl 24 mg/die wurde durch Aricept 10 mg/die ersetzt. Vater muss für drei Wochen das ASS absetzen und täglich eine Pantoprazol nehmen.

    Lt. heutigem Telefonat sind seine Schmerzen bereits zurückgegangen. Leider gab es auch eine weniger gute Nachricht:

    Vater hatte es lt. etwas verklausulierter Aussage von Mutter (da Vater dabei war) neulich geschafft, spät abends so gegen 22h15 zu verschwinden. Die näheren Umstände konnte sie mir nicht mitteilen. Mit Hilfe einer Nichte meiner Mutter konnte er aber gefunden und zurückgebracht werden. Der Weg war wieder der zu seinem früheren Elternhaus. Er glaubt nach wie vor, seine Eltern würden noch leben.

    Damit ist das Weg- oder Hinlaufen in eine kritische Phase eingetreten, denn in der Dunkelheit und mit seinem stegig nachlassendem Sehvermögen liegt hier Selbstgefährdung vor. Die Zeichen stehen auf Pflegeheimunterbringung. (Gut wäre es, wenn es eine reine Nachtpflege gäbe incl. Frühstück, dann könnte Vater tagsüber noch zuhause bleiben.)

    Leider habe ich hier noch drei wichtige Dinge zu erledigen, die meine Anwesenheit erfordern, sonst wäre ich schon wieder auf dem Weg zu meinen Eltern. Somit worde es wohl Anfang Juni werden.

    Ich habe Mutter wieder eingeschärft, mich doch anzurufen, wenn so was passiert. Man kann dann doch wenigstens reden und beratschlagen. Aber so erfahre ich das mal wieder im Nachhinein - sozusagen aus heiterem Himmel. Wozu nehme ich denn das Telefon jeden Abend mit ans Bett? Weiterhin habe ich nochmals darauf hingewiesen, sich endlich Hilfe zu holen. Es ist alles zum Mäusemelken!

    LG
    Egon

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    • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


      Lieber Egon,
      ich vermute, deine Mutter möchte den Zeitpunkt einer Heimunterbringung so weit wie möglich hinausschieben, da sie in ihrem Herzen weiß, dass sich der Zustand ihres Mannes dann sehr viel schneller verschlechtern wird. Daraus resultiert, dass sie dir solche Ereignisse - wie die nächtliche Exkursion - verspätet oder gar nicht erzählt. Wenn ich es richtig verstehe, hat dein Vater diesmal nicht - wie sonst - alleine nach Hause gefunden.
      Vielleicht würde es helfen, in regelmäßigen Abständen das vermeintliche Elternhaus aufzusuchen und über das Ableben der Eltern zu sprechen. Mein Vater hatte auch diese Phase, in der er immer wieder fragte, ob seine Mutter/sein Vater noch leben. Diese waren leider im Osten verstorben, weit weg von unserem Wohnort. Es lebte dann offenbar ein verstecktes Schuldgefühl in Vater auf, der immer neue Versionen für sein Fernbleiben bei den Beerdigungen erfand. Tatsache war, dass man für die damalige DDR bestimmte Einreiseformalitäten zu erledigen hatte und dass Vaters Brüder uns erst spät über den Tod des jeweiligen Elternteils unterrichteten. Vater erfand dann die Version, dass er zu dem Zeitpunkt in USA gewesen sei, auf einer Dienstreise und so überhaupt nicht hätte hinfahren können. Er vergoss oft einige Tränen dabei. Auch hatte er eine Phase, in der er immer wieder den Friedhof aufsuchen wollte, um nach Gräbern von Freunden und Verwandten zu schauen. Offenbar war die Tatsache "Sterben" so stark emotional besetzt, dass sie lange in seinem Gedächtnis als Möglichkeit zur Überprüfung von Fakten erhalten blieb. Aber man musste die Besuche wieder und wieder durchführen. Er war dann jedes Mal wieder sehr bewegt, wenn er vor den Gräbern stand und behauptete, nicht bei dieser oder jener Beerdigung gewesen zu sein oder gar nichts vom Tod desjenigen gewusst zu haben, was in der Realität aber nicht zutraf. - Die Bedeutung von "Mutter und Vater" scheint in der Verlorenheit der Demenz noch einmal eine ganz besondere zu sein.
      Mutter und Vater symbolisieren Geborgenheit, zu Hause, Schutz, Hilfe und Angenommenwerden. All das vermisst der Kranke mit Sicherheit schmerzlich. Allein die Vorstellung bewegt mich sehr - man muss versuchen, dem Kranken in seiner Einsamkeit und Verlorenheit zu helfen. Leona

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      • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


        Hallo Egon-Martin und Leona,

        das Thema Sterben bzw. Verstorbene ist auch für uns ein komisches. Da mein Vater auch immer wieder in fast delir-artigen Zuständen gelebt hat die letzten Jahre, und zusätzlich sich ja fast nicht ausdrücken kann, ist es uns nicht ganz ersichtlich was er noch weiß. Auch nicht, wie wichtig es ist, zu wissen... Manchmal habe ich ganz stark das Gefühl er will wissen, wie es dem einen oder anderem geht, auch weil er die meisten Menschen aus seinem Leben ja schon ewig nicht mehr gesehen hat. Als ich mit ihm vor kurzem Fotos angeschaut habe und ein schönes Bild seiner Mutter vor seinen Augen war, sah er mich an damit ich etwas sage und ich sagte, "so schön, nicht?" und er nickte ganz zustimmend und bekam feuchte Augen und wollte zu weinen anfangen. Neulich ist ein Freund von ihm, ebenfalls so jung an Demenz erkrankt, gestorben. Wir haben es ihm natürlich nicht erzählt, er hatte seit der Erkrankung auch keinen Kontakt zu ihm.
        Bzgl. dem Bedürfnis nach Geborgenheit wollte ich Egon-Martin auch schon antworten, auch auf die Geschichte, als die Mutter krank war und der Vater nachts weg wollte. Meiner Meinung nach haben diese Menschen, wenn es ihnen psychisch bzw. überhaupt schlecht geht, natürlich ein extremes Sicherheitsbedürfnis. Meinem Vater reicht es schon nicht, nur uns daheim zu haben, eigentlich will er mehr Menschen um sich, auch wenn ihn das auf Daher überanstrengt (manchmal wünscht er sich die Leute auch wieder weg). Und was mein Vater überhaupt nicht packt ist es, wenn es meiner Mutter nicht so gut geht und sie liegt oder sie jammert. Als er im Delir war und auf die geschlossene Station kam, wunderte mich dass er es eigentlich so gut packte soviele Menschen um sich zu haben!

        Was mich interessieren würde, gibt es das denn eigentlich, eine reine Nachtunterbringung in einem Heim? Das habe ich mir auch schon überlegt, habe es aber noch nie gehört.
        Lg, Flieder

        Kommentar


        • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


          Liebe Leona, liebe Flieder,

          Danke für Eure schnellen Reaktionen.

          Mutter und ich bemühen uns ja, Vater viel Geborgenheit und Sicherheit zu geben. Das Problem besteht aber darin, dass er v.a. häufig in den Phasen, in denen er „nach Hause“ will, Mutter und mich überhaupt nicht mehr erkennt, geschweige denn sein Haus, in dem er 49 Jahre wohnt und in das er so viel Arbeit gesteckt hatte. Das ist m.E. überhaupt der Kern des ganzen Problems: Eine in letzter Zeit rapide fortgeschrittene Agnosie.

          Die furchtbare Szene, in der Mutter krank war und Vater nachts weg wollte, muss ich bei dieser Gelegenheit noch ergänzen durch einige für die Agnosie typischen Worte Vaters in jener Nacht. Ich hatte ja selber in der bereits zerfahrenen Situation falsch reagiert und Vater mit einigen energischen Worten zurecht gewiesen – was erstaunlicherweise sogar geholfen hatte. Vater siezte mich die ganze Zeit, meinte aber fast beiläufig, dass er „ihn“, wobei er auf Mutter deutete, wohl mag, um damit auszudrücken, dass er mich nicht mochte – was in dieser Situation verständlich war, denn ich war für ihn ein Fremder, der ihn auch noch kommandierte. Erkannt hatte er aber niemanden – möglicherweise nicht einmal mehr den Geschlechterunterschied – wobei es aber auch um eine reine Wortfindungsstörung handeln könnte (er meint „sie“ und sagt „er“ – derlei Gegensätze sind vmtl. eng assoziiert). Wäre es gelungen, ihm wenigstens seine Frau wieder als solche bewusst zu machen, hätte er sofort einen starken Anker gehabt, um sich zu orientieren. Aber wir haben das schon mehrfach am Tage erfahren, dass er immer weniger weiß, wer wir sind und wo er sich befindet. Es gibt sie zwar immer noch, diese lichten Momente, in denen er sogar uns beide erkennt und dann auch Harmonie herrscht, aber sie werden immer seltener.

          Ich merke das jetzt auch schon am Telefon. Immer seltener gebraucht er das Wort „wir“ und die Zeiten, in denen er immer noch sagte „Mutti will Dir auch noch was sagen“, um ihr dann den Hörer zu reichen, sind ganz vorbei. Aber genau das ist das Wesen der Krankheit: Zunächst die zunehmenden Störungen des „Zugriffssystems“ auf noch vorhandene Erinnerungen und dann der Untergang von Synapsen und Neuronen auch im deklarativen Gedächtnis. Schrittweise und irreversible „Formatierung der Festplatte“ – so könnte man das auch nennen. Die „Neuroplastizität“ gerät zunehmend an ihre Grenzen und kann immer weniger Hilfsrekonstruktionen leisten.

