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Probleme nach Suizid des Vaters

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  • Probleme nach Suizid des Vaters

    Guten Tag liebe Onmeda-Gemeinde,

    da mich das obige Thema seit einigen Wochen beschäftigt wende ich mich an dieses Forum. Zuerst möchte ich einmal meine Situation beschreiben.

    Mein Name ist Christian, ich bin 24 Jahre alt und bin momentan mit einem dualen Studium beschäftigt, in welchem zumeist 6 Tage die Woche (Betrieb + Fachhochschule) gearbeitet wird. Ende 2011 ist meines Erachtens nach der Ursprung meines heutigen Problems. Ende November 2011 hat mein Vater den Freitod gewählt und ist ohne Nachricht aus dem Leben geschieden. Hinterlassen wurden leider sehr wenige Dinge, hauptsächlich Trauer und ein hoher Berg finanzieller Schulden, von denen meine Mutter noch nicht einmal etwas wusste.

    Ich bin ein intelligenter, aufgeweckter, humorvoller und ehrlicher Mensch (gewesen). Nach dem Tod meines Vaters war - wie in vielen beschriebenen Fällen - nichts mehr so wie vorher. Meine Mutter musste in der ersten Zeit starke Antidepressiva nehmen und hat sich im Schlafzimmer vergraben. Alles, was mit dem Tod meines Vaters zutun hat (Ausschlagung des Erbes, Bestattung, Trauerrede, organisatorische Übernahme aller Gespräche bei Stadt, diversen Banken etc. habe ich zumeist allein getragen). Von meinen Freunden waren die Wichtigsten da und haben mir gut zugesprochen.

    Natürlich hat man in einer Trauerphase Zeiten, in denen es einem selbst sehr schlecht geht. Mein Vater wird nicht wieder auferstehen, er wird alle meine zukünftigen Höhen und Tiefen nicht mit erleben. Was mich vor allem geprägt hat (das stelle ich mittlerweile fest) sind Ängste über das Alleinsein und darüber, allein gelassen zu werden.

    Objektiv habe ich den Tod meines Vaters für alle Aussensstehenden gut überwunden. Wie soll es auch anders sein, schließlich bin ich derjenige gewesen, der meine Mutter und anderen Angehörigen gut zu reden mussten ("ich funktionierte"). Auch ich habe heftige Trauerpassagen hinter mir, habe mit vielen Leuten sehr reflektiert darüber gesprochen, geweint etc. Lange nach dieser Zeit hatte ich den Eindruck mich nicht an jemanden binden zu können. Nun habe ich seit etwa 5 Monaten einen neuen Partner.

    Unsere Beziehung fing sehr schön an und sie ist es auch heute noch für mich, dennoch habe ich manchmal das Gefühl, dass ich innerlich etwas abgestumpft bin. Um es kurz zu fassen - ich empfinde manche Gefühle nicht mehr so stark wie früher, sei es aus Protektionismus oder welchen Gründen auch immer. Manches Mal dominiert die Angst, alleine zu sein, möglicherweise, sich schützen zu wollen.

    Der Höhepunkt war der Zeitpunkt, als mir meine Freundin vorherige Woche sagte, dass sie mich liebt, was ich einfach nicht erwidern konnte. Nach einem langen Gespräch habe ich ihr mein Problem erklärt, was sie leider nicht ganz so leicht verstehen kann. Das widerrum kann ich auch verstehen, schließlich ist das eine besondere Situation. Es ist einfach so, dass ich diese Wörter, oder manche Gefühle nicht mehr so zeigen oder erwidern kann, wie es einmal war. Eine Art kleines Gefängnis, aus dem ich nicht so ganz herauskomme.

    Insgesamt bin ich leider etwas ratlos. Ich habe mit mehreren Menschen darüber gesprochen, die mir leider auch nicht viel raten können. Hat jemand mit obiger Situation Erfahrungen? Ist es unterbewusst möglicherweise immer noch das Verarbeiten, das Alleinsein, was mich prägt?

    Für jede Antwort bin ich sehr dankbar.

