Ich (36) bin mit meiner Frau (35) seit 10 Jahren ein Paar, seit zwei Jahren sind wir verheiratet. Kennen tun wir uns bereits fast 17 Jahre. Wir haben zwei Kinder (Mädchen, 3 und 7). Wir sind ein super Team, wir sind gute Eltern, wir haben viel miteinander erlebt und durchgemacht. Unsere Beziehung beruhte von Anfang an auf einem Gefühl des "Nach-Hause-Kommens", auf Verantwortung und Zuneigung. Das soll nicht heißen, dass ich meine Frau nicht attraktiv finde, ich sage ihr das immer wieder mit Worten und Blicken, mit Gesten und Berührungen, mache ihr Komplimente, will ihr nahe sein. Unser Sexleben ist jedoch übersichtlich, das war es jedoch schon immer und sie hat mir immer wieder gesagt, dass ihr Sex nicht viel bedeutet. Ich hätte gern mehr und besseren Sex, mir ist der große, wirklich tolle Teil unserer Beziehung aber so wichtig, dass ich mich damit arrangiert habe und ehrlich glücklich bin.
Wir sind beide berufstätig, nach dem zweiten Kind hat meine Frau ihre Arbeitszeit etwas verkürzt (32,5 Stunden), ich selbst arbeite voll, jedoch eher nine-to-five. Es war mir immer wichtig, viel Zeit für meine Familie zu haben - meine Karriere habe ich nur langsam vorangetrieben. Im Februar 2012 hat meine Frau den Job gewechselt, sie war vorher immer recht schnell unglücklich auf Ihren Positionen, nun hatte sie endlich etwas gefunden, was ihr Spaß macht und wo auch das Umfeld stimmt (IT).
In diesem neuen Job hat sie offensichtlich jemanden gefunden, der alles, wofür unsere Liebe stand, verändert hat. Vor etwa drei Wochen hatte sie eine abendliche Firmenveranstaltung, von der sie erst sehr spät heimgekommen ist und über Stunden vorher nicht auf meine Nachrichten reagiert hat. Das ist deshalb so bemerkenswert, weil wir sonst immer zu Hause auf denjenigen gewartet haben, der unterwegs war und wir uns immer beieinander gemeldet haben, wenn es etwas später wurde. Ich wurde misstrauisch und habe gefragt, was denn losgewesen sei, sie war sehr schwammig und hat im Prinzip nicht geantwortet. Von dem Tag an ging es steil bergab. Sie hat sich extrem neutral mir gegenüber verhalten, keine Nähe und keine Zärtlichkeiten mehr zugelassen. Dann sind wir gemeinsam in den Urlaub gefahren (meine Schwiegereltern hatten für einige Tage beide Kinder bei sich, ich hatte mich so auf die Zeit mit meiner Liebsten allein gefreut) - eine Kulturreise in verschiedene deutsche Städte. Wir haben die ganze Woche kaum miteinander geredet, uns auch kaum (wie sonst immer) an den Händen gehalten. Ich habe immer mal wieder gefragt, was mit ihr los sei, jedoch nur ausweichende Antworten erhalten. Stattdessen hat sie gefühlt im Drei-Minuten-Takt auf ihr Handy geschaut und permanent Nachrichten verschickt. Ich wurde noch misstrauischer. Wir haben dann intensiv miteinander geredet und dabei hat sie mir dann gestanden, dass es jemanden gibt, der sie berührt, mit dem sie einen tollen (schriftlichen) Austausch hat und mit dem sie über Themen redet, über die sie mit mir nicht reden konnte. Sie sagte auch, dass sie Kribbeln im Bauch hat, wenn sie mit ihm kommuniziert. Plötzlich hört sie andere (seine?) Musik, kleidet sich tlw. anders. Meinte, dass sie mit mir nicht über ihre Träume und Pläne reden könne und dass sie das Gefühl habe, nur noch zu funktionieren.
