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amnesie

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  • amnesie

    ich habe mal gelernt, dass das zugeführte halothan bei einer narkose eine amnesie macht. wie kommt es dann, dass es immer wieder menschen gibt, die angeben unter der narkose die gespräche der sich im op befindlichen ärzte und schwestern gehört zu haben?
    danke für die erklärung
    a.n.d.r.e.a


  • RE: amnesie


    Hallo a.n.d.r.e.a.!
    Die von Ihnen geschilderte Situation wird in der Fachsprache "awareness-Phänomen" genannt. Phänomen deshalb, weil es nicht immer eine ausreichende Erklärung dafür gibt. Die während einer Vollnarkose verwendeteten Narkosegase, so das "gute alte" Halothan und die modernen Substanzen wie Desfluran und Sevofluran machen in der Tat eine Amnesie, so daß die geschilderten Erscheinungen unter Verwendung von Narkosegasen höchst selten auftreten, i. d. R. nur dann, wenn sie deutlich unterdosiert werden. Wenn ganz auf ein Narkosegas verzichtet wird, so bei einer Neuroleptanästhesie oder auch bei einer Totalen Intravenösen Narkose (TIVA) ist aus der Literatur bekannt, daß hier gehäuft awareness Phänomene auftreten. Dieses leider auch dann, wenn die Dosierung stimmt. So weiß man, daß insbesondere bei Herzoperationen, wo die Herzlungenmaschine eingesetzt wird, Patienten häufiger als sonst über awareness berichten. Es gibt viele wissenschaftliche Erklärungsversuche, die aber den Rahmen des Forums sprengen würden. Insgesamt tritt das Phänomen aber höchst selten auf - also kein Anlaass, sich vor einer Vollnarkose zu fürchten.
    Herzliche Grüße
    Dr. Völkert

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    • RE: amnesie


      Spricht etwas dagegen, während einer TIVA zusätzlich Volatile zu verwenden?

      Danke!

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      • RE: amnesie


        Hallo Alina-Marie,

        interessante Frage. Ich denke, daß die Verwendung von volatilen Anästhetika die Vorteile der TIVA aufheben könnte. D.h. die veringerte Gefahr von PONV oder auch die veringerte Belastung des OP-Personals durch die Narkosegase.

        Du hast ja schon einige kompetente Beiträge hier drin geschrieben. Darf ich fragen, woher du dein Wissen hast?

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        • RE: amnesie


          Hallo Siegfried,
          auch aus Ihrem Beitrag spricht ja einige Fachkenntnis! Also: Es ist durchaus üblich, intravenöse Medikamente über eine Spritzenpumpe mit Inhalationsanästhetika zu kombinieren. So favorisiere ich persönlich die Kombination Narkosegas/Remifentanyl (ultrakurzwirksames Opiat). Der Vorteil liegt in der geringeren Kreislaufwirkung und der besserern Steuerbarkeit. Bei einem Frischgasflow von 0,5 l (minimalflow) und funktionstüchtiger Gasabsaugung ist keine erhöhte Exposition des Op-Personals zu erwarten (im Aufwachraum leider eher; das meiste Gas sollte dann aber schon abgeatmet sein). Hinsichtlich der postoperativen Übelkeit (PONV) sollten Antiemetika intravenös gegeben werden.
          Liebe Grüße
          Dr. Völkert

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          • RE: amnesie


            Hallo Herr Dr. Völkert,

            können Sie mir erzählen, wie Sie ihre Medikamente dann dosieren, wenn Sie sowohl Inhalationsanästhetika als auch intravenöse Mittel verwenden?

            Noch eine Frage zur Narkoseeinleitung:
            Ist es eigentlich möglich oder gebräuchlich, daß zur Gabe von Thiopental über den Tropf den Einschlafenden auch noch Inhalationsanästhetika verabreicht werden?
            Kann ein niedriger Blutdruck dazu Indikation sein?

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            • RE: amnesie


              Hallo Siegfried,
              ich bin Medizinstudentin, und das Famulieren auf der Anästhesie hat mir sehr viel Spaß gemacht (es gibt viiiel zu lernen!). Ich würde gerne eine Facharztausbildung in diesem Bereich machen.

