ob Teststreifen oder Analog-Insuline oder Pumpen und vieles mehr, überall laufen wir als Betroffene gegen immer höhere Hürden, wenn wir's neu oder auch nur weiter haben wollen. Und diese Hürden werden noch gewaltig zunehmen. Allerdings wird nach unserem angestammten Sprachgebrauch niemand einem Betroffenen sagen, dass er das nicht mehr bekommt, weil dafür kein Geld vorhanden ist. Sondern es wird immer heißen, dass medizinisch nicht notwendig ist, was nicht verordnet wird. Denn was medizinisch notwendig ist, wird immer verordnet werden. - Für die Feststellung, was jeweils medizinisch notwendig ist, und für seine Verordnung ist der Dok zuständig und sein Budget - UND der Durchschnitt der ähnlichen Fälle. Denn daran wird von Seiten der KVen gemessen, was normal und was zusätzlich begründungsbedürftig ist.
Natürlich gibt es da immer Spielräume, aber wir dürfen heute getrost davon ausgehen, dass alle engagierten Ärzte ihre Spielräume längst alle deutlich überzogen haben und mehr oder weniger regelmäßig von den KVen zur persönlichen Begründung der jeweils auffälligeren Fälle einbestellt werden. So ein Rapport-Tag ist je nach km-Entfernung und mit Vorbereitung ein halber bis ein ganzer Arbeitstag für den Dok, an dem er nicht nur kein Geld verdient und an dem seine Praxis aber doch welches kostet. An so einem Nicht-Arbeitstag kann der Dok auch den 50-100 Patienten nicht helfen, die ihn sonst in der Sprechstunde in seiner Praxis erreicht hätten. - Welchem Dok wollen wir verdenken, wenn er sich gegen die langwierige Rechtfertigung von Teststreifen als medizinisch notwendig und für die Behandlung der 50-100 Patienten in seiner Sprechstunde entscheidet?
Klar war das alles früher besser, vor dem Gesundheits-Fonds, und noch früher vor ... . Wer wirklich mal in die guten alten Zeiten zurückblättert, wird finden, dass damals in den Zeiten guten wirtschaftlichen Wachstums der regelmäßige Zuschuss aus Steuermitteln vergleichsweise enorm gewesen ist, mit dem die kranken Kassen zusätzlich zu den Beiträgen ihrer Mitglieder und denen ihrer Arbeitgeber wirtschaften konnten. Und er wird finden, dass z.B. ein diabetischer Fuß nur einen Bruchteil seiner heutigen Kosten verursacht hat - weil er nicht lange Jahre für viel Geld erhalten, sondern einfach sehr bald abgeschnitten wurde. Blind konnte man auch sehr viel schneller und billiger werden, wo heute u.a. erst einmal viele Jahre teures Lasern dazu kommen.
Also: War es früher wirklich besser?
Also: pro 1.000 Versicherte gibt es heute einfach mehr und längere und teurere Behandlungszeiten, als noch vor 30 oder 40 Jahren. Aber pro 1.000 Versicherte gibt es weniger zahlende Mitglieder, als noch vor 30 oder 40 Jahren. Und dieser Trend wird sich für die nächsten 20 Jahre mit immer mehr Alten (zähl ich mich dazu) und immer weniger arbeitenden und einzahlenden Jüngeren noch erheblich verstärken.
Wir müssen also in Zukunft zwangsläufig mit weniger Kassenleistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung rechnen, und zwar nicht nur als Diabetiker. Immer weniger wird medizinisch wirklich nützlich und notwendig definiert werden. Das wird alle Behandlungen treffen. Und wir werden gut daran tun, unseren Behandlungsbedarf mit einer möglichst gesunden BZ-Steuerung so klein wie möglich zu halten. Damit werden wir in jedem Fall besser fahren, als mit dem jährlichen Springen zwischen den Kassen für deren wechselnde Bonüsse (mal spendiert die eine für Raucherentwöhnung und die andere für Abnehmen und dann die andere für Raucherentwöhnung und die eine für Abnehmen).
Bisdann, Jürgen
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