Ich habe das Thema selbstverständlich schon mit Freunden besprochen, aber ich möchte gerne noch gegenüber unvoreingenommenen, anonymen Personen, mir alles von der Seele reden und möglicherweise noch ein paar Sichtweisen einholen...
Also. Meine Ex-Verlobte [30 Jahre] und ich [32 Jahre] (nachfolgend auch "N." oder "sie" genannt) hatten uns ziemlich genau vor 7 Jahren in einem Chatroom kennengelernt. Man war sich schnell sympathisch, hat viel miteinander geplaudert, irgendwann die Mobilnummern ausgetauscht und eins führte zum anderen.
Nach rund 8 Monaten hatte sie bereits einiges an Kleidung und persönlichen Gegenständen in meiner Wohnung deponiert und war eigentlich schon mehr oder weniger bei mir eingezogen, da sie fast täglich dort war, nach nichtmal 1 Jahr wohnten wir dann offiziell zusammen.
Zuvor hatte sie (wieder) bei ihren Eltern gewohnt, da ihre vorangegangene Beziehung in die Brüche ging. Mit ihrem Ex war sie ebenfalls einige Jahre zusammen und wollte diesen sogar heiraten bevor alles den Bach runter ging. Dieser Exfreund trieb sie allerdings mit unbezahlten Rechnungen, Drogen und der Organisation der Hochzeit tief in die Schulden. Wir sprechen hier von rund 80'000.- CHF, also gut 73'000€. Auf denen blieb sie sitzen, musste das ganze irgendwie abzahlen und da sie damit nicht klar kam, griff sie ab und an zur Flasche.
Zu diesem Zeitpunkt wusste ich das allerdings nicht und dachte mir auch nichts dabei, wenn wir uns gemeinsam einen Film ansahen und ich 1-2 Bier und sie irgendwas anderes dazu trank. Ich hatte mich zwar ab und an gewundert, dass sie so viel verträgt, aber ich hatte noch keine Abhängigkeit dahinter erkannt.
Irgendwann später (nach rund 2-3 Jahren) hat sie mir gebeichtet, dass wir anfangs nie nüchtern zusammen intim waren. Für mich ein Schlag ins Gesicht, da ich es natürlich so verstand, dass man mit mir nur betrunken Sex haben konnte. Der eigentliche Grund war natürlich, dass sie nur so die Möglichkeit sah, mir gegenüber locker zu sein und alles irgendwie zu verkraften.
Die Beichte mir der Alkoholabhängigkeit rüttelte unsere komplette Beziehung durch. Ich war fortan gerade im Bett sehr distanziert und hatte für lange Zeit keine Lust, mit ihr zu schlafen. Selbstverständlich war ich ansonsten für sie da so gut ich es konnte. Sie hatte dann irgendwann auch eine Therapie angefangen und für einige Monate war das Problem dann eigentlich auch behoben. Sie war zwar nicht komplett clean und trank noch immer ab und an etwas (bspw. am Wochenende oder wenn wir aus waren), aber es war eine drastische Reduktion erkennbar.
Der Alkohol war somit zwar nicht mehr das Hauptproblem, aber halt vieles was damit zusammen hing. Also mein eigener psychischer Zustand diesbetreffend, die ständige Angst vor einem Rückfall und ihr körperliches Problem: sie hatte durch den Alkohol rund 15kg zugelegt. Das mag nun sehr oberflächlich klingen, aber sie war dadurch nicht mehr die Person die ich kennengelernt hatte, ich fand sie nicht mehr allzu attraktiv.
Dies wurde dann zum langen Streitthema, bis sie sich tatsächlich irgendwann dazu durchringen konnte, Sport zu machen (wobei ich einige Zeit sogar mit dabei war und ebenfalls das Fitnesscenter besucht hatte). Sie wurde einige Kilos wieder los und wurde natürlich körperlich wieder attraktiver, meine Blockade im Kopf blieb aber leider. Ich hatte aufgrund ihres Geständnisses kaum mehr Lust auf Sex mit ihr, was an ihr natürlich auch nicht spurlos vorbeiging.
Während alle dem hatte sie im Laufe der Jahre auch diverse Jobwechsel, aus verschiedenen Gründen. Hauptsächlich jedoch, konnte sie mit Stress nicht umgehen. Wenn es ihr zu viel wurde, hat ihr Hirn einen Schalter umgelegt und sie bekam Migräne, liess sich krankschreiben, blieb zu Hause und verlor durch dieses Verhalten immer und immer wieder ihren Job. Dies musste sie natürlich ebenfalls verkraften. Anstatt sich aber mir anzuvertrauen, fragte sie einen alten Bekannten um Rat: den Alkohol. Also wieder mitten in der Sucht.
Das ganze ging während rund 5,5 Jahren unserer Beziehung so. Ständiger Jobverlust, Arbeitslosigkeit, Alkoholsucht, darum Flaute im Bett, kein Geld für Urlaub, etc. und man merkte einfach, dass wir beide nur noch selten Fröhlich waren - es sei denn, wir unternahmen Ausflüge miteinander.
Vor nicht ganz 3 Jahren erfüllten wir uns einen kleinen Traum und bezogen ein Reihenhaus miteinander, mit tollen Nachbarn usw. es war super und es gefiel uns hier extrem gut. Leider mussten wir kurz darauf ihre Hündin krankheitshalber einschläfern lassen, wodurch auch noch extreme Trauer Einzug hielt. Ein paar Wochen später entschieden wir uns dann aber für einen Welpen und unser Haus füllte sich erneut mit Leben und Lachen, wir waren oberflächlich gesehen glücklich. Ab und an hatten wir auch wieder Sex, jedoch bei weitem nicht so häufig wie man es eigentlich erwarten dürfte, aber einige male war das Liebesspiel dann auch wirklich sehr erfüllend, vor allem für sie. Das brachte zumindest temporär etwas mehr Schwung ins Schlafzimmer, doch die Geldprobleme, Jobprobleme usw. blieben natürlich bestehen. Und somit war auch ich nicht der Strahlemann schlechthin, sondern auch öfters nicht allzu gut drauf - weil mich das alles einfach sehr stark mitnahm.