              Freut mich, dass du meine Beiträge gemocht hast. :-) Studierst du auch?

              LG, Alina






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              • RE: amnesie


                Hallo Dr. Völkert!

                Hm, was ich gemeint habe war, ob man bei einer TIVA mit Propofol/Opioid als zweite hypnotische Komponente noch ein Narkosegas in niedriger Dosierung verwenden kann, um das Awareness-Risiko zu reduzieren. Wäre das Ihrer Meinung nach sinnvoll?

                Mit welchem Antiemetikum haben sie bei PONV die beste Erfahrung gemacht?

                Danke und Grüße, Alina

                Kommentar


                • RE: amnesie


                  Hallo Alina,

                  doch aus deinen Beiträgen spricht nicht nur starkes Interesse, sondern auch das Engagement, dein Wissen hier einzubringen. Würd mich freuen, weiterhin von dir hier zu lesen.

                  Was macht denn eine Famulantin in der Anästhesie? Genauergesagt, welche Aufgaben und Tätigkeiten hast du denn so anvertraut bekommen?
                  Und worin liegt der Spass bei dir, was dich in diese Richtung motiviert?

                  Nein, ich studiere nicht (mehr), bin aber auch kein Mediziner, sondern nur interessierter Zaungast.

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                  • RE: amnesie


                    Hallo Siegfried,
                    in der Kombination Remifentanyl/ Narkosegas wird das Opiat gewichtsbezogen kontinuierlich über eine Spritzenpumpe gegeben, in gleicher Dosierung wie bei der TIVA. Das Narkosegas altersbezogen, entsprechend der MAC (minimale alveoläre Konzentration). Hm - anders kann ich das leider nicht erklären. Ist aber in der Praxis einfacher als in der Theorie.
                    Zur Narkoseeinleitung wird das Thiopental oder ein anderes Einleitungshypnotikum gewichtsadaptiert als Bolus gegeben. Nach Eintritt der Bewußtlosigkeit erfolgt die Maskenbeatmung mit reinem Sauerstoff, anschließend die Gabe eines Muskelrelaxans. Bis zur vollen Wirkung des Relaxans, d. h. bis idelae Intubationsverh. hergestellt sind, erfolgt eine Zwischenbeatmung über die Maske. In dieser Zeit kann man bereits Narkosegas insufflieren, ist jedoch nicht allgemein üblich. Erfolgt die Zufuhr von Narkosegas kurz nach Injektion des Einleitungshypnotikums, ist i. d. R. ein Blutdruckabfall zu beobachten. Ein per se niedriger Blutdruck ist somit keine Indikation!
                    Herzliche Grüße
                    F. Völkert

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                    • RE: amnesie


                      Danke für die "Blumen", Siegfried.

                      Du wolltest wissen, was es für Famulanten so auf der Anästhesie zu tun gibt und was mich in diese Richtung motiviert.

                      Hm, am ersten Tag im OP ist man vollauf damit beschäftigt, möglichst nichts anzugreifen, was man nicht angreifen soll *lach* (Sterilzone!) und wenn man vorher keine Famulaturerfahrung hat, feiert man jeden Venflon, den man erfolgreich gelegt hat. *schmunzel* Mit ein bißchen Engagement und Mut lernt man aber schnell dazu, und bei meiner letzten Famulatur durfte ich eine "Routinenarkose" - natürlich im Beisein des Anästhesisten - schon selbst machen. Man ist dann auch auf der Intensivstation und der Schmerzambulanz mit dabei, und überall gibt es viel zu lernen. Ich hatte viel Glück, sehr nett in das Team aufgenommen zu werden, was auch nicht selbstverständlich ist. :-)

                      Spaß macht mir das Arbeiten mit Menschen jeden Alters - ich arbeite auch sehr gerne mit Kindern - und das Faktum, dass man einen sehr direkten Einfluss auf das psychische und physische Wohlbefinden des Patienten hat und oft mit Kleinigkeiten viel bewirken kann, vieles leichter machen kann. Anästhesie ist weniger ein "detektivisches" Fach, sondern ich empfinde es als eine sehr "begleitende", "beschützende" Arbeit. Das Lächeln einer Mutter, die ihr Baby nach einem Kaiserschnitt, durch den du sie begleitet hast, in den Armen hält oder das eines Kindes, das dir kurz nach einem Eingriff fröhlich von seinem neuen Haustier erzählt, der Intensivpatient, dem es wieder besser geht - es gibt viele schöne Augenblicke.
                      Außerdem empfinde ich gute Kenntnisse in Notfallmedizin als sehr wichtig.

