Ich habe Ende Juni meine Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten beendet. Leider konnte ich nicht übernommen werden, da es zu wenig Arbeit gab. Es war eine sehr kleine Kanzlei und das Verhältnis untereinander war eher familiär und vertraut und ich habe es geliebt dort zu arbeiten, man ist also im guten auseinander gegangen. Ich habe auch ein Top Arbeitszeugnis bekommen und relativ schnell eine neue Stelle gefunden. Leider gibt es hier in der Umgebung nicht sehr viele Anwälte und so bin ich seit 1. Juli in einer Firma als Assistentin der Projektleitung angestellt d.h. ich befinde mich noch in der Probezeit.
Letzte Woche hat sich eine ehemalige Kollegin aus der Kanzlei gemeldet, dass auf mitte September wieder eine Stelle frei wird, und ob ich mir vorstellen könnte, wieder dort zu arbeiten. Mein Kopf und mein Herz haben JA! geschrien, aber ich habe es mir dennoch gründlich überlegt und eine Liste mit Vor- und Nachteilen erstellt und es spricht eigentlich alles dafür, wieder in die Kanzlei zu wechseln. z.B. dass ich kein Auto brauche (Der Stadtbus fährt alle 15 Minuten) und mir somit auch das Geld für den Sprit spare, der Weg zur Arbeit kürzer ist und ich unterm Strich das selbe verdiene, bei weniger Arbeitszeit. Mein Freund, meine Freunde, Eltern und Schwiegereltern in Spe haben mir auch dazu geraten und unterstützen mich dabei.
Der Vertrag ist unterschrieben, die Kündigung liegt fertig in meiner Handtasche und am Montag steht das Kündigungsgespräch mit dem Chef an und genau davor fürchte ich mich. Ich habe Angst,wie er reagiert und ich habe keine Ahnung, wie ich es ihm sagen soll. Ich finde einfach nicht die richtigen Worte und habe die letzten Nächte sehr schlecht geschlafen. Es liegt nicht an der Firma (auch wenn ich mit den Kollegen irgendwie nicht richtig warm werde und oft Überstunden machen muss), denn die Arbeit an sich gefällt mir gut. Aber die Stelle in der Kanzlei ist für mich einfach vorteilhafter und es ist nunmal mein Traumjob.
Ich habe auch ein furchtbar schlechtes Gewissen den Kollegen gegenüber, denn sie sind erleichtert, dass noch jemand dazu gekommen ist und reden dauernd von der Zukunft und welche Aufgaben ich bekommen werde usw. und auch die Chefs fragen ständig, ob alles soweit passt und ob ich zurechtkomme und ich muss ihnen ins Gesicht lügen. Diese Woche ist sogar eine ganze Abteilung in ein anderes Gebäude gezogen, nur damit es Platz für mich gibt (wobei ich mich mit dem Gedanken tröste, dass für mich ja auch ein Nachfolger gefunden werden muss und es nicht ganz umsonst ist) Mir ist schon ständig übel vor lauter Geheimniskrämerei, Aufregung und ich schlafe schlecht. Ich weiß auch nicht, wie ich es den Kollegen beibringen soll und habe Angst, dass mich dann alle hassen und sauer auf mich sind bzw. über mich ablästern. Einerseits kann es mir relativ egal sein, da ich dann sowieso nur noch wenige Tage dort arbeite, aber andererseits will ich im Guten auseinander gehen, denn man sieht sich immer 2 Mal im Leben. Irgendwie fühle ich mich auch als Versager, der sofort aufgibt, nur weil es mal nicht läuft, aber eigentlich ist es ja nicht so. Es hat sich jetzt eben einfach ergeben, dass ich in meinen gelernten Beruf zurückkehren kann und es auch die Kanzlei ist, in der ich gelernt habe.
Mich würde einfach interessieren, was andere so über diese Situation denken und wie ihr euch entschieden hättet. Meinungen, Kritik, ... egal, alles raus. Ich bin für alles dankbar!
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