Ich möchte den Rat von Tired nur nochmals unterstützen:
Gib dem Psychiater und der ganzen Therapie noch eine Chance. Geh aktiv an das Problem heran und bespreche es mit ihm im Dialog. Sollte Dir das schwerfallen - was absolut verständlich wäre und erneut keine Schuldfrage ist! -, dann nimm wie gesagt Deine Freundin mit.
Es sieht doch so aus, Chibimoon:
Wenn Du wirklich hättest aufgeben wollen, hättest Du es schon längst getan. Aber offenbar gibt es noch etwas, was Dich am Leben erhält. Das dürfte auch mit der Grund sein, warum Du Dich selbst verletzt: Du bist auf der Suche danach, wieder etwas zu fühlen.
Was für mich wiederum heißt, daß Du ganz soo gefühlsleer nicht sein kannst - sonst wäre Dir sogar das wurscht. Außerdem geht Dir das ganze Arztgerenne und die Klinik auf den Keks - was ebenfalls eine Art von Emotion ist. Du wolltest aus der Klinik raus und hast dafür auch alles getan - in Dir drin, tief vergraben womöglich, lebt also noch sehr viel von Dir, was nicht aufgeben möchte.
Nutze das! Dreh den Spieß rum! Sage Dir: "Wenn ich die Kraft habe, das bißchen Willen, das ich noch habe, für meine Selbstverletzung zu nutzen - dann habe ich erst recht die Kraft, diesen Willen für Arztbesuche, Therapien und meine Genesung zu nutzen!"
Und diese Kraft hast Du - da bin ich fest von überzeugt
Mir geht's ähnlich wie Elektraa: Am liebsten würde ich Dir gern noch besser helfen, das alles zu managen, den Einstieg zu finden. Ist aber leider nicht möglich.
Aber Du schaffst das auch allein mit den Mitmenschen, die aktuell um Dich herum sind: Mann, Kind, Freundin. Und eben den Ratschlägen und Motivationen hier aus dem Forum.
Du solltest nur wirklich damit beginnen, dem Psychiater gegenüber mit komplett offenen Karten zu spielen!
Es ist doch so: Je länger die Sache andauert, umso mehr verlierst Du die Hoffnung, daß es jemals wieder besser wird, und die Lust, auch etwas in dieser Richtung zu unternehmen. Was übrigens absolut menschlich und nachvollziehbar ist, das ginge jedem so, das nur am Rande zu Deiner Beruhigung
Nur solange, wie Du Dich bei Deinen Arztbesuchen verstellst oder nicht alles erzählst, was wichtig sein könnte, solange zieht es sich womöglich hin.
Ich denke, daß Du da eigentlich wieder rauskommen möchtest. Sonst würdest Du auch hier nicht so viel schreiben - das scheint eines der Dinge zu sein, die Dich für einen Moment etwas beschäftigen und ablenken, was ich sehr gut verstehen kann.
Dann pack es an.
Und sollte Dein Mann dafür eventuell (noch) nicht geeignet sein - und eventuell wäre es auch nicht ganz geschickt, sich nur auf ihn zu stützen, selbst wenn er es wäre; ich spreche da aus eigener Erfahrung im Hinblick auf meine Frau -, dann bitte eine Deiner Freundinnen, der Du das zutraust, Dich auch organisatorisch besser zu unterstützen, sich einzulesen und schlau zu machen und Dir ein Licht zu sein, einen möglichen Weg aufzuzeigen. Und vertraue Dich ihr und ihrer Führung dann an. Es ist absolut keine Schande, Chibi, wenn man während einer solch heftigen Krankheit auf Unterstützung angewiesen ist. Davon bist Du kein schlechter Mensch, und davon leider auch niemand anders unter Dir o.ä. Im Gegenteil: Angenommen, Du wärest wieder genesen, und Dein Mann oder Deine Freundin hätten irgendwann solche Probleme - wärest Du dann nicht auch für sie da? Würdest Du es dann - zumindest anfangs - so empfinden, als würdest Du unter ihnen leiden?
