Auf einer staubigen Landstrasse wanderten zwei Mönche einer fernen Stadt entgegen. Es war heiss und sie waren schon stundenlang nebeneinander hergegangen, ohne einer Menschenseele zu begegnen. Da kamen sie an einen Fluss und trafen dort auf eine alte Frau. Auch ihr Ziel war die ferne Stadt, aber sie war zu alt, um durch das Wasser des Flusses auf die andere Seite zu gelangen. Also bat sie die beiden Mönche ihr behilflich zu sein.
Ohne lange zu zögern, lud der eine Mönch sie auf seine Schultern und trug sie zum anderen Ufer hinüber. Die alte Frau bedankte sich herzlich, verabschiedete sich von den beiden und liess sie weiterziehen. Die Gedanken des einen Mönches jedoch kreisten unablässig um den Vorfall mit der alten Frau. Und je länger er darüber nachdachte, desto ungeheuerlicher schien ihm das Verhalten seines Begleiters, der doch das Gelübde abgelegt hatte, nie mehr eine Frau zu berühren und sich diese Frau nun sogar auf die Schultern geladen hatte.
Die Stunden verstrichen und immer unruhiger wurde sein Geist, bis es schliesslich aus ihm herausbrach: "Sag mal, was hast du dir eigentlich dabei gedacht, als du diese Frau über den Fluss getragen hast. Du bist doch ein entsagter Mönch und kannst sowas nicht tun."
"Nanu," entgegnete sein Gefährte ruhig, "Du trägst die Frau ja immer noch mit dir herum. Ich habe sie schon längst wieder abgesetzt, als ich sie am andern Flussufer verabschiedet habe."
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