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Bronchialkarzinom

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  • Bronchialkarzinom

    Hallo,
    mein Schwiegervater wird am Bronchialkarzinom versterben - man meint relativ kurzfristig (max. 5 Monate). Er weiss, dass er erkrankt ist, weiss aber nichts von der Endlichkeit seines Lebens aufgrund der Erkrankung, da der behandelnde Arzt ihm nicht die volle Wahrheit erzählt hat. Diese wissen nur wir, seine Familie (Ehefrau, Sohn, Schwiegertochter, Schwester, Enkelkinder) - und die soll jetzt "mitspielen". Wir versuchen, diesem Anspruch gerecht zu werden, haben aber Probleme mit den Therapien bzw. deren Nebenwirkungen, weil der Gesundheitszustand meines Schwiegervaters sich insbesondere nach der 1. Chemo rapide verschlechtert hatte (Gewichtsreduktion ca. 20 kg). Inzwischen hat er selbst entschieden, keine 2. Chemo zu machen und erholt sich zusehens. Wir würden ihm einerseits gern weitere Therapie-Nachwehen ersparen, insofern haben wir einen Horror vor der angedachten Strahlentherapie. Andererseits fühlen wir uns außerstande, ihm "reinen Wein einzuschenken", um ihm die objektive Wahl oder Verweigerung der Mittel zu ermöglichen. Wie können wir einerseits verhindern, dass an meinem Schwiegervater völlig ohne Aussicht auf Erfolg "herumterapiert", ihm aber trotzdem nicht der Lebensmut genommen wird? Wir fühlen uns überfordert. Wir möchten aber unserem Angehörigen die nötige Stütze sein.


  • RE: Bronchialkarzinom


    Zunächst ist ein Kommentar sehr problematisch, da ich die Diagnose (Stadium, Histologie, Ausdehnung) nicht kenne und daher auch die Balanzierung von möglichen Nebenwirkungen und Profit für den Patienten nicht sicher einschätzen kann. Aus Ihren Worten folgere ich, daß ein inoperables Bronchuskarzinom Stadium IIIa oder IIIb vorliegt. Die Induktionschemotherapie wurde schlecht vertragen, jetzt ist eine Strahlentherapie geplant.
    Die Strahlentherapie wird sicher besser vertragen als die Chemo. Sie ist die einzige Möglichkeit, den Tumor eine Weile in Schach zu halten. Daher sollte diese Therapie m.E. durchgeführt werden (möglichst an einem modernen Zentrum mit konformaler Technik).
    Hinsichtlich dem „reinen Wein einschenken“ gibt es eine einfache Regel in der Onkologie. Man soll einen Patienten nie belügen, wenn er fragt. Aber man sollte keine Antworten auf Fragen geben, die gar nicht gestellt wurden. Wenn die Frage nach der Prognose nicht gestellt wird, gibt es zwei Möglichkeiten: entweder Ihr Schwiegervater weiß längst (oder ahnt zumindest), wie es um ihn steht. Dann hat er keine Lust, dauernd zu hören, daß es schlecht um ihn bestellt ist (das geht einem nämlich nach einiger Zeit auf den Wecker). Oder er will es nicht wissen, vielleicht weil er es vorzieht, noch ein bißchen Hoffnung zu haben. Wann nämlich jemand genau stirbt, kann niemand wissen (da kann man ganz schön daneben liegen).
    Was hier vorliegt, wird man durch vorsichtiges Vortasten herausfinden. Aber keine aufgezwungenen Mitteilungen (die außerdem falsch sein können). Davon rate ich ab.

