Marcumar und Essensplan

[JinJin]

Guten Tag,

seit gut 6 Wochen bin ich auf Marcumar eingestellt. Man drückte mir auch eine Liste (viel zu kurze Info) in die Hand, was K1 angeht.

Die Frage, die sich mir stellt:

Darf ich echt keine Eier mehr essen (liebe Lachsbrötchen mit Ei)?
Absolut keine Spinaci-Pizza mehr?
Salat nur 1 x die Woche?

Für den Vitaminhaushalt sieht ein Leben ohne Gemüse ja gar nicht gut aus.

Ist jemand so lieb und klärt mich besser auf?

Vielen, vielen Dank

[Dr. Sabine Ellinger]

Re: Marcumar und Essensplan


Vitamin K wird zur Synthese von Carboxyglutaminsäure benötigt, das wiederum zur Synthese diverser Gerinnungsfaktoren (II, VII, IX und X) erforderlich ist. Hierzu muss das Vitamin K in der Hydrochinonform vorliegen. Marcumar hemmt Enzyme, die das Vitamin K in die Hydrochinonform überführen, und hemmt damit die Bildung o. g. Gerinnungsfaktoren.
Es stellt sich die Frage, ob bei einer sehr hohen Vitamin K Zufuhr die Gerinnung verstärkt, und damit die Wirkung des Marcumars (Vitamin K Antagonist) beeinträchtigt werden könnte. Eine Begründung für eine spezielle Diät bei der Behandlung mit Coumarinen („Marcumar-Diät“) wird kontrovers diskutiert. Kasper (2004) sieht keine Notwendigkeit in einer Begrenzung der Vitamin K Zufuhr, während Rohde et al. eine Limitierung auf 250 µg pro Tag als sinnvoll erachten, da in einigen Studien bei der Aufnahme höherer Vitamin K Dosen eine verstärkte Gerinnung beobachtet wurde. Die empfohlene Vitamin K Zufuhr für gesunde Erwachsene liegt bei 60 – 80 µg (D-A-CH-Referenzwerte 2008). Ein Limit von 250 µg/Tag bedeutet, dass lediglich eine exzessive Vitamin K Zufuhr vermieden werden sollte. Vitamin K findet man v. a. in grünem Blattgemüse. Da die Absorptionsrate nur 10-80% beträgt (begünstigt wird die Absorption durch Fett, da Vitamin K fettlöslich ist), würde ich einen gelegentlichen und maßvollen Verzehr von Blattgemüse als unproblematisch ansehen. Auch bei einer Pizza mit Spinatbelag dürften keine Probleme bei der Gerinnung auftreten.

Quellen
Kasper: Ernährungsmedizin und Diätetik. 10. Auflage. Urban und Fischer, München, 2004
Rohde et al.: Dietary vitamin K intake and anticoagulation in elderly patients. Curr Opin Clin nutr Metab Care 2007; 10: 1-5
D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. 1. Auflage. Umschau/Braus, Frankfurt/Main 2008

[Dr. Sabine Ellinger]

Re: Vit. K Gehalt von Eiern, Spinat und,Salat


Der Vitamin K Gehalt in 100 g Hühnerei beträgt 45 µg, bei Spinat sind es 350 µg und bei Kopfsalat 200 µg. Wenn Sie die Vitamin K Aufnahme durch Verzehr dieser Lebensmittel berechnen müssen Sie auch die Portionsgröße berücksichtigen:

Ein mittelgroßes Hühnerei (Gewichtskl. 3) wiegt ca. 60 g und liefert 27 µg Vitamin K, eine Menge, die auch bei Patienten mit Marcumarbehandlung absolut unbedenklich ist. Das Lachsbrötchen mit Ei können Sie also weiterhin genießen.

Eine übliche Portion Kopfsalat (45 g) enthält 90 µg Vitamin K. Auch das ist aus meiner Sicht unbedenklich, denn die Absorption liegt ja unter 100%.

