ich wende mich an euch, weil ich nicht mehr weiter weiß. Ein öffentliches Forum ist sicherlich nicht ideal um private Probleme zu erörtern, aber ich habe sonst niemanden.
Ich bin seit über dreißig Jahren verheiratet. Morgen jährt sich mein Geburtstag "fast" zum 60. Mal und nun, wo ich im Herbst meiner Lebenszeit bin, stehe ich vor einem Scherbenhaufen und die beharrliche Stimme im Hinterkopf will nicht weichen, die mir sagt den einfachen Weg zu nehmen und dem Ganzen ein Ende zu setzen. Die Kinder sind bis auf das Jüngste alle aus dem Haus, die Ehe ist ein Trümmerfeld und meine Aussichten im Alter irgendwie alleine zurechtzukommen sehen sehr schlecht aus.
Um euch eine Idee davon zu geben um was es geht muss ich etwas ausholen. Vor einigen Jahren wurde der Job meines Mannes von seinem AG wegrationalisiert. Der freie Fall kam völlig unerwartet und war sehr tief. Unglücklicherweise hat man auch meine freiberufliche Mitarbeit einschlafen lassen, es kamen keine Aufträge mehr. Lange Rede kurzer Sinn, aufgrund des Jugendwahns auf dem deutschen Arbeitsmarkt und aus Gründen der "Überqualifizierung" war kein Job mehr für ihn als Haupternährer der Familie zu finden. Wir gingen ins Ausland mit unseren Kindern, da dort die Aussichten günstiger waren, weil schon Jobzusagen vorlagen. Diese haben sich leider relativ schnell nach Ankunft zerschlagen, weil das Land in eine Rezession rutschte. Also musste schnell irgendein Job her und von da an war es leider für ihn nicht mehr möglich an die frühere Karriere anzuschließen. Wir krebsten so rum für einige Jahre bis heute, wo ich einfach nicht mehr weiß wie es weiter gehen soll. Ich habe den Eindruck, dass jeder in unserer Familie diesen drastischen Lebenseinschnitt von damals (Jobverlust/Umzug/alles Bekannte zurück lassen) noch immer nicht verarbeitet hat. Zwei unserer Kinder haben bereits aus eigenem Antrieb das Beratungsgespräch gesucht, leider erfolglos. Und es kommen Vorwürfe bevorzugt in meine Richtung, weil mein Mann eh nicht hinhört. Mein Mann hat sich über die Jahre hier immer mehr von der Familie zurück gezogen und hinter seinem hiesigen Job verschanzt. Er entwickelt immer mehr Ticks, die ich mir nicht erklären kann und die auch immer schwieriger zu ertragen sind, wie z.B. Futterneid, Kontrollsucht, PC/TV-sucht oder auch monotone Bewegungsticks, die extrem reizbar machen. Auch wird er immer aggressiver mir gegenüber. Er treibt es bis auf die Spitze mit mir "nicht" einer Meinung zu sein. Er stand schon seit ich mit ihm zusammen bin eigentlich immer in Konkurrenz zu mir, er musste von allem immer "das Bessere" haben. In einem schwachen Moment gestand er mir vor einiger Zeit, er müsse mich so behandeln, weil ich sonst zu stark für ihn sei. Ich habe einiges versucht um die Familie und besonders die Ehe zusammenzuhalten. An einem Punkt bin auch ich zur Beratung gegangen, mit dem Ergebnis, dass man mir sagte, wir alle hätten unseren Verlust nicht verarbeitet, die Ehe sei gescheitert und ich hätte meinen Mann schon lange verloren. Das war bitter zu hören.
Ich will an dieser Stelle enden und hoffe ihr könnt euch ein Bild machen. Gerne würde ich verstehen, was passiert ist mit uns und besonders mit ihm. Ist denn wirklich alles zu Ende? Stehe ich wirklich vor dem absoluten Nichts? Bitte seid nachsichtig, ich bin sowieso schon am Boden und würde mich freuen, wenn ihr mir helfen könntet ein wenig Licht im Dunkeln zu finden. Gibt es vielleicht eine Beratungsstelle für die schlimmsten Momente, die ich auch aus dem Ausland erreichen kann?
Vielen Dank für's Lesen und ich würde mich freuen von euch zu hören.
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