Vor drei Jahren gab es eine Zusammenarbeit mit einem gewissen Herrn, der schwierig war. Meine Mitarbeiter weigerten sich ihn zu "betreuen", weil er sehr respektlos mit ihnen umging.
Damals konnte ich das gut in den Griff bekommen, indem ich ihm ausgesprochen freundlich begegnet bin (bin ich zu allen anderen auch, deswegen setzt man mich gerne auf "schwierige Kunden"an), über die bornierten Bemerkungen hinweg sah, er merken musste daß wir (mein Team & ich) ihm wohlgesonnen und freundschaftlich entgegenkommend sind.
Da entspannte er sich, wurde locker, zwang förmlich jedem das DU an, grüsste mit "Hallöchen" oder in einem Singsang, konnte aber nicht konsequent dabei bleiben. Dr. Jackil wurde manchmal auch zum Mr. Hyde. Es gab hin und wieder Schwierigkeiten, es war, als ob der Mann "seine Tage" hätte: wenn er nervös war wegen etwas, wurde er wie ausgewechselt: befehlerisch, unkooperativ (untergrab meine Autorität, brach Vertragsvereinbarungen), ausgesprochen distanziert.
Am nächsten Tag konnte er dann wieder umgänglich sein, hat zum teil unsere Aufgabenbereiche abgedeckt, wechselte ein paar Floskeln mit uns aus. Im großen und ganzen war der Umgang überwiegend freundlich., aber keineswegs freundschaftlich.
So ging das 6 Monate, das Projekt ging zu Ende und die zwei Abschlußfeiern fanden statt.
Bei der ersten haben wir uns den ganzen Abend nicht gesprochen (wieso auch, außer: "Alles gute, danke & wiedersehen, hätt's nix zu sagen gegeben?!), bis zum Schluß, ich in einer rieseigen Frauenrunde saß und er sich verabschiedete. Von jeder Frau in einer innigen Umarmung, was mir übertrieben vorkam, obwohl sie sich besser kannten.
Wir haben nie einen gemeinsamen Kaffe getrunken oder irgendetwas Privates besprochen, es wurde nie persönlich zwischen uns. Ich wollte so eine Körpernähe um keinen Preis über mich ergehen lassen.
Also gab ich ihm sitzend die Hand.
Er bückte sich zu mir, sein Gesicht vor meinem, streichelte diese Hand, sagte: "Wir sehen uns noch". Mir wurde irgendwie unwohl. Er streichelte meine Hand weiter, ich fragte mich wann er wohl damit aufhören werde und faselte etwas von kommenden Projekten um mich so normal wie möglich zu verhalten. Er streichelte meine Hand immernoch und behilt sein Gesicht IN meinem. Ich dankte für die nette Zusammenarbeit, wünschte ihm alles Gute, er streichelte und streichelte... Puh, irgendwann war's vorbei, ich hoffte nicht zu rot geworden zu sein und das nächste Mal eine bessere Strategie als "Handgeben" zu verfolgen.
Sehr unangenehm, durfte mir nie wieder passieren.
Abschlußparty 2: ich kam zu einem anderen Kollegen, der Herr Wechselwetter saß daneben und begrüsste mich sehr freundlich: "Halloooo". Ich hielt mein Glas Wasser mit beiden Händen als Schutzschild und erwiederte eben nur freundlich: "Hallo", und zauberte ein Lächeln auf meine Lippen. Habe mich dann aber weiter mit dem anderen Kollegen unterhalten. Er hätte mehr erwartet, so wie's aussah- vielleicht daß ich mich zu ihm setzte, wir uns etwas unterhalten.. Aber wir haben nie mehr als Floskeln ausgetauscht, wir hatten nie eine gemeinsame Kaffepause wie z.B. dieser andere Kollege und ich.
Ein recht kühles Verhältniss kann doch nicht plötzlich über Nacht persönlicher werden, ohne Grund, ohne ein persönliches Wort gewechselt zu haben, nur weil unser Projekt vollendet ist und wir ohne Angst uns morgen begegnen zu müssen mal auf "Freunde" tun können???
