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Patientenverfügung

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  • Patientenverfügung

    Hallo Dr. Völkert.
    Ich hatte vor kurzem eine langes Gespräch mit einem Freund und würde gerne wissen, ob eine Patientenverfügung Sinn hat, wenn man sich vor lebensverlängernden Maßnahmen in Situationen, in denen keine neue Lebensspanne eröffnet, sondern nur das Sterben protrahiert wird bzw Siechtum ohne Perspektive das einzige "Outcome" der Behandlung ist, schützen möchte.

    Wie ausschlaggebend sind Aussagen von Angehörigen (die den "mutmaßlichen Willen" des Patienten wohl am besten kennen) in solchen Fällen?

    Vielen Dank.
    Alina



  • RE: Patientenverfügung


    Liebe Alina,
    Antwort folgt morgen.
    F. V.

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    • RE: Patientenverfügung


      Hallo Alina,
      das mit den Patientenverfügungen ist immer so eine Sache. Wer gesund ist, denkt noch nicht über den "worst case" nach; ist eine verhängnisvolle Erkrankung erst einmal eingetreten, sind viele Menschen leider nicht mehr in der Lage, sich entsprechend zu äußern.
      Ich rate Patienten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen immer dazu, rechtzeitig ihren Willen zu artikulieren, dieses auf jeden Fall schriftlich zu fixieren und notariell beglaubigen zu lassen (jährliche Wiederholung der Unterschrift!). Auch die Angehörigen sollten darüber informiert sein und ggfs. die Erklärung vorweisen können.
      Liegt keine Erklärung vor, ist es richtig, vom mutmaßlichen Willen des Patienten auszugehen. Hier betritt man aber immer eine juristische Grauzone. Insbesondere bei mehreren Angehörigen, die sich untereinander manchmal nicht richtig verstehen (kommt häufiger vor als man denkt), bin ich extrem vorsichtig mit dem mutmaßlichen Willen. Auch wenn es zynisch klingt - aber sterben bringt erben...
      Liebe Grüße und schönes WE
      F.V.

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      • RE: Patientenverfügung


        Danke Dr. Völkert. I

        Ich gehöre auch zu den Leuten, denen der "worst case" ziemliches Kopfzerbrechen bereitet. Wie verbindlich ist die Patientenverfügung für den Arzt - zumal ich meinen Willen ja nur relativ allgemein formulieren kann, solange ich an keiner bestimmten Erkrankung leide? Wie kann ich mich dagegen schützen - salopp formuliert - als "Pflegefall" in den "Genuss" des vollen Programms zu kommen? Gibt es Stellen, die hier sowohl juristisch als auch medizinisch beraten, sodass ich nicht meine Zeit, mein Geld und meinen Emotionen verschwende?

        Die Ansichten über die Verbindlichkeit des Patientenwillens scheinen bei den Ärzten sehr stark auseinanderzugehen. Auf einer Intensivstation wurde mir mitgeteilt, eine Patientenverfügung hätte keinen Sinn.

        Liebe Grüße
        Alina

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        • RE: Patientenverfügung


          Hallo Alina,
          nun, eine Patientenverfügung macht schon Sinn. Notariell beglaubigt und möglichst genau formuliert (was bei welcher Konstellation, welche Ausnahmen, Vorgehen im Terminalstadium konsumierender Erkrankungen, wie lange Ernährung, Prognose etc).
          Sicherlich gibt es immer Grauzonen. Beispiel: Pat. mit Verfügung, in der festgelegt ist, daß im Falle einer schweren Erkrankung (zu unpräzise) keine lebensverlängernden Maßnahmen i. S. von Beatmung, parenteraler Ernährung, Analgosedierung etc. gewünscht wird. Was ist, wenn dieser Pat. postoperativ für einen absehbaren Zeitraum beatmungspflichtig wird? Oder: Pat. mit bek. KHK, wird nach einer kardiol. Intervention, z. B. PTCA, wegen Kammerflimmern oder VT reanimationspflichtig. Defi ja oder nein?
          Ich denke, es kommt immer auf den Einzelfall an. Im Zweifel würde ich immer auf den mutmaßlichen Willen des Patienten abstellen, daß bei derartigen Konstellationen und guter Prognose doch eine Intervention gewünscht wird, auch wenn die Verfügung gegenteilig lautet.
          Beratungsstellen gibt es nicht. Auf Medizinrecht spezialisierte Anwälte könnten aber eine Hilfe sein.
          Liebe Grüße
          F. V.

