> Vorne weg nochmals <
Meine Eltern sind seit einiger Zeit, ich schätze so mindestens an die 10 Jahre, verheiratet. Mein Vater hatte vor der Ehe mit meiner Mutter schon mal eine Frau, mit der er 3 Kinder hatte. Die hat er dann aber alle samt für meine Mutter verlassen. Ich habe jetzt noch einen Bruder, der ca. 10 Monate jünger ist, als ich. Seit ich zurück denken kann, war ich schon immer das Papa-Kind, und habe alles von ihm bekommen. Mein Bruder war da um einiges ärmer dran als ich. Soviel zur Vorgeschichte.
> (noch) Alles in bester Ordnung <
Mein Vater ist das typische Beispiel für Alleinherrscher. Bejaht man ihm und gibt ihm immer Recht, tut er alles, was du von ihm verlangst. Das wusste ich mir damals zu nutzen, und genoss seine volle Aufmerksamkeit. Mama war blöd, bei der musste ich zu früh ins Bett, und zu McDonalds ist sie sowieso nie mit mir gefahren. Ich also - das typische Papa-Kind. Mein Bruder war immer ärmer dran als ich. Ich musste nur mit der Wimper zucken, und die kleine siebenjährige Rotznase konnte zufrieden dabei zusehen, wie ihr sechsjähriger Bruder Anschiss wegen einer total unscheinbaren Kleinigkeit, die ich gepetzt hatte, bekam. Alles perfekt.
> Wer nicht spurt, der bekommt's zu spüren <
Vor ein paar Jahren ging der ganze Stress los, ich kam das erste Mal richtig mit meinem Vater in Streit, als ich meinen ersten Freund hatte (viiiiiiel zu früh, was für eine schreckliche Erfahrung). Damals war mir das aber egal, ich war glücklich mit meinem Freund. Nur mein Vater hat einen wahnsinnigen Aufstand gemacht (ich war ja sein Papa-Kind). Seitdem ging alles den Bach runter. Ich hab eben eingesehen, dass es ganz und gar nicht toll ist, ihm IMMER Recht zu geben, hab mich gegen ihn aufgelehnt (wenn auch nur ein bisschen, ich hatte schon oft Angst vor ihm), und versucht, mein Leben endlich mal unabhängig von ihm zu leben, so wie ich das will. Prompt hat er meinen Bruder zum Papa-Kind ernannt, und ich war unten durch. Doch das nicht sofort. Es war eine furchtbar laute und aggressive Zeit, er hat mir oft gedroht, mit schlimmen Sachen, hat mich angebrüllt, klein geschrieen, mir wahnsinnig Angst eingejagt. Erst dann kam irgendwann die lange Phase des „Ignorierens“ seinerseits gegenüber mir. Ich hab mich total zurück gezogen, es ging einiges, nein, viel daneben zu diesem Zeitpunkt, in meinem Leben. Irgendwann bin ich meiner Mutter wieder näher gekommen. Und hab Sachen erfahren, die ich lieber nie näher erläutert bekommen hätte.
> Vergangenheit / Wahrheit <
Schon kurz nach dem wir auf die Welt gekommen waren, hatte er gedroht: "Haust du jemals mit den Kindern ab, bring ich euch alle um". Das, was ich in den letzten Jahren ertragen musste, musste sie schon ihre gesamte Ehe ertragen. Misstrauen, Eifersucht, Hass, Aggressionen, hier und da mal ein Schlag. Seine ehemalige Frau hat er anscheinend (vielleicht sogar vor Gericht, so genau weiß ich das nicht) geschickt abgezogen und sogar noch Unterhalt von ihr bekommen, und das, obwohl er selbst eine eigene Firma hat, und gut Geld verdient. Er hat sie immer einschüchtern und kontrollieren wollen. Und er scheint es immer noch zu schaffen. Er rastet oft aus, wegen Kleinigkeiten. Nicht ausrasten im Sinne von: er schlägt dann um sich oder so. Aber er schon .. Wutanfälle eben.
> Paralysiert <
Ich war nach diesen Erzählungen schon ziemlich schockiert. Ob das alles wahr ist, weiß ich nicht genau, meine Mutter ist inzwischen schon ziemlich paranoid geworden, und eben sehr eingeschüchtert und verzweifelt. Da bin ich mir nicht so sicher, ob sie nicht doch ab und an mal übertreibt.