    Christian


  • Re: Probleme nach Suizid des Vaters

    Ist es unterbewusst möglicherweise immer noch das Verarbeiten, das Alleinsein, was mich prägt?
    Hallo Chris,

    ich kenne ähnliche Situationen/Erlebnisse und auch das was du über deine Gefühle schreibst.

    Ich habe den Eindruck das du möglicherweise ein paar Gefühle, vielleicht nicht zugelassen und dementsprechend auch nicht verarbeitet hast.
    Gefühle in Verbindung mit dem Tod und dem Erbe deines Vaters, sowohl mit der Krankheit deiner Mutter, wodurch dir ja einiges aufgebürdet wurde.
    Es ist ja nicht nur eine lapidare Trauer, die jeder gleich erlebt und alle mit denen man redet auch verstehen.
    Deshalb lassen wir beim drüber reden auch manchmal bestimmte Gefühle und Gedanken weg, verdrängen sie weil es sich nicht gehört, bekommen ein schlechtes Gewissen und können deshalb manchmal gar nicht aufarbeiten was aufgearbeitet gehört.

    Beim Suizid nahestehender Personen kann man auch einiges an Vertrauen verlieren, was zur Folge haben kann das man versucht sich nicht mehr mit so viel Emotionen an jemanden zu binden.
    Unbewusst meidet man die große Liebe, Verbundenheit, Zusammengehörigkeit um den Schmerz eines möglichen Abschiedes zu vermeiden.
    Man schützt sich vor etwas das befürchtet wird, eigentlich gar nicht eintreten muss, aber eben könnte.

    Du scheinst im Bezug auf deine Freundin einer Trennung vorzubauen, dann tut das nur halb so viel weh sagt dir dein Unterbewusstsein.
    Ich denke du musst lernen wieder Vertrauen zu fassen, etwas zu wagen, denn weh tut es vor allem wenn man einer Trennung vorbaut sobald eine Beziehung beginnt, auch wenn es unterbewusst ist.

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    • Re: Probleme nach Suizid des Vaters

      Guten Abend Tired,

      vielen Dank für deine Antwort. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es ein Problem des Vertrauens ist, aber unterbewusst kann das durchaus sein. Insgesamt belastet mich das Ganze, weil ich mir mit ihr wirklich sehr sicher bin (zumindest objektiv, oder subjektiv exkl. Unterbewusstsein). Es ist scheinbar für mich einfach schwierig diese Blockade zu lösen. Ehrlich gesagt weiss ich auch nicht so ganz wie ich das schaffen soll. Ausserhalb dieser Geschichte bin ich sehr selbstbewusst (was auch keine Fassade ist).

      Ich danke dir nochmals für deine Antwort.

      Christian

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      • Re: Probleme nach Suizid des Vaters

        Ich meine damit nicht das normale Vertrauen, das sicher trotzdem vorhanden sein kann.
        Ich meine eher eine Art Urvertrauen, das ins Wanken gekommen ist, was einem suggeriert das man niemals sicher sein kann.
        Denn schließlich wurdest du von einer Person die für dich da sein sollte, auf die du dich am Meisten verlassen kannst, die dich sehr liebt, einfach so verlassen, ohne Erklärung.
        Das macht etwas mit einem, das kann das Vertrauen das andere dich nicht einfach so verlassen würden ins Wanken bringen.

        Vielleicht hilft es dir deinen Gefühlen nachzugehen, eventuell mit Unterstützung.

        Kommentar



        • Re: Probleme nach Suizid des Vaters

          "Es ist scheinbar für mich einfach schwierig diese Blockade zu lösen. Ehrlich gesagt weiss ich auch nicht so ganz wie ich das schaffen soll."

          Haben Sie schon mal eine Psychotherapie erwogen?