                      Lieben Gruß
                      Alina

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                      • RE: amnesie


                        Hallo Alina,
                        schön, daß mal wieder jemand in der Anästhesie famuliert, kommt ja nicht so häufig vor.
                        Ja, natürlich kann man parallel zur TIVA auch Gas geben (ist dann aber keine TIVA mehr!). Man macht das, wenn das Propofol zur Aufrechterh. der Narkose in sehr hohen Dosierungen gegeben werden muß ("trainierte" Patienten) sowie wenn der Blutdruck sehr hoch ist. Natürlich vermindert das dann auch das Risiko von Awareness.
                        DHBP in nicht neuroleptischer Dosierung (1,25 mg) ist ein sehr potentes Antiemetikum, standardmäßig wird häufig MCP angewendet.
                        Liebe Grüße
                        F. Völkert

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                        • RE: amnesie


                          Hallo Dr. Völkert!

                          > schön, daß mal wieder jemand in der Anästhesie famuliert, kommt ja nicht so häufig vor.

                          Scheinbar wirklich nicht - im Sekretariat haben sie mich angesehen wie ein Alien. *lach* Woran liegt das?

                          Inwiefern werden Patienten mit akuten oder chron. starken Schmerzen (zB Onko) von Anästhesisten behandelt bzw zu welchem Grad übernehmen das die Fachärzte der jeweiligen Richtung?

                          Lieben Gruß
                          Alina

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                          • RE: amnesie


                            bitte, bitte (für die Blumen ) *lächel*

                            Vielen Dank für deine Ausführungen!

                            Dann bist du sozusagen mit deiner ersten Famulator gleich in der Anästhesie gestartet. Was hat dich denn gleich dahin gezogen?

                            Also das mit dem Patientenbezug hab ich auch schon anders gehört. Eine andere Famulantin in dem Bereich hat gemeint, daß Anästhesie nicht so interessant wäre, weil man so wenig Patientenbezug hätte. Aber du siehst das ja anders. Ich denke, das ist eine reine Einstellungssache und deine Einstellung gefällt mir davon mehr.

                            Wie ging es denn eigentlich deinem ersten "Opfer"? *grins*
                            Was war das denn für ein Patient? Und welche OP? Denke, das verstösst nicht so gegen die ärztliche Schweigepflicht, wenn du etwas davon erzählst.
                            War er/ sie denn schnell weg?
                            Und welche Narkose hast du denn verpasst?

                            viele Grüsse

                            Siegfried

                            Kommentar


                            • RE: amnesie


                              Hallo Siegfried,

                              nein, ich hatte schon Famulaturerfahrung (ua auch auf der Chirurgie), bevor ich auf die Anästhesie kam. Also die Venflons saßen meist schon sehr gut und ich fühlte mich im OP auch schon sicher - bzw das OP-Team vor mir. ;-)

                              Meinen Opfern ging´s allen gut. *smile* Man lernt ja schrittweise. Also zB bei der Narkoseeinleitung zuerst mal den Einsatz der Pharmaka, das Beatmen mit der Maske oder Larynxmaske, dann mal intubieren unter guten Intubationsbedingungen bis es halbwegs elegant aussieht ;-) usw

                              "Weg" waren alle Patienten bei der Einleitung sehr schnell. Fand ich auch als Patientin bei meinen eigenen OPs jedes Mal sehr beeindruckend, WIE schnell und va "unbemerkt" man weg sein kann. ;-)

                              Welche Narkosen ich "verpasst" habe? Großteils "Balanced anaesthesia" - also eine Kombination aus einem Opioid (zB Fentanyl) mit Inhalationsnarkotika. Eingeleitet wurde meist mit Propofol oder Thiopental, und bei Bedarf verwendet man ein Muskelrelaxans.
                              Teilweise gab´s auch eine TIVA (Propofol + Opioid).