Beim Spinat sieht es etwas anders aus: Eine übliche Portion Spinat wiegt 250 g. Diese Menge liefert 875 µg Vitamin K. Hier wäre ich schon vorsichtig.
Auf einer Pizza, die mit Spinat belegt ist, wird wesentlich weniger Spinat enthalten sein. Fragen Sie in der Pizzeria bzw. beim Hersteller von Fertigpizzen nach, wieviel Spinat verwendet wird; dann können Sie die Vitamin K Zufuhr genauer einschätzen. Ich bin zuversichtlich, dass Sie sich auch in Zukunft an Pizza Spinaci erfreuen können.

[JinJin]

Re: Marcumar und Essensplan


Liebe Frau Dr. Ellinger,

dass ist super erklärt worden von Ihnen. So deutlich hat mir das noch nie Fachpersonal erklärt.

Darf ich noch eine Frage stellen?

Muss ich auf vegetarisch umstellen? Ich hörte, dass man mit Marcumar nicht täglich Fleisch essen soll.

Was empfehlen Sie?

Wie sieht es mit Teesorten aus?

Schwarzer Tee, Grüner Tee, Früchte-Tee, Kräuter-Tee?

Auf den Tag verteilt mit meinem jetzt schon "bewussterem essen" ist Frage bestimmt nicht uninteressant für Mitbetroffene.

[Dr. Sabine Ellinger]

Re: Marcumar und Essensplan


Vitamin K kommt auch in tierischen Lebensmitteln vor. Daher sehe ich keinen Grund, warum Patienten, die mit Marcumar behandelt werden, auf Fleisch verzichten sollten.
Fleisch ist Bestandteil der vollwertigen Ernährung. Allerdings sollten Sie nicht täglich Fleisch verzehren, denn Fleisch liefert auch Nährstoffe, die in größeren Mengen unerwünscht sind, z.B. Cholesterin und gesättigte Fettsäuren. Daher sollte man nicht mehr als 2 - 3 Portionen pro Woche verzehren.
Tee ist übrigens frei von Vitamin K.

[JinJin]

Re: Marcumar und Essensplan


Ich bedanke mich recht herzlich für die guten Antworten.

[ardnaxela_ariam]

Re: Marcumar und Essensplan


Hi JinJin,

ich bin auch auf Marcumar eingestellt, und leider wird mir das Zeug lebenslänglich erhalten bleiben.

Also ich damals mit der Behandlung begann war ich auch unsicher. Kein Sauerkraut, Schnittlauchbrote, Spinat, Wirsing usw, das war für mich ein riesiges Fragezeichen.

Nachdem ich dann in einer Gerinnungsambulanz war, hat man mich darüber aufgeklärt, dass ich durchaus mein Essen beibehalten kann und im Gegenzug die Tablettendosis entsprechend anpasse. Da ich meinen INR-Wert selbst messe, hab ich mir angewöhnt, nach stark Vitamin K-haltigem Essen am nächsten Tag den INR zu bestimmen und die nächste Dosis entsprechend einzunehmen.

Bei mir funktioniert das einwandfrei, selbst nach Sauerkraut hatte sich mein INR von durchschnittlich 2,5 auf 2,1 verringert und ich hab mit einmalig einer halben Tablette Marcumar mehr, den INR wieder gesteigert. Anzumerken ist hierbei noch, dass mein Wert zwischen 2 und 3 liegen soll und ich trotz des vitaminreichen Essens ja immer noch im grünen Bereich war.

Ich denke, dass man die "bösen" Lebensmittel ja sowieso nicht jeden Tag in Unmengen konsumiert.

Wie muss den Dein Sollwert aussehen, und lässt Du ihn beim Arzt bestimmen?

LG

[JinJin]

Re: Marcumar und Essensplan


Hi,

mein Wert soll auch zw. 2-3 sein. Ich bin aber noch in der frischen "Einstellung". Darum muss ich noch ein wenig mehr aufpassen. Montags ist immer Blutabnahme.

Zum Glück muss ich Marcumar nur 3, ggf. 6 Monate einnehmen.

Aber Du hast in Deiner Argumentation recht. Habe ich auch so gelesen und gehört.