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          • Re: Probleme nach Suizid des Vaters

            Ich bin der Meinung, man wird wie von selber wieder frei von Hemmungen und Blockaden, wenn man wenig darüber spricht, oder wenn, dann in einem Ton von Belanglosigkeit.
            Wenn ich bei mir merke, ich lasse kaum mehr jemand zu mir, werde verschlossen, dann rede ich nicht darüber, sondern setze gezielt Unternehmungen, die dem entgegenwirken, weil mir klar ist, das ist der verkehrte Weg, der führt in die Isolation, da möchte ich nicht landen.
            Chris, ich kann dir nur raten, nimm deine Gefühle zwar wahr, aber nicht zu wichtig. Du hast Freunde, du hast eine Karriere im Blick, du hast eine Geliebte, also hege und pflege diese Schätze und hege und pflege nicht deine Mißstände. Die lösen sich nicht auf, je mehr du drüber grübelst, die bewegen dich nicht mehr, je weniger du dich von diesen Missstimmungen beeinträchtigen lässt.
            Du kannst deiner Freundin beibringen : Liebe ist da, nur manchmal ist sie überdeckt von Störungen. Was nichts bedeutet, wenn man sich mal gut versteht. In Liebesstimmung zu kommen geht leicht für jemand, der frei ist von Schmerzen, das bist du eben noch nicht so ganz.
            Gib dir einen Klaps und sag dir, ich bin auf dem Weg, nicht mehr lange und dann habe ich meine alte Form wieder. Dieser Schlag hat wie ein Tsunami einiges vernichtet, das wird friedlich und heimlich wieder gerichtet, dafür sorgen schon innere Selbstheilungskräfte. Zerstöre diese "Arbeit" in dir nicht, indem du dich hinhockst und zu leiden beschließt.
            Suggeriere dir andere Sachen. Welche, die dich fröhlich machen. Baue an der netten Seite von dir, nicht an der ängstlichen.
            Vergleiche das mit Sport. Je fitter du bist, umso mehr macht er Spass. Schimpfen, weil du unfit bist macht dich nicht stärker. Oder mit wem lange drüber reden.

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            • Re: Probleme nach Suizid des Vaters

              Wenn mir nach Isolation ist, dann steckt garantiert eine Beleidigung dahinter, dann bin ich über etwas beleidigt, gekränkt, wütend, oder zwingend niedergeschlagen. Das kann jedem passieren, dass er unfähig ist, gewisse Erfahrungen und Erlebnisse freundlich auszulegen und sie wegzustecken. Im Laufe der Lebensgeschichte aber wird man immer mehr einsichtiger, diese Kränkungen waren wie Stürme für einen Baum. Je mehr er geschüttelt und gebeutelt wird, umso fester reichen die Wurzeln ins Erdreich. Wachstum entsteht nicht ohne gewisse Krisenzeiten.
              Es ist kindisch, sich von der Liebe entfernt zu wähnen, wenn keiner da ist. In dir IST sie, immer, stets, von Anfang bis in Ewigkeit. Alleine ist man NIE. Du und dein Geist, ihr seid ein Team, das unzertrennlich zusammen lebt. Ich bin sicher, das merkst du eh auch eines Tages selber. Ich hoffe es, für jeden.

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              • Re: Probleme nach Suizid des Vaters

                Es ist mir gerade in den Sinn gekommen- ein junger Mönch hat seinen Meister gefragt, Herr, wie komme ich von meiner Angst los?
                Der Meister stand auf, umklammerte einen Baum und rief, wie komme ich vom Baum los...???
                Gute Nacht. Lieben Gruß zur Morgenstund.

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                • Re: Probleme nach Suizid des Vaters

                  Hallo Christian, tut mir sehr leid, dass du das durchmachen musst. Und dass du keine Unterstützung von deiner Mutter bekommen konntest,
                  denn du bist eigentlich entschieden zu jung, um das alles allein zu stemmen. Aber du scheinst das ziemlich gut hinzubekommen und alle Wellen,
                  die einen nach so einem schweren Schlag immer wieder überkommen, sehr intensiv zu nehmen.

                  Trauer kann einen verändern, das stimmt.

                  Oft entdeckt man bei allem Schmerz ungeahnte Ressourcen und Fähigkeiten in sich.
                  Und manchmal eine andere Sicht auf das eigene Leben, verbunden mit der Ahnung, was man
                  künftig nicht mehr hinzunehmen bereit ist oder gern ändern würde.

