ich schreibe in diesem Forum, weil meine Frau meinte, dass es vielleicht gut tut, meine aktuelle Situation hier zu teilen.
Ich bin 36 Jahre alt und leide seit ca. Juni / Juli 2021 unter Schlafstörungen. Bevor ich jetzt allerdings einen langen und ausführlichen Text schreibe, liste ich die Chronologie der Ereignisse auf und dazu meine Gedanken und Verhaltensweisen zu jeweils gegebener Zeit.
- Es hat damit angefangen, dass ich Mitte Juni /Juli 2021 plötzlich ein paar Nächte nur sehr schlecht schlafen konnte. Da lag das Schlafzimmer von mir und meiner Frau noch auf einer Seite des Hauses, auf der eine Kirchturmuhr sehr gut zu hören ist. Ich versuchte, der Kirchturmuhr die Schuld zu geben. Die meisten Nächte im Juni und Juli schleif ich normal, doch da zeigte sich schon eine gewisse Nervosität beim Zubettgehen.
- Ende August 2021 wurde meine 2. Tochter geboren. Die Woche vor der Geburt schlief ich sehr schlecht, und die zwei Nächte vor und während der Geburt habe ich gar nicht geschlafen. Ich habe mich am 3. Tag wie ein Zombie gefühlt und konnte kaum richtig laufen, so müde war ich.
- Im September 2021 hat sich das dann wieder etwas bruhigt. Doch dann fing ich an, nervös zu werden, weil ich nachts auf Toilette musste. Ich musste dann nervositätsbedingt bis zu 7 oder 8 mal pro Nacht auf Toillette. An erholsamen Schlaf war da gar nicht zu denken. Meine Hausärztin verschrieb mir dann Trimipramin-Tropfen. Ich begann mit einer kleinen Dosis, ca. 15 Tropfen, und steigerte diese bis November 2021 auf ca. 40 Tropfen, was etwa 1 ml entspricht. Meine Frau und ich haben im Oktober 2021 auch mit Meditation und Entspannungsübungen angefangen. Manchmal gab es gute Nächte, manchmal nicht. Zur gleichen Zeit begann ich eine Verhaltenstherapie, die an manchen Tagen Wunder wirkte. So wurde u.a. der nächtliche Harndrang "besiegt" bzw ich regte mich dann nicht mehr so auf, wenn ich auf Toilette musste. Im Dezember 2021 lief es dann sogar recht gut und ich war sehr zufrieden.
- Ende Dezember 2021 hatte ich dann ein paar unruhige Nächte. Weil ich das Prozedere der Schlafstörungen kannte / kenne, habe ich sofort Panik geschoben und nach einer Ursache gesucht. Ich war dann auch in einem Schlaflabor. Dort wurde zu diesem Zeitpunkt festgestellt, dass ich an einer obstruktiven Schlafapnoe leide. Man verschrieb mir ein Atemgerät, das ich im Februar 2022 zu verwenden begann. Wegen der Sache mit der Panik und Angst hatte ich dann einen sehr unruhigen Januar mit sehr wenig Schlaf. Der Monat war voller Tage, an denen ich nicht mal das Haus verlassen konnte.
- Das Atemgerät hat leider nicht angeschlagen und in mir verstärkte sich der Verdacht, dass meine Schlafstörungen psychosomatische Ursachen hatten. Ich hatte immer mehr das Gefühl, dass die Psychotherapie nicht half. Dennoch erreichte ich ein gewisses Gleichgewicht aus schlechten und guten Nächten, was ca. bis Ende Juni 2022 reichte. Da hatte ich dann auch eine Untersuchung im Schlaflabor in Wiesbaden. Die ursprüngliche obstruktive Schlafapnoe wurde als positionsbezogene Schlafapnoe identifiziert. Ich erhielt wohlwollende Ratschläge vom leitenden Arzt, wie ich besser schlafen könne. Es wurde auch festgestellt, dass ich da schon unter einer mittelschweren Depression leide.
- Nach dem Schlaflabor beschloss ich, mehr auf meine Schlafhygiene zu achten. Das haben meine Frau und ich zwar schon vorher getan, doch haben wir das nie so richtig durchgezogen. Mein Kopf bzw meine Gedanken kamen zu diesem Zeitpunkt immer seltener zur Ruhe. Selbst größter Müdigkeit hatte ich Probleme, einzuschlafen. Hier hatte ich 4, maximal 5 Stunden Schlaf.
- So ging das dann im Juli mehr oder weniger weiter. Ich hatte sehr unruhige Nächte. Ein paar Wochen lang lief es gut, als ich nach zwei aufeinander folgenden miesen Nächten beschloss, regelmäßig Sport zu machen. Das hat auch eine Weile geklappt und zu einer gewissen Sorglosigkeit geführt. In manchen Nächten habe ich dann sogar sehr gut geschlafen. Als dann jedoch der erfrischende Effekt dieser Sorglosigkeit abklang, übernahm der sorgenvolle und sich Gedanken machende Teil meines Kopfes wieder die Regie. In manchen Nächten lag (und liege ich immer noch) mit nervösem Bauch da. Kurz vor dem Einschlafen wache ich auf, dann bleibe ich eine Weile liegen. Der Schlaf selbst dauert seitdem vielleicht nur 2, 3, maximal 4 Stunden.
