Er setzt sich selbst unter Druck bzw. glaubt, sich über den Job seine Selbstbestätigung zu sichern. Mit der Zeit fiel mir dann auf, dass er sich ständig Gedanken und Sorgen über sein Aussehen machte, mal hatte er Selbstzweifel, mal Ärger mit seinem Vater - immer war ich da für ihn. Auch die Tatsache, dass er teilweise noch in der Trauerphase der Trennung von seiner Exfreundin steckte, war zwar nicht schön - ich entschuldigte es aber mit "Altlasten". Denn: Er wollte diese Beziehung unbedingt und er sagt mir auch heute noch, dass ich etwas ganz Besonderes für ihn bin. Dass er mit einer Freundin noch nie so glücklich war und er freut sich über die Innigkeit unserer Verbindung.
Ich erlebe sie trotzdem als "durchwachsen", denn: Ich habe das Gefühl, er kommuniziert nicht offen bzw. ist sich seiner Wünsche und Bedürfnisse gar nicht richtig bewusst. Er sagt immer, er will mich, dass wir bald zusammen ziehen - aber in letzter Zeit streiten wir uns sehr häufig, was teils von ihm, teils von mir ausgeht. Es ist schon sehr schwer, eine Beziehung auf diese Distanz zu führen, besonders, wenn man noch keine konkreten Zukunftspläne hat. Weil er sich alles zu leicht vorstellt, er mir auf der einen Seite erklärt, er wolle zu mir nach Deutschland, auf der anderen Seite bis heute noch keinen Satz deutsch spricht.
Es kommt mir so vor, als bemüht er sich nicht richtig und denkt nur an sich. Das ist zu einem großen Teil auch seiner Kultur zuzuschreiben, aber sicher nicht nur. Wenn er telefonieren, geht es nur um seine Interessen, wer ihn heute wieder angerufen hat, was ihm gefällt. Es kommt mir so vor, als wolle er sich nur den Vordergrund stellen, weil er es nicht ertragen kann, zurück zu stehen oder längere Zeit mal zuzuhören. Sicher, er ist auch mal für mich da und fragt nach meinen Dingen - aber man merkt schon, dass ihn das perifär interessiert, während sein größtes Thema der Job und seine sozialen Kontakte sind. Was ihn höchstens noch interessiert, ist, dass er mich vermisst und mit mir zusammen sein will: Er liebt mich ja so...und von seiner Position aus ist das sicher richtig. Nur leider habe ich das Gefühl, er weiß (noch) gar nicht, was Liebe ist bzw. sich wirklich für jemanden zu interessieren und auf jemanden einzustellen. Das prallt irgendwie alles an ihm ab - kurz: Ich kann mich auch täuschen, aber ich werde den Verdacht nicht los, dass er - wenn es drauf ankommt - nicht zu mir halten würde.
Das mag eine Unterstellung sein, denn ich habe dafür keine Beweise. Er bittet mich immer nur, ihm zu vertrauen und bittet mich, dass ich es doch tun soll. Aber soll ich tatsächlich jemandem vertrauen, der nur von seinen Zielen spricht, gelegentlich selbstgerecht auftritt und schon davon ausgeht, alles besser zu wissen? Er KANN wie gesagt sehr sensibel und einfühlsam sein, wenn er will - spürt sofort, wenn es mir mal nicht gut geht etc.... die andere Seite von ihm ist aber eine sehr ich-bezogene, oberflächliche - und mit diesen Seiten komme ich nicht klar bzw. ich weiß einfach nicht mehr, was ich von ihm halten soll...Kopf und Bauch haben sich schon überdreht.
Natürlich habe ich auch versucht, meinen Anteil zu sehen - ich weiß, dass ich unter Verlustängsten in Partnerschaften leide, was bis in die Kindheit zurück geht: Auch da gab es einen Vater, von dem ich mehr Zuwendung erwartet hätte - doch leider waren ihm Arbeit und Hobby wichtiger bzw. er war eben selten zu Hause. Ich glaube ab da, hatte ich irgendwie intus, dass Partnerschaften mit Abwesenheit und sich ungeliebt fühlen besetzt sind. Natürlich projiziere ich das dann auch auf diese Beziehung und reagiere sehr sensibel auf kleinste ähnliche Muster.
Andererseits ist in der Tat nicht von der Hand zu weißen, dass er ich-bezogen und gelgentlich chaotisch in der konkreten Umsetzung von Zielen ist und - auch beruflich - ist er der Meinung, es müsse alles danach gehen, wie er will. Inwieweit er das auch in der Beziehung beansprucht, weiß ich nicht - er sagt es nicht so konkret, doch habe ich nicht das Gefühl, dass er von sich aus neugierig auf meine Bedürfnisse ist, wenn ich das nicht nachdrücklich kommunizieren würde - aber auch das ist nur ein "Verdacht", für den ich wiederum keinen Beweis habe.
Wenn man ihn dagegen hört, dann dreht er es immer so, als ob er alles für die Beziehung täte und rechnet in Streitgesprächen gerne auf. Will sich als der Vorbildliche darstellen und da merke ich, es geht ihm einfach nur um sich! Es geht nicht darum Einsicht zu zeigen, oder objektiv zu diskutieren - es geht nur meist darum, dass er die "Schuld" an nichts haben möchte. Gelgentlich sieht er dann seine Fehler ein und entschuldigt sich trotzdem - wenn er wieder mehr Durchgang zu seinen Gefühlen hat. Aber es gibt Momente, da ist er verbohrt, stur und fast schon selbstverliebt. Ich frage mich wirklich, was das ist. Aus dem Grund fühle ich mich sehr irritiert, denn ich habe Angst, er ist vielleicht krank oder in Wahrheit der Super-Egoist, ohne dass ich das vorher gemerkt hätte.
Er ist sich dessen auch nicht bewusst und will die Beziehung unbedingt retten. Gestern schlug er mir tatsächlich vor, zum Psychotherapeuten zu gehen, weil er gerne wissen würde, ob es an ihm oder an mir liegt - klar, auch hier wieder die Schuldfrage. Ich glaube, er hat so panische Angst davor zu sehen, dass auch eher fehlbar ist, dass er ständig anderen die Schuld zuweisen möchte. Gepaart mit Sturheit und Selbstdarstellung kommt das bei mir natürlich als kaltes und dominantes Verhalten an, das ich in einer Partnerschaft, die ansonsten zärtlich ist, absolut nicht gebrauchen kann.
Ich weiß im Moment echt nicht, was ich machen soll - wir hatten für Juli drei Wochen gemeinsamen Urlaub geplant. Aber soll ich da unter den Bedingungen nochmal runter fliegen und der Beziehung eine Chance geben oder lieber canceln? Was meint ihr?
LG
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