                  Ich glaube, man geht aus einer Trauerphase grundsätzlich als ein anderer Mensch hervor.
                  Aber ich bezweifle, dass sie dann zu Ende ist, wenn andere einen als wiederhergestellt betrachten.

                  Es braucht Zeit, man spricht nicht umsonst von einem Trauerjahr und in Fällen, wo der Verstorbene vergleichsweise jung war und unglücklich starb dürfte selbst das etwas knapp bemessen sein. Du brauchst noch Zeit!

                  Dass du abgestumpft sein könntest, glaube ich gar nicht, erstens fühlst du ja schon in diesem kurzen Text alle
                  erdenklichen, unterschiedlichen Dinge und zweitens kommt das Lachen aus derselben Fabrik wie das Weinen.

                  Dr. Rieckes Vorschlag, eine Therapie in Erwägung zu ziehen finde ich gut, vielleicht eine auf Kurzzeit angelegte oder eine Trauerbegleitung
                  (die hättest du nämlich schon in den ersten Monaten mindestens seitens deiner Familie dringend benötigt).

                  Mich irritiert etwas deine Formulierung, die ich sonst nur aus Witwengesprächen kenne: "Nun habe ich seit etwa 5 Monaten einen neuen Partner."
                  Wer war dein alter Partner?
                  Und ist dieser neue Partner deine Freundin?

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                  • Re: Probleme nach Suizid des Vaters

                    Puuh... das ist Hart, hast du ein ganz Enge freund? Einer der dich in alle Lebenslage bei Seite stehst? Einer der dich auffängt wenn es eng ist...?
                    Das mit dem " Ich liebe dich & soo", ach das ist nicht so wichtig, das Thema Liebe hat gerade eine Kleine Erkältung, es braucht Zeit, um sagen zu können ich empfinde wie ich es sage... & solange es so nicht ist, gibt es kein " Muss"... Du hast " Genug" funktioniert... den alles was du so bisher geschafft hast, ist es auch der not passiert, aber auch aus liebe! um eben auch nicht dazu zu verlieren was da ist, daher sollte dein Akku von Lippen Bekenntnisse verschont werden... den das belastet. ( Allerdings nur Momentan). Deine Freundin wird soll warten müssen, etwa 1 Jahr, das ist sicher drin... & wenn nicht kennt sie noch nicht wie " Tief" liebe ist.

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                    • Re: Probleme nach Suizid des Vaters

                      Vielen Dank für alle weiteren Antworten.

                      Tired, ich denke deine Formulierung trifft es sehr gut auf den Punkt. Möglicherweise spielt das Urvertrauen hier wirklich eine große Rolle. Vielen Dank auch für die vielen aufmunternden Worte. Ich habe mit Sicherheit einiges leisten müssen, weil es einfach nicht anders gegangen wäre. Ich muss noch hinzufügen, dass ich bereits eine einjährige Psychotherapie abgeschlossen habe. Zwar hilft dies in der ersten Zeit weiter und professioneller Rat gibt immer eine gewisse Sicherheit und einen geeigneten Backround, dennoch ist das kein Allheilmittel. Am Ende muss man sich selbst ausraffen. Insgesamt bin ich mir daher unsicher, ob es noch einmal sinnvoll ist, eine weitere Therapie anzustoßen.

                      Found, das mit der Formulierung "Partner" soll keineswegs irritieren. Ich bin 24, hatte natürlich vorher auch Partnerinnen/Freundinnen, wie auch immer, ich bin für mein Alter einfach rhetorisch etwas professioneller

                      Rini, ich habe wenige sehr gute Freunde und das ist auch in Ordnung. Die, die ich habe sind allzeit bereit, für mich da zu sein. Ich bin aber auch jemand, der sich eventuell zu selten öffnet. Mit meiner Freundin rede ich über alles. Gerade gestern habe ich über diesen Verlauf im Forum mit ihr gesprochen. Sie ist gewillt, diesen Weg mit mir zusammen zu gehen, das erleichterte mich. Dennoch bleibt der Funken Restangst, dass ihr das über den Kopf wächst erst einmal bestehen.

