Zu meiner Situation muss ich ein bisschen ausholen:
Ich bin knapp 51, war 25 Jahre verheiratet. Wir führten eine normale Ehe ohne große Höhen und Tiefen, relativ ruhig und haben eine erwachsene Tochter. Mein Ex-Mann ist ein Verstandsmensch ohne große Gefühlsduselei. Allerdings konnte ich mich auf ihn 100 % verlassen. Ich habe mich von ihm vor 2 1/2 Jahren getrennt, weil ich in meiner Midlife-Crisis war und in dieser Zeit wieder Kontakt zu einer Jugendliebe gesucht habe. Eigentlich suchte ich den Kontakt nicht, um meine Ehe zu beenden, zumindest nicht bewusst. Unser Umfeld und auch mein Ex-Mann waren alle wie vom Donner gerührt, da alle unsere Ehe als perfekte Ehe ansahen. Ich hatte mich allerdings schon jahrelang nicht mehr wohlgefühlt, bin eher ein gefühlvoller Mensch und hatte in Bezug auf Gefühle große Entzugserscheinungen. Ich fühlte mich einfach von Anfang an von ihm nicht richtig geliebt (was wahrscheinlich auch von meinem mangelnden Selbstwertgefühl herrührt).
Mit meiner Jugendliebe, zu der ich 30 Jahre keinen Kontakt hatte, bin ich jetzt in einer Fernbeziehung (500 km) zusammen. Wir sehen uns aller 3 Wochen am Wochenende, was wir beide auch gut so finden, da wir in der Zwischenzeit unseren Interessen unbeschwert nachgehen können. Allerdings habe ich mir im Moment eine Auszeit erbeten, weil ich die Beziehung so auf Dauer nicht aushalte.
Mein Partner ist das komplette Gegenteil von meinem Ex-Mann. Am Anfang, in den ersten Monaten, war alles perfekt und ich hatte das Gefühl, jetzt angekommen zu sein und den Partner fürs Leben gefunden zu haben, der mich richtig liebt und mit dem ich auf einer Wellenlänge liege. Er war total gefühlvoll, umsorgt mich, macht Komplimente, genau das, was mir jahrelang gefehlt hat - und auch der Sex ist im Gegensatz zu meiner vorigen Beziehung nahezu perfekt. Allerdings gehen seine Emotionen sowohl ins Positive als auch ins Negative. Er rastet sehr schnell aus und ist dann gern mal beleidigend. Wenn wir dann darüber reden, sieht er es aber meist nicht ein, sondern schiebt den schwarzen Peter zu mir, dass ich ihn nur kritisieren würde und dass ich mir eine Traumbeziehung vorstelle, die ich niemals, bei keinem Mann, bekommen würde.
Unsere letzte Diskussion war Anfang dieser Woche. Wir vereinbarten am späten Nachmittag, dass wir abends telefonieren. Es gab eine wichtige Sache zu besprechen, ein Familienstreit (in den er mit involviert war), der uns beiden auf der Seele lag (mir besonders, da ich harmoniesüchtig bin), sich nun aber geklärt hatte und ich bzw. wir nun einfach nochmal darüber abschließend sprechen wollten. Wir vereinbarten ein Telefonat nach seinem Abendessen. Ich wartete auf einen Anruf von ihm, aber er legte sich nach dem Abendessen einfach hin und schlief ein. Diese Situation gab es schon öfters und mich stört das total und war deswegen auch schon vorher einmal richtig sauer. Ich fühle mich dann regelrecht versetzt von ihm (für mich ist das Telefonat wie ein Date) und ihm anscheinend nicht wichtig genug. In dem jetzigen speziellen Fall wusste er genau, welche Gedanken ich mir gemacht habe und wie wichtig mir ein Gespräch gewesen wäre.
Ich rief ihn dann von mir aus später an, merkte aber, dass er gar nicht richtig bei der Sache ist. Er war total kühl und genervt. Das Gespräch wurde dann kurze Zeit später unterbrochen (nicht durch einen von uns) und ich wartete, ob er sich nochmals meldet. Das passierte nicht, wodurch ich natürlich noch saurer wurde. Am nächsten Morgen dann erhielt ich einen ganz lieben Guten-Morgen-Gruß per Whatsapp, als ob nichts gewesen wäre. Daraufhin rief ich ihn an und sagte ihm, dass ich sauer bin und dass ich mich fühle, als ob ich ihm nicht wichtig bin. Da wurde er beleidigend mir gegenüber, ich müsse mich mal hören, ich hätte Minderwertigkeitskomplexe und und ... Ich beendete das Gespräch und schrieb ihm danach, dass ich mich nicht beleidigen lasse, ich den Eindruck habe, er ist nicht kritikfähig und dass ich eine Auszeit in unserer Beziehung brauche, wo wir beide darüber nachdenken sollten, ob wir mit der Beziehung noch zufrieden sind. Er schrieb mir zurück, er liebt mich mit meinen Schwächen und Stärken und bis hoffentlich bald. Keine Entschuldigung bezüglich der Beleidigung. Er sieht es einfach nicht, dass er einen Fehler gemacht hat.
Nun meine Fragen nach diesem ellenlangen Text:
Bin ich zu anspruchsvoll? Erwarte ich zuviel? Hätte ich vielleicht mit meiner Ehe schon zufrieden sein müssen? Mein Ex-Mann war mir eher wie ein guter Freund. Und in der jetzigen Beziehung? Fordere ich zuviel von meinem Partner? Soll ich mich zufrieden geben mit dem, was er mir freiwillig gibt und ihn ansonsten lassen, wie er ist und z. B. akzeptieren, wenn er lieber schläft als mit mir reden will? (Ich hätte es verstanden - wenn auch Zähne knirschend - wenn er mir geschrieben hätte, dass er zu müde zum Anrufen ist. Aber er wollte es ja selbst, er hatte sich nachmittags ja noch drauf gefreut!). Und besteht die Möglichkeit, dass er sich mit Mitte 50 noch ändern kann und seine Aggressionen in den Griff bekommt? Er ist nicht nur zu mir so, generell geht er schnell auf die Palme.
Wie gesagt, ansonsten, wenn er nicht austickt, ist er lieb und nett (hat zwar auch weitere kleinere Macken, aber mit denen kann ich leben und die machen ihn auch liebenswert) und ich bin gern mit ihm zusammen und es könnte nicht schöner sein!
Da er sich bei mir bis jetzt für sein Benehmen nicht entschuldigt hat, gehe ich davon aus, dass er, je länger ich warte, um mit ihm wieder Kontakt aufzunehmen, immer wütender auf mich wird.
Wie soll ich reagieren? Für Ratschläge und gute Hinweise wäre ich sehr dankbar.
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