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    • RE: Bronchialkarzinom


      Weißt du mein Papa hatte auch Lungenkrebs, er starb vor 13 Monaten in meinem Armen.
      Ich bin u.a. Krankenschwester, aber vorallem sein Kind. So habe ich mich auf sein Bett gesetzt und gesagt:" Papa wir müssen reden"
      Dann habe ich ihm langsam und deutlich erklärt, dass wir uns lieb hatten uns nie belogen haben. So wollte ich dies auch jetzt nicht tun. So fing ich an ganz offen mit ihm darüber zu reden. Er hörte aufmerksam zu und entschloss sich dann nur für eine Miselt und Vitamin Terapie. Er hatte die Möglichkeit sich auf das "kommende" einzustellen, Traurig zu sein, zu lachen, zu weinen, alles Stadien zu verstehen, so weit die ging.
      Wir hatten die Möglichkeit uns zu verabschieden, zu beten, zu reden bis er in meinen Armen einschlief. Dafür bin ich auch heute noch dankbar und glaube mir, dass tröstet auch hinterher sehr. Der Gedanke mit Lügen den "liebsten" zu verabschieden ist nicht gut. Ich drück dich und wünsche dir Kraft und Gesundheit.

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      • RE: Bronchialkarzinom


        Hallo Susanne,
        danke für deine ehrlichen Worte und guten Wünsche. Wir können sie brauchen. Ich kenne meinen Schwiegervater leider noch nicht so sehr lange, habe aber von Anfang an einen sehr guten Draht zu ihm gehabt.
        Trotzdem möchte ich mich ihm nicht aufdrängen - noch nicht. Auf den Rat von Professor Wust hin, haben mein Mann und ich uns entschlossen, den Abschluss der Strahlentherapie abzuwarten, die er ja selbst als Alternative vorgeschlagen hat und so wohl als Hoffnung für sich betrachtet.
        Irgendwann - es wird wohl nicht mehr sehr lange dauern - werden die Ärzte ihm die Frage beantworten, die er selbst stellen muss, was man noch tun kann. Ich respektiere die Antwort der Mediziner, dass man nicht gestellte Fragen auch nicht beantwortet, hätte mir jedoch für uns alle gewünscht, man hätte entweder allen oder keinem die Wahrheit mitgeteilt, denn die derzeitige Situation ist unfair.

        Täglich muss man ausweichen, in Worten und Taten und das mit dem Zweifel im Hinterkopf, ob er nicht völlig von uns enttäuscht sein würde, dass wir die ganze Zeit "geschauspielert" und ihm so eine Chance zum bewussten Abschied genommen haben.
        Im Hintergrund und ohne sein Wissen werden Entscheidungen getroffen, die man nur durch weitere Lügen rechtfertigen kann (z. B. die andiskutierte Operation meiner Schwiegermutter, die - für uns durchaus nachvollziehbar - bis auf den Zeitpunkt seines tatsächlichen Ablebens verschoben wird, weil sie doch jetzt bei ihm sein muss, was man ihm natürlich nicht so sagen kann), und die nicht seinen Beifall finden würden, wenn er davon wüsste - da sind wir uns sicher.
        Also, ich persönlich kann jetzt (noch) nicht an sein Bett treten und ihm ein ernstes Gespräch vorschlagen. Dafür haben meine Schwiegermutter und seine Schwester viel zu viel Angst davor, dass er dann völlig zusammenbricht. Diese Angst kann ich nicht wegargumentieren und auch nicht einfach übergehen - dazu habe ich kein Recht.

        Ich werde allerdings versuchen herauszufinden, aus welchem Grunde er bislang nicht nach seinen Chancen gefragt hat, was ja die medizinische Rechtfertigung für dieses belastete Familienleben ist. Ich kann das Urteil, das diese Krankheit über ihn gefällt hat, nicht zurücknehmen, aber ich kann ihm vielleicht dazu verhelfen, nicht den Rest seiner Lebenskraft für die Auftrechterhaltung eines Lügengebildes aufzuwenden, was weder für ihn noch für seine Angehörigen gut ist.

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        • RE: Bronchialkarzinom


          Sehr geehrter Herr Prof. Wust,
          liebe Foristen,

          um diesen Thread abzuschließen, poste ich nach langer Zeit noch einmal. Bitte entschuldigt, dass ich meinen Namen um ein F ergänzen musste - offenbar scheint es zwischenzeitlich einen registrierten Nutzer dieses Namens zu geben.

