ich möchte heute einmal ein paar Fragen stellen, die nicht mich, sondern meine Mutter betreffen.
Sie ist jetzt 55 Jahre alt, hat Verdauungsprobleme, seit sie etwa 20 war, immer wieder wurden Magengeschwüre festgestellt, Helicobacter, und im Dezember 1994 wurde dann schließlich ein ziemlich heftiger Magenkrebs festgestellt. Der komplette Magen wurde entfernt, dazu die Gallenblase, die Milz und noch einige Lymphknoten, die Ärzte dachten eigentlich, sie überlebt das nicht, aber bisher trat kein Rezidiv auf.
Nach der OP wog meine Mutter 46 kg bei 156 cm Größe, vorher wog sie immer so um die 67 kg.
Sie hat schon immer Diät gehalten, weil sie sich zu fett gefühlt hat, wobei 67 kg ja schon ein wenig viel waren und der Wunsch, ein paar Kilo zu verlieren sicherlich nicht abwegig. Sie hat es allerdings nie geschafft, obwohl sie immer sehr wenig gegessen hat.
Als sie dann 46 kg wog, fühlte sie sich "super", sie wollte das Gewicht halten, sie aß immer noch sehr wenig, aber sie nahm trotzdem wieder zu, was ja höchst ungewöhnlich ist nach so einer Erkrankung und der Entfernung es kompletten Magens.
Nunja, heute wiegt sie 57 kg, und das ist doch eigentlich okay, vor allem, wenn man bedenkt, dass doch ein paar "Reserven" bei einer solchen Erkrankung eigentlich nicht falsch sein können, wobei 57 kg nicht einmal allzu viele Reserven beinhalten, wie ich finde.
Nach der OP wurde eine hochgradige Laktose-Intoleranz festgestellt, wobei die Frage ist, ob diese erst durch die OP zustande gekommen ist, was ja häufig vorkommt, oder ob meine Mutter schon vorher laktoseintolerant war und es nur nicht gemerkt hat. Ich bin ja selbst betroffen, könnte also in der Familie liegen. Wobei dies nun eigentlich auch keine Rollte spielt. Meine Mutter ist nunmal hochgradig laktoseintolerant, egal ob nun schon länger oder erst durch die OP, und reagiert auch auf geringe Mengen mit heftigen Beschwerden, meist schlimmen Durchfällen, oft verbunden mit Erbrechen. Wenn sie einen Joghurt isst, schafft sie es meist nicht einmal, den Becher leer zu essen, schon rennt sie aufs Klo und hat heftigen Durchfall.
Sie hält sich nun aber gar nicht an die laktosefreie Diät, eben weil "man so schön schlank bleibt". Sie hat den ganzen Tag Durchfall, erbricht teilweise bis zu fünfmal und öfter am Tag, man merkt ihr aber überhaupt nichts an. Sie geht aufs Klo, erbricht mal eben kurz und kommt zurück, als sei nichts. Auf die Frage, ob das nicht total schlimm sei, meint sie, nein. Sie muss wohl auch gar nicht mehr würgen beim Erbrechen, sondern macht nach eigenen Angaben nur den Mund auf, "dann fliegt das Zeug raus", und gut ist. Klingt für mich eigentlich schon nach Bulimie. Zähne hat sie schon lange keine eigenen mehr, sie hat angeblich eine seltene Zahnfleischerkrankung, die nach meiner Geburt begonnen hat, und daher hat sie alle Zähne verloren. Kann stimmen oder auch nicht. Ich weiß eben, dass Bulimiker Zähne verlieren, weil die Magensäure beim Erbrechen das Zahnfleisch angreift.
Essen tut sie nach wie vor kaum was, und wenn, dann eben meist etwas Unbekömmliches, das dann sogleich hinten un vorne wieder rauskommt.
Mir ist es ein Rätsel, warum sie nicht abnimmt dabei. Wenn ich einmal was Unbekömmliches esse und solchen Durchfall habe wie sie, dann sind nach einer Woche 3 kg weg, aber bei ihr nicht. Ist ihr Stoffwechsel schon so durcheinander?
Manchmal kippt sie vor Unterzuckerung fast um, aber anstatt dann etwas zu essen, lutscht sie nur einen Traubenzucker, und das war´s dann. Gegessen wird nichts. Sie will ja schlank werden.
