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Pflegeheime und Demenz - Erfahrungen

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  • Re: Pflegeheime und Demenz - Erfahrungen


    Meine Mutter ist nun seit 3 Jahren in einem Pflegeheim einer karitativen Einrichtung. Die Entscheidung war damals unter jeder Menge Vorurteilen und enormem Zeitdruck zustande gekommen. Bloß nichts Städtisches, die haben kein Geld, bloß nichts Privates, die wollen nur verdienen.

    Heute bin ich schlauer (zahlt sowieso alles der Steuerzahler) und ärgere mich täglich darüber, dass man in „ärmeren Zeiten“ unseres Landes (vor ca. 15 Jahren) 6 Pflegekräfte für 30 Bewohner bezahlen konnte und heute nur 2,5.

    Die Wahl ist schwierig. Ich glaube, es waren 8-10 Heime, die wir uns angesehen haben. Letztendlich spielte bei der Entscheidung nur Ihr eigenes "Temperament" eine Rolle.

    • Kann unsere Mutter dort die Dinge tun, die sie tut.
    • Kann sie ungehindert laufen
    • Kann sie sich zurückziehen
    • Kann sie Schubladen und Schränke aus- und einräumen, ohne dass das jemanden stört
    • Wie eingeschränkt sind ihre Mitbewohner (reden die z.B. dauernd auf sie ein oder zerren an ihr herum, weil sie irgendetwas tun soll)
    • Wo und wie werden die Mahlzeiten eingenommen (ohne weite Wege in riesige Essräume, ohne dass ihre Einschränkungen jemanden stören, der dann vielleicht „schimpft“)
    • Welchen Eindruck machen die Pflegekräfte (genervt, übermüdet) und so weiter
    • Welchen Eindruck machen die bettlägerigen Schwerstpflegefälle
    • Wenn es im gleichen Stadtteil ist, kennt jemand jemanden, der dort wohnt und wie sind deren Eindrücke
    • Gut und lange überlegen, denn ein späterer Umzug ist einem Demenzkranken nur bedingt zuzumuten
    • Früh anfangen, sich was anzusehen, wenn die Eltern älter werden, nicht erst, wenn die Entscheidung zu treffen ist
    • Zu unterschiedlichen Tageszeiten vorbeischauen
    • Eine Eingewöhnungszeit von bis zu einem halben Jahr einkalkulieren

    Es geht eigentlich nur darum, ob derjenige fast genauso weiterleben kann, wie er es gewohnt war. Die Äußerlichkeiten, Lage, Bausubstanz, Inneneinrichtung, selbst die vielgelobte MDK-Bewertung spielen eine untergeordnete Rolle. Das Wohlbefinden steht und fällt mit dem Personal. Da helfen auch professionelle Fragebögen nicht, die man abhakt.

    Es sind immer noch viele Dinge nicht so, wie ich es mir wünschen würde. Aber es gibt bei allem Stress und Druck, dem die Angestellten unterliegen, immer noch engagierte und liebevolle PflegerInnen. Außer, dass meine Mutter schwächer wird, ist ihr Zustand so gut wie unverändert. Sie freut sich, wenn sie die ihr bekannten Gesichter sieht und das ist immer das Personal, selten ein Mitbewohner (denn die sind ja "krank" ;-)).

    Beste Grüße
    Marge

    __________________________________________________ _____________________________________________
    Mein Steckbrief (Jan 2013): Mutter (85) wurde betreut von Ehemann (85) und mir (Tochter 57), vollzeitberufstätig. Erste Hirnleistungsstörungen diagnostiziert in 1994. Im März 09 als "mittelschwere" Altersdemenz eingestuft. Medikamente in 2009: 1 x wöchentlich Imap-Spritze, morgens und abends eine Piracetam Tablette. Seit Jan 10: Axura 5 mg morgens. Mit Axura deutliche Verbesserung in Wahrnehmung und Wortfindung. Wir werden wieder mit unseren richtigen Namen angesprochen, auch wenn sie nicht weiß, wer wir sind. Sie formuliert ab und zu wieder ganze Sätze, wenn auch kurze. Seit März 10 wieder mehr Stimmungsschwankungen, Weinen, Angst. Es kommen Rückenschmerzen und dadurch eingeschränkte Beweglichkeit hinzu. Ab 23.03. Fentanyl-Pflaster. Am 28.03. 10 Tage Krankenhaus wegen starker Durchfälle. Ab 06.04. auf mehrmaliges Anraten des Neurologen auf die geronto-psych. Abtlg. Dort bekommt sie Solian. Am 20.04.2010 Umzug in ein Seniorenheim. Weiterhin nur Solian (1/2 morgens und abends), nachts Pipamperonsaft (3 ml), sonst keine Medikamente.

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    • Re: Pflegeheime und Demenz - Erfahrungen


      Thema MDK
      In unserer WG haben wir mit dem MDK eigentlich nur positive Erfahrungen gemacht. Da jetzt mit der Reform auch selbständige Gutachter von Pflegekassen zugelassen sind, sieht die Welt auch wieder etwas anders aus. Persönliche Erfahrung und das in der letzten Begutachtung erzielte Ergebnis lassen einiges ahnen: Nach dem Motto "wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing" werden die Begutachtungen entsprechend ausfallen. Der MDK wurde ja von der Kasse abgewählt, um Kosten einzusparen.

