Ich bin mir selbst nicht sicher, ob das Schreiben hier etwas bringt, aber irgendwie muss jetzt einfach mal alles raus, weil ich Angst habe, es zerreißt mich sonst.
Ich (w, 36) bin seit elf Jahren mit meinem Mann (39) zusammen, seit vier Jahren verheiratet. Wir haben einen 2-jährigen Sohn, einen Hund und bauen gerade ein Haus. In letzter Zeit merke ich, dass ich zunehmend unzufrieden bin mit meinem Leben, obwohl theoretisch alles so schön sein könnte.
Unser Sexleben ist katastrophal, was in erster Linie an mir liegt, da ich meinen Mann schlicht derzeit nicht (mehr) sexuell anziehend finde. Von mir aus könnten wir ganz auf Sex verzichten, was ich selbst absolut erschreckend finde, aber das ist sogar schon richtig lange so. Also so richtig animalisch ging es bei uns nie zur Sache und das obwohl ich früher kein Kind von Traurigkeit war. Rückblickend betrachtet war es aber immer so, dass ich den besseren Sex mit One-Night-Stands oder in flüchtigen Affären hatte und es in festen Beziehungen immer eher unaufgeregt war. Manchmal frage ich mich: soll es das jetzt echt gewesen sein? So lebe ich jetzt bis an mein Lebensende? Die Vorstellung bereitet mir echt Panik und ich bin todtraurig!
Dazu kommt, dass ich finanziell absolut abhängig bin von meinem Mann. Ihn stört es nicht, da er gut verdient, aber ich denke immer öfter daran, dass ich nach meinem Studium rein noch gar nichts beruflich auf die Reihe bekommen habe und bin deswegen ziemlich frustriert. Ich bekomme von ihm sozusagen monatlich "Taschengeld", aber es ist beruflich für mich rein gar nichts in Aussicht und ich habe auch irgendwie keine wirklichen Ziele mehr in dieser Hinsicht, auf die ich hinarbeiten könnte, was mich in meinem Alter schon arg resignieren lässt. Ich bin jetzt seit 2 Jahren Zuhause und kümmer' mich um Kind und Haushalt etc.
Hinzu kommt aktuell noch ein weiterer Punkt: ich war vor inzwischen 17 Jahren mit meiner besten Freundin im Urlaub auf Ibiza. Dort hatte ich einen heißen Flirt mit einem Engländer, der tatsächlich rein äußerlich mein totaler Traummann gewesen wäre. Habe ihn lange, lange nicht vergessen, aber die Liebe kam dann doch eher einseitig von meiner Seite und er hat den Mailverkehr damals nach dem Urlaub irgendwann einschlafen lassen, worunter ich damals sehr gelitten habe. Jedenfalls fand ich kürzlich meine alten Fotoalben und das Tagebuch, das ich im Urlaub geführt habe, wieder und habe das zum Anlass genommen, ihn im Netz zu suchen. Bin tatsächlich auch in einem Bekannten sozialen Netzwerk fündig geworden und war völlig erschlagen, da er heute noch besser aussieht als ich ihn in Erinnerung hatte. Scheint derzeit irgendwo in Asien durch die Weltgeschichte zu reisen und so ein bisschen abenteurermäßig zu leben. Naja, jedenfalls denke ich momentan ständig an ihn, was zweifellos völlig bescheuert ist, da er an mich vermutlich nicht mehr den Hauch einer Erinnerung geschweige denn anderes Interesse haben wird. Aber ich denke jetzt immer daran, wie toll das in dem Urlaub alles mit ihm war- aufregende Nächte am Strand, Parties etc. und habe so ein schlechtes Gewissen. Manchmal denke ich mir, dass ich echt was verpasst habe in meinem Leben. Ich habe nie längere Zeit im Ausland gelebt, obwohl ich dazu alle Möglichkeiten im Studium gehabt hätte, da ich u.a. Spanisch studiert habe. Und jetzt denke ich ständig daran, dass ich aus meinem jetzigen Leben mit Mann, Kind und Hund auch nicht mal so leicht "ausbrechen" kann. Meine Freundinnen sind alle in ähnlichen Lebenssituationen, aber die scheinen damit völlig zufrieden und glücklich zu sein. Aber ich ertappe mich manchmal dabei, dass ich denke, dass ich so ein 08/15-Leben eigentlich unfassbar langweilig finde und es das doch jetzt bitte nicht gewesen sein kann. Was stimmt denn mit mir nicht!?
Ich muss dazu sagen, dass ich seit 2013 immer mal wieder bei einer Psychotherapeutin in Behandlung bin (ausgelöst durch meine damalige berufliche Unzufriedenheit bekam ich 2013 leichte Depressionen). Habe zwischendurch auch Antidepressiva genommen, die aber nie so richtig angeschlagen haben und die ich dann wieder abgesetzt habe, weil ich mich nicht weiter nutzlos mit Chemie vollpumpen wollte. Aber ich denke halt noch immer viel nach, grübel oft über den Sinn des Lebens und hatte auch schon 1-2 Panikattacken, da mir da auf einmal durch den Kopf schoss, dass unser aller Leben irgendwann vorbei ist, die Welt irgendwann untergeht etc. Klingt für normal denkende Menschen bestimmt sehr abgedreht. Da ich früher solche Gedanken nicht hatte, weiß ich ja selbst, dass es unnormal ist, aber ich kann die eben auch nicht aktiv abstellen.
Ich möchte einfach, dass ich mit meiner kleinen Familie wieder glücklich bin und mir dieser bescheuerte Urlaubsflirt von damals endlich aus dem Kopf geht. Habt ihr Tipps, wie ich mich meinem Mann wieder annähern kann? Irgendwer sagte mir mal, man solle einfach häufiger Sex haben und dann käme das alles von selbst wieder... Ich habe jedoch große Angst, dass ich irgendwann erkenne, dass ich so nicht mehr weitermachen kann oder mich mein Mann damit konfrontiert, dass er eine Veränderung an mir bemerkt. Gibt es Paare, die nach langen Jahren des Zusammenseins noch immer eine große Leidenschaft füreinander hegen oder ist es normal, dass das eher einem Gefühl der Vertrautheit weicht? Das ist doch echt traurig. In unseren Familien gibt es keinerlei geschiedene Paare und auch unsere Eltern sind jeweils seit über 30 Jahren glücklich verheiratet. Wie schaffen die das alle bloß!?
Früher erschien alles so einfach und aufregend. Oder kann das ganze Dilemma tatsächlich mit der stressigen Ausnahmesituation rund um den Hausbau zusammenhängen? Ich beim so verwirrt und fühle mich einfach nur unglaublich unglücklich. Viele Grüße!
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