Also, meine Mutter ist 77, mein Vater ist seit 1,5 Jahren tot. Meine Mutter hatte, solange ich denken kann, immer mit irgendwem Streit. Mal war es mein Bruder, dem sie vorwarf, sein Leben nicht im Griff zu haben, dann hat sie wieder auf meiner Schwester ´rum gehackt, weil das nach ihrer Meinung eine labile Psychotante ist, beide sind ca. 10 Jahre älter als ich. Meinem Vater hat sie solange ich denken kann die Hölle mit verschiedenen Themen heiß gemacht. Das ging oft tagelang, sie hat geredet, geschrien, ununterbrochen, sie hat ihn beschimpft und beleidigt und manchmal auch geschlagen. Als ich 8 war, haben meine Geschwister mit ihr gebrochen. Anstatt denen mußte ich jetzt immer den elterlichen Streitereien bei wohnen mit der Aufgabe, auf Verlangen Partei für sie zu ergreifen.
Solange ich das tat, war ich ihre Liebste und sie hat mir früh zu verstehen gegeben, dass ich es bloß nicht wagen sollte, mich von ihr ab zu wenden. Obwohl ich mich bemühte, ihr bei zu stehen, traf auch mich ihre Aggression oft genug, Das zur Vorgeschichte.
Als Erwachsene hab ich mich schwer getan, mich aus diesem Bann zu ziehen. Zuerst hab ich keinen Kommentar mehr gegeben, wenn sie schlecht über meine Angehörigen geredet hat, dann hab ich ihr mal gesagt, dass ich das nicht mehr hören will. Später hab ich ein gegriffen, wenn sie in meinem Beisein plötzlich auf meinen Vater los gegangen ist. Sie sagte, das geht mich nichts an und er hätte es nicht besser verdient und wenn ich will, kann ich auch Ärger kriegen und...wenn sie gewußt hätte, was aus mir wird, hätte sie ab getrieben!!! Ja, so ist sie, die Mutti...Irgendwann entschloss ich mich, mit meiner Mutter zu brechen, so wie meine Geschwister es schon lange gemacht hatten. Meinem Vater war es verboten, Kontakt zu uns zu haben. Trotzdem hat er mich hier und da an gerufen, vor alllem, wenn sie ihn wieder schlecht behandelt hatte. Mir fiel es schwer, da passiv zu bleiben, aber er wollte sich nicht von ihr lösen.
Er verfiel vor 5 Jahren dem Alkohol, trieb sich in Kneipen rum, wenn zu Hause dicke Luft war, meldete sich auch nicht mehr bei mir und starb im letzten Jahr an den Folgen des Alkoholismus.
Zur Beerdigung hat sich der Rest der Familie wieder gesehen und im Rahmen der Situation haben wir uns selbstverständlich alle anständig verhalten.
Meine Schwester hat seitdem ein distanziertes Verhältnis zu ihr auf gebaut, steht ihr für praktische Fragen zur Verfügung, was ich ziemlich gut finde.
Ich werde seitdem mit Anrufen bombadiert, wie ich es übers Herz bringe, sie, jetzt wo sie eine arme alte Witwe ist, so allein zu lassen. Irgendwann hab ich gesagt, OK, ich komme zu Dir und helfe Dir, bin auch hin gefahren, sind nur 65 km bis zu ihr. Als ich da war, hat sie gesagt, sie braucht meine Hilfe nicht, das machen jetzt schon andere und was für eine mieserable Tochter ich sei, es erst so weit kommen zu lassen, dass sie bei fremden Menschen betteln muss. Mit einer abfälligen Geste bin ich wieder ab gehauen.
Als sie dann wieder bei mir anrief und mich fragte, ob ich mich überhaupt noch im Spiegel ansehen kann, hab ich ihr mal völlig offen erzählt, was ich von der ganzen Geschichte halte, begleitet von ihrem Geschreie und Geheule hab ich ihr ganz ruhig erzählt, dass sie sich ihr Schicksal selbst konstruiert hat, sie ganz einfach auch mal nett sein muss, damit man gern mit ihr zu tun hat und sie sich, solange sie meint, das nicht nötig zu haben, jegliche Zuwendung von mir abschminken kann.
Ein Schritt, den ich schon vor langer Zeit hätte tun müssen. Jetzt, wo sie objektiv betrachtet wirklich alt und hilflos ist, tut es ir schon etwas leid, aber was hab ich für Alternativen?
Ich habe diese Probleme immer für mich behalten, nur mein Lebenspartner ist grob eingeweiht. Freunde und Arbeitskollegen hab ich bewußt in dem Glauben gelassen, dass daheim (Elternbeziehung) alles OK ist, geht die gar nichts an. Jetzt posaunt sie überall rum, dass ich ein Schwein bin und sie, nachdem sie immer eine gute Mutter war (was ich ja selber mein Leben lang vorgespielt habe), im Stich lasse, weil ich mich aus Faulheit vor meiner Verantwortung ihr gegenüber drücke.
Was soll ich denn jetzt dazu sagen? Es gibt 1 Million Situationen, in denen ich die heile Familie vor geheuchelt habe. Was jetzt???
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