          Für mich ist das alles doppelt grausam. Ich muss mit ansehen, wie meine Mutter ihre eigene Gesundheitsfürsorge zurückstellt und Vaters Untergang doch nicht aufhalten kann. Es ist doch ein Unding, dass eine 80-jährige Frau einen demenzkranken Ehemann pflegt, ohne sich Unterstützung zu holen. Ich kann ja auch nicht immer da sein und eigne mich auch nicht zu dem, was hier benötigt wird: Eine examinierte gerontopsychiatrische Pflegekraft. Das muss ja noch gar nicht sogleich das Pflegeheim sein. Eine Pflegekraft, die zwei mal am Tage kommt, ein paar leicht sedierende Notfallmedikamente für Akutfälle und schon könnte wieder Zeit gewonnen werden. Wüsste ich freilich um ein sehr gutes Pflegeheim in der Nähe – und kein Folterheim -, so wäre das natürlich die beste Option, weil dort aus fachlicher Sicht mit Vater gearbeitet würde, wie Mutter und ich es gar nicht können. Aber das muss ich noch suchen. Möglicherweise hilft hier nur das, was immer nur am Ende hilft: Der Leidensdruck. Mutter wird sich Hilfe holen – wenn sie „in der Ecke“ liegt. Vielleicht erklärt sich das Beharren Mutters durch die Gewohnheitsbildungen in einer langen Ehezeit – der 60.Hochzeitstag ist ja auch nicht mehr in weiter Ferne. Man ist gemeinsam durch viele Probleme gegangen und hat sie alle bewältigt. Leider ist diese Demenz aber kein bewältigbares Problem, sondern ein Todesurteil. – BTW: Frau Jens hat sich nach langem Ringen zu der bitteren Erkenntnis durchgerungen, dass Walter nicht mehr ihr Mann ist und sie betet, dass er eines Tages nicht mehr aufwachen möge. Dahin fährt der Zug und je eher man das einsieht, umso besser. Dann nämlich kann ein Bewusstseinswandel erfolgen weg von einem quälenden Am-leben-halten-um-jeden-Preis und hin zur Palliativmedizin und der Hospizarbeit. Aber so weit ist Vater zur Zeit glücklicherweise noch nicht.

          Was die aktuelle Exkursion Vaters angeht, so habe ich derzeit keine Hintergrundinformationen. Es könnte aber so gewesen sein, dass meine Eltern noch in der Stube zusammensaßen – Vater bleibt in letzter Zeit auch öfters mal etwas länger auf (meistens will er ja immer möglichst früh zu Bett) – und mal zur Toilette ging. Dabei muss er durch den Flur mit der Garderobe. Möglich, dass er auf dem Rückweg Jacke und Mütze anzog und fortging. Derartige Spontaneitäten kennen wir schon länger – allerdings nur bei Tage. Oder es gab ein Drama und Mutter hat meinen Rat befolgt, bei unhaltbarer oder bedrohlicher Situation Vater gehen zu lassen und dann telefonisch Hilfe zu holen – nötigenfalls auch die Polizei. Letzteres will ich mir gar nicht groß vorstellen.

          Der Vorschlag zur Realitätsherstellung, indem man Vater sein altes Elternhaus (das heute vmtl auch ganz anders aussieht als früher) zeigt, kam mir auch schon in den Sinn. Ich habe das aber wieder verworfen, weil er es bereits am nächsten Tage wieder vergessen haben wird. Er hat ja schon ausgiebige Fußmärsche hinter sich – allerdings am Tage – und hatte nichts gefunden. Zweimal hatte er das sogar explizit gesagt – „gibt es wohl nicht mehr“. Aber dieser Hauch von Einsicht ist immer schnell wieder verflogen. Wir haben es hier mit einem veränderten Bewusstseinszustand zu tun, in dem der Kranke unbelehrbar ist, selbst wenn er noch kurz zuvor alles ganz in Ordnung fand und sich wohlfühlte. Ich hatte ja sogar einen Thread aufgemacht um nach Lösungen zu suchen, wie man derartige Zustände vielleicht durchbrechen kann.

          Las not least kommt mir Ingo Schwalms Thread über die Rückwärtsentwicklung in den Sinn. Natürlich haben wir es nicht mit einer echten Rückentwicklung zu tun – das wäre ja ein wünschenswerter Jungbrunnen. Aber es ist möglich, dass Vater in derartigen Zuständen zeitlich mental und unfreiwillig in seine Kindheit „gereist“ ist und in einer Erinnerungswelt lebt, die ganz anders aussieht als die Gegenwart und die für ihn Gegenwart zur subjektiven Gegenwart geworden ist. Unser Ich oder Selbst ist ein Hirnkonstrukt – ob es darüber hinaus ein subtiles Bewusstsein gibt, ist eine philosophisch-religiöse Frage, die ich hier mal nicht beachte. Das „Material“ das zur Konstruktion des Selbst dient, gerät besonders bei einer Demenz immer mehr in Mitleidenschaft, so dass es zu lädierten Selbst-Konstrukten kommt, die sich aus einem Gemisch aus altem biographischen Material und einigen späteren Fragmenten zusammensetzen und überdies keine vernünftige Einordnung mehr zulassen. Besonders in Akutsituationen arbeitet der Regelmechanismus der Zuschreibungen und Orientierungen nicht mehr in gewohnter Weise und muss gewissermaßen von Biographieresten leben, was dann auch ein verändertes Weltbild erzeugt. Da uns zu allem Übel auch noch das für die emotionale Färbung von Erinnerungen und Eindrücken zuständige limbische System ohnehin schon fest im Griff hat, wird sachliches bzw. rationales Denken immer schwerer, wenn die dafür erforderlichen Mechanismen auch noch lädiert sind – was v.a. bei fortgeschrittener Demenz der Fall ist. D.h. man hat es mit überwiegend emotionalen Menschen – auch wenn sie früher die größten Rationalisten waren - zu tun und muss sich darauf einstellen. Das ist aber leider viel schwerer als man denkt, denn tatsächlich kann man nicht einfach mit Kindersprache und „Betüdeln“ arbeiten sondern muss den richtigen Weg finden. Ich habe ihn noch nicht gefunden und werde ihn wohl auch nicht finden, da ich viel zu kopflastig bin.

          Soweit dieser etwas längere Beitrag.

          LG
          Egon-Martin

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          • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


            **[quote EgonMartin]. Vater siezte mich die ganze Zeit, meinte aber fast beiläufig, dass er „ihn“, wobei er auf Mutter deutete, wohl mag, um damit auszudrücken, dass er mich nicht mochte – was in dieser Situation verständlich war, denn ich war für ihn ein Fremder, der ihn auch noch kommandierte. Erkannt hatte er aber niemanden – möglicherweise nicht einmal mehr den Geschlechterunterschied – wobei es aber auch um eine reine Wortfindungsstörung handeln könnte (er meint „sie“ und sagt „er“ – derlei Gegensätze sind vmtl. eng assoziiert). **

            Lieber Egon,
            das Phänomen, das du hier beschreibst, habe ich in den ersten beiden Jahren mit meinem Vater ständig erlebt. Er hielt mich für einen Sohn - seine gute und hilfreiche Bekannte für "einen Kerl" - wir waren alle männlich für ihn. Manchmal hielt er mich auch für seinen Bruder Georg. Wir versuchten in solchen Momenten immer wieder auf unsere typisch weiblichen Attribute hinzuweisen - die eigentlich unübersehbar waren. (Busen, lange Haare, Ohrringe, Schmuck, Röcke, Stimme etc.) Über die Geschlechtsmerkmale konnten wir ihn in der Regel kriegen - er stutzte, lachte dann meistens und dann kam sein typisches: Das gibt es doch nicht!? Du bist tatsächlich meine Tochter? Wieso hab ich das denn nicht gesehen?

            Aber es geschah immer wieder und ich sah seine große Verwirrung, wenn er mich wieder mal für Georg - seinen Bruder - hielt und ich ihm sagte, dass ich doch seine Tochter sei. Er schien mit sich selbst zu ringen, verzweifelt nach Anhaltspunkten in seinem Kopf zu suchen - manchmal sagte er auch resigniert: Na, wird schon stimmen...aber ich versteh das nicht.
            Schließlich ging ich mehr und mehr dazu über, die Verkennungen zu ignorieren und oft ging der Spuk auch nach einiger Zeit vorbei und er sprach mich plötzlich wieder mit richtigem Namen an.

            Die schlimmste Szene hatten wir mal an meinem Auto. Ich wollte mit ihm zum Einkaufen fahren. Er herrschte mich plötzlich an, wie ich zu dem Auto seiner Tochter käme...dass wisse sie bestimmt nicht, dass ich das benutze. (Interessant, dass er das Auto erkannte, mich aber nicht). Er war sehr beunruhigt und wütend. Schließlich legte ich ihm meinen Ausweis und Führerschein vor. Er wirkte betreten, konnte es nicht glauben - stellte aber fest, ja, dass ist der Ausweis meiner Tochter. Er verglich immer wieder das Foto mit mir und schließlich lenkte er ein und stieg in den Wagen.

            Ähnliches hat auch seine Bekannte mit ihm erlebt und deshalb einmal einen sehr wichtigen Arzttermin versäumt, weil er sich standhaft weigerte zu "einem Fremden" ins Auto zu steigen... Sie rief mich damals unter Tränen an und sagte, sie könnte ihn nicht mehr mit zu sich (Raum Stuttgart) nehmen. Sie habe Angst, er liefe einfach weg, wenn er in einem solchen Moment nicht mehr wisse, wer sie sei. Sie fühlte sich auch völlig hilflos in der Situation, was ich gut verstehen kann.

            Ich glaube, mein Vater war sich seiner Erkrankung in den ersten beiden Jahren durchaus bewusst - er bestritt dies zwar, aber er war so unglaublich geschickt fassadär, wenn es darauf ankam. Er erkannte uns in seiner Wohnung oft überhaupt nicht, ließ sich aber nichts anmerken. Nur wenn einer aus dem Zimmer ging, fragte er mal leise nach, wer das denn überhaupt sei. Wenn man ihm sagte, dass ist doch dein Enkel (den er vom ersten Lebenstag an kannte und oft um sich hatte), kamen Antworten wie: ach, der hatte aber früher eine ganz andere Frisur - deshalb habe ich ihn wohl nicht erkannt.