Meine Mutter geht auch sonst nicht sehr gut mit sich und ihrem Körper um, sie hat ein total gestörtes Körperverhältnis. Oder ist es normal, dass meine Mutter zwei Wochen nach dieser schweren OP, mit 32 Klammern im Bauch, die die Längsnarbe zusammenhielten, vor dem Haus den Schnee geschippt hat? Und auch wirklich schlimme Erlebnisse tut sie ab, als sei das nichts. Ein Beispiel: im Moment hört man doch immer wieder von Betroffenen, die während einer Narkose aufgewacht sind und alles mitbekommen haben. Meiner Mutter ist so etwas auch schonmal passiert, und zwar bei meiner Geburt (Kaiserschnitt). Ich habe sie dann mal gefragt, ob so etwas nicht absolut schrecklich ist, aber sie meinte nur: "Ach was, das war ein bisschen heiß am Bauch, aber schlimm war das nicht." Andere Leute sind fertig nach sowas, und sie tut so, als sei das nichts. Sie hat anscheinend gar kein normales Körper- bzw. Schmerzempfinden, denn ich kann es mir anders nicht erklären, dass auch eine heftige Gürtelrose keinerlei Schmerzen bei ihr verursacht haben soll, "das juckt nur ein bisschen". Andere Leute gehen die Wände hoch vor Nervenschmerzen, und sie rennt herum und tanzt bis nachts um Drei herum und macht Halli-Galli ohne Ende.
Sie war schon früher so, und das mit dem Essen geht auch schon lange. Ich wäre als Jugendliche auch fast in eine gravierende Essstörung hineingerutscht und bin heilfroh, dass ich es selbst auffangen konnte. Meine Mutter war nicht ganz unbeteiligt daran, denn von ihr hatte ich den Wahn mit dem Kalorienzählen übernommen. Sie war es auch, die mich als "fette Sau" beschimpft hat, mit meinen damals 56 kg bei 160 cm Größe. Vermutlich war das Neid, denn sie wog ja gut 10 kg mehr. Keine Ahnung, auf jeden Fall gab es oft nichts zu essen, denn meine Mutter meinte, " so eine fette Sau wie du braucht kein Essen". Irgendwann habe ich dann auch geglaubt, ich sei fett, aber das hat sich zum Glück wieder gegeben. Ich wiege nun 55 kg und fühle mich wohl damit.
Meine Mutter hat offensichtlich massive Probleme mit ihrem eigenen Körper, aber wenn man ihr helfen will, blockt sie total ab. Wenn ich sie darauf hinweise, dass sie ihrem Körper sicherlich nichts Gutes damit tut, ihn mit Unbekömmlichem vollzustopfen, nur damit es im Eiltempo vorne und hinten wieder rauskommt, dann meint sie nur: "Na und? Dann beiße ich eben ins Gras." Ich finde das schrecklich.
Ihrem Hausarzt habe ich dies alles schon in der Kurzfassung mitgeteilt, aber der hat nur gelacht und nichts unternommen.
Der Psychologe, bei dem meine Mutter in Behandlung war, um mit ihrer Krebserkrankung fertigzuwerden, hat anscheinend nichts gemerkt.
Ich würde meiner Mutter wirklich gerne helfen, aber ich weiß nicht wie. Sie zieht gleich alles ins Lächerliche, wenn man mit ihr ernsthaft reden will, siehe oben.
Ich habe ihr nun angeboten, einen Ernährungsplan mit ihr aufzustellen und darin auch die Laktoseintoleranz zu berücksichtigen, aber sie blockt total ab. Auch an eine Beratungsstelle will sie sich nicht wenden, denn sie fühlt sich nicht essgestört. Sie findet das alles normal, nun denkt sie sogar über eine Fettabsaugung nach! Wenn sie das Geld hätte, würde sie es machen lassen.
Ich weiß nicht mehr weiter. Ich bin selber ziemlich krank und brauche meine Kraft eigentlich für mich, und manchmal denke ich, ich habe versucht, ihr zu helfen, sie LÄSST sich nicht helfen, sie ist alt genug, sie ist für sich selbst verantwortlich, ich muss es einfach akzeptieren, dass sie sich selbst zugrunde richtet. Aber irgendwie KANN ich nicht tatenlos dabei zusehen, wie sich jemand selbst so kaputt macht.
Hat hier noch jemand einen Rat, was ich tun kann, um ihr zu helfen? Oder soll ich es wirklich so akzeptieren und sie machen lassen?
Ich bin für jeden Tip dankbar.
Liebe Grüße von Krümel
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