ich melde mich hier bezüglich eines Themas welches mir wirklich zu denken gibt - entschuldigt bitte vorab, dass ich so aushole, aber ich denke, eine umfangreiche Schilderung ist besser als eine unzureichende.
Zu mir: Ich bin männlich, 28 und würde mich als sehr reifen & selbstständigen, aber vor allem kritischen Menschen bezeichnen. Ich bin das Jüngste von drei Kindern, mein Vater war Alleinverdiener & meine Mutter früh kinderbedingt (bzw. später krankheitsbedingt) immer zu Hause, insofern war's in meinen Zeiten zu Hause finanziell nicht immer einfach - jedoch hatten wir immer ein gutes, gesundes Familienverhältnis. Ich musste mir meine Wünsche stets selbst erarbeiten, habe insofern bereits sehr früh nebst Schule begonnen, mir irgendwie Geld zu erarbeiten. Nach Abschluss des Abiturs und anschließendem Zivildienst, bin ich direkt in die Arbeitswelt eingestiegen (wodurch ich ab diesem Zeitpunkt auch daheim Miete zahlen musste). Ich wollte ursprünglich studieren, jedoch wurde ich an der entsprechenden Fachhochschule im ersten Anlauf nicht aufgenommen - insofern wollte ich das darauffolgende Jahr arbeiten, anstatt "irgendwas zu studieren", so wie's viele tun. Jedenfalls haben sich meine Interessen in diesem Jahr stark verlagert und ich bin in der Arbeitswelt geblieben - heute als Teilzeitangestellter der nebenbei selbstständig ist. Ich erwähne diese finanziellen Punkte explizit, da mir Unabhängigkeit - vor allem aber finanzielle Unabhängigkeit - extrem wichtig sind. Ich kann nicht mir mir selbst vereinbaren, von jemanden abhängig zu sein da dies in mir ein Gefühl der Schwäche bzw. des Versagens hervorruft, insofern bin ich von angebotener Hilfe meistens abgeneigt, da ich Dinge schlichtweg selbst schaffen möchte.
Meine Situation: Ich bin nun seit knapp drei Jahren mit meiner Freundin zusammen. Wir kommen ursprünglich aus derselben Gegend, jedoch hat sie anfangs in einer anderen Stadt gewohnt, während ich das erste Jahr noch bei meinen Eltern zu Hause bzw. Großteils bei ihr in der WG verbracht habe. Ich war zu diesem Zeitpunkt komplett selbstständig (bzw. habe mir nach 6-jähriger Anstellung ein "Off-Year" genommen), sprich ich war in Sachen Wohnort und zeitlicher Einteilung sehr flexibel. Da ihre Eltern gerade ein neues Haus bauten, sind wir nach einem Jahr wieder zurück in die Heimat gezogen und wohnen seitdem in ursprünglichen Elternhaus, welche sich am selben Grundstück befindet.
Zu meiner Freundin & ihrer Situation: Meine Freundin ist 25, hat einen ein Jahr älteren Bruder und wuchs unter sehr behüteten Bedingungen auf, jedoch in einer schwierigen, familären Situation. Ihr Vater ist Geschäftsführer einer bekannteren Firma - so waren finanzielle Sorgen nie ein wirkliches Thema, jedoch erfüllt er das bekannte Klischee, dass man "ein ********* sein muss um in diese Position zu kommen". Um's kurz zu fassen: er hat's Geld zwar immer nach Hause getragen, war aber kaum für die Familie da. Vor einigen Jahren hat er seine Frau "erstmals" betrogen ("erstmals" ... wie oft davor weiß nur er), vor zwei Jahren dann zum zweiten Mal. Er ist narzisstisch veranlagt, wurde früher öfters handgreiflich wenn etwas nicht seiner Vorstellung entsprach ... das Klischee halt. Ihre Mutter hingegen ist eine extrem ängstliche und von ihm abhängige Person, die Kinder sind und waren für sie immer an erster Stelle. Insofern hat sie ihre Kinder immer streng behütet - ihnen alles ermöglicht, aber es halt auch immer "zu gut gemeint" ... quasi die typische Hellikoptermama (immer mit dem Auto in die Schule gebracht aus Angst, dass jemand die Kinder entführen könnte beispielsweise). Sie hat im Grunde die komplette Erziehung der Kids übernommen, der Vater war vereinfacht gesagt nur für die finanzielle Sicherung anwesend. Nach dem zweiten Betrug war für die Eltern eine Scheidung ein großes Thema, jedoch hat sie - und das war leider absehbar - einen Rückzieher gemacht und ist bei ihm geblieben. Meine Freundin war in ihrer Jugendzeit eine entsprechend wohlbehütete Person und erfüllte das klischeehafte Mädchenbild mit Popband-Schwarm & Idol in einer Traumwelt. Sie ist jedoch eine an sich intelligente Person, hatte früh das Bedürfnis, sich selbst zu verwirklichen und hat so beispielsweise gleich nach dem Abitur auf eigene Faust ein Jahr als Au-Pair in den USA verbracht (was für die Mutter auf der einen Seite natürlich wunderschön war, da sich die Tochter ihre Träume erfüllt, auf der anderen Seite ein psychisches Disaster da die Tochter alleine am anderen Ende Welt war). Meine Freundin hat sich in den letzten Jahren wirklich gut entwickelt - hat zwar ein paar kleinere Probleme die aus ihrer Kindheit resultieren, arbeitet aber ambitioniert daran (Therapie).