                      Christian

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                      • Re: Probleme nach Suizid des Vaters

                        Am Ende muss man sich selbst ausraffen. Insgesamt bin ich mir daher unsicher, ob es noch einmal sinnvoll ist, eine weitere Therapie anzustoßen.
                        Da hast du recht, die Hauptarbeit muss man alleine machen.
                        Es wäre wohl sinnvoll wenn du weißt was du von einer Therapie erwartest und auch neue Ideen hast.
                        Es wäre sinnvoll wenn du nicht weißt, wie du dich aufraffen sollst und wozu.

                        Ich weiß nicht wie sich deine Therapie gestaltet hat, ich schätze mal vor allem in Gesprächen über den Tod, wie man damit umgehen soll, den Vater, die Mutter usw.
                        Wenn du damals deine Gefühle bzw. deine abwesenden Gefühle, nicht angesprochen hast dann konnte die Therapie in dieser Beziehung natürlich auch nichts ausrichten.
                        Mir scheint das du jetzt ziemlich genau weißt wo es ein Problem gibt, was dich stört und dir das Leben schwer macht. Du kannst es dem Therapeuten also recht genau sagen, auch was du dir von einer Therapie erwarten würdest.
                        Ich denke wenn diese Punkte zutreffen, dann würde sich eine Therapie vielleicht doch lohnen, gerade weil dann ein klares Problem und auch ein Ziel definiert ist.
                        Klar, aufraffen um das erarbeitete umzusetzen muss man sich auch dann noch, der Vorteil ist halt die Sicht von Außen und ganz besonders die Reflektion der eigenen Sichtweise und die Impulse wie man etwas ändern kann, die sich daraus ergeben.
                        Das hat man nicht so gut wenn man das alleine versucht, auch mit Freunden und Freundin im Boot, ist das manchmal nicht so hinzubekommen.

                        In der Psychotherapie gibt es spezielle Übungen, um an seine Gefühle heranzukommen und Anregungen wie man damit umgehen könnte.
                        Das sind halt so Sachen die man zuhause eher weniger hin bekommt und ich denke etwas kann man aus so einer Therapie immer mitnehmen, sofern man sich auch außerhalb weiter damit beschäftigt.

                        Die Frage ist, brauchst du eine Therapie, oder hast du das Gefühl das es auch so zu machen ist?
                        Das ist aber auch eine Frage die sich der Therapeut beim Erstgespräch stellen wird und wenn er meint das Therapie keinen Sinn macht, dann sagt er dir das auch.

                        Die Wartezeiten sind ohnehin so lange, das du getrost Termine machen kannst und bis dahin wahrscheinlich auch genau weißt ob du eine Therapie als Unterstützung brauchst, ansonsten kannst du ja wieder absagen.

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                        • Re: Probleme nach Suizid des Vaters

                          Guten Morgen Tired,

                          meine Psychotherapie ist ungefähr so gelaufen wie du es beschrieben hast. Zum damaligen Zeitpunkt habe ich alle Faktoren angesprochen, die mich belastet haben. Ich habe auch in der Therapie geweint, mir wurden Ratschläge gegeben, nur wurde mir auch immer wieder gesagt, dass ich eigentlich nicht psychisch belastet bin.

                          Der damalige Therapeut hat mir natürlich Hilfestellungen gegeben, mir aber auch gesagt, dass eine normale Psychotherapie psychisch gesunde Menschen krank macht.