            Und ganz richtig - die Wahrnehmungswelten des Kranken sind immer wieder anders - er befindet sich oft in einer anderen Phase seines Lebens. Auch deshalb erkannte er mich - seine Tochter - oft nicht. Er hatte das Bild der 18jährigen im Kopf und der glich ich zu diesem Zeitpunkt eben überhaupt nicht. Auf der gleichen Schiene läuft diese "Eltern-Geschichte" ab - der Kranke ist sich häufig seines eigenen Alters nicht mehr bewusst. Mein Vater war oft regelrecht bestürzt und ungäubig, wenn ich ihm sagte, dass er schon 80 Jahre alt sei. Das könne doch gar nicht sein...sagte er dann und ging manchmal zum nächsten Spiegel, um sich anzuschauen. Überhaupt stand er oft mit mir zusammen vor dem Ganzkörperspiegel in seinem Flur. Die Tatsache, dass er mich dort wiedersah, ließ ihn damals noch rückschließen, dass er das daneben dann wohl sein musste. Wenn er alleine vorm Spiegel stand, wirkte er anders, neugieriger, so als ob er "den da" genauer anschauen wolle. Er führte aber nie Gespräche mit seinem Spiegelbild.

            So, die Nacht ist rum und ich sitze noch immer hier...die Schlaflosigkeit ist auch ein Vermächtnis der Erkrankung meines Vaters.

            Einen lieben Gruß schickt Leona

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            • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


              Hallo, habe ja geschrieben das mein Vater auch Alzheimer hat und meine Mutter Pakinson mit mittelschwerer Demenz. Mein Vater haut immer ab, aber immer wo sein Elternhaus ist und sucht seine Eltern. <da weiß ich immer wo ich zu suchen habe. Er uriniert überall in der Wohnung hin und manchmal auch Groß.Ich spiele auch schon mit dem Gedanken einer Heimunterbringung. Aber Mutter ist dagegen. Im Juni muß ich ins Krankenhaus,da habe ich sie zur Kurzzeitpflege, ich will schauen das ich Vater gleich drinnen lasse, wenn ein Zimmer frei ist. Aber der Schritt ist ziemlich schwer für mich.Aber Vater ist zur Zeit auch ziemlich aggressiv.Wenn mann ihn beim Pinkeln erwischt und sagt das er auf die Toelette soll, sagt er es ginge mich nichts an wo er hinpinkelt.Grüße kahncool

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              • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                Liebe Leona,

                Danke für Deine Worte. Wohlwissend, dass Mutter und ich nicht die einzigen sind, die derlei zu ertragen haben, ist es mir doch immer wieder ein Trost, solche konkreten Worte zu lesen.

                Ja, die langen Nächte. Ich habe in dieser Nacht auch noch viel nachgedacht, gegrübelt und gelesen ohne zu einem tragbaren Ergebnis gekommen zu sein. Anhand einer Liste mit noch zu erledigenden Dingen werde ich versuchen, alles noch in der kommenden Woche zu erledigen. Allerdings gibt es auch Sachen, die terminlich nicht nur von mir abhängen - mal sehen, ob ich da telefonisch was regeln kann. Ursprünglich hatte ich Mitte oder sogar Ende Juni für meinen nächsten Besuch im Visier, aber das wird jetzt wohl doch eher Anfang Juni werden. Meine Abwesenheit, die Vater v.a. davon abhalten sollte, in uns zwei "verbündete Gegner" oder ein Paar, bei dem er zu Besuch ist, zu sehen, hat wohl auch nichts gebracht. Vielleicht sind mehrere Kurzbesuche (2 bis 3 Wochen statt 5 Wochen) sinnvoller? So weit ist ja Bremen nicht vom Wohnort meiner Eltern entfernt. Ich dachte auch schon an wöchentliches Pendeln - wird aber sehr teuer.

                LG
                Egon

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                • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                  Hallo Kahncool,

                  ja, bei solchen sich häufenden Vorkommnissen halte ich auch eine Heimunterbringung für grundsätzlich angebracht. Aber - wie mir Leona mal ganz richtig schrieb - bitte nichts überstürzen. Bitte das Heim gut und kritisch ansehen, bevor es soweit ist. Sie wollen ja ohnehin erst mal die Kurzzeitpflege nehmen. Wenn Sie Ihren Vater dort öfters besuchen, sehen Sie ja, wie es da läuft.

                  Wie an den Beispielen, die v.a. Leona und H.W.Papa schilderten, zu sehen ist, kann alles mit einem falschen Heim noch viel schlimmer kommen als eine nervenaufreibende Pflege zu Hause (die man mit Besuchen eines Pflegedienstes, sonstige Haushaltshilfen und ggf. Medikamenten mildern kann). Denn das die rein physische Abwesenheit des Kranken beruhigend wirkt, kann sogar ich mittlerweile verneinen, denn täglich mache ich mir Sorgen - nicht ganz zu Unrecht, wie das letzte Vorkommnis geziegt hat.

                  LG
                  Egon-Martin

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                  • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                    Aktueller Bericht über den Zustand meines Vaters, wie er sich mir bei meinem letzten Besuch (bis 09.07.09) darbot:

                    Gesamteindruck: unverändert, jedoch Magengeschwür entdeckt und mit mehrwöchentlicher Dauermedikation von Pantoprazol vmtl. geheilt. Am 22.07.09 ist Nachuntersuchung via Gastroskopie. Weglaufen hat in den letzten drei Wochen nachgelassen obwohl Tendenz weiterhin besteht.

                    Aphasie: Versteht zunehmend etwas völlig anderes als das Gesagte und vermischt das mit Konfabulationen. Wortfindungsstörungen weiterhin leicht progedient.

                    Apraxie: unverändert, aber hin und wieder etwas neben der Toilettenschüssel uriniert. Der Bitte, im Sitzen zu urinieren, kommt Vater nicht nach – ist ihm wohl zu „weibisch“

                    Agnosie: außer am Anfang meines Besuches scheint diese v.a. in Bezug auf Mutter etwas nachgelassen zu haben – kann aber auch Fassade sein (diese wäre dann aber neu „errichtet“ worden).

                    Wahrnehmungsstörungen, Illusionen, Halluzinationen, Wahnideen: unverändert, aber etwas weniger Reden über Diebstahl und die Schlechtigkeit der Menschen

                    Aggressivität: stieß mich einmal beiseite mit den Worten „Hau ab“, sonst keine Tätlichkeiten, aber zeitweise große Rücksichtslosigkeit anderer Art

                    Depressionen: derzeit etwas rückläufig v.a. bei der zeitweise wieder aufgenommenen Gartenarbeit bei Sonnenschein

                    Ängste: derzeit ebenfalls etwas rückläufig

                    Eigen- und Fremdgefährdung: Derzeit Rückgang des Weglaufens, sucht aber wieder verstärkt Gegenstände in Schränken („Wühlerei“) und fummelt an allerlei Dingen herum – bislang gehört der E-Herd noch nicht dazu.

                    Medikation: Bei der RR-Messung niedrige Herzfrequenz (Bradykardie) entdeckt. Der Hausarzt hat daraufhin die Tagesdosis Bisoprolol (Beta-Blocker) von 2,5 auf 1,25 mg abgesenkt. Vorübergehend wegen des Ulcus ASS abgesetzt und Pantoprazol am Morgen gegeben. Jetzt Pantoprazol-Behandlung eingestellt und wieder – aber verringerte Dosis (100 mg statt 200 mg) – ASS nach dem Mittagessen eingeführt. Alles andere unverändert.

                    Wie im „Galactose-Thread“ versprochen, haben Mutter und ich mit der Galactose-Behandlung begonnen. Zunächst hatte ich drei Tage lang je drei hohe Dosen alleine genommen um etwaige Nebenwirkungen (z.B. auf die Verdauung) festzustellen. Das blieb ohne Befund und nachdem ich auch Lactoseintoleranz oder gar Galaktosämie ausschließen konnte, begann die „Behandlung“ Vaters mit Galactose und Traubenzucken am 22.06.09. Seitdem erhält er täglich drei Dosen Galactose zusammen mit Dextropur in seinem Tee. Bei aller Vorsicht fällt auf, dass ab der Galaktosebehandlung tatsächlich – wie hier auch angedeutet – eine leichte Verbesserung eintrat. Ich werde dazu im entsprechenden Thread berichten. Der Hausarzt (einer der besten Internisten in der Kleinstadt und Umgebung) hält übrigens nicht viel davon; das sei ja nur Zucker – so sein Reden. Aber er hat es auch nicht untersagt.

                    Physisches Allgemeinbefinden: Verbessert, da Bauchschmerz verschwunden. Gastroskopie ohne Betäubung gut überstanden. Mit dem intakten, aber auch durch die AMD angegriffenen Auge kann Vater noch – mit Brille – lesen (abgesehen von den demenzbedingten Schwierigkeiten bzgl. der Semantik). Kliniktermin AMD: 03.09.09 (enorme Terminvorlaufzeiten bei Ophtalmologen).

