Ihr kennt doch sicherlich den Mutter- und Omaspruch: "ich hab Euch alle gleich lieb" wenns darum geht, wer von den Kindern/Enkeln das Lieblingskind ist.
Früher habe ich das noch geglaubt, aber seit ich selber zwei Kinder habe, stelle ich fest, dass das gar nicht möglich ist. Ich habe die beiden überhaupt nicht gleich lieb sondern sehr unterschiedlich.
Meine Tochter genießt mein vollstes Vertrauen, meinen höchsten Respekt (weil sie extrem vernünftig und zuverlässig ist) und kann sozusagen machen was sie will, weil sie sich automatisch innerhalb bestimmter Grenzen bewegt. Mein Sohn ist nur ein Jahr jünger, aber von der Reife her etwa 5 Jahre hinterher. Ihn muss man ständig kontrollieren, erinnern (er ist die Vergesslichkeit in Person), zurechtweisen (kleiner Großkotz, der sich manchmal nicht bewusst ist, dass er nicht mit seinen Kumpels sondern mit der Mutter spricht), seine Aussagen kann man nicht einfach so glauben (er schwindelt/lügt gerne mal) u.s.w.. Aber dafür ist er derjenige, der ständig schmusen kommt, der anhänglicher ist.
So ist mein Verhalten gegenüber den beiden Kindern natürlich auch völlig unterschiedlich: meine Tochter bekommt fast nie einen Anschiss, mein Sohn sozusagen arbeitstäglich. (Was nicht unbedingt böse gemeint ist, aber da kann er nicht unterscheiden).
Aber meine Tochter hilft mehr mit und wird mehr zur Mithilfe rangezogen (was Einkaufen oder Kochen oder Saubermachen angeht) und mein Sohn ist da etwas außen vor (was ER natürlich ganz anders sieht...).
Mein Sohn kommt sich ständig benachteiligt vor. Er sieht nur, was ER tut (wenn er mal Müll runterbringt, hält er mir das drei Tage vor, dass aber die Schwester inzwischen auch Müll runtergebracht hat und dazu einmal einkaufen war, sieht er nicht), sieht nur den Anschiss, den ER bekommt ("immer nur ich!" <rummaul>), nicht aber, dass die Schwester 'diesen' Anschiß gar nie bekommen kann, weil sie 'diesen' Fehler nie machen würde.
Wenn wir zusammensitzen, ist aber immer ER derjenige, der an mir lehnt, seinen Kopf in meinem Schoß hat oder sonstwie an mir klebt. Meine Tochter hat diese Position schon lange ihm überlassen - er hat sie schon als Kleinkind immer verjagt. Sie genießt dafür die Minuten, die ich abends an ihrem Bett sitze, bevor sie schlafen geht.
Würde man nun meinen Sohn fragen, würde er sagen: "Mamas Lieblingskind ist meine Schwester".
Ist aber gar nicht so. Wenn ich meinen Sohn angucke, ist er mein Klon - genauso war ich als Kind auch. Meine Tochter ist völlig anders. Und ich habe beide auf ganz unterschiedliche Weise lieb...
Klar, mal ist man auf den einen sauer, mal hat der andere bessere Karten...aber das hat ja mit der "Grundstimmung" nix zu tun.
Ich weiß nicht, bin ich da anders als andere Mütter?
Bin ich gerecht?
Werden meine Kinder (bzw. mein Sohn) mir mit 35 sagen: Du warst als Mutter scheiße! ?
Schon ganz zu Anfang war es so, dass ich nicht verstehen konnte, was die Frauen meinen, wenn sie sagen: MEIN Kind erkenne ich sofort (im Krankenhaus, nach der Entbindung. Also ICH musste meine Kinder erst mal kennenlernen. Wenn die kein Schildchen um den Arm gehabt hätten, ich glaube, man hätte mir erst mal jedes Kind unterschieben können...). Oder die angeblich angeborene Mutterliebe - also ICH habe mich mit den kleinen Pimpfen erst mal vertraut machen müssen und erst mal realisieren müssen, dass diese Wesen ein Stückchen von mir sind. Die Liebe kam erst nach und nach, als das Wundern vorbei war.
Wie geht Euch das?
Könnt Ihr allen Euren Kindern gegenüber ein gleich gutes Gewissen haben?
Freu mich über rege Diskussionen!
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