vor einiger Zeit haben wir uns über Genuss ausgetauscht und über den Club der "Trotzdem Genießer" nachgedacht. Ich finde dieser Beitrag passt dazu ganz besonders gut.
Anmerkung: Ich will niemandem bekehren! Wer der Meinung ist, was ich hier empfehle ist das pure Gift.....oder Schwachsinn ....oder... mag recht haben.
Und: Das hier Empfohlene zählt auch nicht zu meinem Speisenplan für jeden Tag, aber ein- zweimal im Jahr .......
Ja, derfen's denn des, wieder ganz altmodisch die Leber ins Fett eingießen und als Amuse-Gueule hinstellen, anstatt des Topfenaufstrichs superlight? Erlöse uns von allen Übeln, alles tierische Fett führt zum Tod, und sein Konsum ist Sünde, dreißig Jahre lang haben wir der unheiligen Trinität von Nahrungsmittelindustrie und Pharmakonzernen (=Geld) sowie den Ärzteverbänden (=Autorität) gehorsam gefolgt: Cholesterin und gesättigte Fettsäuren sind Verursacher von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, demzufolge sind auf den Index zu setzen Butter, Obers und Schmalz im Besonderen. Schwein, Gans und Ente sind quasi unreine Viecher, ebenso Fette Fische. Am schlimmsten hat es die arme Sau erwischt: Was ihr alles angetan wurde, um sie vom Fett zu befreien und ihren Bestand an magerem Rippenfleisch zu vergrößern - unter anderem durch die wundersame Vermehrung ihrer Rippen -, geht auf keine Kuhhaut.
Von sichtbaren und aber noch viel heimtückischeren versteckten, weil nicht in einem anerzogenen Reflex zu entfernenden Fetten war viel der warnenden Rede. Vordem der Sexualmoral der Kirchen vorbehaltene Begriffe wie Sünde, Schuld und Angst wurden erfolgreich auf die entwicklungsgeschichtlich gleich alte Nahrungsaufnahme transferiert (mit denselben neurotischen Konsequenzen). Und die Einhaltung der Regeln wird mit dem ewigen Leben hienieden belohnt, oder doch fast ewig, amen.
Entwarnung für Pensionskassen und Totengräber
Aber halt, jetzt gibt es Entwarnung für Pensionskassen und Totengräber: Denn siehe, gar nicht wenige der vermeintlich gesunden Margarinen (laut deutschem Ökotest 50 Prozent der getesteten Produkte, im Speziellen bei der als besonders gesund geltenden Sonnenblumenmargarine) enthalten so genannte Trans-Fettsäuren, die sich noch viel ungünstiger als die gesättigten Fettsäuren auf den Cholesterinspiegel auswirken. Britische Forscher konnten aufgrund der im Fettgewebe sich widerspiegelnden Fettsäurezusammensetzungen nachweisen, dass sich unter Herztoten signifikant mehr Margarinekonsumenten befinden. Tierversuche und Langzeitstudien in Krankenhäusern zeigten, dass das Herzinfarktrisiko mit der verzehrten Margarinemenge wächst. Während es bei Butterkonsum sinkt.
Auch das "französische Paradoxon" bringt die Doktrin ins Wanken: Die Franzosen, dem Genusse besonders zugetan und mit dem tierischen Fette auf du und du - Butter- und Oberssaucen, Käse, Gansleber, Terrinen etc. - weisen zwar gleich hohe Blutcholesterinwerte wie die Resteuropäer auf, die Rate der Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist im Vergleich jedoch in Relation signifikant niedriger (und das bei zusätzlich ziemlich intensivem Gauloise-und Gitane-Konsum). Der mäßige, aber regelmäßige Rotweinkonsum ist also eindeutig gesünder als ein Verzicht aufs Fett.
Eine Flasche öffnen ...
Für Fuchs und Harrer heißt das heute, dass wir erstens sofort eine Flasche öffnen und zweitens kochmäßig Altmodisches und Verbotenes wagen. Mitte der 70er-Jahre war Schweineschmalz das meistverwendete Fett in der österreichischen Küche, es geht uns nicht besonders ab, aber wir erkennen seine wichtige Rolle bei der Konservierung der diversesten Lebensmittel an: die bereits erwähnten eingegossenen Lebern, in Schweineschmalz konservierte schwarze Trüffeln (das Fett schön warm, damit die Trüffeln garen), Wachteln (schön saftig gegrillt) und so weiter.
Der Jahreszeit entsprechend wenden wir uns mit einem verwandten Verfahren dem Gansl zu und machen ein Confit d'oie, kochen also eine Gans ein, französischer geht's nicht, das hat La Pucelle d'Orléans gegessen, bevor sie ihre Truppen in die Schlacht gegen die Engländer geführt hat: von einer fetten, abgeflämmten Gans das Fett aus dem Inneren (möglichst auch von den Innereien und Därmen) lösen und bei sanfter Hitze auslassen. Gansl vierteln und mit einem im Mörser zerstoßenen Gemisch aus 250 Gramm Meersalz, 125 Gramm Zucker, etwas Thymian, einer Gewürznelke, einem halben Lorbeerblatt und 1,5 Gramm Salpeter (aus der Apotheke) einreiben, in ein irdenes Geschirr legen, mit dem restlichen Gewürzsalz bedecken und 24 Stunden pökeln.
... und ein Confit d'oie zubereiten ...
Danach von den Gansstücken sorgfältig das Salz abwischen, das Ganslschmalz und gleich viel Schweineschmalz lauwarm erhitzen, Gansteile einlegen, langsam erhitzen und bei mäßiger Temperatur (keinesfalls ausbacken!) etwa zwei Stunden garen: Das Schmalz sollte klar und das Fleisch so weich sein, dass mit einer Stricknadel kein Widerstand zu spüren ist. Die Fleischstücke herausnehmen, die gröbsten Knochen entfernen, in eine Steingutform eine Schmalzschicht eingießen und erstarren lassen, Fleisch so einlegen, dass es nicht die Wände berührt, mit dem restlichen Schmalz bedecken. Nach zwei Tagen eine Schicht Schweineschmalz nachgießen, um Risse auszufüllen, am darauf folgenden Tag nochmals mit einer Schmalzschicht versiegeln.
Die derart konservierte Gans hält ein Jahr und erfreut mit einem ganz spezifischen Geschmack. Klassisch ist natürlich die Weiterverarbeitung in einem Cassoulet, für den Solo-Genuss hingegen Fleischteile in etwas eigenem Schmalz braun anbraten und unter häufigem Wenden gut durchwärmen, unter Umständen Orangen-Ingwer-Chutney oder Wintersalate als Begleitung. Und nicht vergessen, als Ablass von dieser ernährungswissenschaftlichen Todsünde braucht es nur ein ordentliches Flascherl Rotwein. (Gudrun Harrer, Christa Fuchs, DER STANDARD, rondo/28/11/2003)
Kommentar