partnerautonomie

[phollein]

hallo dr.riecke, sie haben mir schonmal sehr geholfen. nun habe ich erneut eine spezielle frage. mein mann und ich waren kürzlich zu einer interessanten abendgesellschaft eingeladen. mein partner, bisher immer ein „ärztekritiker“, war sehr angetan von einem bemerkenswerten paar, sie psychotherapeutin, er internist, die einen souveränen, sehr achtungsvollen umgang miteinander hatten. nichts wirkte aufgesetzt, kluge leute. mein mann und ich waren von dem paar und seinen beiträgen ganz beeindruckt. meine frage nun: es ging um den grad der partnerautonomie, das z.t. bewusste beschränken von gemeinsamkeiten u.ä. dabei wurde mehrfach ein differenzierungsprinzip nach STARCH als leitlinie für paarbeziehungen genannt.
Nun suche ich überall danach, möchte mich genauer informieren. auch mein mann ist, obwohl er als künstler bisher immer meine theorien als „abseits vom wirklichen leben“ ein bißchen abgewertet hat, ziemlich interessiert.
können sie mir vielleicht weiter helfen?
und was halten sie von diesem prinzip?

danke und herzliche grüße
phollein

[dr.riecke]

RE: partnerautonomie


Hallo Phollein,
ich freue mich, dass Ihr Partner seine Mediziner-Aversion etwas relativieren konnte. An die Anamnese-Diskussion mit Ihnen über „ihn“ erinnere ich mich noch genau.

Zu Ihrer Frage: STARCH ist wahrscheinlich ein Hörfehler. Gemeint war sicher das „Differenzierungs-Konzept“ von David Schnarch (1991 und 1997).
Schnarch versteht unter Differenzierung den Prozess, durch welchen Partner ein klar abgegrenztes Selbst entwickeln und trotzdem dabei in nahen Beziehungen zu dem geliebten Anderen bleiben. Differenzierung besteht also darin, zwei zentrale Lebenskräfte – das Bedürfnis nach Individualität und das nach Nähe – auszubalancieren.
Diese Balance kennzeichnen auch Schnarchs Thesen über die partnervalidierte und selbstvalidierte Intimität. (Falls Sie Literaturangaben möchten, besser per mail,
da sicher nicht von allgemeinem Interesse).
Das bewusste Beschränken von Gemeinsamkeiten ist nicht „Schnarch-spezifisch“, viele Psychotherapeuten weisen darauf hin, dass oft ein Zuviel an Gemeinsamkeiten einer erfüllten Partnerschaft abträglich ist, nicht ein Zuwenig.

Ihre Frage nach meiner persönlichen Meinung möchte ich relativieren:
Ich schätze die Schnarch´schen Thesen, sie gelten aber mehr für Paare, die einen altruistischen Liebesstil (AGAPE nach J. A. Lee) pflegen und die brauchen meist keine Beratung oder Therapie.

Ich hoffe, dass Ihnen die Antwort reicht, Literatur besser über mail.

LG

B. Riecke

[phollein]

RE: partnerautonomie


hallo dr.riecke, für die schnelle und kompetente antwort danke ich ihnen senr. es war wirklich schnarch, der gemeint war. mein mann hatte inzwischen kontakt mit den gastgebern und hat sich nochmal über das bemerkenswerte paar und seine thesen informiert.
ich danke übrigens auch für die per mail gesandte literatur, obwohl ich mit dem richtigen namen auch selbst fündig wurde.
sie sollten aber hier im forum mal über die verschiedenen liebesstile des j.a.lee referieren, das wäre wirklich von allgemeinem interesse, besonders wo es den maniatyp hier am meisten zu geben scheint.
mit freundlichen grüßen
phollein