Wir haben uns an Kondome gewöhnt, weil sie eine 2 in 1 Lösung bieten: Schutz vor HIV-Infektionen plus Empfängnisverhütung. Bei Paaren, die eine HIV-Infektion nicht zu fürchten brauchen, fiel die Verantwortung für die Verhütung meist an die Frauen zurück. Diese Aufgabenteilung könnte in absehbarer Zeit der Vergangenheit angehören.
In Indien wurde in einer Entwicklungszeit von 25 Jahren das bisher sicherste und unkomplizierteste Kontrazeptivum für Männer entwickelt: RISUG (Reversible Inhibition of Sperm Under Guidance). Ein in Dimethylsulfoxid gelöstes Polymer (engl. styren malic anhydrid, SMA) wird in den Samenleiter (vas deferens) injiziert. Das Polymer SMA überzieht innerhalb von 72 Stunden die Innenwände des Samenleiters. Die Membranen der Spermien platzen, wenn sie zwischen die negativ und positiv geladenen Teilchen der Substanz geraten. Die Spermien werden bewegungsunfähig und somit befruchtungsunfähig, was aber keinen Einfluß auf die Ejakulation hat.
Für den RISUG-Eingriff wird kein Skalpell benötigt. Der 3-5 mm kleine Einschnitt an der Rückseite des Hodensacks hinterlässt eine unauffällige Narbe, die nach 6 Monaten verschwunden ist. Eine einmalige Injektion zu 60 mg kann bis zu zehn Jahren wirken, niedrigere Dosierungen entsprechend kürzer. Anders als bei der Vasektomie (dem Durchtrennen der Samenleiter) wird der Samenfluss nicht unterbrochen. Es müssen keine Antikörper produziert werden, um gestaute Samenzellen zu neutralisieren. Die Sterilisation lässt sich deswegen schneller rückgängig machen. Langzeitstudien haben gezeigt, dass Männer, die mit RISUG behandelt wurden, eine gesunde Prostata hatten.
Außer einer vorübergehenden Schwellung der Hoden nach der Injektion wurden keine Nebenwirkungen beobachtet. Eventuelle Risiken des Eingriffs sind Infektion, Hämatome, Verletzungen benachbarter Strukturen, dauerhafte Sterilisation oder spontane Aufhebung der Sterilisation. Die indischen Forscher haben bestätigt, dass das Mittel keine Krebsrisiken birgt.
Die Potenz wird durch RISUG nicht beeinträchtigt. Nach vier bis sieben Tagen wird das Sexualleben wieder weiter gehen. Männer, die Kinderwünsche haben, brauchen nicht zu warten, bis das Polymer sich verbraucht hat. Mit einer Spülung aus Natriumbikarbonat kann das Polymer aus dem vas deferens wieder ausgewaschen werden. Das Sperma wird wieder befruchtungsfähig.
Zur Zeit wird die RUSIG-Behandlung in einigen Städten Indiens gesunden Freiwilligen angeboten.
Für Frauen, die weder die Pille, noch die Spirale vertragen, könnten also bald ein großes gesundheitliches Problem weniger haben.
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