Wir sind Ende Oktober zusammengekommen, als er mich eingeladen hat, ihn zu besuchen (er hat übrigens sogar das Ticket bezahlt). Er hat sich in mich verliebt, ich mich nach einigen anfänglichen Bedenken in ihn, alles war wunderbar.
Bis ich wieder zuhause war - am Bahnhof hat er mir vor dem Abschied noch gesagt, er würde mich lieben, zuhause hieß es dann, er würde das immer noch tun, ihm seien aber die Zweifel gekommen. Genauso lief es vor Jahren schon einmal, erst war er sich seiner Sache sicher, dann plötzlich nicht mehr, und ihm wäre es am liebsten gewesen, ich wäre kommentarlos verschwunden.
Ich war natürlich stinksauer, erinnerte mich aber andererseits daran, dass er mich, bevor wir zusammengekommen waren, regelrecht darum angefleht hatte, ihn nicht fallen zu lassen, wenn so etwas passieren sollte. Ich hatte ihm versprochen, das nicht zu tun, denn irgendwie wusste ich, dass genau das passieren würde.
Ich fuhr also etwa einen Monat später, Anfang Februar, noch einmal zu ihm, um mit ihm zu reden. Als ich da war, rannte er kopflos aus dem Haus und fuhr zu seinem Bruder, ich hinterher, was ihm ganz und gar nicht passte, aber am Ende kam er sogar mit einem Lösungsvorschlag an: Beziehungspause. Das passte mir wiederum nicht, aber ich sagte zu. An dem Abend redeten wir auch lang und breit über uns ... dabei kam aber nur heraus, was ich schon wusste. Er litt darunter, dass sich jemand wegen ihm hatte umbringen wollen, dass er generell Angst vor starken Gefühlen hat, dass er sich etwas vorgestellt hatte und es anders gekommen war (er träumt viel, teilweise so sehr, dass das für ihn Realität wird und er Leuten "Lügen" erzählt).
Vor meiner Abreise stritten wir uns aber noch einmal heftig, weil ich das Gefühl hatte, er würde unsere Lösung nicht ernst nehmen. Er sagte mir danach, er fühle sich verraten, weil ich das Thema angeschnitten hatte, woraufhin ich wohl ausrastete. Wie auch immer, ich kam dahinter, dass es einen Wendepunkt in seinem Leben gegeben hatte... er ist nicht ganz gesund und wurde mehrmals operiert, und als er kaum eingeschult war, hörte er mit, wie seine Eltern sagten, sie seien bereit, ihn aufzugeben, wenn sie müssten. Seitdem gibt er sich selbst auf, und mir ist aufgefallen, dass er sehr auf meine Stärke angewiesen war.
Als ich bei ihm war, lernte ich auch seine Exfreundin kennen, und die beschrieb mir einen ganz anderen Kerl als den, den ich kannte. Ihr hatte er sonstwelche Geschichten erzählt, außerdem hatte sie den Eindruck, er sei nur auf Sex aus gewesen. Das war bei mir alles anders ... das bilde ich mir übrigens nicht nur ein, das weiß ich sicher. Ich fand es nur erschreckend, dass jemand eine solche Meinung von diesem an sich lieben Kerl hatte, denn wenn er seine Masken fallen lässt, ist er wirklich ein toller Typ.
Mittlerweile redet er schon gar nicht mehr mit mir, obwohl ich es versuche. Als ich bei ihm war, war es für ihn fast unerträglich, wenn ich ihn berührt habe. Meinem Blick hat er kurz bis gar nicht standgehalten. Wenn er in meiner Nähe war, ging das höchstens unter Anstrengung und teilweise auch nur, nachdem er sich einen leichten Rausch angetrunken hatte.
Ich fahre Mitte März, also an Ostern, mit einer Freundin zu ihm und versuche, mit ihm zu reden, aber irgendwie weiß ich auch nicht mehr so wirklich, was ich machen soll oder was mit ihm los ist. Ich habe ihm damals versprochen, ihn in so einer Situation nicht gewähren zu lassen, wie er es gerne hätte, und ich habe ihm, als ich Anfang Februar bei ihm war, auch gesagt, dass ich ihn nicht aufgegeben habe. Versprechen sind mir heilig - die halte ich ein.
Was soll ich denn jetzt tun?
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