Sorry, es folgt ein halber Roman...
In dem gestrigen Gespräch mit meiner Psychologin hat sich herausgestellt, dass meine Depressionen und Angstzustände wahrscheinlich in der Beziehung zu meinem Freund begründet liegen. Wir sind jetzt seit über fünf Jahren zusammen, er ist 26 und ich 25. Er ist ein lieber Mensch, aber er hat große Probleme, seine Gefühle zu zeigen. Er schauspielert viel, um nichts von sich preiszugeben. Das Problem dabei ist, dass er vor anderen nicht zu mir stehen kann, d.h. ein Kuss, eine Umarmung oder „Händchenhalten“ sind für ihn unangenehm. Das kann so weit gehen, dass er in Gegenwart seiner Freunde Witze auf meine Kosten macht oder sehr abweisend zu mir ist. Auf Partys unterhält er sich mit allen ganz toll, nur nicht mit mir. Er herzt und knuddelt die Mädels und ist der charmante verständnisvolle witzige Kumpel, und mich lässt er (meistens) links liegen. Oder er kommt kurz vorbei und gibt mir einen Kuss (das ist schon eine Leistung für ihn) und verschwindet wieder.
Es ist nicht so, dass er sich für mich schämen muss und ich weiß, dass er das auch nicht tut. Aber er will auf keinen Fall offen zeigen, dass ich ihm viel bedeute.
Wenn wir alleine sind, ist auch nur sehr selten Kuscheln angesagt, generell ist er nicht der Typ, der seine Liebe durch Zärtlichkeit ausdrückt. Im Bett stimmt alles soweit, nur seit es mir so schlecht ging (Depression, Angstattacken) ist es seltener geworden, weil mir oft nicht danach war. Da ist er zu meiner Erleichterung sehr rücksichtsvoll, obwohl er eigentlich sehr fordernd ist und viel Sex will.
Besonders in Gegenwart seiner Eltern (er wohnt noch zu Hause) ist er extrem unnatürlich, wenn ich dabei bin. Es hat sich schon etwas gebessert, er umarmt mich jetzt auch mal des öfteren in Gegenwart seiner Eltern. Aber da liegt für mich der Auslöser seines Verhaltens. Er eifert seinem Vater sehr nach, auch wenn er es nie zugeben würde. Und der Vater ist ein „Macher“, nach außen hin nett aber unnahbar und auch nicht sehr liebevoll zu seiner Frau. Macht auch gerne Witze über sie.
Ich bin sicher, dass mein Freund mich sehr liebt und ich liebe ihn auch, aber auf Dauer halte ich das so nicht aus. Mein Körper und meine Seele geben mir ja deutliche Zeichen.
Ich habe ihn oft drauf angesprochen, aber er sagt halt, mehr könne er nicht geben, er sei halt nicht der Kuscheltyp. Ich hatte immer das Gefühl, dass er eigentlich auch gar nicht will. Nur beim letzten Gespräch, wo ich ihm gesagt hab, dass ich emotional sterbe, wenn sich nichts ändert, und ich irgendwann mich selbst retten muss und mich von ihm lösen muss, bin ich an ihn herangereicht. Er hat sehr lieb reagiert und versprochen, etwas zu ändern. Tatsächlich hat sich auch einiges geändert, aber ich habe Angst, dass das nicht auf Dauer ist und der alte Trott sich wieder einschleicht.
Meine Psychologin sagt, ich soll mich nicht dem Schema unterwerfen, das er hat. Mich absichtlich in Gegenwart seiner Eltern auf seinen Schoß setzen oder mich ankuscheln. Halt offensiv an die Sache heran gehen. Werde ich mal versuchen.
Ich habe halt nur totale Angst, dass sich auf Dauer bei ihm nichts ändert (d.h. dass er nie einen Zugang zu seinen Gefühlen findet). Kann man einen Menschen so sehr „umkrempeln“? Hat man überhaupt das Recht dazu?
Kann es sein, dass es ihm gut tut, wenn er auszieht und mehr Abstand zu seinen Eltern hat? Und wenn er anfängt zu arbeiten (studiert im Moment) und etwas „erwachsener“ wird?
Oder muss ich mich damit abfinden, dass er mir nicht das geben kann, was ich brauche? Und die Konsequenz ziehen und mich von einem Menschen trennen, den ich doch liebe? Ich will gar keinen anderen!
Wäre echt froh, wenn Ihr mir schreibt!
Danke!
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