                          Ein Kernelement ist vor allem das Alleinsein, welches (subjektiv) empfunden zugenommen hat. Gerade zu diesem Themen haben wir tiefe und weite Analysen vorgenommen. Einerseits muss dazu gesagt werden, dass ich schon als Kind oft umgezogen bin. Bis zum Alter von 18 ca. 6 Mal und das erste Mal mit etwa 7 Jahren. Meine Eltern konnten sich meist nicht richtig in eine Gemeinschaft integrieren, was dazu führte, dass auch ich selten lange einen Freundeskreis halten konnte, geschweige denn neue Kreise aufbauen konnte. Auch wurde ich seitens meiner Eltern oft alleine gelassen. Jahrelang (als ich im Alter von 14-21 Jahre war) prägten finanzielle Sorgen den Diskurs der Familie. Es gab viele Streitigkeiten, meine Mutter hatte zwei Jobs, mein Vater einen, beide hatten einfach keine Zeit. Gerade im Abitur, wo alle Auto und Co. hatten stand ich öfters mit stundenlangen Wartezeiten bei öffentlichen Verkehrsmitteln und konnte meinen Führerschein erst spät erledigen.

                          Meine beiden Eltern haben auch selbst psychisch Probleme. Während mein Vater drei Geschwister hat, die alle in langjähriger Psychotherapie war bezüglich der Familie (sind einige heftige Dinge vor gefallen), wurde meine Mutter auch früh alleine gelassen (Vater gestorben, mehrere Partner sind einfach abgehauen). Sie hat gleichzeitig auch einen Suizidversuch hinter sich. Es gab viele Dinge, die sie teilweise so aufgebracht haben, dass sie schnell "kopflos" reagiert. Sie ist psychisch labil, wenn nicht deutlich labil und auch in Therapie und Trauerbegleitung.

                          Diese ganzen Elemente, gepaart mit dem Tod meines Vaters lösen in mir auch das Grundproblem aus, sich teilweise "allein zu fühlen unter Massen". Es sind genug Menschen vor Ort und auch für mich da - mitlerweile. Es war aber zu lange nicht der Fall. Ich denke ich kenne es gar nicht richtig, mich auszusprechen, obwohl ich das heute besser kann als früher. Insgesamt ist das das Hauptproblem, der Tod meines Vaters die resultierende Spitze des Eisbergs.

                          Viel Analyse am Morgen. Ich wünsche euch vorab ein schönes Wochenende.

                          Christian

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                          • Re: Probleme nach Suizid des Vaters

                            dass eine normale Psychotherapie psychisch gesunde Menschen krank macht.
                            Hallo Chris,

                            ehrlich gesagt halte ich diese Aussage für sehr gewagt und vor allem abschreckend.
                            Ich kanns mir vorstellen, wenn man nach Schäden sucht und der Therapeut dabei massiv Einfluss nimmt und man selber auch dahingehend beeinflussbar ist.
                            Bei einer ganz normalen Psychotherapie aber eher nicht und ganz besonders nicht wenn derjenige vollkommen gesund ist.
                            Ich denke wenn eine Therapie schadet, dann ist man in erster Linie an einen Therapeuten geraten dessen Wissen nicht fundiert genug ist und in zweiter Linie dürfte man selber dann doch ein Problem gehabt haben, das diese Wirkung auslöst.
                            Bei einer tiefenpsyhologischen Therapie kann ich mir das noch vorstellen, deshalb sollte man die auch nur bei dafür ausgebildeten Therapeuten machen und wenn man keine Therapie braucht, wird diese normalerweise auch abgelehnt.

                            Im Grunde kommt es aber vor allem darauf an das du selber weißt ob du es alleine schaffst oder nicht und was du ändern möchtest, wo der Schmerz sitzt.
                            Ein Therapeut orientiert sich ja immer an dem was du ihm erzählst und normalerweise passt das dann schon.
                            Das Therapien sich negativ auswirken habe ich eigentlich bisher nur im Zusammenhang mit Therapeuten gehört, die die einzig wahre Lösung für sich beanspruchten und ihre Schützlinge dahin drängten genau das zu tun und zu hinterfragen, was auf sie selber zutreffen würde und kaum Individualität zuließen.
                            Es ist aber so das in einer guten Therapie der Weg gesucht wird der deiner ist, Lösungen die von dir kommen, große Beeinflussungen oder Bewertungen ein Nogo sind und der Therapeut darauf achtet das du dich eben nicht in etwas verrennst was dich krank macht.
                            Außerdem gibt es generell natürlich nur eine Therapie wenn diese auch notwendig ist, aber in einer normalen Therapie passiert, soweit ich weiß, nichts das dich krank machen würde, ansonsten wäre ja auch jeder gesunde gefährdet der sich mit sich selber beschäftigt.

