eine alimentäre Hypoglykämie ist etwas, das es eigentlich gar nicht geben kann und das traditionell von vielen Ärzten als Patientenspinnerei abgetan wird. Warum? Weil ein großer Teil der Betroffenen häufig bis auf diese Berichte (die Hypo ist ja beim Besuch in der Sprechstunde längst wieder vorbei) von für sie unerklärlichen Unterzuckerungen abgesehen völlig unauffällig ist. Warum sollten diese Menschen unterzuckern? Und weil der restliche Teil der Betroffenen Diabetes Typ2 ist und weil Typ2 nun einmal fachoffiziell damit erklärt wird, dass der insulinresistent sei und damit seine Insulinproduktion überfordere. Völlig unmöglich also, dass da überhaupt eine Situation entstehen könnte, in der zu viel eigenes Insulin aktiv sein und der krankhaft zu hohe Blutzucker plötzlich ohne medikamentöse Einwirkung viel zu tief absinken könnte. - So weit die weißkittelige Fachtheorie.
Dem stehen immer mehr bewusste Erfahrungen aus dem betroffenen Erleben gegenüber. Bis hinunter zu 30 mg/dl reichen die Berichte, die ich kenne. Aber wie können so niedrige Verlaufstäler überhaupt zustande kommen? Dazu müssen wir einen neugierigen Blick hinter den Fachvorhang vom Insulinresistenzmythos wagen und schauen, was die Medizin seit den 30ger Jahren des vorigen Jahrhunderts weiß: Dass nämlich 2 voneinander offenbar weitgehend unabhängige Steuersysteme gesund dafür sorgen, dass unser Blutzucker sich unter allen Umständen in einem erstaunlich flachen & niedrigen Rahmen bewegt.
Da ist einmal das immer laufende basale System. Immer wenn der Zucker im Blut, das die Insel- oder Betazellen versorgt, einen oberen Schwellenwert überschreitet, geben die mehr Insulin aus. Immer wenn er einen unteren Schwellenwert unterschreitet, geben die weniger Insulin aus. Und genau dazu passend geben die Alphazellen eben umgekehrt bei Überschreiten eines oberen Schwellenwertes weniger und bei Unterschreiten eines unteren mehr Glukagon aus, das die Leber zur Zuckerausgabe stimuliert. Auf diese Weise verläuft der Blutzucker ohne Futterinput in einer leicht gewellten Linie zwischen oberem und unterem Schwellenwert zwischen etwa 60 und 65 bis etwa 80 und 85 mg/dl.
Und da ist zum zweiten das alimentäre System, das immer dann zusätzlich in Aktion tritt, wenn alimentiert, also Futter einverleibt wird. Da bestellt nämlich die Glukose, wenn sie im Darm angekommen ist und kurz vor ihrem Übergang in den Blutkreislaus steht, mit Hilfe einer Gruppe von Darmhormonen, den Inkretinen, erstaunlich passend zu ihrer jeweiligen Menge die notwendige Menge Insulin. Auf diese Weise treffen die Glukose und ihr Insulin direkt in der Pfortader zusammen und werden schon in der Leber zum größten Teil so passend verarbeitet, dass der Blutzucker, den wir aus dem Tropfen am Finger messen, nur vergleichsweise unwesentlich bis max an 140 ansteigt. Dieser geringe Anstieg wird dann vom basalen System innerhalb kurzer Zeit vollständig ausgeglichen.
Zur alimentären Hypo kommt es nun, wenn das alimentäre Stuersystem versagt. Dann fehlt das Insulin zum Empfang der neu gegessenen Glukose im Blutkreislauf, und der Blutzucker stürmt erst einmal himmelwärts. Dieser Anstieg aktiviert zunehmend das basale System, das nun eben mit Verzögerung dafür sorgt, dass entsprechend dem BZ mehr Insulin ausgeschüttet wird. Dabei liegt ein gewisser Nachlauf in der Natur dieser Art der Steuerung, so dass bei Erreichen des normalen BZ noch länger mehr Insulin ausgegeben wird und so der BZ tiefer als normal absinkt. Faustregelmäßig umso tiefer, je höher er zuvor angestiegen war.
Und daraus ergibt sich sofort auch die einfachste Möglichkeit, eine alimentäre Hypo von vornherein zu vermeiden: Man wählt Futterart und -menge so, dass der BZ nicht bis kaum über den gesunden Rahmen hinaus ansteigt :-)
Guten Erfolg! Jürgen
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