Ich war davon absolut überfahren. Wir haben dann intensiv miteinander geredet, mag sein, dass ich zunächst vorwurfsvoll war und sehr rational argumentiert habe. Ich habe ihr gesagt, dass ich Angst davor habe, dass sie für eine Schwärmerei unsere Liebe aufs Spiel setzt, habe ihr aber auch gesagt, dass ich verstehen kann, wenn sie sich von jemandem intellektuelle Impulse holt, ich aber nicht will, dass dies eine beziehungsgefährdende Eigendynamik bekommt. Ich habe auch sofort angeboten, dass wir uns professionelle externe Hilfe holen können - wollte sie nicht. Sie hat darauf bestanden, den Kontakt zu dem anderen aufrecht zu erhalten, ich habe sie gebeten zu bedenken, dass es dabei Grenzen gibt, die nicht überschritten werden sollten. Sie sagte, dass sie Zeit brauche, um sich klar zu werden, was sie will. Meinte auch, dass sie viele Entscheidungen in ihrem Leben deshalb getroffen hat, weil sie meinte, dass andere (z.B. Eltern) es von ihr erwarteten. Konkret bezog sie dies auf unsere Kinder. Eine Trennung stünde überhaupt nicht zur Debatte. Ich sei immer noch ihr Zuhause.
Ein paar Tage später (vergangenen Donnerstag) stand wieder eine Abendveranstaltung bei ihr an, ich wusste, ER würde auch da sein. Wir haben uns an dem Tag einen Babysitter genommen und sind gemeinsam in eine Ausstellung gegangen, hinterher sind wir noch eine Stunde spazieren gegangen, haben viel darüber geredet, was wir im Leben schön finden, wo wir gern wohnen wollen würden usw. Dann habe ich sie am Veranstaltungsort abgesetzt. Und sie hat - fast mit Ansage - die Grenze überschritten. Wieder kam sie erst gegen drei Uhr heim, hatte sich nicht zwischendurch gemeldet, wie wir es verabredet hatten. Ging sofort duschen und verschwand im Bett. Ich habe sie noch gefragt, ob irgendetwas passiert wäre, weshalb ich mir Sorgen machen müsste, dies hat sie zögerlich verneint - aber in ihren Augen habe ich die Wahrheit gelesen. Am nächsten Tag habe ich sie damit konfrontiert und sie hat die Grenzüberschreitung zugegeben (natürlich nicht, was genau passiert ist). Ich habe sie gefragt, wie sie sich das denn vorstellt, was denn nun passieren soll. Sie sagte, sie weiß es doch auch nicht, und ihr mache diese Situation auch keinen Spaß, sie kalkuliere da nichts. In diesem Gespräch kam auch erstmals zur Sprache, dass sie die körperliche Komponente doch vermisst, das Einschlafen Arm in Arm, Ankuscheln. Ich war sehr erstaunt und meinte, dass ich das schon seit Jahren sage und sie das immer abgeblockt hat. Die Antwort war, dass ich bei ihr dahingehend eben keinen Reiz mehr habe, der andere schon.
Ich denke, ich habe (auch dank dieses Forums) relativ schnell verstanden, dass ich bei emotionalen Problemen mit rationalen Argumenten nicht weiterkomme. Ich habe ihr gesagt, dass sie sich die Zeit nehmen soll, die sie braucht. Dass ich, wenn sie reden will, für sie da bin. Dass wir uns jederzeit für eine Eheberatung anmelden können. Und dass ich versuchen werde, weiter ihr Mann zu sein und Familienvater für unsere Kinder. Ich werde mich nicht verbiegen, um ihr zu gefallen, möchte weiter mit ihr sprechen. Ich denke, es wird sehr schwer für mich, sie loszulassen, ich möchte es aber probieren, weil ich mir mittlerweile sicher bin, sie mit Klammern, Vorwürfen, Klagen und Betteln nicht halten zu können.
Dennoch stellen sich für mich ein paar Fragen:
- Wie schaffen wir es, unsere Kinder aus unserer Krise herauszuhalten?
- Wie belastbar ist mein Stolz und mein Selbstwertgefühl?
- Kann und sollte ich weitere Grenzüberschreitungen akzeptieren?
- Sollte ich an dem Thema "Paartherapie" dranbleiben oder reicht es, dass ich ihr das jetzt schon zwei Mal deutlich angeboten habe?
- Weiter über die Beziehung reden oder wirklich abwarten, bis sie eine Entscheidung getroffen hat?
- Würdet ihr Freunde und Familie über die Krise informieren oder besser Theater spielen?
Ich fühle mich so ohnmächtig. Ich will meine große Liebe (kein Spruch) nicht verlieren. Ich möchte eine tolle Familie für meine Kinder bewahren. Wäre für einen Blick von außen dankbar. Gern auch von Elektraa - weil von dort Statements kommen, die zunächst vor den Kopf stoßen, auf den zweiten Blick aber sehr hilfreich sind.
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