                              Lieben Gruß
                              Alina

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                              • RE: amnesie


                                Hey Alina,

                                mit dir kann man sich ja tatsächlich echt klasse unterhalten!


                                Daß man bei einer Narkose "schnell" weg ist, ist ja hinreichend bekannt.
                                Aber wie lange dauert es eigentlich in Minuten/sekunden vom Beginn der Injektion bis zum "Auschecken" der Patienten?
                                Und wie stellst du es eigentlich fest, ob ein Patient wirklich "weg" ist?
                                Oft können ja die Patienten das hinterher nicht richtig beurteilen, denn es kommt ja zu einer retrograden Amnesie (womit wir wieder beim Thema wären *grins*) durch die Narkosemittel.
                                Das wirst du ja auch aus eigener Erfahrung kennen, wenn du sagst, du warst schnell und v.a. unbemerkt weg bei deinen eigenen Narkosen.

                                Find ich auch gut, daß du jemand bist, der beide Seiten kennt. Was wurdest du denn operiert? Was weißt Du sonst noch von deinen Narkosen?
                                Eine Bekannte hat mir mal erzählt, daß ihre Vollnarkose "gar nicht mal so übel" gewesen sein sollte und eine andere hat gar gesagt: "Vollnarkose ist für mich das höchste!"

                                viele Grüsse

                                Siegfried

                                Kommentar


                                • RE: amnesie


                                  Hi Siegfried! :-)

                                  Wie lange es vom Injektionsbeginn bis zum "Auschecken" ;-) dauert?

                                  Bei einem Erwachsenen hat man bei der Einleitung mit Propofol oder Thiopental 2 Spritzen à 10 ml, wobei die zweite je nach Gewicht des Patienten gefüllt ist. Wenn du Propofol zügig injizierst, schläft der Patient während der zweiten Injektion ein. Vom Zeitpunkt, wo er angibt "etwas zu bemerken" bis zum Bewußtseinsverlust dauert es nur wenige Sekunden. Bei Thiopental hatte ich das Gefühl, dass es noch schneller und "schlagartiger" ging. Ich würde also sagen, dass das subjektive Erleben mit der Realität durchaus in Einklang steht und die anterograde Amnesie in diesem Fall keine so große Rolle spielt. Ich hatte eine gynäkologische und eine HNO-OP und ich kann mich an nichts wirklich Unangenehmes erinnern. Ich hatte keine Prämedikation, habe also auch für die Vorgänge im OP bei der Narkoseeinleitung keine Amnesie. Außer dass ich zugesehen habe, wie die ersten Milliliter Thiopental in meinen Venflon rinnen, weiß ich nichts. Nach der OP war ich ein bißchen "schlapp", aber sonst ging´s mir gut.

                                  Wie man feststellt, ob ein Patient "weg" ist? Ein guter Anhaltspunkt bei der Einleitung ist das Erlöschen des Lidreflexes und der Muskeltonus. Außerdem beatmet man den Patienten (außer bei Ileuseinleitung) kurz mit der Maske, bevor man ein Relaxans spritzt, was dann auch ganz ohne irgendein Zeichen von Abwehr funktioniert.

                                  Dr. Völkert, falls ich etwas nicht ganz Korrektes von mir gebe, bitte ich um Korrektur/Ergänzung. Es gibt für mich noch viel zu lernen. Herzlichen Dank.

                                  Liebe Grüße
                                  Alina

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                                  • RE: amnesie


                                    Hi Alina! :-)

                                    Zunächst freut es mich für dich, daß Du deine Narkosen so gut und beschwerdefrei überstanden hast. Es gibt ja auch so unschöne Nebenwirkungen wie Schüttelfrost und Übelkeit. Von der Intubation hast du hinterher wohl auch nichts bemerkt.

