Wirklich? Muß ich das?
"Du mußt mich so nehmen, wie ich bin" - diesen Satz liest man in Kontaktanzeigen, Profilen - egal ob von Männern oder Frauen - immer wieder. Was steckt dahinter? Warum schreiben die Leute das? Und ist das wirklich eine Einstellung, die von Bereitschaft zeugt, eine Liebesbeziehung einzugehen?
-------------------------------------------------------------------------------------------------- Wenn dieser berühmte Satz bei jemandem wirklich knallhart so gemeint ist, wie er dasteht, kann man den Verfasser als potentiellen Partner für eine längerdauernde Beziehung eigentlich getrost in die Tonne treten. Bei vielen scheint das sogar das Hauptmotto ihres Lebens zu sein. Ich für meinen Teil bin dann immer geneigt, sofort wegzulaufen. Warum? Weil ich kein Interesse an einer festen Liebesbeziehung zu einem Menschen habe, der sich selbst für ein fertiges Endprodukt hält und nicht wirklich bereit ist, für den Traumpartner über den eigenen Schatten zu springen, an sich und seinen Fehlern zu arbeiten und Kompromisse einzugehen.
Warum schreiben die Leute das? Sind sie wirklich so zufrieden mit sich als Mensch, daß sie nichts mehr an sich ändern, sich nicht mehr weiterentwickeln wollen? Welche Nachmittagstalkshow auf Pro 7 hat ihnen das eingeredet?
Meistens steckt da etwas anderes dahinter. Die Unzufriedenheit mit der eigenen Person und die Angst vor dem Versuch, sich als Mensch zu ändern und daran zu scheitern. Wenn man einen Partner hat, der einen "so nimmt, wie man ist", ist ja die eigene Einstellung zu sich selbst nicht mehr wichtig, man kann über die eigene Unzufriedenheit hinwegsehen, denn der Partner findet einen ja toll, wie man ist.
Ein anderer - eigentlich der traurigere - Grund für solche Formulierungen sind wahrscheinlich schlechte Erfahrungen mit Partnern in der Vergangenheit, die am liebsten einen ganz anderen Menschen an ihrer Seite gehabt hätten und deshalb versucht haben, einen menschlich rigoros umzumodeln. Wer von uns kann denn behaupten, daß er nicht schon einmal - mehr oder weniger hartnäckig - versucht hat, seinen Partner zu der perfekten Traumfrau oder dem Traummann zu machen, die bzw. den er sich immer gewünscht hat? Und was kommt dabei meistens raus? Gar nichts. Das Ergebnis: Menschen, die sich schwören, sich nie wieder auch nur ein klitzekleines Bißchen für einen Partner verändern oder sich für ihn anpassen zu wollen.
Man wird nie den absolut "perfekten" Traumpartner finden. Wäre ja auch ziemlich langweilig.
Wichtig ist es, daß man sich jeder im Klaren ist, welche Eigenschaften zum Kern der eigenen Person und der Person des Partners gehören und die nicht veränderbar sind, ohne die Person selbst zu zerstören oder zu einem Menschen zu machen, der Mann/Frau gar nicht sein will. Da muß ein Partner den anderen wirklich so nehmen, wie er bzw. sie ist - oder gar nicht.
Bei allem anderen sollte man grundsätzlich bereit sein, Kompromisse einzugehen. Liebe besteht aus Geben und Nehmen - und das Geben erschöpft sich nicht schon allein darin, daß man für den anderen mal kocht oder ihm/ihr den Rücken massiert.
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