Koprostase

[Sina_S]

Sehr geehrte Frau Walter-Friedrich,

ich würde Sie gerne in folgender Angelegenheit nach Ihrer Meinung fragen:

Bei einem Abdomen CT (das aber in anderen medizinischen Zusammenhängen gemacht wurde) fiel eine Aufweitung des Dünn- und Dickdarms sowie Koprostase auf. Ich bin schlank, allerdings habe ich einen vergrößerten Bauch, der mich aber bisher nicht gestört hat.

Nun, da ich weiß, dass etwas pathologisch nicht in Ordnung ist und ich nicht einschätzen kann, welche Konsequenzen das beinhaltet, versuche ich der Sache auf den Grund zu gehen.

Ich würde gerne Ihre Einschätzung in Bezug auf einen Zusammenhang mit der Ernährung erfragen. Ich esse sehr viel Obst (den ganzen Tag verteilt), jeden Tag Gemüse, fettarme Milchprodukte, trinke normal viel, esse Vollkornbrot, Hülsenfrüchte (alles in normalen Mengen) und lebe vegetarisch. Außer dem auffällig großen Anteil an Obst (eine Leidenschaft von mir) fällt mir nichts Auffälliges ein. Verstopfung habe ich auch keine (jedenfalls nicht subjektiv, dem CT nach zu urteilen wohl doch).

Von ärztlicher Seite wurde Verdacht auf Morbus Hirschsprung geäußert, auch an Spru wurde gedacht, aber dann wieder verworfen. Eine Spiegelung würde nur aufgrund meines Wunsches vorgenommen werden, und ich fürchte mich ehrlich gesagt davor. Andererseits habe ich Angst, durch die Koprostase längerfristig die Entstehung eines Darmkrebses zu begünstigen. Ich kann nicht sagen, seit wann die Bauchvergrößerung vorhanden ist, aber auf jeden Fall schon mehrere Jahre.

Was meinen Sie dazu?

Herzlichen Dank!
Sina_S

[G.Walter-Friedrich]

RE: Koprostase


Sehr geehrte Frau Sina S.!
Ich sehr gut verstehen, dass Sie nach dieser überraschenden Diagnose wissen möchten was die Ursache ist und was es für eine Therapie gibt.
Ihre Frage ist nicht leicht zu beantworten!
Koprostase ist tatsächlich nur ein Symptom, eine Beschreibung, die nicht eindeutig sagt welche Ursache dahinter steckt (kommt aus dem gr. Wort stasis was "Feststehen" bedeutet. Der Kot wird in den besagten Darmabschnitten nicht transportiert, der Darm macht dort keine Bewegung und es kommt zur Kotstauung.
Im CT kann man die umschriebenen Dickdarmerweiterung sehen. Dies kann bei chronischer Stuhlverstopfung auftreten, betrifft dann aber meist nicht nur eine ganz umschriebene Stelle, sondern meist die letzten 2/3 des Dickdarmes und die Patienten berichten auch über ständige Stuhlverstopfung.
Sie schreiben, dass bei Ihnen keine Stuhlverstopfung vorliegt oder vorlag. Fragen Sie vielleicht Ihre Eltern mal, wie das im Säuglichs- und Kindesalter war.
In Ihrer vegetarischen Ernährung sehe ich keinen Zusammenhang mit der Koprostase, diese enthält in der Regel ein mehrfaches an Ballaststoffen und gibt möglicherweise eher darauf einen Hinweis, dass Sie duech Ihre Ernährung einer Stuhlverstopfung vorgebeugt haben, obwohl dieses Symptom schon lange besteht.
Worauf ich hinaus will ist, das der Verdacht eines M.Hirschsprung zumindest nicht ausgeschlossen ist.
Hierbei handelt es sich um ein angeborene Anlage. Bestimmte Darmabschnitte sind nicht mit motorischen Nerven versorgt und schon im Säuglingsalter treten umschriebene Dickdarmerweiterungen auf.Diese Darmabschnitte haben keine Peristaltik (Darmbewegungen), sodaß es oberhalb derselben zur Kotstauung kommt. In der Regel haben diese Kinder schwere Verstopfungszustände und Bauchauftreibungen.
Aus ernährungspysiologischer Sicht kann ich jedoch letztlich nicht mit Sicherheit auf die Ursache schließen. Ich möchte Ihnen jedoch den Rat geben, weiterhin auf eine ballaststoffreiche Ernährung achten, da diese den Darminhalt dünner hält und ein bessere Passage verursacht. Bei Ihnen sollte eine Stuhlverstopfung umbedingt vermieden werden, um einen völligen Passagestop zu vermeiden.
Suchen Sie zu Ihrer weiteren Betreuung einen Gastroenterologen, dies ist ein Facharzt für Magen- und Darmerkrankungen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen zumindest aus der Betrachtung der Ernährungsmedizin helfen konnte.
Ich wünsche Ihnen alles Gute, wenn Sie noch Fragen in dieser Richtung haben können Sie sich gerne nochmals melden.
Viele Grüße
G. Walter-Friedrich (m-ww.de)