Doch ich war mir einer Tatsache stets bewusst: ich liebte sie aus tiefstem Herzen und somit erfüllte ich ihr auch einen langersehnten Herzenswunsch und hielt im Sommer 2016 im Urlaub um ihre Hand an.
Wieder daheim machte sie sich natürlich an die Grobe Planung, doch das Schwert des Damokles schwebte noch immer über uns. Einen Job hatte sie zwischenzeitlich wieder ergattert, doch ihr Arbeitgeber hatte sie dermassen mit Arbeit zugeknallt, dass sie öfters zu Hause noch 3 Stunden Überzeit absolvieren durfte, welche ihr nichtmal bezahlt wurde. (Ihr Chef meinte, es sei IHR Problem, wenn sie mit der Arbeit nicht fertig würde - darum keine offiziellen Überstunden). Dies trieb sie erneut in die selbe Situation: Stress, Migräne, daheim bleiben, Alkohol.
Letztendlich hatte sie sich im Februar 2017 zu einer weiteren Entzugstherapie entschlossen, weil sie wieder täglich im Übermass trank. Gleich im Anschluss an diese, begann sie eine Traumatherapie um auch die Ursache des Alkoholproblems endlich zu isolieren und zu bekämpfen. Blöd nur: in der Traumastation wurde sie nicht kontrolliert und nach ein paar Wochen fing sie dort auf ihrem Zimmer an zu trinken, weil sie es sonst nicht aushielt, weil die körperliche und v.a. mentale Veränderung einfach zu viel war für sie.
Dazu kam, dass ich sie somit von Februar bis Mitte Mai kaum zu Gesicht gekriegt hatte. Sie war 24/7 auf der Station, kam nur am Wochenende nach Hause und lag dann vor allem im Bett um Schlaf nachzuholen. Meistens reichte die Zeit dann genau damit wir zusammen essen und evtl. einen Film schauen konnten, dann musste sie wieder los. Somit wurde die Distanz zwischen uns nur noch grösser. Sie hatte sich dermassen verändert, dass ich viele (neue) Seiten von ihr gar nicht kannte.
Ich war bis dahin ihr Dreh- und Angelpunkt, ihr alles. Plötzlich war sie von der Therapie wieder zu Hause und als ich von der Arbeit kam, sass bereits eine ihrer Freundinnen auf unserem Sofa, oder sie meinte nur "ich bin dann heute Abend weg", oder "ich hab Freunde da, du kannst gerne was für dich machen". Ich wurde also plötzlich nicht mehr gebraucht, im Gegenteil, ich hielt mich sogar für unerwünscht. Im offenen Gespräch mit ihr bejahte sie das auch zum Teil und sagte, dass sie nun halt viel selbständiger sei und sie eigentlich nun von mir erwarte, dass ich mich endlich um meine Probleme kümmern würde (Stichwort verlorenes Vertrauen zu ihr wegen Alkohol, etc.) und ich mich nun auch verändern solle. Dazu sei noch angemerkt: sie hätte die Therapie noch ambulant weiterführen sollen, damit sie jeden Abend nach hause konnte. Dies hat sie nach ein paar Tagen abgebrochen "weil sie vom Personal genervt war".
Nach ein paar Gesprächen führte das eigentlich zum Konsens, dass wir beide so nicht weitermachen konnten und wollten und wir entschieden uns an jenem Tag gemeinsam dafür, das Vorhaben zu beenden und fortan getrennte Wege zu gehen. Das war am Samstag vor rund 3 Wochen. 2 Tage später kam sie zu mir und meinte, sie hätte das alles nicht so gemeint, sondern hätte nur meine ehrliche Meinung hören wollen. Ausserdem sei sie zum Zeitpunkt des Gespräches sowieso nicht nüchtern gewesen (sie trinkt täglich seit sie aus der Therapie kam).
Mein Entschluss stand allerdings: ich habe keine Kraft mehr, ich kann so nicht weitermachen und zusehen, wie sie sich irgendwann in den Tod säuft. Ich selbst kann ihr nicht helfen, ich bin kein Profi und diese ständige schwarze Wolke über unserem Haus macht mich fertig.
Nun hatte sie während ihrem Aufenthalt in der Klinik (keine Ahnung ob Entzug oder Trauma) einige neue Leute kennengelernt, unter anderem einen Kerl der mir in einigen Punkten sogar ähnlich sieht. Ich kam auch schon mal von einem Konzert nach Hause und der Typ sass mit ihr auf dem Sofa, wobei ich mir im ersten Moment nicht viel dabei dachte, auch wenn ein kleiner Verdacht unterbewusst bereits vorhanden war. Doch an diesem Freitag 16.06.17 kam der Typ ebenfalls vorbei und nachts um 2 hörte ich auf einmal Geräusche, die sich bei genauerem Hinhören als rythmische Bewegungen sowie heftiges Gestöhne entpuppten. Aus unserem Schlafzimmer. Aus meinem ehemaligen "Ehebett". Während ich zu Hause war.
Ja, wir waren nicht mehr zusammen, aber ich war (und bin) dermassen wütend, dass ich sofort einige Sachen in meinem Rucksack gestopft und die Nacht bei einem Freund verbracht hatte.
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