Und so sieht die Situation jetzt aus. Ich habe an manchen Tagen nicht mal den Elan, aufzustehen oder etwas zu essen. Die Kopfschmerzen verstärken sich gefühlt jeden Tag und ich befinde mich (gefühlt) in einer Abwärtsspirale. Ich finde nicht mal die Kraft, ordentlich mit meinen Kindern zu spielen. Zwar kann ich nach wie vor noch gut arbeiten (bin Freiberufler und muss dafür sehr kreativ sein), aber sobald ich mit der Arbeit aufhöre, werde ich wieder mit der Realität konfrontiert. Das Schlafproblem scheint sich wenig überraschend verselbstständigt zu haben. Ich bin lustlos, für alles demotiviert und schaffe es nicht mal mehr, aus dem Haus zu gehen, obwohl ich weiß, dass mir regelmäßige Spaziergänge und Bewegung gut täten. Ich habe das Gefühl, da nicht mehr alleine rauszukommen.
In eine psychologische Klinik kann ich nicht gehen, weil ich zum Glück keine suizidalen Tendenzen habe. Doch meine Gedankenwelt hat sich seit September 2021 immer mehr mit dem Thema beschäftigt. Seit Juni 2022 bin ich auch bei einem Psychotherapeuten mit Spezialisierung auf Schlafprobleme. Dieser meint, dass ich „durchhalten“ soll und versuchen soll, das Thema Schlaf nicht so in den Mittelpunkt meines Lebens zu rücken. Seine Anweisungen schaffe ich momentan überhaupt nicht, umzusetzen. Mir fehlen Lust und Motivation, mich um mich selbst, geschweige denn um andere zu kümmern. Ich sage aktuell viele Treffen mit Freunden und Familie ab, weil ich der Meinung bin, dass ich mir nicht zu viel Stress machen sollte. Mein Therapeut sagt, dass ich abwarten solle, bis die Gruppentherapie beginne, die er zusammenbaut. Das wäre im September 2022 soweit.
Bis dahin muss ich also mehr oder weniger durchhalten. Doch ich habe das Gefühl, je länger ich warte, desto schlimmer wird es. Ich habe mittlerweile nicht mehr den Eindruck, das alles aus eigener Kraft lösen zu können. Mir fehlt eine klare Linie, obgleich meine Frau und ich uns darauf geeinigt haben, gewisse Dinge im Alltag zu verankern. Dazu zählt u.a. regelmäßiger Sport und häufiges nach Draußen gehen. Doch das konnte / wollte ich diese Woche überhaupt nicht durchführen, obgleich ich es die 2 Wochen davor sehr regelmäßig tat.
Mir fehlt einfach jegliche Motivation, etwas zu machen. Damit mache ich mich dann wiederum selbst fertig, mache mir Vorwürfe, warum ich nicht mit meinen Kindern spiele oder mehr Zeit mit meiner Familie verbringe, statt Vor- und Nachmittage mit Grübeleien, auf-der-Couch-sitzen und anderen Dingen wie Handy oder Laptop zu verbringen.
Mir ist bewusst, dass ich, um dieses nervige und mittlerweile sehr leidige Thema Schlafstörungen, nur bezwingen kann, wenn ich es schaffe, dass es mir relativ egal ist, wie ich schlafe und ich nicht mehr so auf meinen Schlaf achte. Doch dorthin zu kommen ist ein langer Weg und ich weiß nicht, ob ich das jemals schaffe. Das Ziel liegt vor Augen, aber ich weiß nicht, wie ich das durchhalten soll. Ich habe riesige Angst vor Kopfschmerzen oder schlimmeren gesundheitlichen Konsequenzen (Herzinfarkt, Schlaganfall, nur um einige zu nennen), was im Hinblick auf die Schlafstörungen nicht gerade förderlich ist. All das ist mir bewusst, aber trotzdem schaffe ich es nicht, aus diesem ewigen Teufelskreis rauszukommen.
Zu sagen, „ich bin verzweifelt“, drückt genau das aus, wie ich momentan empfinde. Ich habe den Eindruck, am Ende meiner Möglichkeiten zu stehen. Ich weiß nicht mehr weiter und bin der (irrationalen) Meinung, dass mir nichts helfen kann. Ich habe auch Zweifel vor stärkeren Medikamenten als das Trimipramin, weil ich der Meinung bin, dass weitere Arznei das Problem nur verstärken würde, wenn ich mich irgendwann mal an eine Dosis gewöhnt habe.
Nun, das ist meine Situation. Das Schlimmste an alledem sind die negativen Gedanken und die Depression, die sich daraus entwickelt hat. Von Ängsten bis hin zu krassen innerlichen Widerständen und Zwängen fühle ich mich gefangen und weiß weder aus noch ein.
Was soll ich tun? Wie würdet ihr handeln?
Trotz des langen Textes hoffe ich auf ein paar Antworten!
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