                            Aber ok, wer weiß, vielleicht war ich nie gesund genug um beurteilen zu können ob eine Therapie krank macht.;-)

                            Ich denke aber, egal ob mit oder ohne Therapie, die Auseinandersetzung mit deinen Problemen wird dir sicher weiter helfen.
                            Gerade denkst du ja auch ein Stück weiter als noch vor einiger Zeit und alleine das Durchschauen der Mechanismen, weshalb man so ist wie man ist, weshalb man so denkt, oder fühlt, ist etwas das dabei hilft wieder in Gleichklang zu kommen und da bist du sicher auf einem guten Weg.

                            Dir auch ein schönes Wochenende!

                            L.G.

                            Kommentar


                            • Re: Probleme nach Suizid des Vaters

                              "dass eine normale Psychotherapie psychisch gesunde Menschen krank macht."

                              In Psychotherapeutenkreisen sagt man eher, dass Psychotherapie bei Gesunden am besten wirkt ...

                              Kommentar


                              • Re: Probleme nach Suizid des Vaters

                                Ich glaube nicht, dass eine Psychotherapie Gesunde krank macht. Aber was ich definitiv weiß,
                                ist, dass es schwierig ist, einen Psychotherapeuten zu finden, der richtig gut und jedem Schlauberger gewachsen ist.
                                Du bist ziemlich gewandt und eloquent, ein Therapeut, der sich durch all deine klugen Selbstgewissheiten
                                gräbt und zu einem Kern gelangt, der dir noch verborgen ist, dürfte ein Glücksfall sein.

                                Ich habe aber einen Tip, der dir vielleicht zunächst
                                absurd erscheint: Such dir eine Trauergruppe.

                                Vielleicht gefallen dir die anderen Gruppenmitglieder nicht oder
                                der/die Gruppenleiter/in, es sind oft keine sonderlich glamourösen
                                oder brillanten Menschen, die sich freiwillig mit diesem Thema befassen.

                                Aber ich mache gerade selbst die Erfahrung, dass das hilft. Obwohl ich mich
                                allwöchentlich in einem Kreis von Leuten wiederfinde, die fast alle viel älter
                                sind als ich und die ich normalerweise niemals kennengelernt hätte, ist dieser
                                Termin mir ziemlich wichtig geworden.

                                Weil uns alle eine Erfahrung eint, die man erst machen muss, um wirklich
                                mitreden zu können. Und weil Dinge, die ich kaum zu denken, geschweige denn
                                auszusprechen wage, dort für alle etwas normales sind. Wenn man einen Menschen verliert,
                                gibt es so viele ambivalente Gedanken und Gefühle, vor allem Schuld ist ein Thema, das -
                                mag es auch noch so weit hergeholt und absurd sein und einen jeder Mensch im eigenen
                                Umfeld davon freisprechen- das tief sitzt und quält, ganz gleich, wie man es rational betrachtet.

                                Zwar glaube ich nicht, dass man im Alter von 24 Jahren schon alle Blockaden in sich lösen
                                kann und auch nicht, dass man das muss, schon gar nicht nach einem Schicksalsschlag.
                                Perfekt zu funktionieren ist nicht nötig, ein bißchen schief darf man schon sein, vieles
                                löst sich auch im Lauf der Jahre mit Zunahme von Erfahrungen und Erkenntnissen.

                                Aber der Austausch mit anderen Trauernden kann -so seltsam es vielleicht klingt- etwas Leichtigkeit,
                                und Nachsicht dir selbst gegenüber in dein Leben bringen und das kann ein ganz guter Boden für
                                Wahrhaftigheit und deine Fähigkeit zu lieben sein.