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          • RE: Patientenverfügung


            http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/...tid=2422&all=x
            Hallo Alina,
            obiger Link bezieht sich auf die aktuelle Ausgabe des Deutschen Ärzteblattes. Mal unter "Themen der Zeit" - Grundsätze... nachlesen. Es geht um unterschiedliche Meinungen zur Sterbebegleitung und Patientenverfügung
            F. V.

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            • RE: Patientenverfügung


              Lieber Dr. Völkert,
              vielen Dank für Ihre Antwort und den Link, der vieles von dem, was mich schon seit längerem sehr bewegt, zur Sprache bringt. Ich bin nicht sicher, ob die Diskussion dieses schwierigenThemas im Rahmen dieses Forums angebracht ist, deshalb denke ich, dass ich es besser bei dieser Antwort belassen werde:

              Nein, ich bin bestimmt kein "Defi- oder Respirator-Verweigerer", wenn meine Lebensqualität danch wieder dieselbe ist. Es geht mir hauptsächlich um schwer(st)e zerebrale Schädigungen und (andere) Erkrankungen/Schädigungen, die mit einer starken Einschränkung bis Verunmöglichung der Kommunikation bei erhaltenem Bewußtsein einhergehen. Die Problematik, die sich in diesem Fall ergibt wurde in diesem Artikel klar:

              "Bei der in Punkt III gemeinten Personengruppe handelt es sich im Gegensatz zu den in Punkt I und II genannten Kranken weder um Sterbende noch um solche Patienten, deren Tod wegen ihrer fortgeschrittenen Krankheit voraussichtlich in absehbarer Zeit zu erwarten ist. Vielmehr geht es um Menschen, die trotz ihrer Hirnschädigung und der damit verbundenen schlechten Prognose noch während eines langen Zeitraums von Monaten oder Jahren weiterleben können, sofern ihre künstliche Ernährung gewährleistet ist. Der Verzicht auf diese Maßnahme lässt sich also nicht damit rechtfertigen, dass ein bereits eingesetzter oder kurz bevorstehender Sterbeprozess nicht unnötig verlängert werden soll und aus diesem Grund ein möglicherweise eintretender, nicht aber primär beabsichtigter vorzeitiger Todeseintritt in Kauf genommen werden darf. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass einem anhaltend bewusstlosen Patienten durch eine Sondenernährung iatrogen verursachte zusätzliche Beschwerden zugemutet werden, sodass im Interesse seines Wohls von dieser Maßnahme abzusehen ist. Wer in solchen Fällen auf Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr verzichtet oder sie abbricht, tut dies vielmehr mit der Absicht, den Tod des Patienten herbeizuführen. Er leistet weder eine Sterbebegleitung noch eine Hilfe beim bzw. zum Sterben. Was er tut, ist vielmehr eine Tötung durch Unterlassung, also eine "Hilfe zum Tode".
              Selbst wenn ein solches ärztliches Verhalten durch eine ausdrückliche Vorausverfügung des nunmehr äußerungsunfähigen Kranken legitimiert sein sollte, muss man sich dennoch fragen, ob das Recht des Menschen, einen solchen Willen zu jedem beliebigen Zeitpunkt bei noch vorhandener Einwilligungsfähigkeit zum Ausdruck zu bringen, auch die Pflicht eines Arztes, einer Pflegekraft oder einer Institution nach sich zieht, diesem Willen in der eingetretenen Notsituation zu entsprechen. Wäre dies so, müsste der Arzt ja dem Verlangen eines Patienten nach aktiver Tötung oder Suizidbeihilfe ebenfalls Folge leisten. Ob man den Tod eines Kranken durch passives Unterlassen oder aktives Handeln absichtlich herbeiführt, kann für die ethische Beurteilung nicht ausschlaggebend sein. Hält man die intendierte Tötung durch Unterlassung für ärztlich vertretbar, so tut man sich schwer, die von
              der Ärztekammer zu Recht aufrechterhaltene Tabuisierung aktiver ärztlicher Tötungshandlungen zu begründen."

