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Als ich ihn kennenlernte war ich 14 Jahre.
Wir trafen uns im Ferienlager, wo ich mein erstes Geld mit der Kinderbetreuung selbst verdienen wollte.
Ich wusste das er der Mann meiner Träume war. Und auch er (damals 16) mochte mich.
Dummerweise verließ er nach den Sommerferien unsere Schule und begann ein Lehrerstudium.
Ich war viel zu schüchtern und hatte Angst etwas zu ihm zu sagen, aber ich fühlte genau, dass auch er mich gern hatte.
Aber Rettung war in Sicht. Im neuen Schuljahr wurden die 9. Klassen zusammengelegt und seine 2 Jahre jüngere Schwester ging in meine Klasse. Das war eine Möglichkeit um zu seiner Familie Kontakt
aufzunehmen.
Der Plan gelang hervoragend. Trotzt ihren strengen Elternhauses wurden Andrea und ich bald dicke Freunde. Ich konnte bei ihren Eltern ein und ausgehen wie das eigene Kind. Sie waren 3 Geschwister
und beide Brüder hatten mich sehr gern.
Für mich gab es nur Matthias. Aber irgendwie bin ich mit meinen Gefühlen zu ihm nicht klar gekommen. Meine Liebe zu ihm so groß, das ich mich vor lauter Angst, irgendetwas falsch zu machen, total verkrampfte. Wie dem auch sei ... in seinem Studentenleben gab es genügend Mädchen, die etwas lockerer waren ...
Ich wäre am liebsten gestorben. Unfähig auch nur irgendjemanden von meinem Kummer zu erzählen, stürzte ich mich von einer Party in die nächste, lernte Männer ohne Ende kennen, aber niemand bedeutete mir etwas.
In einer Silvesternacht traf ich seinen Bruder Ivo wieder. Wir wurden ein Paar und ich wurde promt schwanger. Erst völlig verzweifelt beschloss ich schließlich das Kind zu behalten und bekam eine kleine Tochter. Von Ivo wollte ich mich eigentlich trennen.
Meine ganze Familie wirkte auf mich ein, damit ich mit ihm zusammenbleibe: ein Kind braucht seinen Vater, du hast es schwer allein, was die Leute sagen usw. .
Ach Ivo bettelte und flehte. Er liebte mich sehr. Ich war 20 und gab nach. War sowieso alles egal. Matthias war verloren. Mein Kind war meine neue Lebensaufgabe und mein Licht am Horizont. Ich wollte jedes Opfer für meine kleine Tochter bringen.
Vielleicht war es ja wirklich einfacher mit einem Vater an der Seite. Vernunft soll ja nicht die schlechteste Voraussetzung für eine Beziehung sein.
Matthias ging nach dem Studium in ein 200 km von meiner Heimatstadt entferntes Dorf, arbeitete dort als Lehrer, lernte seine zukünftige Frau kennen, bekam im Laufe der Jahre 3 Kinder und baute ein Haus.
Die Beziehung zwischen den Brüdern verlief anfangs wenig harmonisch und ich versuchte jeglichen Kontakt zu Schwager und Schwägerin zu unterbinden. Einige Jahre gelang mir das ganz gut und ich fand so etwas wie inneren Frieden.
Doch gelang es mir nicht Matthias zu vergessen.Ich war von aktuellen Ereignissen abgelenkt, bekam noch einen Sohn und gab alles, was ich hatte, für meine Familie.
Doch in meinem Herzen lebte nur "Er".
Die Beziehung zu Ivo gestaltete sich trotzdem harmonisch. Wir hatten gemeinsame Interessen und Ziele, freuten uns über unsere gut geratenen Kinder, ich versuchte eine "liebende" Ehefrau zu sein und verstand mich hervorragend mit meiner Schwiegermutter.
Wenn da nicht Matthias gewesen wäre, der plötzlich aus irgend einem Grund immer häufiger bei uns auftauchte.
Es war jedesmal eine Tortour für mich. Keiner wusste etwas. Mit Niemandem konnte ich reden.
Geduldig ertrug ich seine Besuche und erholte mich jedesmal nur schwer davon. Das Lächeln auf meinem Gesicht eingefroren, beteiligte ich mich nur einsilbig an irgendwelchen Gesprächen.
Meine Schwägerin war aus "komischerweise" sehr eifersüchtig auf mich und setzte ständig übele Gerüchte in die Welt, schnitt mich wo sie nur konnte.
So blieben mir vorerst Gegenbesuche erspart. Mein Mann fuhr allein zu seinem Bruder. Auch meine
Kinder versuchte ich von Onkel und Tante fern zu halten. Bis Ivo (ahnungslos wie er war) darauf bestand, dass ich mitfuhr.
Es tat mir in der Seele weh, Matthias zu sehen. Mittlerweile war er fast 40 kg schwerer aber seine Augen und sein Lächeln waren geblieben, genau wie seine samtweiche Stimme. Es war egal, dass er dick war. Ich liebte ihn mehr denn je.
Genau wie ich, tat er alles für seine Kinder. Seine Frau schien ziemlich schwache Nerven zu haben, hielt nicht viel von Haushalt und Mutterrolle und scharwenzelte nur allzugern durch die Gegend.
Matthias tat neben seiner Arbeit und Fernstudium alles was in seiner Kraft stand für Frau, Haushalt und Kinder. Aber als Einzelkämpfer war es für ihn einfach nicht zu schaffen.
Das Chaos ist perfekt, seine Kinder werden immer verrückter, der Dreck in seinem Haus ist einfach ekelerregend (ich schwöre, dass das nicht übertrieben ist), er schämt sich oft dafür und mir bricht fast das Herz, ihn so zu sehen.
Immer wieder sage ich mir verzweifelt: Er muss ja glücklich sein, er wollte es so.
Nun sind mehr als 20 Jahre vergangen, seit ich Matthias kennengelernt habe. Meine Tochter ist 14, erlebt ihr erste Liebe und geht schon fast ihre eigenen Wege . Ich bin 35 und trotzt voller Berufstätigkeit nicht mehr jeden Tag rund um die Uhr ausgelastet. Meine unglückliche Liebe zehrt unerbittlich an meinen Kräften. Von Schuldgefühlen (gegenüber meinem Mann) und Herzschmerz geplagt, ziehe ich mich vor anderen zurück.
Ich habe wirklich einen sehr lieben Mann, der so etwas wie mich nicht verdient hat. Es tut mir so unendlich leid, dass ich seine Gefühle nicht erwidern kann, so wie es sein sollte und so viel falsch gemacht habe.
Mein Lebensglück ist wohl für immer verloren. Falls es einen lieben Gott gibt, so wünsche ich für meine Kinder, dass sie glücklicher werden als ich und
bitte ich ihn, mich nicht allzu lange auf dieser Welt zu belassen.
Gruß Karina
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