am vatertag (in volkssozialistischer tradition pikanter - oder bezeichnender - weise "herrentag" geheißen), mag es tradition sein, sich in gesellschaft von gleichgesinnten mit bierfaß auf bollerwagen ins grüne zu verziehen - ich halte es eher mit himmelfahrt und hab mir die liebste geschnappt, um sie für ein verlängertes wochenende ins elsaß zu verführen
zum auftakt die reverenz an meinen liebsten geheimtipp: sechsgangmenü in einem kleinen, versteckten liebhaber- und feinschmecker-restaurant, das dem guide michelin immerhin ein rotes besteck wert ist. das essen wie immer ohne tadel, heute mal eher mediterran ausgerichtet, aber spätestens beim käsegang (11! häppchen von meist veritablen stinkern vorwiegend, aber nicht nur aus der region) für mich wieder begeisternd. der champagner zum amuse gueule superb (warum schafft deutscher winzersekt nicht dieses mousseux?), der elsässer riesling für die ersten drei gänge sauber, der burgunder nicht zu schwer für lammspieß und käse. dessert, espresso und eau de vie (wildkirsch - mmhhh!) lassen zur abrundung nur noch die montecristo vermissen. die hab ich selber dabei :-)
während die erwachsenen (erstaunlicherweise in aller regel nicht vom übergewicht gezeichnet) sich speis, trank und konversation widmen, tollen die kinder durch restaurant und vorgarten. und niemand rümpft die nase, im gegenteil, sie kriegen das parfait als eis am stiel
die patronne hat uns nicht nur ein hotelzimmer besorgt, sondern bietet sogar an, uns nach dem diner zu selbigem zu chauffieren. für einen "stammgast", der sich bloß alle jubeljahre mal blicken lässt, anscheinend ein selbstverständlicher service
so was ist unbezahlbar? find ich eigentlich auch. schlug aber bloß mit ¤ 160 zu buche. wenn ich daran denke, was in deutschland für ein liebloses filetsteak berechnet wird...ich kenn wohl hierzulande nur die falschen lokale
choucroute und baeckeoffe in einer touristenfalle im petit france zu straßburg können da nicht mithalten, wollen das auch gar nicht. trotzdem fallen sie schmackhafter und preiswerter aus als das winzersteak zu rüdesheim - und das ambiente der fachwerkzeilen der ill entlang ist um längen überzeugender
ein abstecher in den supermarkt gefällig? was bietet das französische gegenstück zu real & co? natürlich auch das übliche convenience food. aber schon die käsetheke schlägt alles teutonisch vergleichbare. über das von detelina geliebte contrex stolpert man geradezu (schmeckt etwas eigentümlich, finde ich, aber mir gefällt diese mineralische note), und das von hsusi so verzweifelt gesucht naturbelassene meeersalz liegt im kilopack im regal. die graue färbung verspricht einen sehr authentischen grad an zurückhaltender raffination - ich hab mich aus neugier auf diesen geschmack schon mal damit eingedeckt
die foie gras lassen wir im kühlregal liegen. denn noch steht die manufaktur auf unserem programm, in der dieses geflügelprodukt in mannigfaltigem verarbeitungs- und konservierungsgrad hergestellt und ab erzeuger verkauft wird. die gänseleber wird gut zum pinot gris vendange tardive (s.u.) passen...
die elsässische weinstraße führt uns durch idyllische winzerörtchen wie frisch aus dem faller-katalog. weinverkostung wird überall angeboten, oft recht marktschreierisch plakatiert. was ja nicht per se gegen qualität spricht. aber wir lassen uns von einer reizenden oma (die enkelin arbeitet im notariat, der sohn ist im weinberg) durch den blitzsauberen, dennoch mit edlem schimmel ausgekleideten keller führen und verkosten die weine aus dem angebot. mit erfolg - mit trockenem elsässer muskateller und gewürztraminer im keller werden sich die kommenden lauen sommerabende gut überstehen lassen. leider gibts diese aromasorten in deutschland fast nur süß - ein hoch auf die trockenheit des vin d’alsace
der obligatorische flammkuchen schließlich schmeckt wohl nicht deshalb so gut, weil wir ihn in einem fachwerkensemble aus dem 16. jahrhundert schmausen. eher schon, weil er frisch aus dem holzofen gezaubert wird - zu schade, dass am samstag ganz colmar die umliegenden weindörfer stürmt und, wer nicht reserviert hat, im leider recht kühlen hof dinieren muß (der vorsommer hat sich mittlerweile wieder verabschiedet). so wird wenigstens der riesling nicht warm, was aber dem grand cru auch nicht mehr hilft - ein 2002er darf noch keinen anflug von firne aufweisen. macht aber nichts, der aoc ist vorbildlich frisch, rund und pikant
das elsaß mag nicht gerade als paraderegion für savoir vivre gelten. für uns abgehärtete deutsche tuts das aber allemal - versuchen wir doch, uns was davon abzugucken ;-)
Kommentar