              Deweiteren bin ich nicht sicher, ob die Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen immer mit ausreichender Analgosedierung einhergeht.

              Liebe Grüße
              *sehr nachdenklich* Alina

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              • RE: Patientenverfügung


                Strenge Maßstäbe für Patientenverfügungen
                Enquete-Kommission will Reichweite von Patientenverfügungen auf irreversibel tödliche Krankheitsfälle beschränken

                BERLIN (hak). Das Mehrheitsvotum der Enquete, die Gültigkeit von Patientenverfügungen auf Fälle irreversibler und tödlich verlaufender Erkrankungen zu beschränken, fällt weit zurück hinter die Forderungen der Ärzteschaft und der vom Justizministerium eingesetzten Kommission unter Leitung des ehemaligen Bundesrichters Klaus Kutzer.

                Die Kutzer-Kommission hatte gefordert, die Zulässigkeit von indirekter Sterbehilfe (Schmerztherapie, die unbeabsichtigt zum Tode führt) und passiver Sterbehilfe (Behandlungsabbruch) - ausschließlich vom Willen des Patienten abhängig zu machen, nicht aber vom Krankheitsstadium. Die Bundesärztekammer hatte in ihren Grundsätzen zur ärztlichen Sterbebegleitung Patientenverfügungen für die darin beschriebenen Situationen als bindend erklärt.

                Die Enquete bezieht sich dagegen mit ihrem Mehrheitsvotum auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2003. Darin wird zulässige Sterbehilfe auf den Zeitraum begrenzt, in dem das Grundleiden "einen irreversiblen tödlichen Verlauf" genommen hat. Demenz- oder Wachkomapatienten sind laut Enquete mit dieser Formulierung nicht gemeint.

                "In einer Situation, in der das Gesundheitssystem einem immer größeren Kostendruck ausgesetzt ist, wäre es geradezu unverantwortlich, die Reichweite von Patientenverfügungen uneingeschränkt auszuweiten", begründete Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) die Empfehlung der Enquete. Der Sinn einer Patientenverfügung könne nur darin bestehen, dem natürlichen sterben seinen Lauf zu lassen. "Gerade wer die Patientenverfügung als ein wichtiges Mittel der Selbstbestimmung ernst nimmt, der darf nicht zulassen, daß sie zum Türöffner für eine implizite Form aktiver Sterbehilfe oder assistierten Suizids gemacht wird."

                Keine Reichweitenbegrenzung mit Ausnahme von Demenzerkrankungen fordert dagegen eine Minderheit der Enquete-Kommission. Bis Montag will sie ihr Votum formulieren. Aufgenommen werden soll darin auch, daß nur in Streitfällen ein Vormundschaftsgericht angerufen werden soll. "Das Selbstbestimmungsrecht und die Freiheit des einzelnen dürfen nicht gegenüber falsch verstandener Fürsorge zurücktreten", sagte Michael Kauch (FDP).

                Ursprünglich wollte die Enquete-Mehrheit die Reichweite der Patientenverfügungen sogar noch weiter begrenzen. Die unmittelbare Todesnähe wurde als Kriterium für die Gültigkeit des schriftlichen Patientenwillens dann aber doch gestrichen, um eine noch größere Mehrheit für das Votum zu bekommen. So werde dem Gedanken des Lebensschutzes Rechnung getragen, ohne die Selbstbestimmung betroffener Patienten unverhältnismäßig zu beschneiden, sagte Thomas Rachel (CDU).