Und im Prinzip hast Du eine solche Situation durch den Unfall Deines Mannes vor Jahren ja auch schon miterlebt und gemeistert. Ok - am Ende ist es gekippt durch die Mehrfachbelastung mit Kind und Job und Haushalt. Aber erstens leidest DU darunter, nicht die anderen; und zweitens war es Dir doch wenigstens in der Anfangsphase nach dem Unfall wahrscheinlich noch recht selbstverständlich, Deinen Mann da zu unterstützen und ihm zurück auf die Beine zu helfen.
Nichts anderes hast Du jetzt nötig.
Das einzige, was Du dazu tun mußt, ist offen und ehrlich um Hilfe zu bitten und diese dann anzunehmen. Und dann findest Du auch einen Weg da heraus.
Wenn ich Dir jetzt aus der Ferne eine ganz konkrete Handlungsanleitung geben darf:
1. Sprich mit Deinem Mann offen darüber, ob er das Krankheitsbild kennt. Falls nicht, bitte ihn, er möge sich etwas einlesen. Es gibt allein schon im Internet massig Seiten, wo man sich via Google in zwei Minuten reingeklickt und schlaugemacht hat. Und das MUSS er tun - für Dich und auch für sich selbst, damit er das besser einsortiert bekommt.
2. Sprich mit Deiner Freundin darüber, daß Du noch stärker ihre Unterstützung brauchst. Und zwar weniger in Punkto Haushalt und den Alltag-gebacken-bekommen (was schon klasse ist, keine Frage, aber auch nur eine Form von Symptombekämpfung), als vielmehr therapeutische Begleitung, wie Elektraa und Hr. Dr. Riecke sie meinen, insb. Begleitung bei Arztbesuchen und Objektivierung sowohl Deiner Sichtweise als auch der Rückmeldungen des Arztes an Dich.
3. Sobald es die Zeit wieder zuläßt (Weihnachten, Jahreswechsel), mache einen Termin beim Psychiater aus. Und bitte ausdrücklich einmal um eine längere Behandlungszeit, es wäre Dir wichtig, Du wolltest ein für allemal offen und ehrlich mögliche Therapiealternativen mit ihm besprechen, bspw. eben auch die (ambulante) EKT, weil Du eben Zuhause gebraucht würdest.
4. Und dann geh es an! Ich verspreche Dir, schon auch aus dem heraus, was Hr. Dr. Riecke geschrieben hat, daß es Dir in vier bis sechs Wochen womöglich schon wieder deutlich besser gehen könnte, wenn Du es so bald wie möglich anpackst. Natürlich wird die vollständige Genesung länger dauern, Wochen, Monate. Aber aus dem akuten Loch jetzt kannst Du mit der richtigen Unterstützung und Therapie im Januar/Februar schon langsam draußen sein. Und dann siehst Du wieder Licht, und vieles dürfte von allein in Schwung kommen!
Summa summarum:
Sei ehrlich!
Sei offen!
Bitte um konkrete Hilfe und Unterstützung bei der Organisation der nächsten Schritte!
Nimm diese dann auch an!
Und handle!
Ja, es gibt nie eine 100%ige Sicherheit, leider.
Aber die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, daß es Dir schon bald sehr viel besser gehen kann, wenn Du es anpackst.
Und Du bist rationalen Gedanken gegenüber aufgeschlossen - also handle danach und schiebe den Rest so weit wie möglich weg. Denn auch, wenn Du glaubst, nichts mehr zu fühlen - aber im Prinzip bist Du im Augenblick rein emotionsgesteuert: Verzweiflung, Ratlosigkeit und Orientierungslosigkeit sind auch Gefühle.
Es besteht also Hoffnung, jede Menge!
Handle!
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