Der Nachmittag war wieder viel zu schnell vergangen, es war wieder ein Wettlauf gegen die Zeit, die unbarmherzig die Einheiten des Lebens zuteilt.
Wir spielen die Spiele perfekt, bis zu dem Moment, wo die Tür sich hinter uns schließt. Stoff zerreißt und Haut gib sich frei. Doch die Seelen nicht, die bleiben in uns verborgen. Ich beuge mich, beuge mich für Dich. Ich will es so und nicht anders.
Unsere Hände sind unterwegs mit bekanntem Ziel, wie immer gierig nach Eroberung. Es ist die Einmaligkeit jedes Zentimeters Haut, der den Wahnsinn unseres Treibens rechtfertigt. Wir lieben uns gegen alle Zeitmaschinen eine endlose Zeitschleife lang. Dein Hand in meinem Haar zieht meinen Kopf nach hinten und genießt. Ich umklammere Dich und treibe Dich weg von mir.
So oder ähnlich, tausend mal am Tag, in jeder Minute, irgendwo auf dieser Erde. Es ist nichts Besonderes und doch ist jede dieser Begegnungen eine Welt für sich, so lange sie still und heimlich geschehen. Sie sind nichts für die Augen und Ohren da draußen. Der Nachmittag ist unsere eigene Zeit.
Danach werden wir wieder hinausgehen, an unseren Schreibtischen sitzen, telefonieren, konferieren. Wir werden uns nicht ansehen, kein Lächeln, kein Blick wird uns verraten. Beute und Jäger sind sich einig über die Strategie der Jagd.
Abends nach Büroschluss spukt das Hochhaus die Menschen wieder in die Straßen, die U-Bahnen und hinaus aus der Stadt. Gepflegte Vorgärten, Garagen, klein gestutzte Hecken. Da draußen wohnt die Lüge der Erbärmlichkeit der Normalität, gegen die wir an unseren Nachmittagen ankämpfen.
Der Schweißt rinn über unsere Körper, Deine Zunge tritt ein in verborgene Winkel des Leibes. Ich bäume mich auf, Dir entgegen und du nimmst unerbittlich das wenige das ich zulasse.
Der Wagen muss in die Werkstatt, wer kauft Brot ein für das Abendessen. All das bleibt uns erspart, das überlassen wir anderen, die nicht den Wahnsinn der Hitze leben.
Ich werde den Tisch decken wie immer. Er wird heimkommen, wie immer. Ein weiterer stummer Abend in irgend einem Vorort, mit sauberen Straßen und den dreckigen Mülltonnen hinter dem Haus. Das Geschrei der Sprachlosigkeit zerreißt die Stille nicht, sondern stopft Knebel in Münder die sich nach anderen Freuden sehnen.
Dann werde ich hinausgehen, ja diesmal werde ich wirklich gehen. Nur ein kleiner Koffer, leichtes Gepäck. Da draußen wartet das Leben und der nächste Nachmittag.
Ich werde meine Stimme hören, wie sie widerhallt von Wänden der U-Bahnschächte. Es wird viel verloren gehen was sich nicht gelohnt hat aufzuheben.
An dem Nachmittag wirst Du mich suchen und nicht mehr finden. Ich bin zu mir gegangen. Weggegangen aus der Aussichtslosigkeit, rücksichtslos in die Einsicht, in meine Zukunft. Nein, Du wirst mich nicht suchen, Du wirst weitergehen und mit dem nächsten Schritt vergessen haben, dass es da eine Zeit von wenigen Stunden gegeben hat, an den Nachmittagen. Ich will dass Du das vergißt, hörst Du! Ich will nicht eingesperrt in Deinen Erinnerungen leben.
Genau so wenig will ich den Erinnerungen von dem Namenlosen da draußen in dem Vorort leben. Der soll Samstags den Rasen mähen und sich mit dem kläglichen Rest seines Lebens begnügen, den er hinter einer Zeitung verbringt.
Dir schenke ich den Geruch in den Laken und mir schenke ich die bedingungslose Freiheit. Es gibt etwas anderes als das was wir zu kennen glauben. Nur wenn die Sehnsucht über all das Maß hinausgeht das wir uns vorstellen können, dann sind wir wirklich frei.
Aber einsam werden wir sein, alleine an irgendwelchen Bartresen lehnen, lässig sein und versuchen es uns nicht anmerken zu lassen. Dieses Lachen, das wir dann hören, wird sich wie unser eigenes anhören und sich in den Pfützen der verschütten Drinks verzerrt widerspiegeln.
Ich will zu mir, endlich und endgültig.
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