      Aber nicht immer muss der MDK schuld sein - folgender Vorfall:
      In unsere Haus- und Wohngemeinschaft "schlich in körperlicher Deckung eines hier tätigen Pflegedienstes" eine Inhaberin eines ambulanten Pflegedienstes. 2 STunden später stellte sich heraus, dass dieser "neue" Pflegedienst einen angeblichen Auftrag von einer Mieterin hier hatte; diese und ihre Angehörigen wußten aber nichts davon.
      Es wurde zunächst Hausverbot erteilt, weil das Geschäftsgebaren dieses Pflegedienstes mir bekannt war.
      Ergebnis: Beschwerde der Inhaberin bei der Krankenkasse und der Heimaufsicht wegen "massiver Behinderung Ihres Auftrags".

      Dieser Pflegedienst hatte im Fenster in DIN A3 die Bewertung des MDK mit der Note 1 hängen.

      Der Heimaufsicht wurde der gesamte Sachverhalt dargestellt. Zwischenzeitlich (habe ich erst später erfahren) wurde von dem Fuhrpark von 12 Kfz sämtliche Reifen zweimal hintereinander zerstochen.

      Kurze Zeit später "enterte" ein Rollkommando von zwei Ärzten, Staatsanwaltschaft und MDK die Geschäftsräume dieses ambulanten Dienstes.
      Ergebnis: Essen auf Räder mußte sofort eingestellt werden und die Behandlungspflege wurde untersagt (im wesentliche die Wundversorgung und lukrative Tablettengabe). Eine der örtlich größten Krankenkassen hat inzwischen die Abrechnung mit diesem Pflegedienst eingestellt. Die betreuten Patienten dieser Krankenkassen mußten den Pflegedienst wechseln. Sicherlich gut, wer glaubt schon, dass eine abgeworbene Obstverkäuferin eine fachlich versierte Pflegekraft ist?

      Quintessenz: Also die Note 1 entbindet keinesfalls davor, mal hinter die Kulissen zu sehen und auch mal Referenzen "abzuklopfen". Wer täuschen will, wird dies auch zunächst unerkannt tun können. Etwas mehr Wettbewerb und ein deutliches Mehr an "sich wehren", wäre wünschenswert.

      Wir haben in unserer WG einen ambulanten Pflegedienst, der dem karitativen Bereich zuzuordnen ist. Die Angehörigen sind damit überhaupt nicht zufrieden. Es herrscht Kapitalismus in Reinstkultur. Der hier tätige private Pflegedienst wird sachlich und menschlich als kompetent beurteilt.
      Der Unterschied beginnt schon in der Vergütung der Mitarbeiter -
      der private zahlt Stundenlöhne und der große Bruder rechnet per Zeitvorgaben der Abrechnungs-Module ab. Also die Fahrzeit von Patient zu Patient ist schon Privatvergnügen.

      Das Thema Heim ist und wird ein Dauerbrenner werden. Ein Heim wird wird nie ein "Zuhause"-Gefühl vermitteln können.

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      • Re: Pflegeheime und Demenz - Erfahrungen


        Ich beobachte seit langer Zeit die Diskussionen in der Öffentlichkeit um die Situation in Pflegeheimen. Wie soll denn in Zukunft bezahlbare Pflege aussehen, besonders Pflege der an Demenz erkrankten Mitmenschen?

        Pflegeheime werden immer mehr und Personal immer weniger. Pflege wird immer teurer, aber Pflegekräfte verdienen nicht mehr. So kommt es, tatsächlich, wie oben beschrieben, dass 2,5 Pfleger 30 Bewohner versoren müssen. Können 30 weglaufgefährdete, teilweise stark verwirrte Demenzkranke, menschenwürdig von 2,5 Leuten betreut werden? Die Verantwortung liegt nicht nur in den Heimen.

        Löchrige Gesetzgebung begünstigt die immer dünner werdende Decke über dem Bett der Altenpflege in Deutschland. Auf der einen Seite wollen Heimbetreiber Profit machen und auf der anderen Seite stehen die bedingungen der Kranken- und Pflegekassen. Dazwischen bleiben die Pflegebedürftigen und die Pflegekräfte hängen.

        Doch es gibt immer wieder Licht im Dschunge, wie marge09 schreibt. Nach langer Suche findet man auch eine gute Unterkunft für Demenzpatienten. Die oben aufgezählten Auswahlfaktoren sind wirklich sehr hilfreich. Besonders bemerkenswert finde ich den Punkt "Welchen Eindruck machen die Pflegekräfte".

        Ein gutes Team macht gute Pflege. Ich gehöre selbst zu einem solchen Team. Überzeugen Sie sich selbst. Meine Buchempfehlung dazu: "Rundweg im Herbst des Lebens". Kurzgeschichten über Demenzkranke im Pflegeheim.

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        • Re: Pflegeheime und Demenz - Erfahrungen


          Liebe Leona,

          ich musste ein wenig über Ihren Vorschlag nachdenken. Bei aller Erträglichkeit im Heim meiner Mutter und meiner Akzeptanz dieser Situation, würde ich mich doch nicht dazu hinreissen lassen, eine öffentliche Empfehlung auszusprechen. Die Nachteile müsste ich dann auch aufzählen und ich hätte Angst, "erkannt zu werden" und vom Heim angesprochen zu werden.

          Es ist traurig, aber ich kann da nicht über meinen Schatten springen. Außerdem ist das ja auch immer so ein ganz persönlicher Eindruck. Und vielleicht hab ich die 5 Dekubitus bei Bewohnern in anderen Etagen nur nicht mitgekriegt und vielleicht erzählt mir das Personal auch nicht alles, was so passiert.

          Vielleicht anonym an eine Vertrauensperson - aber nicht hier.

          Liebe Grüße, Marge

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