mein Mann (66) und ich (50) sind seit 13 Jahren zusammen und seit 8 Jahren verheiratet.
Die erste Ehe meines Mannes endete nach 30 Jahren, weil sich die Eheleute nichts mehr zu sagen hatten und die damalige Ehefrau seit der Geburt der gemeinsamen Tochter selten Sex wollte, in den letzten 10 Ehejahren sich dem Sex ganz verweigerte (so zumindest wurde mir die Trennung erklärt).
Mein Mann ist kein Draufgänger und schon gar kein Fremdgänger. Er ist liebe- und verständnisvoll, erzieht nicht an mir herum, wir teilen eine ganze Reihe von Interessen, lassen uns jedoch auch genügend Freiraum, obwohl wir beide zuhause arbeiten (sind beide Freiberufler).
Unser Sexualleben war von Anfang an sehr schön, sehr häufig, beiderseits erfüllend und abwechslungsreich.
Bis vor 2 Jahren.
Seither läuft absolut nichts mehr. Null. Niente. Nada.
Vor knapp 3 Jahren nahmen wir - vollkommen ungeplant, weil wir beide ein großes Herz haben - den schwerst traumatisierten Sohn einer ehemaligen Nachbarin auf. Zum damaligen Zeitpunkt war er knapp 9 Jahre; in einem halben Jahr wird er 12.
Damit einher ging eine Menge Stress. Uns war im Vorfeld bewusst, dass die beschauliche Ruhe, welche wir bis dato hatten (unsere eigenen Kinder sind erwachsen und aus dem Haus), vorbei sein würde.
Wie stressig sich das Ganze tatsächlich gestalten würde, ahnten wir damals allerdings nicht.
Damit das Kind aus dem Wirkungsradius seiner Mutter herausgenommen werden kann, zogen wir aus der Wohnung, in welche wir erst drei Jahre zuvor gezogen waren, aus. Die neue Wohnung sollte im Landkreis bleiben, damit der Junge dennoch den Kontakt zur Mutter aufrecht erhalten konnte (sie hat diesen vor reichlich einem Jahr allerdings trotz unserer Bemühungen inzwischen vollkommen eingestellt, was sich belastend auf das Verhalten des Kindes und damit auch unser Familienleben auswirkt). Die Wohnung, welche wir fanden, stellte sich jedoch schon nach wenigen Monaten als Extremschimmelherd heraus, welchen man vor unserem Einzug nur mit Farbe übertüncht hatte. Also zogen wir fünf Monate später noch einmal um, was mit noch mehr Stress für alle Beteiligten einherging.
Die Häufigkeit unseres Sexuallebens nahm ab, worunter wir zunächst nicht litten, denn mitten im Stress waren wir doch hauptsächlich mit anderen Dingen beschäftigt. Doch dann passierte es, dass mein Mann während des intimen Beisammenseins nicht konnte. Ich fand das nicht weiter tragisch, doch für meinen Mann muss das wohl eine Katastrophe gewesen sein. Von diesem Tag an rührte er mich nicht mehr an.
Anfangs nahm ich es wortlos hin, wollte ihm Zeit geben, schuf immer wieder romantische Situationen, aber er ging nicht darauf ein. Irgendwann ging ich zu offenen Gesprächen über, erfuhr erst gar nichts (unangenehme Themen sitzt mein Mann gern schweigend aus), wurde dabei jedoch immer unglücklicher, frustrierter und launischer, was unserer Ehe auch nicht unbedingt zu einem positiven Aufschwung verhilft.
Vor ein paar Wochen reichte es mir dann und ich machte meinem Frust, meiner Sorge und meinen verletzten Gefühlen sehr deutlich, lautstark und heulend Luft, was endlich auch meinen Mann zum Reden brachte. Dabei äußerte er, dass er nicht mehr könne; selbst bei dem Versuch, sich selbst zu stimulieren, ginge nichts mehr. Er hätte permanent Angst vorm Versagen, obwohl er mich nach wie vor sehr liebe und ihm unser Zusammensein ebenfalls fehle, aber er sehe keinen Ausweg.
Meinen Vorschlag, einen Arzt zu konsultieren, lehnte er ebenso ab wie den Vorschlag einer Sexual- oder Paartherapie. Meine Frage, weshalb er jegliches zärtliche Beisammensein unterbinde (außer Küsschen und mal ein paar Minuten Umarmen läuft absolut nichts, was mich sehr kränkt), antwortete er, dass ihm das nichts bringe (worauf ich ihm Egoismus vorwarf, denn unser Sex war noch nie auf den eigentlichen Akt reduziert!).
Gebracht hat alles Reden nichts außer dem schuldbewussten Dackelblick meines Mannes verbunden mit seiner Hoffnung, irgendwann würde sich das von allein geben.
Daran glaube ich nun am allerwenigsten und kann mich nicht damit abfinden, als Frau in meinem Alter auf ein emotionales Abstellgleis geschoben worden zu sein.
Ich liebe meinen Mann, aber dennoch denke ich zunehmend an Trennung. Dies wäre jedoch sowohl für uns selbst, am meisten jedoch für unser Pflegekind eine Katastrophe.
So weiterleben wie derzeit will ich auch nicht.
Und Reden bringt ähnlich viel wie eine Wand knutschen.
Ich weiß nicht mehr weiter.
Danke, dass Ihr bis hierher gelesen habt.
Vielleicht habt Ihr einen Rat für mich, was ich noch tun kann, um für meinen Mann den Druck rauszunehmen, meinen Frust abzubauen, unsere Ehe zu erhalten und unser Familienleben zu harmonisieren.
Leopoldina
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