> Mutter und Tochter <
Dann haben wir angefangen, uns zusammen zu tun. Ich hab sie sehr oft wieder aufgebaut, wenn sie total am Ende war. Kleinigkeiten haben oft gereicht, um sie aus der Bahn zu werfen. Zum Beispiel als er ihre Sachen, die sie selbst bastelt, herstellt und verkauft (eine ihrer sehr großen Leidenschaften), in seinem Firmengebäude, nach einer Ausstellung, eingeschlossen hatte. Ob Absicht, oder nicht, weiß ich nicht. Sie war überzeugt, dass es pure Absicht gewesen sei, hat mich heulend vom Bahnhof abgeholt, und das Zeug wieder nach Hause gefahren. Ich hab sie immer getröstet, und gesagt: "Wehr dich! Wenn dir etwas nicht passt, dann tu was, du bist nicht machtlos, du hast auch Rechte!" Und sie hat dann genickt und sich etwas beruhigt. Meinem Vater hat das nicht gepasst, dass wir uns angefreundet haben. Er meinte immer: "Dann zieht doch aus! Ich will euch hier sowieso nicht mehr haben!".
> Mein Bruder steht mitten drin <
Die Sache mit meinem Bruder war und ist schwierig. Seit er die volle Aufmerksamkeit meines Dad's genießt, ist er alles andere als unparteiisch geworden. Kann ich aber voll und ganz nachziehen. Er genießt jetzt das, was er in den letzten 10 Jahren nicht bekommen hat. Manchmal geht er ihm schon auf die Nerven, dann lästert er eben, oder beschwert sich kleinlaut bei uns, aber das war‘s. Richtig wehren würde er sich, glaub ich, nicht. Er gibt meinem Vater jetzt eben immer Recht, so wie ich es damals gemacht habe. Mit meinem Bruder verstehe ich mich aber sehr gut. Wir reden oft darüber, aber eine richtige Entscheidung, für wen er sich denn im Ernstfall entscheiden würde, kommt nie über seine Lippen.
> Raus aus diesem Albtraum! <
Meine Mutter hat die Nase voll. Sie hält's nicht mehr aus. Sie ist jetzt .. "wild" entschlossen, auszuziehen. Mit mir. Sie zwingt mich nicht, aber allein gehen, lasse ich sie nicht. Außerdem würde ich es auf Dauer auch nicht allein mit meinem Vater aushalten. Sie sucht Wohnungen, im Umkreis ihrer Arbeit. Sie verdient gut, die Chancen sind dennoch klein, da das Angebot an Wohnungen in dieser Umgebung eindeutig kleiner ist, als die Nachfrage. Und die Suche wird noch um einiges erschwert, da ich ihr eine feste Bedingung gestellt habe: „Kommt mein Hund nicht mit, gehe ich nirgendwo hin“. Ich weiß, das ist hart, aber mein Hund ist momentan alles, das mir bleibt, und den gebe ich für nichts auf der Welt her. Meinem Bruder konnte meine Mutter nebenbei entlocken, dass er, denkt er, nicht vollständig ausziehen möchte. Eher so: "2 Wochen da, 2 Wochen dort.", oder so in der Art. Das enttäuscht sie natürlich. Wenn der eigene Sohn nicht mitkommt, und bei.. diesem Vater bleibt. Aber sie muss sich damit abfinden. "Heimlich" macht sie sich also mit mir auf, und sucht eine Wohnung. Immer hinter seinem Rücken, wahrscheinlich aus Angst. Ihre Schwester hilft uns dabei.
> Vielleicht ist er ja auch nur ein Mensch! <
Mich plagen die Zweifel. Obwohl wir nicht sehr weit wegziehen würden, ist die Veränderung doch nicht ohne. Außerdem stelle ich mir immer die Frage, was mein Vater dabei wohl durch macht. Sicher, er ist ein riesen ************, ER allein hat uns das alles eingebrockt. Die Frage ist nur: warum? Immer wieder denke ich, kein Mensch tut solche Dinge ohne Grund. Und mein Vater ist auch ein Mensch. Vielleicht ist er nur verzweifelt, vielleicht ist er depressiv. Wie ist es wohl, wenn dich auf einmal Frau und Tochter einfach so sitzen lassen? Ob er nachts wach liegt, und sich schlimme Gedanken macht, und heimlich weint, bei dem Gedanken, dass alles kaputt geht? Dass er alles kaputt gemacht hat?
> Aus Frust mach Sucht? <
Er kauft in letzter Zeit ziemlich viele teure Sachen. Ein Auto für rund 30000 Euro, teure Handyverträge für mich und meinen Bruder (pro Vertrag monatlich 50 Euro!!), neue Computer für ihn, und und und.. Dabei arbeitet er so gut wie GAR nicht mehr! Das geht beruflich schon klar, er ist ja schließlich selbstständig, aber im letzten Jahr hat er vielleicht 4 Monate gearbeitet, das wars! Von seinem Vater hat er zwar etwas vererbt bekommen, aber das hat er damals in sein Firmengebäude investiert, und so viel Geld, für die ganzen neuen Sachen hier, ist da bestimmt nicht einfach mal so hängen geblieben. Ich bin mir nicht mal sicher, wieso er das alles kauft. Vielleicht, um sich bei uns ein zu schleimen? Versucht er durch diese Sachen für uns, was gut zu machen? Oder hat er sowas wie eine Kaufsucht entwickelt? Versucht er seinen Frust im Geld rauswerfen zu ersticken?
