Frage zur Strahlentherapie

[Aewwe]

Guten Tag, Herr Prof.Dr.Wust!

Dr.Glöckner vom Brustkrebsforum meinte, meine Frage könnte von Ihnen wesentlich besser beantwortet werden. Deswegen:
"Hallo Herr Glöckner,
ich muss nochmal etwas fragen. Zur Erinnerung:inv-duct Mamkarz li, pT2 (25mm),pN1a(2/16),M0,R0,G2,St.IIB, Hormonrezeptorstat: Öst.12,Prog.9, Proliferationsantigen Ki 67 (MiB1): Nachweis in 35% der Tumorzellkerne,Her-2-neu: 3+, Tumormarker CA 15-3(15.09.2006): 15U/ml
Habe heute die 5te Bestrahlung hinter mich gebracht und bin ziemlich erstaunt, wie sehr das jetzt schon auf den Kreislauf schlägt. (so richtig mit schwarz werden vor den Augen und Sternchen sehen.....) Nun gut, da muss ich wohl durch, bzw. habe am Freitag noch ein ArztGespräch und werde das auch vor Ort ansprechen. Meine eigentliche Frage dreht sich um die "Boost" Bestrahlung (bei mir sind 5 Stück zum Ende hin geplant). Habe jetzt schon mehrfach gehört & gelesen, dass der Erfolg sehr umstritten sei und man wirklich abwägen sollte, ob das sein muss. Was passiert, wenn ich das ablehne?! Sind meine Chancen dann um sooooooviel geringer, als wenn ich auch das noch über mich ergehen lasse?! Würde gerne, bevor ich mit dem zuständigen Arzt rede, auch Ihre Meinung dazu hören."
Habe in der Zwischenzeit mit dem zuständigen Arzt gesprochen, aber seine Antwort war nicht wirklich zufriedenstellend. Mit geht es hier auch nicht um ein generelles Abbrechen der Bestrahlung, sonder schlicht darum was passiert (oder eben nicht), wenn ich die Boots ablehne und statt dessen normal weiter bestrahlt werde. Wie sehen Sie das?!
Besten Dank schon mal für Ihre Antwort &
viele Grüße
Aewwe

[Prof. Wust]

Re: Frage zur Strahlentherapie


Die Standardbestrahlung nach BET ist 5 x 2 Gy bis 50 Gy an der ganzen Brust. Bei allen Frauen unter 70 Jahren führt ein zusätzlicher Boost zu einer Halbierung der Lokalrezidivrate (von 5 auf 2,5% nach 5 Jahren), und zwar bei 8 zusätzlichen Bestrahlungen (d.h. Aufsättigung bis 66 Gy). Diese Ergebnisse sind in einer EORTC-Studie gezeigt worden und unstrittig. Ich würde die höhere Dosierung (also 16 Gy) nehmen, da bei 5 zusätzlichen Bestrahlungen (also 10 Gy) die Ergebnisse nicht ganz so eindeutig sind. Der Vorteil durch den zusätzlichen Boost ist umso größer, je jünger die Frau ist (und je höher die anderen Risikofaktoren). Der Boost bringt genau das, was oben beschrieben wurde: Verbesserung der lokalen Kontrolle von 95% auf 97,5%. Wenn Ihnen 95% reicht, brauchen Sie den Boost nicht. Die Hauptverbesserung wird durch die 50 Gy Ganzbrust erreicht: diese verbessert die lokale Kontrolle von 60 – 70% auf 95%. Wenn Sie auf Sicherheit gehen wollen, ist der Boost notwendig.

