Für Menschen mit Diabetes ist neben einem zu hohen Blutzuckerspiegel auch ein zu hoher Blutdruck schädlich für das Herz-Kreislauf-System. Verengungen der Blutgefäße sind die Folge und können langfristig zu Herzinfarkt oder Schlaganfall führen.
Bisher glaubte man, dass dieses Risiko geringer sei, wenn es gelingt den Blutdruck mit Medikamenten zu normalisieren.
Neueste Studienergebnisse zeigen jedoch, dass eine zu drastische Senkung des Blutdrucks bei Diabetespatienten auch schädlich sein kann.
Für Diabetiker wurde "bisher" von der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) ein oberer Grenzwert empfohlen: Der Blutdruck sollte in Ruhe möglichst unter 130 zu 80 mmHg liegen.
Bisherige Studien zu diesem Thema haben bewiesen, dass sich die Gefahr für Herz-Kreislaufkomplikationen deutlich verringert, wenn der obere Blutdruckwert unter 140 mmHg gesenkt wird. Die ACCORD-Studie ist dabei eine der größten Untersuchungen über die Behandlung von Herz-Kreislauferkrankungen bei Typ-2 Diabetes. Jüngste Auswertungen sollten zeigen, ob eine intensivere Blutdrucksenkung auf normale Werte für Diabetiker überhaupt von Vorteil ist.
Dazu wurden 4733 Typ-2 Diabetiker mit erhöhtem Blutdruck in zwei Gruppen behandelt. In der ersten Gruppe wurde der obere Blutdruckwert unter 140 mmHg eingestellt. Bei der zweiten Gruppe wurde der Blutdruck stärker auf Werte unter 120 mmHg gesenkt. Über 5 Jahre wurde bei allen Teilnehmern das Vorkommen von Herz-Kreislauf-Komplikationen beobachtet.
Das Ergebnis: Herzinfarkte, Schlaganfälle und dadurch bedingte Todesfälle traten in beiden Gruppen gleich häufig auf. Durch die intensivere Blutdrucksenkung unter 120 mmHg konnte demnach das Risiko für solche Vorfälle nicht weiter gemindert werden.
"Vielmehr nahmen in dieser Gruppe Nebenwirkungen wie starke Blutdruckabfälle, Störungen der Blutwerte und Beeinträchtigungen der Nierenfunktion zu. Die Studienbetreiber sehen in der intensiveren Blutdruckkontrolle bei Diabetespatienten folglich keinen zusätzlichen Nutzen."
Die Analyse weiterer Studien zeigte, dass bei einer Senkung des unteren Wertes unter 75 mmHg die Gefahr für Komplikationen wie Herzschwäche oder einen Infarkt sogar wieder zunimmt. Die mögliche Ursache: Die Herzkranzgefäße versorgen den Herzmuskel während seiner Entspannungsphase – der sogenannten Diastole – mit Blut. Der Blutdruck während der Diastole wird durch den unteren Wert angegeben.
"Viele Diabetiker leiden jedoch an einer Verengung der Herzkranzgefäße, was die Durchblutung einschränkt. Um den Herzmuskel trotzdem noch mit genügend Sauerstoff zu versorgen, darf der Blutdruck während der Diastole nicht zu weit absinken. "
Beruhend auf dieser aktuellen Datenlage hat die DDG ihre Empfehlungen für die Blutdruckkontrolle bei Diabetikern geändert: Für die anzustrebenden Werte wird nun ein Zielbereich festgelegt, der nach unten begrenzt ist.
"So sollte der Blutdruck bei Menschen mit Diabetes im unteren Bereich zwischen 140 zu 85 und 130 zu 80 mmHg liegen."
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