                    Nächtliches Umherwandern: Vater steht auch weiterhin öfter nachts auf – aber bislang keine dramatischen Vorkommnisse; lässt sich derzeit durch Reden beheben

                    Weglauftendenzen: Deutlich zurückgegangen – überraschenderweise nach Gabe von Galactose! Zwar spricht Vater weiterhin davon, dass er nach Hause, zur Arbeit oder seine Eltern besuchen will; aber die Umsetzung dieser Vorhaben lässt sich im Vergleich zum letzen mal und auch zu Beginn meines Besuches diesmal leichter durch Reden vereiteln. Stand er sonst oft nach jedem Mittagessen, Teetrinken, usw. alsbald mit Jacke und Mütze bekleidet in Zimmer um sich zu verabschieden (manchmal ging er auch einfach so oder mit zornigem Gesicht) so kam es in den letzten 2 bis 3 Wochen nicht einmal mehr dazu. Ob das nur eine Phase ist oder die Phase des Weglaufens ohnehin zuende geht oder eben doch der Einfluss der Galactose zutrifft (immerhin seltsam nach so kurzer Zeit der Gaben), bleibt abzuwarten. Vor der Glactosebehandlung hatte Vater sogar noch einen Rekord in Sachen Weglaufen aufgestellt. Er war an einem Tag dreimal weggelaufen, fand aber auch alle dreimal wieder eigenständig zurück – er war insgesamt ca. 5 Stunden (!) außer Haus.

                    Prosaischer Teil:

                    Die ersten zwei Tage (während meines Besuches) ging es einigermaßen moderat zu. Dann begannen wieder die Tageswanderungen (das Weglaufen) Vaters. Es herrschte wieder einmal eine starke Stimmungslabilität vor, die an bipolarer Depression erinnerte ohne eine solche zu sein. Das schlimmste Ereignis kam mit einem Spaziergang Mutters mit Vater. Der Weg führte an einem Elektrogeschäft vorbei und Vater meinte plötzlich, er müsse dort hinein und fragen, ob sein Rasierapparat schon bezahlt sei. Mutter vereitelte das durch Reden und hatte – wie sie mir nachher erzählte – Angst wegen der Peinlichkeit eines solchen Auftrittes Vaters. Daraufhin verfinsterte sich die Miene Vaters und er lief schnell davon. Mutter rief, aber Vater beachtete sie nicht. Wieder zuhause angekommen, saß Mutter, in Tränen aufgelöst in der Küche und meinte, sie hätte tot umfallen können und Vater hätte das nicht gekümmert. Ich spürte einen kurzzeitigen brennenden Hass auf Vater. Dann aber, als die Tränen langsam verflossen und Mutter sich auch über die ständigen Nervereien beklagt hatte und die dauernde Hinnahme von Undank jeden Tag, begann ich behutsam auf sie einzureden. Ich setzte ihr auseinander, dass sie ruhig in das Geschäft hätten gehen können und das es ganz und gar nicht peinlich ist, wenn sich ein Demenzkranker seltsam verhält. Viele Menschen wissen um diese Krankheit, haben oft selber einen Angehörigen oder Bekannten, der davon betroffen ist. All das wusste Mutter ja schon, aber es tat sicher gut, derlei immer mal wieder zu erwähnen. Ich habe danach verstärkt in Geschäften, die Vater aufsuchen könnte, aufgeklärt und bin immer auf Verständnis gestoßen. Er möge ruhig kommen; man würde ihm schon sagen, was er hören möchte und ihn somit beruhigen. Dieses teilte ich Mutter mit und das nächste Mal wird sie auch mit Vater in ein Geschäft gehen.
                    Nach dem Einsatz von Galactose kam es zu einer leichten Verbesserung. Ob wirklich dadurch oder nicht – wird sich noch zeigen. Allerdings gab es doch noch ein negatives Ereignis danach, dass mir kurz berichtenswert erscheint. Eines Tages nach dem Mittagessen ging Vater wie gewohnt zur Toilette im Obergeschoss des Hauses. Dann fiel uns auf, dass er sehr häufig spülte. In der Annahme eines technischen Defektes ging ich nach oben, klopfte vorsichtig an die Tür zum Bad und öffnete. Vater stand gebückt neben der Toilette und bewegte den Spülstein an der Halterung hin und her während er immer wieder die Spültaste betätigte. Auf meine Frage, ob etwas kaputt sei, stieß er mich leicht mit der Hand weg mit den Worten „Hau ab“. Dann ging er mit den Worten „Ich hau ab“ an mir vorbei, blieb aber im oberen Flur stehen. Ich ging schweigend nach unten, um zu sehen, ob er mir folgt und wirklich wegläuft. Er blieb stehen und nach einer Weile kam er herunter, ging etwas im Haus umher und beruhigte sich dabei wieder. Das war trotz der kleinen Aggression immerhin ein Fortschritt gegenüber früheren Verstimmungen – damals ging er oft sofort und mit Nachdruck außer Haus.
                    Und natürlich gab und gibt es die vielen kleineren Ereignisse, die ich hier gar nicht mehr näher erwähne wie z.B., als Vater schon um 17h00 sich umständlich auszog und zu Bett wollte, dann wieder anzog (es war nur ein Kleidungsstück, dass er alleine noch beherrschte) und wieder auszog – einige Male hintereinander bis er dann durch Zureden endlich damit aufhörte und in das Wohnzimmer kam. Oder sein mürrisches Verhalten beim Arzt, als er im Sprechzimmer außer „Hat ja doch alles keinen Zweck“ nichts sagte und den Arzt nur finster ansah und fortan schwieg.

                    Ich hingegen habe mir eines der beiden ortsansässigen Pflegeheime mal näher angesehen und ward positiv überrascht. Meine Fragen und das Einstreuen von Fachbegriffen der Pflege, welche ich mir vorher angeeignet, kamen gut an. Man hat offensichtlich Ahnung, arbeitet nur in wenigen und gefährdenden Akutsituationen mit Psychopharmaka und das auch nur nach Einverständnis des Betreuers bzw. des Vormundschaftsgerichtes. Die Räumlichkeiten sind ansprechend und barrierefrei. Die Pflegleiterin zeigte mir u.a. Gerätschaften mit bunten Farben und kam auf Snoezelen zu sprechen. Dann sah ich den schönen Garten, der wie ein kleiner Park angelegt ist, mit Rundlauf und eine Pseudobushaltestelle für die Kranken, die unbedingt wegfahren wollen – während sie auf den Bus warten, vergessen sie ihr Vorhaben und man hat Konflikte vermieden. (Und einen Tipp bekam ich auch noch: Niemals einen Demenzkranken um 180 Grad wenden, sondern in einer Runde umkehren!). Noch fähige Kranke können bei der Gartenarbeit mitwirken, usw. Aber auch für Kranke , die keinen Rasenmäher mehr richtig bedienen können, gibt es einen alten Rasenmäher, mit denen sie dann ohne Motor den Rasen „mähen“ zu ihrer Zufriedenheit. Man verfährt nach dem Prinzip, den Kranken ihre Illusionen so weit wie möglich zu belassen. Mit einem Wort: Man kümmert sich und setzt nicht auf ständiges Sedieren. Besonders positiv ist mir aufgefallen, dass man mir nicht sogleich einen Dauerpflegevertrag aufschwatzen wollte sondern zunächst Kurzzeitpflege empfahl. Das entsprach ja auch meiner Strategie und das dieses von Seiten der Heimleitung empfohlen wurde, habe ich natürlich sehr begrüßt. Ich ließ mir einen Satz Formblätter mitgeben, kopierte diese und füllte die Kopien – soweit möglich – bereits als Muster für Mutter aus, falls ich mal nicht zugegen sein kann. Einige dieser Formulare muss ohnehin der Arzt ausfüllen, der dem Heim übrigens wohlbekannt ist (kleinstädtisches Milieu hat auch Vorteile). Somit ist also ein erster kleiner Weg ins Heim geebnet. Es ergibt sich allerdings das Problem, wie man es Vater beibringt, in Kurzzeitpflege zu gehen. Einen defekten Rasenmäher durchschaut er z.B. sofort. Vielleicht ist es, wie Mutter sagte: „Er ist noch nicht soweit.“ Dennoch braucht Mutter mal Abstand und Zeit für ihre eigenen gesundheitlichen Probleme und ich kann sie nicht ersetzen weil v.a. Vater mich nicht als Pfleger akzeptiert. Ich habe manchmal schon Mühe, auf Vater aufzupassen, wenn Mutter mal zum Friseur zur Dauerwelle geht. Im April hatte er mich mal angeschnauzt, ich hätte ihm gar nichts zu sagen, usw. Allerdings überlege ich mir gerade einen Trick: Ich könnte mir weiße Hose und Kittel besorgen – Stethoskop habe ich schon (bringe mir gerade mit Hilfe einer CD und eines Buches die Auskultation bei) – und als „ärztlicher Pfleger“ auftreten.
                    Soweit für diesmal.

                    LG
                    Egon-Martin

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                    • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                      Hallo, habe ja von meinen Eltern geschrieben. Meine Mutter hat ja Parkinson mit mittelschwerer Demenz und Vater hatte Alzheimer. Schreibe hatte, weil mein Vater gestern gestorben ist. Wegen sein Herz. Mußte vor ein Paar Wochen ins Krankenhaus, und hatte meine Eltern zur Kurzzeitbetreuung gegeben. Nach einen Tag wurden sie aggressiv, weil das Personal meinen Vater tadelte weil er überall hin urinierte. Nachts ging er in die anderen Zimmer, und machte dort auch hin und wollte heim. Meine Mutter wurde auch aggrssiv, weil sie Vater in Schutz nahm. Meine Mutter biss und schlug auch mal zu, und mein Vater biss auch mal zu. Nach zwei Tagen kamen sie in die Psychatrie.Vater und Mutter wurden wieder eingestellt, vor allen Vater. Meine Mutter wurde nach einer Woche entlassen. Habe sie in ein Pflegeheim getan, wo ich auch einen Platz für meinen Vater hatte.Aber meinen Vater mussten sie mit schweren Beruhigungstabletten ruhigstellen.Er bekam dann Lungenenzündung, dann war es wieder besser. Aber seinen Aggressives Verhalten war auch noch nicht weg. Er sollte nächste Woche entlassen werden,aber jetzt machte sein Herz schlapp.Es ist besser so, weil er wäre für den Rest seines Lebens ruhiggstellt worden. Jetzt muß ich es meiner Mutter beibringen. Sie wird mir wahrscheinlich die Schuld an seinen Tod geben.Also bringen wir es hinter uns. Danke kahncool

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                      • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                        Liebe kahncool,
                        Sie haben mein herzliches Mitgefühl. Wie Sie vielleicht gelesen haben, hat auch HWPapa ihren Vater verloren. Doch gerade bei Vorliegen einer schweren Demenzerkrankung muss man sich fragen, ob dem armen Kranken nicht Schlimmeres erspart geblieben ist. Die besten Wünsche für Sie und Ihre Mutter. Leona

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                        • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                          Liebe Kahncool,

                          das ist schrecklich - gleich zweimal. Habe heute schon mein Mitgefühl für H.W.Papa geschrieben und meine das ebenso für Sie.