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                                • Re: Probleme nach Suizid des Vaters

                                  Guten Abend an alle,

                                  vielen Dank für die Ratschläge und das Thema Psychotherapie/Therapeut. Ich denke insgesamt nicht, dass es nötig ist eine weitere Therapie einzugehen. Mal abgesehen davon, dass ich viele Menschen in meiner Umgebung habe, die mich unterstützen, wäre es doch ein hoher Aufwand genau den Therapeuten zu finden, der - wie viele hier geschrieben haben - der wirklich Richtige ist. Ich denke auch nicht, dass eine Therapie hier großartig Blockaden lösen würde. Trauergespräche sind vielleicht eher sinnvoll, auch hier müsste ich mich mal informieren.

                                  Danke für alle weiteren Antworten.

                                  Christian

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                                  • Re: Probleme nach Suizid des Vaters

                                    Lieber Chris,

                                    Ich habe den ganzen Thread sehr aufmerksam gelesen weil ich mir auch gerade Gedanken um die Lösung ähnlicher Probleme mache. Auch mein Vater hat sich im Sommer 2011 das Leben genommen - nach einer jahrelang andauernden sehr extrem ausfallenden bipolaren Störung mit begleitendem Alkoholismus. Damals war ich 24 und hatte gerade meinen Bachelor fertig gemacht. Da zu dem Zeitpunkt meine Familie (meine Mutter und meine Stiefmutter, die zweite Frau von meinem Vater) im Urlaub waren, war ich auch die ersten Tage alleine mit der Situation und in der Wohnung die mein Vater zurückgelassen hat. Ich habe hauptsächlich seine Wohnung aufgelöst und auch die Trauerrede gehalten. Es war für mich wichtig alles intensiv mitzunehmen, denn ich dachte alles was ich in dem Moment versäume, kann ich nicht wieder nachholen. Danach habe ich ein relativ außergewöhnliches Leben geführt und viel im Ausland gelebt und gearbeitet. Besonders Island hat mir so gut gefallen wegen der beindruckenden Natur und der Stille und auch ganz besonders weil ich das Gefühl hatte mich dort ein bisschen langsamer ausdrücken und bewegen zu können als ich es in Deutschland tun muss.
                                    Mittlerweile bin ich 28 und habe vor 1,5 Jahren erkannt, dass ich mich wieder verwurzeln und erden muss. Dabei hat mir auch mein Freund geholfen den ich vor 2,5 Jahren kennen gelernt habe. Einerseits festigt mich unsere Beziehung sehr, doch andererseits spüre auch ich meine seelischen Wunden dadurch mehr wie wenn ich alleine bin. Mein besonderes Problem ist, dass es mir schwer fällt intimität zuzulassen und ich deshalb oft sehr unglücklich bin und Schuldgefühle habe. Ich glaube das hat damit zu tun, dass ich unterbewusst nicht glauben kann, dass mir Liebe (zu einem Mann) wirklich gut tut und was Schönes ist. Mein Freund und ich reden sehr viel darüber, doch die Fortschritte die ich mache im Vertrauen üben sind mir zu langsam, sodass ich mich momentan auch nach einer Psychotherapie umschaue. Allerdings wiederum geht es mir vlt. auch da ähnlich wie Dir, kognitiv bin ich sehr reflektiert und selber schon Hoppy-psychologin und habe das Gefühl, dass es schwer ist einen Therapeuten auf Augenhöhe zu finden. Ich wollte Dir auch schreiben damit Du merkst, dass du nicht alleine bist. Im übrigen habe ich noch eine Bkannte die 2011 ihren Vater durch Suizid verloren hat.

                                    Mittlerweie wohne ich wieder in Deutschland in einer großen Stadt und mache gerade meinen Master. Es geht also weiter und ich bin zuversichtlich, dass kein Gefängnis lange ein Gefängnis bleibt sobald man es als ein solches erkannt hat. - Wobei ich dieses Gefängnis-Gefühl gerade in Bezug auf eine Liebesbeziehung glaube sehr gut zu kennen.

                                    Ich würde mich freuen, wenn du dich meldest, dies ist das erste mal, dass ich überhaupt irgendwas außerhalb technischer Schwierigkeitn in einen Thread schreibe.

                                    Alles Gute Dir!

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