[Aewwe]

Re: Frage zur Strahlentherapie


vielen Dank für Ihre Antwort. Wie sieht es denn mit der Belastung der Haut bei den Boots aus?! Bisher (heute hatte ich meine 8te Bestrahlung) ist die Brust nur leicht gerötet. Das ist auch meist am nächsten Morgen verschwunden. Zumindest bisher noch. Bedeuteten die Boosts, dass auch eine höhere Gefahr für die Haut besteht?! Sorry, ich habe nur furchtbare Angst davor, dass ich nicht nur die OP Narben behalte, sondern auch die Haut in Mitleidenschaft gezogen wird. Bin übrigens erst 38 Jahre alt..... Eins würde mich auch noch interessieren, "Verbesserung der lokalen Kontrolle von 95% auf 97,5%.", das verstehe ich nicht so ganz. Was bedeutet lokale Kontrolle?! Von was?! Von Lokalrezidiven?!
(Bin seit der Chemo leider etwas "Begriffsstutzig"..)

[Prof. Wust]

Re: Frage zur Strahlentherapie


Durch den Boost (Aufsättigung) wird die Haut in einem Teil der Brust stärker belastet. Aber die zusätzliche Reizung wird i.allg. ganz gut toleriert, weil das Volumen kleiner ist. Die Hautreizung klingt nach Beendigung der Bestrahlung ab. Auch die spätere Fibrose kann in dem Boost-Areal etwas stärker sein, aber (wie die Studie und die Erfahrung zeigen) in einem zumutbaren Rahmen. Etwas mehr Pigmentierung der Haut im Boostbereich ist auch möglich. Das ist der Preis den man zahlt. Dafür ist die lokale Kontrolle besser. Das bedeutet die Freiheit von einem Lokalrezidiv (nur das kann die Strahlentherapie verhindern). Also bedeutet 95% lokale Kontrolle nach 5 Jahren: von 100 Frauen haben innerhalb von 5 Jahren nach Behandlung 5 ein Lokalrezidiv entwickelt (95 haben kein Lokalrezidiv). Die meisten Patienten wollen die Chance auf Heilung maximieren (und nehmen dafür etwas Nebenwirkungen in Kauf). Immerhin wird durch den Boost bei 2-3 Frauen von 100 Frauen ein Lokalrezidiv verhindert (ohne dass Komplikationen auftreten).

[Aewwe]

Re: Frage zur Strahlentherapie


Danke für Ihre Geduld und Ihre Antwort. Ich werde mir das nochmal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen..... Sie schreiben etwas von Fibrose, kommt es denn automatisch und immer dazu?! Wann fängt der Verhärtungsprozess an?! Oder kommt das ganz plötzlich?! Ich frage, weil ich mich etwas wundere, dass die bestrahlte Brust sich insgesamt härter anfühlt und auch druckempfindlicher geworden ist. (bin eine ausgeprägte Bachschläferin und muss mir jetzt ein Kissen unter Arm und Brust stopfen, damit die Brust nicht komplett auf der Matratze liegt..) Auch wenn das jetzt normal und kein Anzeichen für eine Fibrose sein sollte, legt sich das denn später wieder?! Und wenn doch eine Fibrose entstanden ist, kann man dagegen etwas tun?!

[Prof. Wust]

Re: Frage zur Strahlentherapie


Eine (ev leichte) Fibrose entspricht einem bindegewebigen Umbau (ähnlich einer Narbenbildung). Das entsteht nach Monaten bis Jahren. Zurzeit bemerken Sie akute Nebenwirkungen. Vermutlich ist die bestrahlte Brust etwas geschwollen (Ödem). Das kann zu Schmerzhaftigkeit und Spannung führen. Das klingt ab, spätestens nach Abschluss der Bestrahlung. Die Fibrose entsteht nicht immer und ist vor allem in der Ausprägung sehr variabel. Ich denke in Grenzen kann man etwas Fibrosierung durchaus akzeptieren. Man merkt es nur bei genauerer Untersuchung. Die Narbe nach der Operation haben Sie ja auch akzeptiert.

[Aewwe]

Re: Frage zur Strahlentherapie


Naja, Narbe akzeptiert??! Am liebsten hätte ich weder das eine noch das andere.. Aber das konnte ich mir leider nicht aussuchen.... Nix für ungut & besten Dank für Ihre schnellen Antworten!