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Analgesie

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  • Analgesie

    Sg. Herr Dr. Völkert!

    Gibt es eine Möglichkeit der Analgesie für kurze, aber schmerzhafte Eingriffe (zB Aszites-Punktion), die keine längerfristige Überwachung des Patienten erfordern und ein sehr geringes Risiko bergen - sozusagen eine im "Stationsbetrieb" brauchbare Alternative zum " kurz mal die Zähne Zusammenbeißen"?

    Herzlichen Gruß
    Anja (cand.med.)




  • RE: Analgesie


    Hallo Frau Kollegin in spe!
    Leider (oder zum Glück) gilt für Anästhesie noch immer der alte Merksatz "es gibt zwar kleine chirurgische Eingriffe, aber keine kleinen Narkosen!" Wenn für eine diagnostische oder therapeutische Maßnahme eine kurze Betäubung notwendig wird, so ist dieses immer unter Monitorkontrolle durch einen Narkosearzt durchzuführen! In unserer Klinik verwenden wir für kurze Eingriffe (z. B. Abszeßinzision) die Kombination Propofol/Ketamin S. Die Spontanatmung bleibt dabei erhalten und der Patient kann i. d. R. anschließend sofort zurück auf die Station. Das Verfahren ist wenig belastend. Ich kann aber nur davor warnen, es auf der Station ohne Narkosearzt durchzuführen!!! Es hat bekanntermaßen in der Vergangenheit tödliche Zwischenfälle mit Midazolam (Dormicum) aus der Hand des Unerfahreren gegeben, was den bösen Merksatz prägte "Dormicum haut Leute um". Also: immer schön vorsichtig! Eine reine Analgesie läßt sich mit der Gabe eines potenten Opiates (z. B. Morphin oder Piritramid) erwirken; eine solche Maßnahme kann auch auf einer Staion durchgeführt werden.
    Herzliche Grüße
    Dr. Völkert

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    • RE: Analgesie


      Danke für die Antwort, Dr. Völkert!

      Was war die Ursache für die Todesfällen nach Midazolam-Gabe bzw das Versäumnis des Arztes?

      Ab welcher Morphin-Dosis muss man mit einer Atemdepression rechnen? Wäre Ketamin S in subanästhetischer Dosierung eine Alternative auf der Station? Muss man hier auch mit "psychotomimetischen" Effekten rechnen?

      Wäre zB eine Abszessinzision unter alleiniger Gabe eines Hypnotikums möglich? Ab welcher Stimulusstärke benötigt man zusätzlich ein Analgetikum?

      Herzlichen Gruß
      Anja

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      • RE: Analgesie


        Hallo collega - das sind ja ganz schön viele Fragen! : ))

        also: ad 1: kurz nach Einführung der Substanz wurde sie ziemlich unkritisch eingesetzt, z. B. bei Gastroskopien. Midazolam ist schlafinduzierend, kurz wirksam, macht eine hervorragende Amnesie --- aber auch, wenn zu hoch oder falsch (bei älteren Pat.) dosiert einen Atemstillstand. Wenn dieser dann nicht erkannt und entsprechend behandelt wurde... : ((
        zum Morphin: auch hier gilt alters-, gewichts- und situationsadaptierte Dosierung. - 2,5 mg als Bolus beim 80-jährigen Pat. kann schon böse Überraschungen provozieren!
        zum Ketamin: hat m. E. auf einer peripheren Station, auch in subanästhetischer Dos. nichts zu suchen (Privileg der Anästhesisten!). Um psychomimetische Effekte zu vermeiden (können in jeder Dos. auftreten)gehört zum Ketamin zwingend das Benzo oder Propofol.
        zur Abszeßspaltung: ja, geht auch mit einem Hypnotikum allein (z. B. Propofol) - aber warum soll der Pat. Schmerz erleiden? Bereits der Hautschnitt ist ein starker Stimulus!
        Eine persönliche Frage: haben Sie schon 'mal in der Anästhesie famuliert? Bei dem Interesse!
        Liebe Grüße
        F. Völkert

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        • RE: Analgesie


          Hallo, Dr. Völkert!

          Ja, ich hab schon auf der Anästhesie famuliert - war toll! :-)Vielleicht bin ich deshalb vor kurzem ab und an etwas ratlos auf der Internen neben gewissen Patienten gestanden und hab mich gefragt, wieviel Unannehmlichkeiten für den Patienten zumutbar sind. Schließlich will man ja auch nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen - aber manchmal hätt ich gerne einen Anästhesisten gefragt.

