weil ich mir große Sorgen um meinen Bruder mache, wende ich mich an Sie.
Was kann man tun, wenn jemand mit 28 Jahren durchhängt und nur noch am Notebook sitzt (spielt und surft), sein Physikstudium kurz vor Abgabe der Abschlussarbeit (Diplomarbeit) abbricht aber weder von Familie und Freunden noch von außen (z.B. Psychologen) Hilfe annehmen will. Sogar die Bereitschaft über die Problematik zu reden, ist leider kaum vorhanden.
Mein Bruder ist hochintelligent (Einserschüler gewesen, etc.) und bekam ein Stipendium. Letzteres lief dann jedoch aus, da er sich auch um geringste organisatorische Dinge nicht mehr kümmern wollte (Immatrikulationsbescheinigungen besorgen, etc.).
Dieser Zustand hält nun bereits seit Anfang 2007 an.
Von Mitte 2005 bis 1/2007 war er in den USA (Auslandssemester). Eigentlich sollte er dort bis 7/2006 sein Studium beenden. Er hat dann bis 12/2006 verlängert. Doch auch dann wurde er nicht fertig.
Da er wochenlang nicht darüber reden wollte, wie er vorhat nun weiterzumachen, flog letztlich meine Mutter zu ihm und holte ihn ab - immerhin da kooperierte er. (Allerdings nur insoweit, dass er mit ein paar Sachen zurückflog. Da er sich in den 18 Monaten viel gekauft hatte, blieben Sachen im Wert von über 1000 Euro zurück. Zum verkaufen, verschenken o.ä. war er nicht zu bewegen.)
Auch vorher hat er bereits mit organisatorischen Anforderungen Probleme gehabt, letztlich aber alles wichtige erledigt.
Auch mit Terminen hatte er schon lange Probleme, aber die wichtigen letztlich eingehalten. (Z.B. hat er seine Facharbeit im Gymnasium, für die 12 Monate vorgesehen sind, binnen zwei Wochen geschrieben und trotzdem eine Eins bekommen.)
Einige seiner seltenen Äußerungen in diesem Gesamtzusammenhang will ich wie folgt zitieren:
Er wird gefragt (am 23.12.2006):
1. Denkst Du, dass es Dir helfen würde einen Psychologen aufzusuchen?
2. Hast Du vor einen aufzusuchen?
Er antwortet:
1. Gemäß meinen zugegebenermaßen recht kurzen Erfahrungen mit Psychologen, halte ich das für eher unwahrscheinlich.
Es ist zum einen jemand, der mich quasi nicht kennt, und zum anderen jemand, der kein inhärentes Interesse an Erfolg hat (Anreizstruktur);
und last but not least, warum sollte ich einer effektiv wildfremden Person derartiges Vertrauen entgegenbringen.
2. Nein, eigentlich nicht, warum?
Ein anderes Mal offenbarte er als Grund für sein Verhalten, dass der den "Geschmack am Leben verloren" habe.
Dieses ist wohl die zentrale Kernaussage und Denkweise, die sein Verhalten begründet.
Sein Tagesablauf:
1. Aufstehen (zu völlig unterschiedlichen Zeiten)
2. mehrere Stunden am PC (spielen und / oder surfen)
3. Essen (oft allein, z.B. Müsli, Reste vom Mittagessen)
4. wieder mehrere Stunden am PC (insg. 10-15 Stunden)
5. Essen
6. Schlafen
Teilweise erledigt er auch kleinere Jobs für seine Eltern (fährt Einkaufen, löst PC-Probleme...)
Die einzigen, mit denen er manchmal länger spricht, sind sein Bruder und sein engster Freund. Diese können mit ihm aber nur über seine Hobbys reden (Linux, Open Source, freie Software, etc.). Auch über andere Dinge (z.B. mathematische Fragestellungen) kann man mit ihm gut reden / diskutieren. Sobald es aber in Richtung seines Studiums, seiner berufliche Zukunft, sein Befinden / seine Psyche geht, etc. macht er völlig dicht (verlässt den Raum, schweigt).
Was raten Sie mir?
(Alle sinnvollerweise infrage kommenden Freunde, Verwandte und Bekannte haben bereits versucht mit ihm zu reden - ohne Erfolg.)
Halten Sie es für sinnvoll Druck aufzubauen, indem man von ihm beispielsweise eine Zimmermiete i.H.v. 250 Euro pro Monat verlangt. Ist ein wie auch immer gearteter Zwang sinnvoll und überhaupt möglich?
(Bisher hat er - auch das Auslandsstudium - immer alles von seinen Eltern bezahlt bekommen und nie gearbeitet - auch kein Praktikum o.ä. absolviert. Geld verdient hat er ansonsten bisher nur durch das Stipendium und während seiner 9 Monate Wehrdienst.)
Welche ärztlichen Möglichkeiten gibt es für so einen Fall?
Welche sonstigen Möglichkeiten gibt es?
Meine Eltern finden das Verhalten auch nicht gut, weigern sich aber mehr Härte zu zeigen, da sie Angst haben dass er dann z.B. unter der Brücke endet oder Suizid begeht. Daher fordern sie z.B. weiterhin keinerlei finanzielle Gegenleistungen von ihm (z.B. Miete).
Meiner Meinung nach ist es allerdings so, dass Härte natürlich mit gewissen Risiken einhergeht allerdings jetzt auch noch die Chancen größer sind. Wenn dagegen z.B. noch 10-30 Jahre gewartet wird, bis meine Eltern gestorben sein werden, dann wird er sicher nicht mehr im Leben ankommen. Und dann wird z.B. auch das Suizidrisiko viel höher als jetzt sein.
Falls Sie also der Meinung sind, dass meine Eltern mehr Härte zeigen müssten (wie es viele meiner Bekannten, die ich in der Sache um Rat gefragt habe, auch denken), dann bitte ich Sie mir mitzuteilen, wie sich meine sehr konservativen und beratungsresistenten Eltern überzeugen lassen können.
Mit freundlichen Grüßen
Arno
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