Aber eine ganz große Ausnahme für herzhafte Abschiede bin ich nicht: seine Frau stand noch irgendwo in einer Ecke herum, während er von Tisch zu Tisch ging und alles Weibliche abknutschte.
2 Monate später traf ich ihn, begrüsste wie immer mit einem Lächeln und einem:"Hallo", worauf er mit erstarrten Gesichtszügen ein: "Guten Tag" rausquetschte. Ich dachte dabei: "Ist das die Rache?".
Dann vergingen Monate und wir mussten wieder zusammenarbeiten.
Da wurde es erst richtig unangenehm: wo er nur konnte sabotierte er die Zusammenarbeit, beschwerte sich über jede Kleinigkeit und zog die Arbeitsatmosphäre runter. So bald mein Team ihn im Terminkalender sah, brach ein Streit darüber aus wer ihm nun gegenübertreten soll.
Seit dieser Abschiedsfeier wurde das fröhliche "Hallo" in ein eisiges "Guten Tag" umgesetzt, er ließ keine Gelegenheit aus sich zu beschweren, war mit keiner Geste bereit uns entgegenzukommen. Unsere Arbeitsweise hatte sich aber nicht geändert, was störte ihn plötzlich?
Nun muß ich ihn wieder jeden Tag sehen.
Während meiner Abwesenheit gab es neue Einstellungen, und neue KollegInen haben ihn betreut. Nach meiner Rückkehr, traf er mich und brach in Entzückung aus: "Oh, endlich, ein bekanntes Gesicht!", schüttelte meine Hand, während ich mich aus dem Schockzustand zu befreien versuchte-"Hallo" gab's seit langem nicht mehr, Entzükung beim Anblick meiner erst recht nicht! Waw, hat er's überwunden, können wir wieder entspannt mitenander umgehen?
Denkst'e,
kaum verging ein Tag und Mr. Hyde war zurück. Er grüsst unterkühlt und bricht in den Raum ein mit seinen Belangen: nix passt, alles muß anders werden, die KollegInen sind "Dümmchen", sie können ihren Aufgaben nicht gerecht werden... Es kann ja wohl nicht sein, daß mein Team bei allen anderen sehr gute, nur bei ihm schlechte Arbeit leistet?!?
Und ich weiß nicht mehr wie ich mich dem stellen soll, außer immer jemand anderen dazu verdonnern ihn zu betreuen.
Ich wünschte, ich könnte dieses Verhältniss- das ARBEITSVERHÄLTNIS- wieder freundlicher gestelten.
Habe lange versucht einfach nur meinen Job zu machen, ihn freundlich wie alle anderen zu behandeln;
wenn's wirklich die Abschiedsfeier war auf der ich nicht herzlich genug erwiedert habe, wird er durch konsequent freundlichen Umgang merken, daß ich ihn nicht "verschmähen" wollte, ihn nicht verletzten wollte... Aber an einem Tag trifft er mich auf der Straße und winkt mir fröhlich zu, gestern drehte er seinen Kopf ab um nicht zu grüssen...
Vielleicht ist's auch mein Fehler, jemanden der ohnehin unseicher ist (ich meine daß seine Arroganz bloße Überspielung seiner Unsicherheit ist) "abgelehnt" zu haben?
Ich wollte nicht, daß er je wieder auf so eine Idee kommt mir die Hand zu streicheln und habe mich nicht zu ihm gesetzt, habe keinen Smaltalk angezettelt... Andererseits ist der Mann schon in seinem vierten Jahrzent, erfolgreich, attraktiv, lässt der sich so leicht verunsichern?
Vielleicht hat das ganze auch gar nix mit mir zu tun, es ist aber trotzdem schwierig mit ihm zu arbeiten. Wie begegnet mann am besten so unvorhersehbaren Menschen?
Mir graut es schon vor der nächsten Begegnung.
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