          Bei den endoskopischen Eingriffen unter Midazolam (1-2mg) gab´s prinzipiell keine Überwachung. Weiß nicht, inwiefern das nötig gewesen wäre. Dann gab´s da zB die alte Dame mit ausgeprägtem Lungenödem, die etwas somnolent, aber wohl aufgrund der Dyspnoe sehr unruhig war. Könnte man hier helfen, ohne eine Atemdepri zu riskieren (abgesehen von der Behandlung der Grunderkrankung natürlich)?

          Zum Propofol "pur": Würde man ohne Analgetikum beim Hautschnitt eine Weckreaktion riskieren? Oder anders gefragt: Wie tief ist die durch Propofol (ein Hypnotikum) induzierte Bewußtlosigkeit - könnte der Patient was mitbekommen?

          Wenn ich jetzt so nachdenke, muss ich sagen, dass mir damals nicht ganz klar geworden ist, welchen Anteil das Hypnotikum bzw das Analgetikum an der Verhinderung des bewußten Erlebens von Schmerz hat. Oder ist das Zusammenspiel mehr als "die Summe der Teile"? Wenn man zB während einer balancierten Anästhesie rein theoretisch das Hypnotikum wegließe - wie "schmerzfrei" wäre der Patient?

          Klingt irgendwie chaotisch. ;-)))
          Danke jedenfalls! :-)
          Anja

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          • Herr Dr. Völkert: bitte Kollegin beachten


            Hallo Herr Dr. Völkert,

            zunächst meine Anerkennung dafür, daß Sie sich bereit gefunden haben, dieses Forum zu betreuen.

            ich habe den Eindruck, daß Ihre angehende Kollegin mit ihrem letzten Beitrag vom 28.07 um 21. Uhr noch einige Fragen gestellt hat, auf die Sie bisher noch nicht eingegangen sind.


            Nichts für ungut, aber ich möchte ich Sie schnell mal am Ärmel zupfen und auf den interessierten und engagierten Nachwuchs hinweisen.

            viele Grüsse

            Siegfried

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            • RE: Analgesie


              Hallo Anja,
              so chaotisch ist das alles nicht, was Sie fragen. Ich war schon einige Zeit in der Facharztausbildung, bis mir hinsichtlich des einen oder anderen Problems die Augen aufgingen. Zum Glück läßt sich Medizin nicht immer nach Kochbuchrezepten durchführen, man braucht da die langsam wachsende Erfahrung; wäre das nicht so, wäre das Chaos noch größer. Einer meiner Lehrer im Fachgebiet pflegte zu sagen: erst kommt das Stadium der begründeten Unsicherheit - dann die unbegründete Sicherheit (sehr gefährlich!!) - dann merkwürdigerweise die un-begründete Un-sicherheit - erst dann, nach vielen Jahren der Arbeit und Erfahrung die begründete Sicherheit. - Klingt komisch, ist aber tatsächlich so!
              Nun aber zu Ihren Fragen: Midazolam im Lungenödem ist nicht das Medikament der ersten Wahl. Vielfach verwendet man Morphin, gaaanz vorsichtig titriert. M. sediert, macht eine leichte Euphorie und senkt freundlichereise auch noch Widerstand in der Lungenstrombahn.
              Zum Propofol: klar, der Patient würde eine Wachheitsreaktion zeigen (RR+Puls-Anstieg, Augentränen, unerwünschte Spontanatmung) - tut doch weh! Um keine Reaktion zu provozieren, müßte das Hypnotikum extrem hoch dosiert werden - und das ist aus Sicht des Anästhesisten extrem unelegant!
              Wenn man umgekehrt das Hypnotikum wegläßt und nur Analgetika in hohen Dosierungen zuführt, schläft der Pat. letztendlich auch irgendwie, aber awareness ist dann vorprogrammiert. Ist dann aber auch keine balancierte Anästhesie mehr.
              Noch mal zur Definition: bal. Anästhesie = Einleitung mit Einleitungshypnotikum - Aufrechterhaltung mit Opiat + Hypnotikum, entweder als TIVA oder mit Narkosegas - auch das Gas wirkt ja hypnotisch.
              Alles klar? Wenn nicht - weiterfragen, ich möchte das "Chaos" doch nicht vergrößern!
              Liebe Grüße
              F. V.

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              • RE: Herr Dr. Völkert: bitte Kollegin beachten


                Hallo Siegfried,
                da habe ich doch tatsächlich schon einen Aufpasser gefunden - ts, ts, ts... :' ))
                Aber selbst die neuesten Monitore im OP lassen noch keine online-Arbeit zu!!!
                Antwort ist aber schon geschrieben.
                Schönes WE
                F. V.