                          Herzliches Beileid!

                          Mit lieben anteilnehmenden Grüßen
                          Egon-Martin

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                          • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                            Liebe Leona, vielen Dank. Für meinen Vater war es das beste, was ihm passieren konnte. Es wäre kein menschenwürdiges Leben mehr gewesen. Er nur noch unter schweren Beruhigungsmedikamenten gewesen. Also ein Pflegefall, so konnte er noch laufen bis zum Schluss.Grüße kahncool

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                            • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                              Vielen Dank. Es war das beste für ihn. Es wäre kein Menschebwürdiges Leben mehr gewesen. Er wäre jetzt ein Pflegefall gewesen. So hat ihn der Tod erlöst.Alles Gute noch für Ihren Vater. Grüße Kahncool

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                              • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                Nachdem Vater auch nach ausgeheiltem Magengeschwür jetzt über Schwindelgefühle klagte und es wohl ohnehin Zeit wurde, nach mehr als 2 Jahren Acetylcholinestersehemmereinsatz dieses abzusetzen (eine merkbare Wirkung war davon kaum mehr zu spüren) hat der Hausarzt jetzt Memantine (Axura) verordnet. Dieses Medikament wird ab morgen in wöchentlichen Schritten von 5 auf 20 mg eingeschlichen. Danach wieder Arzttermin. Galaktose wird weiterhin gegeben.

                                Morgen fahre ich auch wieder zu meinen Eltern.

                                Bei Telefonaten wirkt Vater aber schon jetzt besser als sonst, geht öfter selber an den Apparat, dankt für den Anruf, usw. Gravierende Vorkommnisse scheint es bislang auch nicht gegeben zu haben. Mal sehen, ob Axura hilft oder "verschlimmbessert". Es sind ja sogar Aussagen im Internet zu finde, die erst nach 6 Monaten und dann auch nur leichte Verbesserungen versprechen. Das hört sich nicht gut an, auch nicht die (NW) Möglichkeit des Auftretens von Halluzinationen oder sogar wieder Schwindel. Ich denke an meinen Hausarzt (Gastroenterologe), der von allen diesen Inhibitoren und Antagonisten wegen der Nebenwirkungen nicht viel hält und diese nach reichlicher Erfahrung seinen AlzheimerpatientInnen gar nicht mehr verschrieb.

                                LG
                                Egon-Martin

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                                • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                  Hallo Egon,
                                  ich wünsche einen harmonischen Aufenthalt bei den Eltern und hoffe, dass Memantine gut anschlägt. Wir haben ja nie gewechselt - sind bei Exelonpflastern bis zum heutigen Tag geblieben, da es auch Hinweise gibt, dass die langfristige Gabe von Cholinesterasehemmern positiv zu bewerten sei.

                                  Galactose wird Vater in der WG jetzt wieder verstärkt und in hoher Dosis gegeben. Ich habe nochmal ein Gespräch geführt und auf die ausreichende Menge und die Einnahme zwischen den Mahlzeiten hingewiesen. Nach wie vor der Eindruck, dass Vater besser drauf ist, mehr zu kommunizieren versucht, besser beim Essen kooperiert, Schlucken besser klappt und insgesamt eine größere Wachheit zu verzeichnen ist. Momentan überwiegend positive Rückmeldungen aus der WG. Ich hoffe, es bleibt noch eine Weile so.

                                  Am 6.August war Vaters 84. Geburtstag. Tochter und Enkel waren bei ihm.

                                  Lieben Gruß
                                  Leona

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                                  • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                    Aktueller Bericht über den Zustand meines Vaters, wie er sich mir bei meinem letzten Besuch (bis 10.09.09) darbot:

                                    Gesamteindruck: Stimmungsschwankungen hatten nach Wechsel des Antidementivums auf Axura (Memantine) zugenommen. Vermehrt Schwierigkeiten in Details mit erhöhter Belastung Mutters. Ulcus ausgeheilt. Genauerer Befund zur AMD.

                                    Aphasie: Verstärkt. - Manchmal versteht Vater auch einfache Bitten nicht: z.B. beim Staubsaugen die Bitte, mal kurz die Füße hochzunehmen, während er auf der Couch sitzt. Man muss verstärkt Zeichensprache einsetzen (vmtl. schon Broca-Wernecke-Läsionen durch Demenz).

                                    Apraxie: Verstärkt. - Hantiert zuweilen ungelenk mit Messer und Gabel. Sitzt eine Zeit stumm davor und macht nichts, bevor er nach mehreren Aufforderungen mit dem Essen anfängt. Immer häufiger Unterstützung erforderlich.

                                    Agnosie: Merkwürdigerweise derzeit nicht verstärkt auffällig. Aber wenn Vater so stumm da steht und nicht weiß, wo er sich befindet, dürfte er auch uns nicht erkennen. Tatsächlich sprach er in Gegenwart seiner Frau über sie und wollte wissen, wo sie sei. Dann aber erkennt er sogar mich wieder für kurze Zeit.
                                    Wahrnehmungsstörungen, Illusionen, Halluzinationen, Wahnideen: ab 15 mg Axura/die wieder verstärkt Halluzinationen, spricht zuweilen mit einer kleinen runden Uhr, die auf der Küchenfensterbank steht, wie zu einem Kleinkind. Welch merkwürdige „Abstraktionsleistung“ – vmtl. ist es nur das Runde an der Form, das Vater einen Kinderkopf sehen lässt. Dieses aber nicht bei allen runden Formen.

                                    Aggressivität: keine direkten Vorkommnisse, aber zuweilen deutlicher Emphatieverlust (vmtl. Läsionen im Orbitofrontalcortex), kann nicht mitfühlen und ließ Mutter beim Einkaufen regelrecht im Stich, als er trotz mehrfacher Bitte beim Einpacken der Waren in den Einkaufsrollie mit mürrischer Miene abseits stand und nichts tat. Sprach auch auf dem Heimweg kein Wort zu Mutter (das sind immer die Sachen, die mich manchmal kurzzeitig mit Abneigung gegen Vater erfüllen).
                                    Depressionen: auf Axura wieder zugenommen, aber auch alberne Phasen mit Gegacker als wäre er high.

                                    Ängste: keine Auffälligkeiten derzeit

                                    Eigen- und Fremdgefährdung: auf Axura hat die Weglauftendenz wieder zugenommen, suchte manchmal wieder sein „wahres Zuhause“ – konnte aber durch Reden oder Gang in den Garten bereinigt werden, ging nicht wie früher mit wütendem Gesicht einfach fort.

                                    Medikation:

                                    Ab 12.08.09 Memantine in 5 mg- Schritten eingeführt. Bei Zieldosis 20 mg/die Anstieg des systolischen Blutdruckes auf über 170 bei moderater Diastole. Mit Hausarzt besprochen und abgesetzt (danach RR wieder normal). Damit ist die Antidementivabehandlung erschöpft zumal auch Aricept (als Nachfolger von Reminyl) nichts mehr brachte. Derzeit nur Gingkoextrakte vom Arzt verordnet neben den Herz-Kreislaufmitteln, die Vater nach wie vor nimmt. Nächste Woche wieder Blutbilduntersuchung. Galactose wird weiterhin gegeben.

                                    Physisches Allgemeinbefinden: Klagt gelegentlich wieder über Bauchschmerzen wie früher. Ulcus aber ausgeheilt und kein Sonografiebefund bei neuerlicher Untersuchung. Es stellte sich heraus, dass die Schmerzen nach Lefaxgabe verschwanden, also auf Darmwinden beruhten – wie auch der Internist diagnostizierte. Vater kann das nicht mehr richtig deuten. Die AMD ist feucht auf dem linken Auge und zu weit fortgeschritten für medizinisch sinnvolle Maßnahmen. Auf dem rechten Auge trocken. Vater (bzw. Mutter) bekam eine sog Amsler-Karte mit, die Vater regelmäßig, den Punkt in der Mitte, mit seinem rechten Auge betrachten soll. Werden Wellen, Verzerrungen, usw. im Gitternetz der Karte gesehen, muss dieses umgehend behandelt werden. Seine Augenärztin – die einzige in der Kleinstadt – wollte vor Monaten Vater schon zur OP in einer entfernteren Großstadt (mit Nennung des Namens des zust. Arztes). Dann kam das Magengeschwür dazwischen. Mittlerweile fand ich heraus, dass derlei Behandlungen auch in der nächsten Großstadt – nur 20 km entfernt – durchgeführt werden, was die Augenärztin wohl nicht wusste oder nicht wissen wollte (honi soit qui mal y pense – in Hinblick auf gewisse „Deals“ von Ärzten mit Kliniken). Dort gab man nun neben einer laienverständlichen Erklärungsschrift nicht nur die Amslerkarte, sondern auch einen Zettel für die Augenärztin mit, welcher neben der Bitte um Überwachung der trockenen AMD den pikanten Hinweis enthält, mit IVOMs (intravitreale operative Medikamenteneingabe) zu helfen (derlei sei ja nur in entfernten Klinken möglich lt. Augenärztin).