                                    Hattest Du diese Eingriffe erst während deines Medizinstudiums? Das würde mich interessieren, wie das dann ist, wenn man als Insider sich dem ganzen ausgesetzt sieht. Dann hat man ja auch schon einiges an Hintergrundwissen.
                                    Das kann einerseits sicherlich beruhigend sein, andererseits aber auch nicht.
                                    Oder bist du da eher mit einer professionellen Neugier rangegangen, wenn du schon mal Gelegenheit hattest, das ganze von der anderen Seite her zu sehen. : )
                                    warum wurdest du eigentlich nicht prämediziert? Hatten sie auch auf die Präxoxigenation verzichtet bei dir?

                                    Oooch, jetzt stell ich schon wieder so viele Fragen. Aber du erzählst so schön und so interessant...
                                    Und vor allem verständlich... Hat dich die Medizinerausdruckweise noch nicht so eingeholt? In welchem Semester bist Du eigentlich?
                                    Dr. Völkert möge mir den kleinen Seitenhieb auf seine Kollegen verzeihen.

                                    Auf alle Fälle, Alina, mach so weiter, gegenüber deinen Patienten und auch hier im Forum

                                    viele Grüsse

                                    Siegfried

                                    Kommentar


                                    • RE: amnesie


                                      Hallo Alina,
                                      Ihren Ausführungen ist nichts hinzuzufügen! Auch ich würde mich freuen, wenn Sie dieses Forum durch Ihre Beiträge bereichern.
                                      Herzlichst
                                      F.V.

                                      Kommentar


                                      • RE: amnesie


                                        Hallo Siegfried,

                                        wenn ich mit Antworten weiterhelfen kann, tu ich das gerne (und wenn ich nicht so daneben lieg, freut mich das natürlich :-))). Aber nun erzähl doch du mal, welche Erfahrungen du gemacht hast bzw was dich in dieses Forum geführt hat. :-)

                                        Zu deinen Fragen: Ich bin im 10. Semester, komm jetzt in den 3. (= letzten) Abschnitt. Eine OP hatte ich vor, eine während des Studiums. War schon ein großer Unterschied. An die zweite bin ich deutlich ruhiger herangegangen, weil für mich nichts mehr fremd und "magisch" war - ich wusste genau, was mich erwartete. Ich finde, dass das ein Vorteil ist, der den Nachteil - zu wissen, was sein kann - mehr als wettmacht. Was sehr gut war, ist auch, dass ich meinen Anästhesisten kannte und ihm vertraut habe. Ich hab die Erfahrung gemacht, dass sehr viele Patienten von der Existenz eines Anästhesisten, der während des ganzen Eingriffs für sie da ist, überhaupt nichts wissen. Viele (irreale) Ängste sind in mangelnder Information begründet. Auf der anderen Seite hört und erfährt man dann selbst aber auch wieder, wie viel Ruhe und Sicherheit eine gute Betreuung durch den Anästhesisten - besonders während einer Regionalanästhesie - vermitteln kann. Ich empfinde es auch als sehr angenehm, wenn man beim Aufwachen gesagt bekommt, man wäre fertig, und was jetzt als nächstes kommt, also zB "Sie sind noch im OP, aber wir schieben Sie jetzt gleich in den Aufwachraum." Oder wenn man gefragt wird, ob einem kalt/übel ist oder ob man Schmerzen hat, und man braucht nur zu nicken (das Sprechen fällt da noch schwer) und es gibt was dagegen. Sind so Kleinigkeiten, aber das hilft immens gegen die Desorientiertheit, wenn man aufwacht.

                                        Ich hatte keine Prämedikation, weil ich sie abgelehnt habe. Ich war nicht über die Gebühr ängstlich und wollte alles bewusst erleben, keine Amnesie für die präoperativen Vorgänge haben. Mit der Präoxygenierung ist das so eine Sache. Unter bestimmten Voraussetzungen (zB Ileuseinleitung, Sauerstoffsättigung des Blutes nicht optimal, schwierige Intubation zu erwarten) ist sie sicher unabdingbar, aber sonst hatten die Anästhesisten, mit denen ich gearbeitet habe, dazu geteilte Meinungen. Manche sagten, man solle den Patienten ruhig und ungestört einschlafen lassen, das "Herumfummeln" mit der Maske wäre nur ein zusätzlicher Angstfaktor (seh ich auch eher so), andere wiederum waren dafür.