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                • RE: Herr Dr. Völkert: bitte Kollegin beachten


                  allo Herr Dr. völkert,

                  ich habe sogar soweit aufgepasst, daß ich festgestellt habe, daß Sie nachdem Frau Anja M. ihre Frage gestellt hatte, schon im Forum waren und sie unbeantwortet gelassen hatten.


                  Aber Scherz beiseite: Wie Ihnen sicher auch aufgefallen ist, ist Frau M.
                  1. auch am Wohl der Patienten interessiert
                  2. engagiert
                  3. hat es ihr bei ihrer Famulatur in der Anästhesie gefallen, und sie ist am Fach interessiert.

                  Es wäre Schade,wenn eine gute Medizinerin dem Forum verloren geht, weil ihre Fragen unter den Tisch fallen.

                  Ich denke, auch Frau M. hat ein Potenzial, das diesem Forum sicherlich gut tun würde, und ich bin sicher, daß sie auch hier drin den einen oder anderen kompetenten Beitrag für Patienten schreiben und sie in der Betreuung des Forums etwas entlasten kann. Sie können ja im Hintergrund die Beiträge des Nachwuchses kontrollieren und eventuell korrigierend eingreifen.

                  So hat jeder was davon:

                  -Die Patienten bekommen ihren Rat
                  -Die Studenten können ihre erworbenen Kenntnisse einsetzen bei realen Patientenproblemen und lernen dazu.
                  -Sie selber werden bei der Forumsbetreuung entlastet, was sicherlich langfristig ein Gewinn ist, denn alleine ein Forum zu betreuen ist sicherlich auf lange Frist anstrengend.

                  Auf alle Fälle möchte ich Frau M. ermutigen, sich auch mit ihren Erfahrungen in diesem Forum einzubringen. Dann kannn sie auch öfters eine Fachfrage an den erfahrenen Kollegen richten, denn das Internet lebt auch vom Geben und vom Nehmen.

                  viele Grüsse und ein schönes WE.

                  Siegfried

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                  • RE: Analgesie


                    Dr. Völkert,
                    vielen Dank! Ich finde, Sie haben das mit der (un)begründeten (Un)Sicherheit sehr gut erklärt!

                    Ich fürchte, das "Wesen" des Hypnotikums hab ich noch immer nicht verstanden... Wie tief ist die dadurch ausgelöste Bewußtlosigkeit bei normaler Dosierung - also zB 3 mg/kg KG bei Propofol? Ich hatte immer das Gefühl, dass die Patienten danach wirklich absolut "weggetreten" sind und das Analgetikum bei moderaten Reizen mehr der vegetativen Stabilisierung dient. Hm... Um wieviel müßte man die Dosierung rein theoretisch steigern, wenn man "unelegant" ist und ausschließen möchte, dass der Patient BEWUSST etwas spürt? Wie kann ich zwischen bewußtem Schmerzempfinden und vegetativen Reaktionen unterscheiden? Inwiefern bedeuten zB tränende Augen oder ein RR-Anstieg, dass der Patient leidet (sich aber nicht mitteilen kann)? Soweit ich weiß, kann das einfach auch (noch) eine vegetative Reaktion bei ungenügender Analgesie sein.

                    Schöne Grüße und danke für das Angebot, nachzufragen. :-)
                    Anja

                    @Siegfried: Danke für die netten Zeilen! :-)

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                    • RE: Analgesie


                      PS: Nochmal kurz zum Lungenödem: Lindert die atemdepressive Wirkung von Morphin die Dyspnoe subjektiv noch bevor sie (die Atemdepression) klinisch manifest wird? Wie indiziert ist Morphin in einem solchen Fall - dh ist es vertretbar, einen Patienten über längere Zeit diesen quälenden Erscheinungen auszusetzen (va dann, wenn das Ganze ziemlich präterminal aussieht)? Wie gut sind die Kenntnisse eines Internisten normalerweise bezüglich des Einsatzes von Opioiden?

                      Danke.