                                    Nächtliches Umherwandern: in den letzten 4 Wochen nicht vorgekommen

                                    Prosaischer Teil:

                                    Es wird immer schwieriger, Vater auch zu einfachen Handlungen aufzufordern. Er steht viel herum, setzt sich auch nach mehrfachen Bitte nicht. Starrt auf das Essen und fängt erst nach mehrfachen Bitten an, zum Besteck zu greifen. Das hält auch nach dem Absetzen von Axura an. Oft zieht er die Jacke an und setzt seine Mütze auf und will gar nicht weg, sondern läuft damit im Haus herum. Sein Reden wird immer unverständlicher. Immer seltener bringt er längeren und einigermaßen sinnvollen Text zustande. Legt man ihm ein Stück Kuchen hin, so nimmt er es sogleich und will es uns anbieten (wie ein Kleinkind). An- und Auskleiden schafft er schon länger nicht mehr alleine und wenn er sich die Schuhe zubindet, macht er das mit bis zu sieben einfachen Knoten übereinander, die dann abends mühsam wieder aufgedröselt werden müssen. Bis vor kurzem konnte er noch fehlerfrei seine Schuhe binden – jetzt ist das vorbei. Auch braucht er jetzt immer mehr Hilfe bei der täglichen Körperhygiene. Der Bitte, sich beim Urinieren auf das Toilettenbecken zu setzen, fruchtet trotz von mir angebrachtem Symbol (eine sitzende Figur) und mit großen Buchstaben (die kann er noch lesen) angebrachter Aufforderung leider nicht. Immer häufiger muss der Urin um die Toilette entfernt werden.
                                    Ich unterstreiche mehrmals mit Nachdruck die Notwendigkeit, Hilfe anzunehmen. Seit einem Jahr ist die Pflegestufe Null bewilligt und ein Pflegedienst formell eingeschaltet. Der war aber noch nicht einmal bei uns, weil Mutter den nicht anfordert.

                                    Ich bin manchmal über Mutter verärgert – sie meint immer noch, alles selber machen zu können und klagt dann doch bitterlich weinend. Sie kocht ja auch noch selber, wäscht und bügelt. Alles Dinge, die auch andere machen können – wenigstens teilweise. Dabei vernachlässigt sie ihre eigene Gesundheit fast schon sträflich. Mehrfach habe ich deutlich bekundet, am Erbe nicht interessiert zu sein. Das Haus könnte verkauft werden und vom Erlös könnte eine sehr gute Pflege für beide bezahlt werden. Aber nein – was ich auch sage und vorschlage, es ist für die Katz. Ich kann doch auch nicht alles und kann nicht permanent anwesend sein – zumal auch noch einige meiner Angebote, z.B. das Bügeln zu übernehmen, abgelehnt werden.

                                    Der MD war auch wieder da – Stufe 1 wurde beantragt. Die Dame war sehr in Eile und machte auf mich und Mutter einen schlechten Eindruck (Dauer des Prozederes: rd. 30 Minuten). Sie sagte u.a., dass das Pflegegeld nicht mehr überwiesen werde, sondern nur abgerechnet werden kann (wie bei Stufe Null), da Missbrauch bekannt sei. Das glaube ich nicht. Noch im FOCUS von Anfang August d.J. steht etwas anderes. Wenn das nicht ordentlich mit Bewilligung abläuft, werde ich mich über diese Dame höheren Ortes beschweren (Diskriminierung älterer Menschen -> EU-Rechtsverstöße!). Überhaupt vergingen von der Antragstellung bis zum Besuch des MD rd. 3 Monate, was den Tatbestand der Verschleppung erfüllen könnte. Allerdings muss bei Bewilligung ab Antragstellung gezahlt werden.

                                    Immerhin spricht Mutter mittlerweile langsam auch positiv von einer Kurzzeitpflege für Vater. Aber das kenne ich ja. Jedes mal sagt sie mir bei meiner Abfahrt, ich bräuchte mich nicht zu sorgen, sie würde sich schon Hilfe holen usw. und jedes mal wurde das bislang nicht gemacht. Ich dehne meine Aufenthalte schon immer weiter aus, kann aber nicht bei allem helfen (einen Teil der Einkäufe mache ich, uvm.). Vater würde sich von mir bei der Körperpflege, usw. auch gar nicht helfen lassen. Wenn nur morgens und abends jemand käme – was ja möglich ist – wäre das schon eine Entlastung für Mutter. Wenn dann noch Essen auf Rädern eingerichtet würde und die Wäsche von einer Wäscherei gewaschen und gebügelt würde, gäbe es eine Menge „Luft“ in Sachen Zeit.

                                    Es gäbe noch viel mehr zu berichten, aber ich schließe hier.
                                    Wenn jemand Kommentare – vor allem helfenden Inhalts – hat, möge sie/er das hier schreiben. Ich wäre dafür sehr dankbar.
                                    LG
                                    Egon-Martin

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                                    • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                      Diese für alle hilfreiche Verlaufsgeschichte hole ich mal wieder nach vorne!

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                                      • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                        Hallo,

                                        seit der Diagnose einer Demenz bei meiner Mutter habe ich mich daran gemacht diese Krankheit zu verstehen. Ich möchte meiner Mutter nun einen möglichst langen und angenehmen Aufenthalt in den eigenen vier Wänden ermöglichen. Es ist noch verhältnismäßig einfach mit ihr. Außer einer ausgeprägten Wortfindungsstörung und zeitweiliger Orientierungslosigkeit geht es noch. Dies ist aber in relativ kurzer Zeit gekommen und hält sich nun schon seit einem halben Jahr auf etwa gleichem Niveau.

                                        Nun habe ich diesen Beitrag gefunden und ihn mit großem Interesse aufgesogen. Interessant wäre es wie es mit dem alten Herrn weiterging.

                                        Gruß
                                        Bongo

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                                        • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                          Aktueller Bericht über den Zustand meines Vaters, wie er sich mir bei meinem letzten Besuch (bis 05.11.09) darbot:

                                          Gesamteindruck: Starke Verschlechterung auf allen Gebieten. Hohe Belastung Mutters.

                                          Aphasie: Immer seltener ist eine halbwegs sinnvolle Kommunikation möglich. Mal spricht Vater mit eigenartig veränderter Stimme zu leise, vernuschelt viel und mal kann man den Sinn des Gesagten nicht einmal mehr raten. Es ist ein „Gehirnsalat“ mit Versatzstücken aus Arbeit, Heimweh nach seinen (längst verstorbenen) Eltern und Geschwister, usw.

                                          Apraxie: Vater muss jetzt bei jedem Essen gefüttert werden. Manchmal kann er zwar noch etwas selbstständig essen, sogar mit Besteck, aber immer häufiger findet er keinen Anfang oder hört einfach auf. Beim Ankleiden hat Vater jetzt auch Probleme mit seiner Jacke und Mütze. Fummelt auch an Mutters Jacke (an der Garderobe) herum und hatte diese sogar schon mal angezogen. Überhaupt hat jetzt eine zeitweise starke Fummelei eingesetzt an allen möglichen Gegenständen, deren Handhabung Vater nicht mehr gelingt, deren Bedeutung er nicht mehr erfasst.

                                          Agnosie: Erkennt jetzt immer öfter auch seine Frau nicht mehr – nach bald 60-jähriger Ehe! Herrschte sie einmal morgens bei der obligatorischen Waschhilfe im Bad an: „Sie haben mir gar nichts zu sagen!“ Wollte mal in eine Kerze beißen, die er für einen Apfel hielt (sie war auch so geformt). Eines morgens wollte er nicht aufstehen und sagte zu mir, er wisse nicht, wer er sei. Kann auch manchmal bei Nachfrage seinen Namen nicht nennen, geschweige denn Wohnort, usw. Diese Tendenz ist ansteigend.

                                          Aggressivität: Verstärkter Empathieverlust bei zunehmender Ichbezogenheit. Lachte einmal, als Mutter über Schmerzen klagte, jammert aber selber bei jeder Blähung, als hätte er ein Geschwür. Schubste Mutter mal beim Zubettbringen, so dass diese stürzte und sich ein Hämatom über dem Auge zuzog, weil sie beim Fallen an eine Stuhlkante stieß. Zum Glück konnte ein SHT ausgeschlossen werden.

                                          Ängste: Fühlt sich eingesperrt, was situativ nachvollziehbar ist - aber notwendig da er nicht mehr verkehrssicher läuft – verwechselt sogar die Fußgängerampelphasen und wollte bei „Rot“ gehen. Wir dürfen ihn nicht mehr alleine in die Stadt gehen lassen. Leider will er besonders abends weg – „nach Hause“. Tagsüber „zur Arbeit“. Spaziergänge mit ihm sind mühsam, weil er schwer anleitbar ist und oft woanders hin will, z.B. in fremde Häuser oder Geschäfte.

                                          Eigen- und Fremdgefährdung: Dramatisch angestiegen seit dem Vorfall mit dem Sturz Mutters. Verweigert immer öfter Nahrung und seine Medikamente – sprach einmal von „Gift“. Baldige Heimunterbringung m.E. dringend erforderlich. Schriftlich bereits vorbereitet. Antipsychotika verordnet, Pflegedienst eingeschaltet.

                                          Medikation:
                                          HK-Mittel unverändert. Melperonversuch (flüssig), um die v.a. abendliche Unruhe („Sundowning“) zu mildern, gescheitert. Selbst nach 15 ml kein Erfolg – sogar paradoxe Wirkung. Daher ab gestern (05.11.09) 1 mg Risperidon. Bei Komplikationen mit Bewegungsapparat auf 0.5 mg zu reduzieren bei mangelhafter Wirkung bis max. 2 mg steigern. Behandelnder Arzt machte Hausbesuch. Die 1 mg Startdosis (Dragees) war meine Idee – normalerweise sollte hier wegen des akuten Umstandes mit 2 mg lt. Arzt begonnen werden (regulär geht man von kleinen Dosen bis zu max. 2 mg – der Arzt riet aber auch zur sofortigen Reduzierung bei Auftreten von Zuckungen, usw.). Ich wollte mit einer etwas geringeren Dosis erst mal generelle Unverträglichkeit testen – v.a. wg. malignes neuroleptisches Syndrom - und das sollte noch vor meiner leider notwendigen Abreise geschehen. Es geht ja leider mal wieder alles „Knall auf Fall“. Rivastigminversuch (Exelon) vom Arzt abgelehnt mit der Begründung verstärkten Halluzinierens.