> Ist das jetzt gespielt? <
Er hatte sich auch schon mal "heimlich" bei der Schwester meiner Mutter ausgeheult. Angeblich hat er sogar wirklich geweint, meinte, dass meine Mutter und ich ... naja, hinterhältige und unsoziale .., was weiß ich denn, sind. Und dass er große Pläne hat, von wegen mit meinem Bruder in ein Haus ziehen, dass er sich an sein Firmengebäude anbauen will oder so. Er hat sie beleidigt, dass meine Mutter doch total spinnt, wegen dem ganzen Mentaltrainings-Scheiß, den sie macht, die sei doch psychisch gestört (Das beweist übrigens, dass er im Schlafzimmer meiner Mutter rumgewühlt hat, die Sachen versteckt sie nämlich so gut es geht. Als meine Tante das dann meiner Mutter erzählt hat, meinte die nur: "Er hätte es nicht meiner Schwester erzählt, wenn er nicht wollen würde, dass es an mich weiter gesagt wird. Der will jetzt Mitleid."
> Ich bin am Ende <
Mein Kopf zerspringt fast, ich bin hin- und her gerissen, zwischen meiner Mutter, und den (zumindest für mich) schlimmen Sachen, die er uns manchmal angetan hat, und den möglichen Gefühlen meines Vaters. Es ist ein Albtraum, ein ganz schrecklicher Albtraum. Und es kommt mir vor, als ob niemand merkt, oder versteht, was mich da plagt. Furchtbar. Ich habe solch eine Angst, vor dieser Veränderung.
> DAS PROBLEM! <
Das richtig große Problem hingegen: Wie wird das jetzt laufen? Meine Mutter wird wahrscheinlich die Zusage für DIE Wohnung bekommen. Die ist genau richtig für uns. Ausreichend Platz, ein Zimmer für meinen gelegentlich anwesenden Bruder, ein Plätzchen für meinen geliebten Hund, in unmittelbarer Nähe zu meiner besten Freundin, meiner Schule und der Arbeitsstelle meiner Mutter. Und das alles bezahlbar. Perfekt. Fast. Die Zusage haben wir immer noch nicht ganz sicher. Und selbst wenn wir die Zusage bekommen, ist da dieses RIESEN Problem:
Wie sage ich meinem Mann, dass ich mit meiner Tochter und ihrem Hund ausziehen werde?
> Angst vor der Ungewissheit <
Die Frage stellt sich nicht nur meine Mutter. Und vor dieser Offenbarung hat mit Sicherheit nicht nur meine Mutter Angst. Ich habe so wahnsinnige Angst vor seiner Reaktion, was er tut, was er sagt, was er schreit, was er wirft, ich WEIß ES NICHT! Und wie formuliert man so etwas überhaupt? Sie hat vor, das ganze schon in Kürze durch zu ziehen. Am 15. Oktober. Früher. Jedenfalls nach meinem 15ten Geburtstag. Und der ist am 11.10. Meinen Geburtstag wollte ich noch abwarten. Wie wahnsinnig selbstsüchtig das jetzt wohl kommt, aber ich brauche das neue Handy, dass mir mein Vater anscheinend gekauft hat (wie gesagt, ich weiß nicht genau, welchen Grund die ganze Geld-hinaus-Werferrei jetzt wirklich hat). Und den ganzen Stress und Ärger wegen dem Umzug und so weiter möchte ich an meinem Geburtstag nicht auch noch um die Ohren haben (Auf meinen letzten Geburtstagen habe ich mindestens 3 Stunden täglich heulend auf dem Klo verbracht, weil mein Vater mir nicht zum Geburtstag gratulieren wollte).
> Fragen über Fragen <
Es ist alles so .. hoch kompliziert, ich weiß nicht mehr, wie's weiter gehen soll. Ich bitte euch um Rat, schreibt mir eure Meinung: Was kann ich tun? Wie sollte meine Mutter das alles jetzt angehen? Wie könnte es in Zukunft bei uns aussehen, wenn alles gut geht? Wie steht‘s um meinen Bruder, geht so etwas okay, dass er einfach nur wochenweise bei uns wohnt? Und geht das ganze vor Gericht? Ich bin mit dem Thema Scheidung eigentlich ganz gut vertraut, da ich in der Schule im Bereich Wirtschaft lerne, aber alles weiß ich dann auch nicht..
Danke, für ALLE die bis hier her durchgehalten haben, und mir jetzt auch nur im geringsten weiterhelfen wollen, das ist mir so wichtig, vielen vielen DANK!
Aller liebste Grüße!!!
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