Das Wohnzimmer besteht eigentlich nur aus einer großen Couch, einem sehr großen Esstisch und ist ständig mit allem möglichen "Kinderkram" belegt. Es ist wohl ein Wohnzimmer in einem ganz anderen Sinne, in dem bewusst die Kinderschar (3 Kinder, zwischen 1 und ungefähr 5 Jahren) die Hauptrolle spielt. Ich frage mich immer, ob ich mir als Kind nicht auch genau so eine Umgebung gewünscht hätte. Aus diesem Blickwinkel betrachtet eine tolle Familie.
Meine Kindheit sah ganz anders aus, vielleicht genau so, wie in den meisten Familien?! Meine Geschwister (ein jüngerer Bruder, eine deutlich ältere Schwester) und ich hatten ein gemeinsames Kinderzimmer, aus dem kein Spielzeug in die "heiligen Hallen" der Familie getragen werden durfte: das Wohnzimmer. Dieses war bestückt mit der guten Eckgarnitur mit passendem Couchtisch, an dem man sich in unachtsamen Momenten die Zehen brechen konnte, wenn man an den vercromten Tischbeinen "hängen blieb". Ausgerichtet war die Sitzgruppe auf den Mittelpunkt des Interesses: das Fernsehen. Ein solches Gerät konnte ich selbst bei genauerem Hinsehen im Haushalt der Familie von gegenüber nicht entdecken. Sonderbar! Vervollständigt wurde die Räumlichkeit von einer typsichen deutschen Schrankwand (inklusive Barfach und das, obwohl bei uns zu Hause Alkohol verpönt war - was waren das für Kämpfe um mein erstes Glas Likör!), welche von der fleißigen Hausfrau stets staubfrei gehalten wurde. Mama hatte den Schlüssel zu diesem Zimmer immer in der Kitteltasche. Manchmal durften wir nachmittags Lassie, Fury oder Daktari gucken. Da mussten wir aber brav gewesen sein und uns vorher die Hände gewaschen haben (damit nichts an die guten Möbel kommt).
Nunja, zwar besitze ich auch eine "Anbauwand" (Vitrinenschrank und Barfach! HA!) und eine Ledergarnitur und einen Couchtisch (Gott sei Dank ohne "Hängen-Bleib-Ecken" am Fuß!) sowie einen ziemlich großformatigen Fernseher, aber die überragende Möbeleinheit ist wohl die selbsgebastelte Behausung für unsere Musik-Utensilien (CD-Ständer und was man heutzutage für Dolby-Suround-Erlebnis braucht).
Tja, Schande über mich: meine Tochter hat zwar freien Zutritt zu allen "Gemächern" (wir wohnen über zwei Etagen und im unteren Bereich befinden sich Wohn- und Essraum mit Küchenbereich sowie - die einzigen Räume mit Türen! - Bade- und Schlafzimmer), aber der Spielbereich befindet sich auch in diesem Haushalt eindeutig in ihrem Kinderzimmer (oben). Nur zum Monopoly-Spielen (z.B.), gemeinsamen Fernsehen und Essen (ganz wichtig!) ist die Familie vereint. Wobei meine Tochter mir letztens in den Ohren lag, ich möge ihr doch bitte den Türschlüssel für ihr Zimmer aushändigen, damit sie auch mal abschließen kann, um ungestört zu sein. Mittlerweile scheint der eigene Bereich auch ihr sehr wichtig zu sein. Ich genieße es nach wie vor, wenn ich mich ungestört auf der Couch ausbreiten und ein gutes Buch lesen kann. Ständig das Kind um mich haben? Nee, muss nicht sein!
Ich bin inzwischen ziemlich sicher, dass meine Eltern mit dem teils vor uns abgeschlossenen Wohnzimmer im Vorzeigezustand es deutlich übertrieben haben, dass ich aber mit einem zum Spielzimmer umfunktionierten Wohnbereich nicht klar kommen würde. So schön das sicher für das betreffende Kind wäre. Habe ich da erziehungsbedingt eine verkehrte Einstellung zu "meinen Freiräumen" oder haben die Nachbarn ein übersteigertes Verständnis von Familie? Oder ist das einfach so mit mehreren Kindern, dass sich heutzutage gar nicht verhindern lässt, dass einem immer "die Blagen" unter den Füßen herumwurschteln? Vielleicht fehlt mir einfach nur die Kinderzahl, um das nachvollziehen zu können? Oder ich bin durch die "Doppelbelastung" als berufstätige Mutter zu wenig kompromisbereit?
Wie haltet ihr das denn mit den "lieben Kleinen" und ihren Räumlichkeiten bzw. dem Ausbreitungsbereich?
Grüße
Anke
PS: meine Mutter lacht übrigens noch heute über das versonnen knutschende Paar aus Schwester (damals 17) und späterem Schwager zwischen unseren Legosteinen und der Carrerabahn auf dem Boden des Kinderzimmers, auf dem mein Bruder und ich uns in unser Spiel vertieft hatten.
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