Ich brauche einen Rat. Am besten eines Spezialisten. Psychologen. Das Problem ist sehr wichtig und schwierig. Ich habe leider keine Freundin/Freund an die/den ich mich mit diesem Problem wenden könnte. Ich habe zwar paar sehr gute Freundinnen, mit denen ich wirklich über ALLES sprechen kann, über viele intime Angelegenheiten, aber nicht über diese eine Sache, weil ich sie im Laufe der Zeit verdrängt habe. So dass sie langsam auch für mich fast nicht mehr existiert. Das ist mein Geheimnis, etwas, was ich in Gesprächen automatisch geschickt umgehe, verschweige und tue so, als ob bei mir alles so wäre, wie es auch bei den anderen ist. Ist es aber nicht. Ich habe mich schon daran gewöhnt ein quasi "doppeltes Leben" zu führen.
Worum geht es aber... Meine Mutter leidet an eine gesellschaftlich stigmatisierende und deshalb sehr tabuisierte Krankheit, die im Grunde immer noch wenig bekannt ist und über die viele Vorurteile und Ängste herrschen. Es handelt sich um eine chronische psychische Erkrankung. Also wenn man dass nicht weiß, würde man das nicht erkennen, denn sie redet und benimmt sich ganz normal, sie nimmt ihre Medikamente und ist "normal". Sie hat aber schon 3 Krankheitsphasen hinter sich. Während diesen Phasen war sie ein ganz anderer Mensch. Jedesmal musste sie hospitalisiert werden, danach kam sie zurück nach Hause und wurde normal. Denn jede Episode der Krankheit hatte allerdings gewisse Spuren hinterlassen. Sie wird jedesmal deutlich abgestumpfter, passiver und geistig nicht mehr fit.
Obschon sie die Herausforderungen des Alltags (nur der Haushalt) irgendwie noch bewältigt, merkt man schon, wenn man sie länger betrachtet, dass mit ihr nicht alles in Ordnung ist. Die medikamentöse Behandlung verursacht ja z.B. leichtes Muskelnzucken, Verspannungen im Gesicht.
Eigentlich habe ich mich schon damit abgefunden, dass es so ist. Das ist einfach Schicksal und es heißt gar nicht, dass ich das auch bekommen werde. Ich bin eine "normale" Person, mehr sogar, ich bin eine ziemlich starke Person (musste es werden, um z.B. mit der Krankheit meiner Mutter klar zu kommen). Ich studiere mit Erfolg im Ausland und habe keine Komplexe. Nur eben dieses Geheimnis.
In meinem bisherigen Leben habe ich davon nur 3 Personen erzählt. 1. meinem ersten Freund (nach etwa 3 Jahren Beziehung ) Wir waren damals 20. und ich wollte keine Geheimnisse vor ihm haben, deswegen habe ich ihm alles erzählt. Er liebte mich sehr und war ein ehrlicher Mensch, aber ich hatte das Gefühl, er kann mich gar nicht verstehen... Unsere Beziehung ist wie ich glaube nicht daran gescheitert. Zumindest nicht seinerseits. Ich machte den Schluss. Diese Bezienung ist den natürlichen Tod gestorben. Vielleicht hat die Krankheit meiner Mutter da doch ihre Rolle gespielt. Vielleicht konnte ich es nicht ertragen, dass er mich nun aus einer anderen Perspektive betrachtet...
2. Person war mein zweiter Freund. Ihm habe ich mein Geheimnis relativ schnell offenbart (jetzt weiß ich, dass es ein Fehler war!) und die Beziehung mit ihm dauerte kurz. Ob da ein Zusammenhang bestand ist schwer zu sagen. Das war bestimmt nicht der einzige Grund, aber ich nehme an, einer von mehreren, dass er mich nach 3 Monaten des Zusammenseins verlassen hat.
3. Person war meine beste Freundin, die sich übrigens im Thema Geisteskrankeiten besser auskennt als ein durschnittlicher Mensch. Ich brauchte damals Hilfe, ich musste meine Probleme loswerden (meine Mutter war gerade in der Krakheitsphase und bereitete viele Probleme, wollte nicht ins Krankenhaus. Das war ein Horror). Ich bedauere es nicht, ihr damals mein Herz ausgeschüttet zu haben, wir sind immer noch gute Freundinnen. Das, was ich ihr einmal erzählt habe ist auch zwischen uns tief "verdrängt", wir haben nie wieder darüber gesprochen. Ich brauchte das auch nicht, denn das Leben wurde wieder mal ruhiger. Meine Mutter kam doch ins Krankenhaus und nach einem Monat wieder nach Hause.
Das ist schon paar Jährchen her. Ich habe mich von diesem letzten "Horror" erholt. Das war die schwierigste Zeit meines Lebens, ich war mit meinen Nerven fast am Ende.
Nun ist aber alles wieder gut. Ich habe seit fast einem Jahr einen Freund. Wir lieben uns sehr und ich denke an eine gemeinsame Zukunft. Ich habe schon seine Eltern kennengelernt. Er, nur meinen Vater, uns zwar ganz "zufällig", als er bei der Arbeit war, kein offizielles Treffen also... Meine Mutter hat er gar nicht gesehen. Und ich spüre, dass er länger so nicht gehen kann. Er will nämlich meine Eltern kennenlernen. Und das musst passieren, früher oder später.
Ich habe ihn nie Lügen erzählt, aber schon vieles verschwiegen, wie ich das auch vor mir selbst verschweige.
Am liebsten, würde ich diese ganze Geschichte unwahr machen, nicht-existent, aber das ist ja nicht möglich. Ich habe Angst, wie er darauf reagieren würde. Vielleicht wird er schokiert sein und mich anders sehen. Als eine andere Person, nicht als diese, die er kennengelernt hat, eine fröhliche, Problem-lose, glückliche. Andererseits muss ich ihm das irgendwann sagen... Spätestens als er meine Mutter kennenlernen wird.
Wie kann ich das aber tun? und wann? Soll ich ihn darauf vorbereiten, aber wie? Kann ich ihn zuerst irgendwie testen, wie er überhaupt reagieren könnte, um mich selbst besser vorzubereiten? Soll ich zuerst etwas andeuten, einen Bogen um das Thema machen, in kleinen Schritten zum Punkt kommen, oder besser direkt?
Ich habe wirklich Angst, dass sich zwischen uns etwas verändert. Ich nehme nicht an, dass er mich sofort verlässt, aber das alles anders wird. und dass er Angst vor mir hat.
Hat jemand einen Rat für mich. Ich weiß zwar, dass es ein seltenes Problem ist. Aber vielleicht war jemand in einer ähnlichen Situation?
Grüsse aus Malaga,
Cintia.
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