In der Weihnachtszeit brechen ja oft familiäre Konflikte oder unausgesprochene Tabus auf, so auch bei mir.
Zur Vorgeschichte:
Vor vielen Jahren, in den 60-gern, wurde ich als uneheliches Kind (große Schande damals!) geboren und in ein Pflegeheim gegeben, da meine Mutter sich außerstande sah, mich aufzuziehen. Einige Monate später wurde ich von Pflegeeltern aufgenommen. Diese gaben mich nach außen als „eigenes Kind“ aus, mit 4 Jahren erfuhr ich erstmals davon. Ich sollte darüber schweigen, und wer meine „wahren Eltern“ waren, blieb im Nebel. Ein Tabu. Mit 6 Jahren wurde ich von meiner Mutter, auf Drängen der Pflegeeltern, zur Adoption freigegeben (davon erfuhr ich als Kind nichts). Die Pflegeeltern adoptierten mich, und ich blieb bis zu meinem 18. Lebensjahr darüber im Unklaren. Erst durch Studium der Unterlagen des Standesamtes erschloß sich mir diese Geschichte nach und nach.
Nun, nach einigen Jahrzehnten, meldete sich meine „wirkliche Mutter“ bei mir. Was wiederum ich nicht wusste: Sie besaß, aus alter Zeit, meinen „neuen“ Namen und meine Adresse. Ich hatte nur ihren „Mädchennamen“ und keinen Adresse, so war es mir unmöglich, herauszufinden wo sie wohnt und wer sie ist.
Nun beginnen naturgemäß die Jahrzehnte unter der Decke gehaltenen Konflikte:
Die Adoptiveltern wünschen keinen Kontakt zwischen mir und der leiblichen Mutter.
Die leibliche Mutter wiederum ist nicht gut auf die Adoptiveltern zu sprechen, diese hätten zur Adoption massiv gedrängt, und den Kontakt danach abgeblockt, wodurch meine leibliche Mutter jahrelang schwere psychische Probleme hatte.
Die Erwartungshaltung der leiblichen Muter ist naturgemäß hoch, sie hat panische Angst vor Zurückweisung durch das „verlorengegangene Kind“. Schon will der Adoptivvater sie aufsuchen und versuchen, ihr weitere Kontaktaufnahme zu mir auszureden. Jede der beiden elterlichen Seiten sieht sich unter Rechtfertigungsdruck für das damalige Handeln, eine harte, eifersüchtige Konkurrenz um die „Aufmerksamkeit und Zuneigung“ des bereits längst erwachsenen (Adoptiv-)Kindes hat begonnen. Tränen fließen, mit gegenseitigen Vorwürfen wird operiert, nicht gerade Erfreuliches, mitten in der Weihnachtszeit.
Ich will mich bewusst hier nicht in die vielen Details verlieren.
Jedenfalls: der Fernsehseifenoperntraum „Mutter findet ihr verlorenes Kind wieder – und alle sind glücklich“ will noch nicht einmal ansatzweise wahr werden.
Ich stelle diese Situation zur Diskussion und bin um Hinweise dankbar, wie man, ohne den einen oder anderen Teil oder sich selbst zu verletzen, hier durch dieses schwierige Fahrwasser zu einem einigermaßen ausgeglichenen Verhältnis sowohl zum leiblichen (bisher unbekannten) als auch zum Adoptiv-Elternteil kommen kann.
Insbesondere wäre ich an Erfahrungen anderer User interessiert, die einen solchen Konflikt erfolgreich gemeistert haben.
Sprüche wie „Du bist längst erwachsen, mach doch einfach was Du willst“ helfen hier im Übrigen nicht allzu viel weiter, denn tiefgreifende grundsätzliche familiäre Konflikte sind in ihrer Tragweite weitgehend unabhängig vom Lebensalter.
M. (ich bleibe anonym, bitte habt Verständnis)
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