          Inzwischen ist mein Schiegervater verstorben, gut ein Jahr nach Stellen der Diagnose, genau am 10. Oktober 2002, also knapp 8 Monate nach meinem letzten Posting.

          Nach Abschluss der Strahlenterapie galt er als "austherapiert". Der Krebs war "verkapselt" und auf etwa die Hälfe "geschrumpft". Wir beantragten eine anschließende Nachsorgekur für ihn und eine begleitende Bäderkur für meine Schwiegermutter. Die Kuren wurden genehmigt.

          Bei meinem Schwiegervater wollte sich jedoch nicht die reine Freude über diese Maßnahme einstellen. Für uns alle überraschen trat mein Schwiegervater eine Reise in seine Heimat Franken an, wie uns später klar wurde, um sich von allen Freunden und noch lebenden Verwandten zu verabschieden. Das war im Spätsommer. Nach seiner Rückkehr wurde bei einer routinemäßigen Untersuchung festgestellt, dass der Tumor wieder gewachsen war. Bei seiner Abreise in die Kur hatten wir alle den Eindruck, dass er gesundheitlich nicht schlechter dran war, als in den vergangenen 2 Monaten.

          Um so härter traf uns der Anruf der Klinikleitung am Kurort kaum eine Woche nach Antritt der Kur. Innerhalb von einer Woche hatte sich sein Gesundheitszustand soweit verschlechtert, dass wir dringend gebeten wurden, sofort anzureisen, wenn wir ihn noch lebend sehen wollten. Als wir kaum 6 Stunden später vor Ort eintrafen, war bereits die automatische Gabe von starken Schmerzmitteln eingeleitet worden. Wir - mein Mann und ich - fanden ihn schlafend vor, verbrachten eine unruhige Nacht in seiner Nähe und begleiteten sein Sterben, bis er am folgenden Tag gegen Abend seinen letzten Atemzug tat.

          So kurz sie war, ich bin wirklich sehr, sehr dankbar, diese für mich erste Sterbebegleitung gemacht zu haben. Alle, die ihm etwas bedeuteten, durften bei ihm sein. Wir bekamen Decken, Getränke und tröstende Worte/Gesten von den offenbar speziell geschulten Schwestern und Pflegern auf der Station, die mich insgesamt an ein Hospiz erinnerte.

          Mein Schwiegervater durfte eine weitere Nacht in dem Bett verbringen, das so überraschend zu seinem Totenbett geworden war, damit wir die Formalitäten in Ruhe regeln konnten. Als wir wenige Stunden nach seinem Tod das Zimmer verließen, wurden brennende Teelichter hereingebracht und die Tür hinter uns verschlossen. Am nächsten Morgen konnten wir nochmals zu ihm, um uns endgültig zu verabschieden und seine Habseligkeiten zu holen, bevor wir den schweren Heimweg ohne ihn antreten mussten. Diese friedlichen Szenen werde ich niemals im Leben vergessen. Sie geben mir einen inneren Frieden, der stärker ist als jede Trauer. Ich hätte nie gedacht, dass Trauer andere Gefühle vermitteln kann, als beißenden, stechenden, unerträglichen Schmerz. Jetzt weiss ich, dass dies nicht so sein muss.

          Es war sehr tröstlich, diese letzten 48 Stunden intensiv Abschied nehmen zu können und meinen Schwiegervater jederzeit würdig behandelt zu sehen. Er wurde - auch als er längst keine Reaktionen mehr zeigte - stets mit vollem Namen angesprochen und es wurde ihm jeder an ihm vorgenommener Handgriff ganz selbstverständlich erklärt. Auf jede Bitte, jede Frage der Angehörigen wurde angemessen und verständnisvoll reagiert. Ich würde mir wünschen, dass jeder Patient und jede Familie solche Erfahrungen machen könnte, wenn der Abschied bevor steht.

          Herzliche Grüße
          Anke

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