Wie bereits erwähnt, wohnen meine Freundin und ich im alten Elternhaus - dieses teilen wir uns mit ihrem Bruder, sprich er im unteren Bereich und wir im oberen. Ihr Bruder ist leider ein ziemlicher Sonderfall ... bereits in jungen Jahren wurde bei ihm ein leichtes Intelligenzdefizit festgestellt, sprich dass seine kognitiven Leistungen im Hauptschulalter stehenbleiben werden. Dies war ein ziemliches Problem für seinen Vater, schlussendlich erwartet sich ein elitärer CEO einen würdigen Sohn - so blöd's klingt. Insofern hat der Vater ihn früher nie richtig akzeptiert und die Mutter musste ihn ständig in Schutz vor ihm nehmen. Ihr Bruder hat vor ein paar Jahren die Liebe zum Bodybuilding entdeckt (ich weiß, das nächste Klischee ... ), aktuell arbeitet er als Aushilfe in einem Fitnessstudio. Seitdem die Eltern in's neue Haus gezogen, sprich eine räumliche Trennung zwischen Vater und Sohn war, hat sich das schlechte Vater/Sohn-Verhältnis weitestgehend gelegt und die beiden kommen gut miteinander klar.
Leider - und nun kommen wir zum eigentlichen Problem - komme ich mit ihrem Bruder mittlerweile nur mehr schwer klar. Kurz gesagt - Menschen, die so ein Verhalten an den Tag legen, verachte ich normalerweise (so ungut das klingt), ich muss mich aber irgendwie mit ihm arrangieren da wir zusammenwohnen und er am Ende des Tages der Bruder meiner Freundin ist. Er ist schlichtweg die unselbstständigste und rücksichtsloseste Person, die mir jemals über den Weg gelaufen ist. Tut mir Leid dass hier wohl ein gutes Stück Emotion mit durchdringt, aber ich liste einfach mal die Punkte auf, mit denen ich mir extrem schwer tue.
- Er ist extrem faul. Jedes Mal, wenn er die gemeinschaftlich genutzte Küche in Anspruch nimmt, hinterlässt er sie in einem "Zustand " - schmutziges Geschirr steht über Tage herum, ein benutzter Mixer wird nicht ausgewaschen, sein Abteil im Kühlschrank ist stets gefüllt mit abgelaufenen Lebensmitteln bzw. von seiner Mutter vorgekochten oder vom Lieferdienst bestellten Speisen, die er wirklich oft verschimmeln lässt und über Monate nicht ausmistet. Sein privater Bereich ist ein Chaos, von Müll und Wäsche am Boden verteilt, bis zum benutzten Geschirr - wenn wir ihn bezüglich Geschirr konfrontieren, deponiert er das bereits seit Tagen herumstehende Geschirr oft in seinem Bereich damit er's nicht auswaschen muss ... den alltäglichen Verpflichtungen kommt er kaum nach bzw. so gut wie immer nur auf Nachdruck unsererseits. Dazu zählen wie bereits erwähnt die Küche, Müll und dergleichen. Wöchentlich zu erledigende Dinge wie das Aufwaschen des gemeinsamen Bereiches, Rasenmähen, Glas/Dosenmüll wegbringen wechseln dabei im Wochentakt (sprich - da wir drei Personen - muss er sich eh nur alle drei Wochen darum kümmern). Es bleibt viel an mir bzw. meiner Freundin hängen obwohl quasi eh schon zwei Drittel davon erledigen.
- Er hat keinen Bezug zu Geld. Und das steht in Wechselwirkung mit seiner Faulheit. Er kümmert sich - wenn's hochkommt - 1x im Monat um einen Einkauf im Supermarkt, kocht dementsprechend kaum für sich selbst - stattdessen kocht die Mutter für ihn mit und er bestellt sich ständig etwas beim Lieferdienst. Wir hatten schon Zeiten in denen er sich 5-6 Mal pro Woche hat Essen liefern lassen (und bei den Nahrungsmengen eines "Bodybuilders" kommen da Summen zusammen die ich besser nicht erwähne ...). Er selbst hat ein wirklich geringes Gehalt, insofern könnt er sich's wirklich nicht leisten - sprich er kann das auch nur bezahlen, weil er einen Minimalbetrag für's Wohnen an die Eltern zahlt (ich glaube, nicht einmal die anteiligen Betriebskosten). Auto bekommt er von der Mutter gestellt, Großeltern lassen ständig Geld springen ... ich kann's mir nicht erklären. Vor allem auch deshalb, da ihm Marken (Lebensmittel, Gewand etc.) sehr wichtig sind - sprich wenn's zum seltenen Fall kommt, dass er mal einkaufen geht, ist's das teure Markenzeugs. Auch immer wieder lustig: Wenn seine Freunde abends vorbeikommen und er nichts an Knabbereien etc. zu Hause hat, fährt er oft zur Tankstelle, weil er zu faul war, in den normalen Supermarkt-Öffnungszeiten sich aus dem Haus zu bewegen.
- Er ist extrem unselbstständig. Dazu habe ich nun eh bereits viel geschrieben. Aber es betrifft im Grunde jeden Lebensbereich. Er ist beispielsweise handwerklich komplett unbegabt, zögert Probleme so lange wie möglich bis zum Eskalieren hinaus weil er Probleme schlichtweg nicht lösen kann. Nachdem er letztes Jahr sein Handy schrottete, hat er sämtliche Verpflichtungen für vier Tage vernachlässigt, da er damit beschäftigt war, sich um ein neues Handy zu kümmern ...
Kommentar