                                        Die "Medizinerausdrucksweise": Ich finde Fachsprache ist bei Prüfungen und zwischen Studenten und Ärztkollegen unabdingbar, um sich effizient verständigen zu können - so wie es in jedem anderen Beruf auch der Fall ist. Gegenüber Patienten oder Personen, die in diesem Beruf nicht tätig sind, haben Begriffe, bei denen man davon ausgehen kann, dass sie nur Verwirrung stiften, m.E. nichts zu suchen. Kein Patient hat etwas davon, wenn ich ihn mit Fachvokabular volllabere und er dann verwirrt und - so schlau wie vorher - von dannen zieht. Das zeugt m.E. auch überhaupt nicht von Kompetenz, obwohl man ein solches Vorgehen auf der Station immer wieder noch erlebt. Wenn ich zum Rechtsanwalt gehe, möchte ich auch nichts über Paragraphen hören - ich möchte wissen, was Sache ist. Und wenn sich jemand für eine Sache interessiert - so wie du - dann merkt man das ohnehin.

                                        Zu meinen postoperativen "Unannehmlichkeiten": Naja, n bisschen beleidigt war mein Hals schon, aber es hielt sich sehr in Grenzen. Und ja, mir war sehr kalt. Vielleicht decke ich deshalb die Kinder, nachdem sie nach der OP ins Bett umgelagert worden sind, immer gut zu. *schmunzel*

                                        Liebe Grüße
                                        Alina

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                                        • RE: amnesie


                                          Hallo Alina,

                                          vielen Dank für deine ausführliche Antwort, dich ich sowohl vom Umfang her, als auch vor allem von der späten Stunde her, zu der du sie noch geschrieben hast, zu schätzen weiß.

                                          Mich freut auch dein Interesse an meinem Interesse, hier drin zu sein. Ich geb dir auch bereitwillig und gern Antwort drauf. Allerdings denke ich, daß wir diesen Thread, der ja von der Überschrift her "Amnesie" lautet, schon sehr strapaziert haben und teilweise auch Dinge besprochen haben, die nichts mit dem Ursprungsthema zu tun haben. Aus Höflichkeit gegenüber a.n.d.r.e.a, die diesen Thread gestartet hat und der Systematik zuliebe, werde ich dazu einen eigenen Thread starten, den ich dich bitte, dann zu beachten. Leider reicht auch meine Zeit in diesem Moment nicht, Dir entsprechend deinen Beiträgen Antwort zu geben, ich werde das dann später am Abend machen, wenn ich ausreichend Zeit habe.

                                          Nichtsdestotrotz will ich hier noch ein paar Anmerkungen zu deinen Ausführungen sofort schreiben.
                                          Meine Anerkennung für deine Aufgeschlossenheit und den Mut, deine OP ohne Prämedikation anzugehen. Ich mag deine Einstellung, deine Vollnarkose bewusst und genau auch aus Patientensicht zu erleben, gerade auch wenn du Fachärztin für Anästhesie werden willst. Denke auch hier gilt der Grundsatz, daß man kein Produkt oder keine Dienstleistung überzeugend verkaufen kann, die man nicht selber nutzt und damit aus "Kundensicht" kennt. Ich gratulier dir hier mal für deine Entscheidung.

                                          Etwas erleichtert mag diesen schritt haben, daß du schon vorher eine Narkose hattest und man meistens an die zweite Allgemeinanästhesie lockerer herangehen kann.
                                          Interessant wäre in diesem Zusammenhang noch, wie du Deine erste Vollnarkose erlebt hattest.
                                          Offen blieb bei deiner Antwort auch, ob du persönlich dich präoxigenieren hast lassen (in deinem Forscherdrang ) oder ob du dir das geschenkt hattest.

                                          Zu deinen Ausführungen bezüglich der Medizinersprache ist nichts hinzuzufügen, ich geb dir recht, daß eine Fachsprache für die effziente interne Kommunikation nötig ist. Ich schätze dich aber auch dafür, daß du die Kurve kriegst und die Dinge auch allgemeinverständlich beschreiben kannst.

                                          Soviel für jetzt.
                                          Bis hoffentlich heute abend.

                                          viele Grüsse

                                          Siegfried

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