                Noch in dieser Legislaturperiode soll der Rahmen für Patientenverfügungen gesetzlich abgesteckt werden. Enquete-Mitglied Hubert Hüppe (CDU) kritisierte diese Prioritätensetzung: "Stattdessen sollten wir lieber überlegen, wie wir die Palliativmedizin im ambulanten Bereich fördern können." Menschen schmerzfrei zu Hause Sterben zu lassen, sei kostengünstiger und menschlicher.

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                • RE: Patientenverfügung


                  Hallo Dr. Völkert!
                  Hieße das im Klartext, dass ich zur Behandlung gezwungen werden kann, sobald ich mich nicht mehr äußern kann - gegen meinen Willen und gegen den meiner Vertrauenspersonen?? Wie kann ich mich schützen, wenn ich bei schweren cerebralen Schäden (va Wachkoma) definitiv keine Weiterbehandlung wünsche - ohne den behandelnden Arzt in "Teufels Küche" zu bringen?

                  Der vielstrapazierte Begriff "schmerzfrei" ist mir viel zu eng gefasst. Es gibt quälende Zustände und psychisches Leid, das weit über das Vorstellungsvermögen eines Gesunden hinausreicht. Reicht "schmerzfrei" alleine, damit ein Weiter"leben" zumutbar ist? Ist qualvolle Gefangenschaft im eigenen Körper gegen den erklärten Willen des Patienten zumutbar?

                  Muss ich mit der Angst vor Zwangsbehandlung leben? Beinhaltet das Recht zu leben die Pflicht zu leben - um jeden Preis?

                  Alina

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                  • RE: Patientenverfügung


                    Liebe Alina,
                    was soll ich selbst von diesen Empfehlungen halten? Ich denke, daß hier noch nicht die letzte Entscheidung gefallen ist. Ich hoffe nur, daß diese nicht mit der uns bekannten Gründlichkeit fällt, die das Selbstbestimmungsrecht des Menschen in derart wichtigen Lebensentscheidungen eklatant einengt!
                    Wenn ich wieder etwas zu diesem Thema finde, stelle ich es hier 'rein.
                    Liebe Grüße
                    F. V.

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                    • RE: Patientenverfügung


                      Lieber Dr. Völkert,
                      ich hoffe, dass das nicht die letzte Entscheidung war. Manchmal hab ich das Gefühl, dass vergessen wird, dass medizinische Versorgung eine Dienstleistung ist.

                      Wenn man sich gegen die künstliche Ernährung im "worst case" entscheidet - kann man in der Patientenverfügung für diesen Fall um "Terminal Sedation" bitten?

                      Im voraus danke, auch für die Updates zum Thema.

                      Liebe Grüße
                      Alina

                      PS: Ich finde, dass die Möglichkeit, eine Patientenverfügung zu verfassen, viel mehr propagiert werden sollte. Durch die medizinischen Möglichkeiten ist hier ein ganz neuer Entscheidungsraum entstanden.

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                      • RE: Patientenverfügung


                        Liebe Alina,

                        der von Dr. Völkert zitierte Zwischenbericht Patientenverfügung der Enquete-Kommission ist in der Tat nicht mehr und nicht weniger als eine Empfehlung an den Deutschen Bundestag.
                        Eine Entscheidung steht noch aus.
                        Da andere Gremien, wie die Arbeitsgruppe Patientenautonomie des Bundesjustizministeriums, zu einem weit weniger restriktiven Votum gekommen sind - übrigens in Übereinstimmung mit beiden großen Kirchen Deutschlands, als die Enquete-Kommission, bleibt zu hoffen, dass der Deutsche Bundestag nicht dem Votum der Mehrheit der Kommission folgt.

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                        • RE: Patientenverfügung


                          Liebe Lythana,

                          man kann derzeit wirklich nur abwarten. Wie denkst du über dieses Thema? Vielleicht ist es gar nicht schlecht, es hier ein bisschen zur Sprache zu bringen...

                          Viele Grüße
                          Alina

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