Seit Kurzem bin ich wieder in einer Partnerschaft, meinen Freund kenne ich allerdings schon seit über zehn Jahren. Wir haben nie in der gleichen Stadt gewohnt, uns daher nur alle paar Jahre mal gesehen und hatten trotzdem recht durchgehend Kontakt. Meistens über das Internet (Messenger wie Skype ode ICQ), teilweise haben wir auch viel telefoniert. Er wollte immer, dass aus uns mehr wird.
Mittlerweile bin ich Ende 20 und er Anfang 30, er arbeitet Vollzeit, ich studiere Vollzeit im Zweitstudium und arbeite nebenher halbtags. Da wir nicht in der gleichen Stadt wohnen, hat sich die Beziehung von Anfang an auf die Wochenenden beschränkt. Soweit zu den Ausgangsvoraussetzungen.
Seit wir zusammengekommen sind, habe ich an ihm einige eigenartige Verhaltensweisen entdecken müssen.
Zum einen tut er wirklich eklige Dinge (versucht mir seine Finger in die Nase zu stecken, speichelt mein Ohr ein,...) und findet meine darauf folgenden Abscheureaktionen witzig. Kürzlich brachte er mir aus seinem Barcelona-Urlaub eine fäkalabsondernde Krippenfigur mit. Er fand das unheimlich komisch. Ich nicht, hatte ich ihm kurz vorher noch gesagt, dass ich Fäkalwitzchen als persönliche Beleidigung empfinde. Ich kam mir vor wie eine Lehrerin, der man ein Furzkissen auf den Stuhl legt.
Zum anderen scheint er keinerlei Frutrationstoleranz zu haben. Jede Form von Stimmung lebt er sofort an mir aus. Gehen wir beispielsweise in die Stadt um ihm ein Computerspiel zu kaufen und ist dieses ausverkauft, lässt er die daraus resultierende schlechte Laune mich spüren. Blafft mich aus heiterem Himmel an, wird laut und der Tonfall oft aggressiv.
Stehe ich morgens auf um noch Dinge zu erledigen, ist er zumindest den Vomittag über stocksauer und stampft beleidigt durch die Gegend. Besucht er mich unter der Woche, setzt er sich schmollend aufs Sofa sobald ich meine Aufmerksamkeit nicht 100%ig auf ihn richte, weil ich beispielsweise noch Dinge für die Uni tun muss oder meinen Haushalt erledigen muss, in welchem er mir selbstverständlich nicht zur Hand geht, obwohl er den gesamten Tag herumsitzt und PC spielt.
Beeile ich mich morgens, um das Haus nicht im totalen Chaos zu verlassen und räume noch das Frühstücksgeschirr zusammen und mache kurz sauber, ist er angefressen, weil ich die Zeit besser mit ihm hätte verbringen können. Auf die Idee mal Früstück herzurichten oder mir zur Hand zu gehen, kommt er dabei aber nicht, er lässt sich schön von hinten bis vone bedienen und wirft auf der Couch sitzend irgendein portables Playstationgeät an, während ich die notwendigen Dinge erldige.
Er ist insgesamt nur auf sich bezogen: Erwartet, dass nach seinem Geschmack gekocht und eingekauft wird. Wie gesagt ist er auch meist nur über die Wochenenden bei mir. Gehen wir zusammen einkaufen, schlägt das infantile Verhalten noch mehr durch. Ich fühle mich oft wie eine Mutter mit einem 5-jährigen, wenn wir durch die Gänge gehen und er UUUNBEDINGT irgendwas zu knabbern und Schokolade undundund haben will. Natürlich die teuersten Sorten und unabhängig davon was noch offen zuhause herumliegt. Merke ich an, dass einiges noch offen ist, ich das wegen diverser Unverträglichkeiten nicht essen kann und es verdirbt, wenn er es nicht aufbraucht, antwortet er mit "aber wenn ich das doch jetzt haben will!" oder ähnlichem und reagiert patzig und trotzig, wenn er seinen Willen nicht bekommt. Als ich ihn das letzte Mal darauf angesprochen habe, dass er große Mengen Sachen in meinem Vorratsschrank liegen hat, mit denen ich nichts anfangen kann, hat er sie prompt in den Müll befördert. Nun ist bei mir das Geld recht knapp, ein studentisches Budget verkraftet 4-Euro-Schokotafeln nur in geringem Umfang und zugegeben macht es mich ziemlich sauer, wenn er erwartet, dass ich sowas von meinem Geld für ihn einkaufe und er das dann einfach entsorgt, weil er es doof von mir findet, wenn ich ihn bitte doch erstmal die Chips und Aufstriche leer zu machen, bevor neue eingekauft werden.
Solche Geschichten passieren am laufenden Band. Er will unbedingt eine bestimmte Eissorte und ist mir dann beleidigt, weil ich ihn bitte, dass er sich das Eis erst nach unseren Erledigungen kauft, die nächste Eisdiele dann aber die gewünschte Sorte nicht hat.
Schlafe ich auf dem Sofa weil er unfassbar laut schnarcht und wirklich unruhig schläft, ich aber für einen Termin am nächsten Tag fit sein muss, ist er mir den gesamten darauffolgenden Tag beleidigt, pflaumt mich an und lässt sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit seinen Unmut spüren.
Er merkt sich keinen meiner Termine, keine Deadlines, nichts und ist dann angefressen, wenn ich ein paar Tage weniger Zeit zum telefonieren habe oder abends gar nict mehr sprechen möchte, wenn ich nach einem 16h-Tag aus dem Büro komme.
Will er Sex, dann will er den sofort und ist pissig, wenn ich einfach zu müde bin. Sage ich ihm, dass ich abends nichts mehr machen mag, weil meine Woche elendig anstrengend war, meint er, dass ich doch den ganzen Tag Zeit gehabt hätte mich auszuruhen, ohne zu bemerken, dass ich ihm die ganze Zeit hinterherputzen und sonstigen Haushaltskram machen muss, von den Unisachen die ich nebenher tue mal ganz zu schweigen. Er tut nichts. Vorher ist er wieder gefahren und hat überall seine Sachen einfach liegen lassen. Ich muss an den absurdesten Orten Flaschen und Geschirr zusammensammeln. Darauf angesprochen meinte er neulich: "freu dich doch, ist doch wie Ostern".
Dazu trinkt er unheimlich viel und ist dahingehend überhaupt nicht kritikfähig. Allerdings verschlimmert sich dieses Verhalten je mehr er trinkt. Dass ich nichts oder nur sehr wenig trinke stört ihn nicht, bei ihm sind es eigentlich immer über 5 Bier am Abend, oft noch ein oder ähnliches dazu.
Spreche ich ihn mit etas Abstand auf die einzelnen Sachen an, streitet er meist erst ab, behauptet ich würde ja ähnlich handeln und sieht es meist erst ein, wenn ich ihm konkrete Beispiele für analoge Situationen aufzeige, in denen ich mich eben trotz gleicher Ausgangssituation ganz anders verhalte als er. Tatsächlich sieht er das dann auch ein und gibt sich reumütig, aber da sind so viele Situationen dabei, die ich nicht erst ewig lang aufarbeiten will, weil ich einfach davon ausgehe, dass man die in einem gewissen Alter schon selbst hinbekommt.
Ich weiß nicht mehr was ich tun soll. Wir haben uns jahrelang wirklich gut verstanden. Und jetzt endet das in einer so unfassbaren Katastrophe.
Danke für die Geduld und das Lesen.
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