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                      • RE: Analgesie


                        Hallo Anja,
                        aber ja, das ist es doch! Bei entsprechend hoher Dosierung des Hypnotikums dient das Analgetikum der vegetativen Stabilisierung. Bei einer Einleitungsdosis von 3 mg/kgKG Propofol (ist schon ziemlich hoch!) und einer Erhaltungsdosis von 12 mg in den ersten 20 min. und anschließend 6 mg im Sinne der klassischen TIVA ist der Patient, wie Sie es sagen, schon ziemlich weit weg. Die Dosisanpassung geschieht individuell anhand des Verlaufes, da kann ich leider kein Rezept liefern; bei Älteren ist jedoch insbesondere unter Propofol eine Dosisred. erforderlich, um RR-Depressionen und Bradycardien zu vermeiden. Treten vegetative Reaktionen als Ausdruck von Schmerz auf, würde ich immer das Analgetikum repetieren (respektive bei kontinuierlicher Gabe von Remifentanyl die Dosis erhöhen). Wachheit ist immer als Ausdruck ungenügender Narkosetiefe anzusehen, sei es, daß sie sich durch Abwehrbewegungen bei chirurg. Manipulation allein zeigt (ohne HR+RR-Anstieg) oder aber nur durch HR+RR Anstieg oder durch Kombination beider Aspekte. Ich persönlich favorisiere in solchen Sit. die Analgetikagabe, bevor ich Propofol höher dosiere oder den Gastopf aufdrehe. Die Pat. werden später einfach schöner wach... Als i-Tüpfelchen gebe ich auch gerne Clonidin als alpha-Rezeptoragonist, macht eine gute vegetative Dämpfung und verlängert aufgrund der eigenen analgetischen Kompetenz der Substanz die Wirkung der Analgetika (hohe Schule der Anästhesie...führt hier schon zu weit!) .
                        In der grauen Theorie hört sich vieles schwieriger an als es sich bei der praktischen Anwendung darstellt (ist auch besser so!).
                        Ach ja , Morphin: Die Sedierung erfolgt aufgrund der vegetativen Dämpfung; deshalb sinkt nach meiner Erfahrung auch die Atemfrequenz, weniger aufgrund der Atemdepression (spielt bei höherer Dosierung dann allerdings auch eine Rolle). Hinsichtlich der Anwendung von Morphin bei bestimmten Indikationen in der Intensivmedizin halte ich dieses Forum für den nicht geeigneten Ort der Betrachtung, ich bitte um Verständnis.
                        Schöne Grüße
                        F. V.

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                        • RE: Analgesie


                          Hallo Anja,
                          hier noch ein Nachtrag (habe ich vergessen darauf einzugehen):
                          Persistiert das Lungenödem trotz adäqater Therapie (Vorlastsenkung, Diuretika, Analgesie), ist der Patient nach meinem Verständnis zu intubieren und unter kontinuierlicher Analgosedierung zu beatmen.
                          Jeder, der Medikamente anwendet, sollte wissen, was er damit ggfs. anrichten kann. Daher gehe ich grundsätzlich davon aus, daß jeder Anwender auch ausreichende Kenntnisse über die Substanz verfügt...(sonst sollte er die Finger davon lassen!).
                          Gruß
                          F. V.

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                          • RE: Analgesie


                            Hallo Anja,

                            kein Problem. Würd mich freuen, wenn du auch für die Allgemeinheit ein wenig erzählst, was Du in der Anästhesie als toll gefunden hast.
                            Sollte ja den Leuten bewusst werden, daß es dort nicht nur den Anästhesisten mit dem Holzhammer gibt, sondern auch hin und wieder nette Famulantinnen.

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                            • RE: Famulatur/Danke


                              Servus Siegfried!
                              Ich finde Anästhesie insgesamt interessant, und man kann dort viele grundlegende Dinge lernen, die man im Arzt-Alltag sehr gut gebrauchen kann - vor allem bei Notfällen - auch wenn man nicht Anästhesist(in) werden möchte. Also zB die Erhaltung/Schaffung eines Atemwegs (Beatmung mit der Maske, Intubation) oder ein Gefühl für den Umgang mit Sedativa. Theorie ist zum raschen Verständnis der Dinge und um sich einen Überblick zu schaffen unumgänglich, aber alles gehört auch praktisch geübt bis man ein Gefühl dafür hat.

                              @Dr. Völkert: Danke, dass Sie sich Zeit für die Beantwortung meiner Fragen genommen haben!

                              Viele Grüße, Anja

                              Kommentar


                              • RE: Famulatur: vorbildlich! :)


                                Hallo Anja,

                                soweit ich das mitgekriegt hatte, ist Anästhesie nicht eins der beliebtesten Fachgebiet zum Famulieren.
                                Umsomehr finde ich es gut, daß du das gemacht hast, um auch bei Notfällen rasch und behände helfen zu können und nicht als "Fachidiot" welcher Richtung auch immer hilflos daneben stehen zu müssen.

                                Hm... hast mich direkt animiert, wieder meinen Erste-Hilfe-Kenntnisse aufzufrischen.
                                Sag ich ja.. Best practice.

                                viele Grüsse

                                Siegfried

                                Kommentar

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