                                          Halluzinationen und Wahrnehmungsstörungen:
                                          Sehr heftig. Imaginäre „Kollegen“ nötigen zuweilen Vater Versprechen ab, Dinge zu erledigen, die er dann auch erledigen will ohne Rücksicht auf seine Familie. Was für Dinge das seien, kann er aber nicht sagen, er will nur fort, weil „was“ erledigt werden muss und er dabei nicht zu spät kommen darf (soweit man seine oft unklare Aussprache überhaupt noch versteht). Manchmal trägt er etwas in seinen Händen, was nur er sieht. Oft ist es imaginärer Schmutz, den er dann zum Mülleimer tragen will. Das dauerte auch noch nach 1 mg Risperidon an – aber bei der ersten Dosis kann man wohl noch nicht viel erwarten.

                                          Physisches Allgemeinbefinden: Missdeutet weiterhin Blähungen als Tumore. Allgemein aber noch ausreichend.

                                          Prosaischer Teil:
                                          Als mir Mutter am Vortag meiner Reise riet, starke Nerven mitzubringen, ahnte ich schon Übles. Es sollte aber schlimmer kommen, als ich befürchtete.

                                          Vaters Zustand hatte sich weiter verschlechtert seit meinem letzten Besuch vor nur ca. vier Wochen. Viel Herumgelaufe im Haus, große Unruhe. Verstärkte Probleme, ihn zum Platznehmen am Tisch zu bewegen. Kauderwelsch redend. Und dann bekam ich ausgerechnet am ersten Wochenende in der Nacht zum Sonntag höllische Zahnschmerzen – klar, ich bin ja längst überfällig mit einem Zahnarztbesuch. Ich nahm große Mengen Ibuprofen, wendete meinen Trick mit einem Halzschmerzmittel, welches Benzocain enthält, an, spülte mit Wodka und mit Chlorhexamed, schmierte mir zahnhalsschonende Zahncreme um die Zähne. All das half immer weniger und gegen 05 Uhr früh am Sonntag half nichts mehr – zum Wändehochlaufen. Also Notdienst. Die Notversorgung brachte endlich Linderung. In den Folgetagen „Nägel mit Köpfen“, also jetzt die Zähne in Ordnung bringen lassen. Vier davon wurden extrahiert – umfangreiche Aktion mit umfangreicher Wundbehandlung. Wieder starker Schmerz. Die Zahnärztin zeigt mir, wie man Socketol Paste – ein lidocainhaltiges Lokalanästhetikum - in die Extraktionswunden mit Hilfe eines Spiegels und einer Spritze (ohne Nadel aber mit kleinem starren Schlauch) einbringt und verschreibt mir diese nicht billige Substanz. Sie wirkt hervorragend ohne das Umfeld zu betäuben. Die eigentliche Behandlung – „Brücken bauen“ – geht erst noch los. Ich lasse das auch am Ort meiner Eltern machen, da ich mittlerweile mehr dort als an meinem Wohnort bin. Das waren schlimme Tage, denn Vater ließ sich von alledem nicht beeindrucken und stresste immer weiter.

                                          Mutter versucht noch, mit Vater einige Einkäufe in Supermärkten zu tätigen. Es geht so einigermaßen; aber auf den Rückwegen bleibt Vater bei grüner Fußgängerampel stehen und will bei Rot gehen. Dann wieder verschwindet er plötzlich in einem Geschäft. Ein Einkauf in einem besonders nahen Supermarkt gelingt noch gut – Vater zieht sogar den Einkaufsrollie. Dann aber setzen abends wieder die Akutzustände ein – jetzt jeden Abend bis auf einen in fast drei Wochen. Es beginnt oft beim Nachmittagstee. Zunächst ist er noch guter Laune. Dann wird er ruhiger und sein Gesicht verzieht sich – Mundwinkel nach unten – wir kennen das schon. Neu ist das plötzliche und immer wiederkehrende Schauen auf die Armbanduhr, obwohl er sie nicht mehr lesen kann. Diese Unruhe steigert sich dann, so dass er aufsteht und weg will. Er habe jemanden etwas versprochen und müsse pünktlich sein. Wir bekommen weder heraus, wer dieser jemand ist, noch, was Vater tun will – er weiß es selber nicht. Wegen der Verkehrsunsicherheit ist die Haustür verschlossen. Theoretisch könnte er durch die Hintertür (die wir offen lassen – mit steckendem Schlüssel - um dem Vorwurf der möglichen Freiheitsberaubung zu entgehen) müsste aber dann noch durch ein Tor oder die Veranda und noch einem Tor. Das schafft er aber nicht mehr, da er mit dem Schlüsselbrett Probleme hat und wegen der Apraxie auch die Schlüssellöcher der Verandatür oder der Tore nicht mehr mit den richtigen Schlüsseln versehen kann (obwohl er es schon versucht hat). So geht er dann immer wieder zur straßenseitigen Haustür und rüttelt an der Klinke. Dann kehrt er um und läuft durch den Flur in die hintere Stube, von dort zurück wieder zur Tür und manchmal in die vordere Stube, aus deren Fenster er die Straße sehen kann. Zertrümmert hat er bis jetzt noch nichts – aber was nicht ist, kann ja noch werden. Während er hin und her läuft hört man Gegrummel und Wortfetzen wie „Schweinerei“, „Gemeinheit“, usw. Das kann sich über zwei Stunden und länger hinziehen. Dann kippt die missmutige Stimmung und er wird weinerlich. Jetzt will er nach Hause zu seinen Eltern und sagt leise manchmal „Mama“ währende er hin und her läuft in Jacke und Mütze. Ein fast 82-jähriger Mann, einst kraftvoll und verwegen, ruft wie ein kleines Kind nach seiner Mutter. Es ist grotesk. Seine Frau und mich ignoriert er. Mutter hat wieder einmal umsonst für Vater ein besonders schönes Abendessen bereitet. Er hat keinen Appetit – trinkt aber seinen Fencheltee im großen Becher. Wir versuchen es mit Streicheln. Ich frage nach den Namen seiner Mutter und bekomme den Namen seiner Frau zu hören. Diese wird aber nicht als Mutter angenommen und ich sowieso nicht trotz Umarmung. Wir versuchen es mit Musik – ohne Erfolg. Wir versuchen es mit abendlichen Spaziergängen – kurzer Erfolg, danach geht es gleich wieder los. Schließloch kommt das „Karussell der Absurditäten“ von selber zum Stillstand. Vater hört auf, herumzuwandern, setzt sich und brütet vor sich hin – ähnlich wie zu Beginn. Schließlich bessert sich die Laune und es geht wieder. Von dem, was kurz vorher geschah, weiß Vater nichts mehr, während wir noch leiden. Manchmal aber geht es von vorne los und in bisher seltenen Fällen bereits vormittags. Und immer hält er beim Garderobenspiegel an und „berät“ sich mit seinem Spiegelbild, das natürlich mürrisch oder weinerlich aussieht wie er selber und damit zur Eskalation beiträgt. Ich verhängte den Spiegel. Vater nahm das Tuch beiseite und das seltsame Gespräch ging weiter. Immerhin keine schlechte kognitive Leistung in seinem Zustand noch irgendwie zu wissen, was ein Tuch oder Vorhang ist.

                                          Aber auch in besserer Laune halluziniert Vater fast wie ein alter Drogenfreak. Da gehen Straßen durch die Küche, auf denen Autos fahren. Einmal sah er sogar Flugzeuge – klar, er hatte ganz früher damit zu tun. Da sitzen Leute im Mikrowellengerät. Da wird mit Sprudelflaschen ein Gespräch geführt, usw. Dann trägt er irgendwelchen Abfall in der Hand mit sich herum und zeigt ihn uns – die Hand ist leer. Sein Taschentuch wird uns angeboten wie etwas Besonderes. Und dann langes Glattstreichen der Tischdecke. Einmal hatte er bis 22h40 seine Bettdecke glattgestrichen und konnte nur mit großer Mühe ins Bett gebracht werden. Ein andermal hatte er bis 04h00 morgens mit seinen Schuhen zu tun. Löst tatsächlich noch die vielen Knoten, zieht die Schuhe aus, um sie dann gleich wieder anzuziehen und erneut zu verknoten, usw. – eine Art Endlosschleife wie bei einem defekten Computerprogramm – nur das uns die Methode für einen Neustart fehlt und leider dann auch der Schlaf. Kein Rankommen. Das Zubettbringen wird schließlich v.a. für Mutter zur Tortur, so dass sie sich endlich (!) entschließt, Hilfe vom Pflegedienst anzunehmen. Die Teamleiterin dieser sog. Sozialstation erscheint zu einem Einführungsgespräch. Ich kenne sie schon, weil ich im Februar bei ihr vorstellig war. Eine kompetente Frau, die sehr gut einem Laien erklären kann, was Demenz ist. Dabei benutzt sei geschickt Metaphern wie Schränke mit vielen Schubladen, die sich immer unregelmäßiger und seltener öffnen. Sie ist auch fair uns bringt sogar das Gespräch auf die Heimunterbringung, die notwendig wird, damit nicht der pflegende Partner noch vor dem Demenzkranken zugrunde geht. Am Folgetag beginnt die Pflege. Das fremde Gesicht scheint Vater nicht zu interessieren. Mit Mühe gelingt es, ihn ins Bett zu bringen. Er bleibt sogar liegen und bis auf den nächtlichen obligatorischen Toilettengang, den Mutter begleitet, bleibt alles ruhig. Am nächsten Tag aber steht er nach dem Zubwettbringen wieder auf. Gegen 23h00 gelingt es diesmal mir, ihn ins Bett zu bringen. Wegen der Unruhe empfahl die Teamleiterin Melperon, ein sog. niederpotentes Neuroleptikum mit herausragender sedierender und weniger antipsychotischer Wirkung. Nachdem ich mich durch Anruf beim Pharmamunternehmen über etwaige Lebensmittelausschlüsse (nicht mit Kaffee, Tee oder Milch nehmen) näher informiert hatte (die Packungsbeilage sagte nichts über schwarzen Tee sondern nur über Tee) und ein promovierter Experte mir was von Phytaten, usw. zu erklären versuchte, gab ich als Anfangsdosis gegen 20h00 fünf Milliliter dieser fruchtig-bitteren Lösung in Wasser mit Traubenzucker. Die Wirkung war gleich Null. Am nächsten Abend 10 ml – wieder nichts. Schließlich am Folgeabend 15 ml (darüber wollte ich nicht mehr gehen ohne Rücksprache mit dem Arzt, der das Medikament verschrieben hatte). Und dann geschah etwas, was man wohl treffend als Wirkungsparadox bezeichnen kann. Vater war agitierter als zuvor, wehrte sich gegen das Entkleiden und schubste Mutter, die der Pflegerin assistierte, auf dem Weg zum Bad, so dass Mutter fiel und sich an einem Stuhl ein Hämatom über ihr rechtes Auge zuzog. Die relativ junge Pflegerin wusste ebenso wie wir nicht weiter und rief ihre Teamleiterin an, die dann auch bald erschien. Den Notarzt haben wir nicht benötigt, trotz meines Drängens wegen der Gefahr eines evtl. SHT (subdurale Blutungen könnten entstehen). Da Mutter ohnehin am nächsten Werktag wegen ihrer Füße zum Chirurgen musste, wurde dann auch das Hämatom und der Schädel untersucht (geröntgt, usw.). Ein SHT konnte zum Glück ausgeschlossen werden. Das war aber dann doch der Punkt, der Mutter ernsthaft über eine Dauerunterbringung Vaters in ein Pflegeheim nachdenken ließ. Wir waren also buchstäblich am Punkt der „Pflege bis zum Umfallen“ angelangt. In den Folgetagen machte der Arzt bei uns einen Hausbesuch, um sich Vater anzusehen. Es ergab sich dabei eine interessante Diskussion. Wir sprachen über Diazepine, Antidepressiva und Leponex. Diazepine lehnt der Arzt wegen großer Sturzgefahren bei dementen älteren Patienten ab, Antdepressiva haben i.d.R. einen zu langen Vorlauf und sind z.Z. wegen unserer akuten Situation nicht sinnvoll und Leponex würde sehr häufige Blutuntersuchungen nach sich ziehen. Der Arzt ließ aber dann doch seine lang gehegten Bedenken zu Psychopharmaka fallen und verordnete Risperidon. Er hatte zuvor auch den Pflegebericht gelesen. Das von mir im Vorfeld ausgesuchte Heim für Vater kennt er auch und hat einen guten Eindruck davon, weil man dort demenzgerecht gebaut habe mit langen Fluren, einem kleinen Park mit Rundlauf und fingierter Bushaltestelle, Snoezelen-Behandlung, usw.

                                          Mittlerweile wurde von der KK rückwirkend ab Mai die Pflegestufe 1 anerkannt. Sie ist bereits überholt und der Arzt hat sogleich ein Gutachten verfasst, das mindestens Stufe 2 vorsieht. Laut KK sollen wir das Gutachten mit der formlosen Bitte um Höherstufung an die KK schicken. Bedauerlicherweise wurde das Gutachten durch eine Verwaltungspanne beim Arzt an meine Adresse gesendet von wo ich es heute zu Mutter schickte.

                                          Somit stehen wir also ausgerechnet zur Weihnachtszeit kurz vor der Heimunterbringung. Aber es ist ja auch möglich, Vater für ein paar Tage aus dem Heim zu nehmen. Der von mir geprüfte (Muster)Vertrag ist m.E. in Ordnung (ich habe früher teure Angebote von Softwarehäusern geprüft und kenne mich da ein wenig aus) und erlaubt im worst case auch einen moderaten Ausstieg ohne unzumutbare Kündigungszeiten. Die Preisaussagen waren im Mustervertrag allerdings noch zu dürftig – da muss ich dann im Original noch mal nachschauen. Die ärztlichen Bescheinigungen sind fertig, der Aufnahmeantrag ist bis auf zwei kleine Einträge unterschriftsreif. Ich hoffe nur, dass Mutter keinen Rückzieher macht. Spätestens am 18.11.09 bin ich wieder bei den Eltern und versuche das alles endgültig zu regeln. „It`s getting to the point of no return.” Oder Break-Even-Point überschritten – wie man auch sagt.

                                          Ich selber kam diesmal etwas mehr lädiert zurück als sonst. Zu wenig Schlaf, die Zahngeschichten, die Aufregungen um Vater, der neu hinzugezogenen Pflegedienst, usw. haben an meinen Kräften etwas gezehrt. Immerhin konnte ich Mutter den ganzen bürokratischen Kram abnehmen, die ganzen Laufereien und natürlich auch einen Teil des Einkaufs, des Haushaltes und der Beschäftigung mit Vater, damit Mutter mal wieder zum Frisör, usw. gehen konnte. Nur Tropfen auf dem heißen Stein – aber besser als nichts.

                                          Auch hier könnte ich noch viel schreiben – aber es möge genug sein für diesmal.

                                          Übrigens: Mundharmonika spielt Vater immer noch gut. Leider hat er trotz Lob nur selten Lust dazu. Vielleicht nimmt ihn das Risperidon mit den Wahnideen ja auch Ängste und Frustrationen, so dass dies anders wird. Aber mit diesem Medikament stehen wir auch erst am Anfang. Aber eigentlich ist er schon ein ganz andere Persönlichkeit. Immer seltener blitzt noch der alte vertraute Mensch auf – es ist ein Abschied. Good bye, good old Daddy – and welcome dear beloved and behated Mr. Nowhere Man.

                                          Egon-Martin

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                                          • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                            Hi Bongo,

                                            schau mal hier:

                                            http://forum2.onmeda.de/read.html?26...90#msg-1757290

                                            LG
                                            EM

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                                            • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                              Lieber Egon,
                                              ich habe dir eine PR geschickt!
                                              Gruß Leona

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                                              • WICHTIGE INFORMATIONEN


                                                Auch in "meinem" Thread dieser wichtige Hinweis:

                                                http://forum2.onmeda.de/read.html?26...18#msg-1639618

                                                http://forum2.onmeda.de/read.html?26...46#msg-1640446

                                                Bitte lesen! Danke!

                                                LG
                                                Egon-Martin

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                                                • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                                  Um hier beispielsweise auch das zu dokumentieren:

                                                  Gegen 22h00 erhielt ich einen Anruf meiner Mutter. Sie war verzweifelt und machte endlich einmal Gebrauch von einem späten Anruf bei mir.

                                                  Vater kam mit Hilfe des Pflegdienstes gut zu Bett. Scherzte sogar noch mit der Schwester. Nach einer kurzen Zeit - die Schwester war schon gegangen - stand er wieder auf, fing an unbeholfen an seinem und Mutters Bett zu kramen, wollte sich anziehen und redete dabei unverständliches Zeuges. Er war nicht ins Bett zurück zu bekommen, wie mir meine Mutter verzweifelt erzählte. Dabei seien die letzten Tage einigermaßen gut verlaufen in Sachen Schlafengehen.

                                                  Ich erkundige mich nach Aggressionen und Schäden. Solche hatte es nicht gegeben (das Risperiodon scheint hier zu schützen). Dann kam Vater - wie mir Mutter mitteilte - in Unterhose die Treppe herunter. Es gelang Mutter, Vater ans Telefon zu bekommen - sie hält ihm manchmal auch nur den Hörer hin, weil er Anweisungen oft nicht mehr zu verstehen scheint. Aus Vaters Reden kann ich nicht schlau werden. Irgendwas mit "Vorstand", usw. Ich bemühe mich ruhig auf ihn einzureden, versichere ihm, dass alles in Ordnung sei und ich in drei Tagen bei ihnen sie (ich fahre tatsächlich kommenden Mittwoch wieder hin). Er könne ud möge bitte beruhigt zu Bett gehen - schön langsam die Treppe hinaus, usw.

                                                  Ich merke Mutter eine Enttäuschung an. Offensichtlich hatte sie sich von dem Risperidon mehr versprochen und den Gedanken an das Heim schon wieder fallengelassen. Empfehle die regionale Pflegenotrufnummer, die ich ihr besorgt hatte, notfalls anzurufen sowie Vater leicht den Rücken streichelnd zu massieren - kann z.Z. mehr nicht machen, als noch eine Weile zu wachen. Sie soll mich wieder anrufen, wenn es zu einer endlosen Nacht werden sollte (solche hatten wir bereits, wenn auch selten - das scheint jetzt zuzunehmen - diese bekannte Tag-Nacht-Umkehr).

                                                  Gruß
                                                  Egon-Martin

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                                                  • Re: Mein alter Herr Eberhard - Folgethread


                                                    Lieber EgonMartin,ich kann das Geschilderte so sehr nachempfinden,mein Mann macht schon wochenlang die Nacht zum Tag.Er wandert bis zu 7 Std. umher! Zwischenzeitlich bekomme ich ihn ins Bett,bin selbst noch nicht wieder in meinem Bett,steht er schon wieder auf.Ich bin nun schon soweit,dass ich dabei etwas schlafe.Schrecke natürlich ständig auf ,weil ich Angst habe,dass etwas passiert.Ich muß immer ganz vorsichtig mit ihm umgehen,sonst reagiert er aggressiv.Ich könnte manchmal explodieren!! LG Kondor

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